LG Berlin – Az.: 67 T 227/11 – Beschluss vom 19.01.2012
1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 5.10.2011 – 14 C 23/11 – aufgehoben und der Antrag des Gläubigers vom 15. September 2011 auf Festsetzung eines Zwangsgeldes bzw. ersatzweise Zwangshaft zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Gläubiger zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 900,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Schuldnerin mit inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 29. Juni 2011 -14 C 23/11- zu Folgendem verurteilt:
„Die Beklagte wird verurteilt, durch geeignete Maßnahmen die Ruhestörungen aus der Wohnung unter der Wohnung des Klägers abzustellen, insbesondere dahingehend, dass Musik nur in Zimmerlautstärke gespielt wird und laute Unterhaltungen, die über Zimmerlautstärke hinausgehen, unterbleiben.“
Das Amtsgericht Spandau hat durch Beschluss vom 5.10.2011 (Bl. 130 f d. A.) dem Antrag des Gläubigers gemäß § 888 ZPO stattgegeben, gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der ausgeurteilten Handlung ein Zwangsgeld festzusetzen bzw. hilfsweise Zwangshaft anzuordnen.
Gegen diesen der Schuldnerin am 10.10.2011 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, die am 14.10.2011 beim Amtsgericht Spandau einging.

Mit Beschluss vom 17.10.2011 hat es das Amtsgericht abgelehnt, der sofortigen Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die sofortiger Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Das Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 29. Juni 2011 -14 C 23/11- stellt nämlich hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1. -mangels eines insoweit vollstreckungsfähigen Inhalts- keinen hinreichenden Vollstreckungstitel dar, worauf die Kammer zuletzt mit Verfügung vom 29. Dezember 2011 hingewiesen hatte. Mit der vorgenannten Verfügung ist folgendes mitgeteilt worden:
„wird darauf hingewiesen, dass die Kammer bei ihrer mit Verfügung vom 17. November 2011 mitgeteilte Auffassung, dass das Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 29. Juni 2011 -14 C 23/11- keinen hinreichenden Vollstreckungstitel darstellt, verbleibt. Der Tenor des Urteils, nämlich, dass „die Beklagte verurteilt wird, durch geeignete Maßnahmen die Ruhestörungen aus der Wohnung unter der Wohnung des Klägers abzustellen, insbesondere dahingehend, dass Musik nur in Zimmerlautstärke gespielt wird und laute Unterhaltungen, die über die Zimmerlautstärke hinausgehen, unterbleiben“ ist nicht hinreichend bestimmt, da konkrete Grenzwerte, die nicht überschritten werden sollen, gerade nicht angegeben worden sind. Solche lassen sich auch nicht aus der Formulierung „Zimmerlautstärke“ ableiten. Es gibt insoweit keine gesetzliche Definition bzw. gefestigte Auffassung, ab welchem Dezibelwert die Zimmerlautstärke überschritten wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger mit Schriftsatz vom 23.11.2011 zitierten Entscheidungen“
An dieser Auffassung wird auch bei Berücksichtigung der weiteren Stellungnahme des Gläubigers vom 6. Januar 2012 festgehalten. Wann etwa die „Zimmerlautstärke“ überschritten wird, ist eine höchst subjektive Wahrnehmung, die von Mensch zu Mensch differiert. Von daher muss ein Vollstreckungstitel einen tatsächlich messbarer Grenzwert aufweisen, der nicht überschritten werden darf, damit er vollstreckungsfähig ist. Daran fehlt es vorliegend. Daran ändert auch nicht der Umstand etwas, dass das amtsgerichtliche Urteil nunmehr rechtskräftig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.