Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Bürgschaftsvertrag: Wichtige rechtliche Aspekte und ein konkreter Fall
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind die formalen Anforderungen an einen Bürgschaftsvertrag?
- Welche Folgen hat eine falsche Bezeichnung der Vertragsparteien in der Bürgschaftsurkunde?
- Wann kann eine fehlerhafte Bürgschaft geheilt oder umgedeutet werden?
- Welche Rolle spielt die Identität zwischen Hauptforderungsgläubiger und Bürgschaftsgläubiger?
- Was müssen Vermieter bei Mietkautionsbürgschaften besonders beachten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Wiesbaden
- Datum: 07.06.2023
- Aktenzeichen: 3 O 2/23
- Verfahrensart: Urkundenprozess
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Bürgschaftsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger zu 1): Inhaber von 94 % der Geschäftsanteile der Klägerin zu 2) und deren Geschäftsführer. Er behauptet, dass er Eigentümer bestimmter Mietgrundstücke ist und fordert die Auszahlung der in den Bürgschaftsverträgen genannten Beträge.
- Klägerin zu 2): Ein Unternehmen, dessen Eigentümer bestimmte andere Mietgrundstücke sind. Ähnlich wie der Kläger zu 1) fordert sie die Auszahlung der in den Bürgschaftsverträgen genannten Beträge.
- Beklagte: Eine Partei, die diverse Mietkautionsbürgschaften unterzeichnet hat. Sie verweigert die Auszahlung, da die Mietvertragsparteien in den Bürgschaftsverträgen und den Mietverträgen nicht identisch bezeichnet worden sind.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Kläger forderten Zahlungen aus Mietkautionsbürgschaften, wobei die Bürgschaften eine falsche Bezeichnung des Vermieters enthielten. Die Beklagte lehnte Zahlungen ab, da sie sich nur gegenüber der im Bürgschaftsvertrag genannten Mietvertragspartei für verpflichtet hielt.
- Kern des Rechtsstreits: Der Streit drehte sich darum, ob die falsche Bezeichnung des Vermieters in den Bürgschaftssurkunden unschädlich ist und ob die Bürgschaftsurkunden gültig waren, obwohl sie fälschlicherweise eine andere Partei als Vermieter nennen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
- Begründung: Es sei kein Bürgschaftsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, da die Beklagte ein Angebot nur gegenüber der in den Bürgschaftsverträgen benannten Partei machen wollte. Eine unbewusste Falschbezeichnung (Falsa demonstratio non nocet) könne nicht angenommen werden, da beide Parteien nicht dasselbe gewollt hätten. Es könne auch keine Verpflichtung auf Basis der Grundsätze des „Geschäfts, für den, den es angeht“ festgestellt werden.
- Folgen: Die Kläger tragen die Gerichtskosten und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten gemäß den festgelegten Anteilen (Kläger zu 1: 62 %; Klägerin zu 2: 38 %). Die Beklagte hat ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung. Es blieb bei der Festsetzung des Streitwerts bei 22.197,06 EUR.
Bürgschaftsvertrag: Wichtige rechtliche Aspekte und ein konkreter Fall
Ein Bürgschaftsvertrag ist eine rechtliche Vereinbarung, bei der eine Person oder ein Unternehmen (der Bürge) sich verpflichtet, für die Schulden eines anderen (des Hauptschuldners) einzustehen. Damit dieser Vertrag rechtsgültig ist, müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehören unter anderem die schriftliche Form des Vertrages und die eindeutige Festlegung der Haftung im Bürgschaftsvertrag. Unterschiedliche Arten von Bürgschaften, wie die persönliche oder die notarielle Bürgschaft, können unterschiedliche Bedingungen haben, die für den Abschluss und die Haftung relevant sind.
Die Risiken und Sicherheiten im Bürgschaftsvertrag sind entscheidende Punkte, die sowohl für den Bürgen als auch für den Gläubiger von Bedeutung sind. Vor dem Unterzeichnen eines Bürgschaftsvertrages sollten die beteiligten Parteien die spezifischen Anforderungen und Bedingungen genau prüfen, um rechtliche Unklarheiten und unerwartete finanzielle Belastungen zu vermeiden. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der diese Aspekte veranschaulicht und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Bürgschaftsvertrag scheitert an falscher Bezeichnung des Vermieters
Das Landgericht Wiesbaden hat eine Klage auf Auszahlung von Mietkautionsbürgschaften abgewiesen. Die beiden Kläger – ein Geschäftsführer und seine GmbH, an der er 94% der Anteile hält – forderten von der beklagten Versicherung die Auszahlung mehrerer Bürgschaften für Mietverhältnisse in Berlin.
Verwechslung bei Vertragsparteien verhindert Bürgschaftsanspruch
Der Fall drehte sich um Bürgschaftsurkunden, die die beklagte Versicherung für verschiedene Mietobjekte in Berlin ausgestellt hatte. In sämtlichen Urkunden war die XXX GmbH als Vermieterin aufgeführt – eine Hausverwaltungsgesellschaft unter Leitung des Klägers. Die tatsächlichen Vermieter waren jedoch der Kläger selbst sowie seine GmbH. Die Bürgschaften wurden von einem Herrn XXX beantragt, dem die Versicherung ein Bürgschaftslimit von 28.000 EUR eingeräumt hatte.
Rechtliche Hürden bei der Bürgschaftsausstellung
Die Mietverträge wiesen weitere Unstimmigkeiten auf: Als Mieter wurde dort entweder „XXX Immobilien“ oder „XXX Immobilien e.k.“ genannt, jeweils vertreten durch Herrn XXX. Nach Beendigung der Mietverhältnisse machten die Kläger offene Forderungen geltend und verlangten von der Versicherung die Auszahlung der Bürgschaftshöchstbeträge. Die Versicherung verweigerte dies aufgrund der unterschiedlichen Bezeichnungen der Vertragsparteien in Bürgschaften und Mietverträgen.
Gericht sieht keine Grundlage für Bürgschaftsansprüche
Das Landgericht Wiesbaden folgte der Position der Beklagten. Nach Auffassung des Gerichts kam zwischen den Parteien kein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande. Die Versicherung hatte ihre Bürgschaftserklärung ausdrücklich nur gegenüber der XXX GmbH als vermeintlicher Vermieterin abgegeben. Diese Falschbezeichnung konnte auch nicht durch die Grundsätze der „falsa demonstratio non nocet“ geheilt werden, da keine übereinstimmende abweichende Willensrichtung vorlag. Die Versicherung wollte sich ausschließlich gegenüber der in den Bürgschaftsurkunden genannten XXX GmbH verpflichten und hatte keine Kenntnis von den tatsächlichen Vermietern.
Auch eine Umdeutung der Bürgschaften kam nicht in Frage, da Gläubiger der Hauptforderung und Bürgschaftsgläubiger dieselbe Person sein müssen. Die Grundsätze des „Geschäfts für den, den es angeht“ waren ebenfalls nicht anwendbar, da die Bürgschaftsverträge die Vertragspartei ausdrücklich bezeichneten und Bürgschaften keine Bagatellgeschäfte darstellen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass bei Mietkautionsbürgschaften die korrekte Bezeichnung der Vertragsparteien von entscheidender Bedeutung ist. Wenn in der Bürgschaftsurkunde eine Hausverwaltung fälschlicherweise als Vermieter angegeben wird, statt des tatsächlichen Eigentümers, ist die Bürgschaft nicht wirksam durchsetzbar. Die bloße Behauptung einer „offensichtlichen Falschbezeichnung“ reicht nicht aus, um den Bürgschaftsanspruch dennoch durchzusetzen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Vermieter müssen Sie penibel darauf achten, dass Sie in allen Mietvertrags- und Bürgschaftsdokumenten einheitlich und korrekt als Vermieter benannt werden. Lassen Sie eine Hausverwaltung die Dokumente erstellen, prüfen Sie genau, ob Sie selbst als Vermieter eingetragen sind – nicht die Hausverwaltung. Als Mieter oder Bürge sollten Sie ebenfalls auf die korrekte Bezeichnung aller Beteiligten in den Dokumenten achten, da dies später über die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen entscheiden kann. Bei Unklarheiten sollten Sie vor Unterzeichnung rechtlichen Rat einholen.
Sicherheit im Mietrecht: Vermeiden Sie teure Fehler bei der Bürgschaft
Die korrekte Bezeichnung aller Vertragsparteien in Mietverträgen und Bürgschaftsurkunden ist entscheidend für die Wirksamkeit der Bürgschaft. Gerade bei der Zusammenarbeit mit Hausverwaltungen ist besondere Sorgfalt geboten. Unstimmigkeiten können dazu führen, dass berechtigte Ansprüche nicht durchsetzbar sind und finanzielle Verluste entstehen. Sichern Sie sich ab und lassen Sie Ihre Dokumente von erfahrenen Rechtsanwälten prüfen, um spätere Komplikationen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die formalen Anforderungen an einen Bürgschaftsvertrag?
Ein Bürgschaftsvertrag ist ein rechtlich bindender Vertrag, bei dem sich der Bürge verpflichtet, für die Verbindlichkeiten eines Hauptschuldners gegenüber einem Gläubiger einzustehen. Um wirksam zu sein, müssen bestimmte formale und inhaltliche Anforderungen erfüllt werden. Diese Anforderungen sollen vor allem den Bürgen vor übereilten Verpflichtungen schützen.
Gesetzliche Formvorschriften
- Schriftform (§ 766 BGB): Das Bürgschaftsversprechen des Bürgen muss schriftlich abgegeben werden. Eine mündliche Erklärung oder die elektronische Form (z. B. per E-Mail) sind unwirksam. Die Annahme durch den Gläubiger kann jedoch formfrei erfolgen, auch stillschweigend.
- Unterschrift: Der Bürge muss das Bürgschaftsversprechen eigenhändig unterschreiben, um die Schriftform zu wahren.
- Ausnahme für Kaufleute (§ 350 HGB): Bei Vollkaufleuten kann die Bürgschaft auch mündlich erfolgen, wenn sie im Rahmen eines Handelsgeschäfts abgegeben wird.
Notwendige Vertragsbestandteile
Damit ein Bürgschaftsvertrag gültig ist, müssen folgende Angaben enthalten sein:
- Name und Anschrift der Parteien: Gläubiger, Hauptschuldner und Bürge müssen eindeutig benannt werden.
- Beschreibung der Hauptschuld: Die Hauptverbindlichkeit (z. B. ein Kreditvertrag) muss klar definiert sein.
- Höhe der verbürgten Schuld: Der maximale Betrag, für den der Bürge haftet, muss angegeben werden.
- Art und Form der Bürgschaft: Es sollte festgelegt werden, ob es sich z. B. um eine selbstschuldnerische oder eine Ausfallbürgschaft handelt.
- Datum und Unterschrift: Das Datum des Vertragsabschlusses sowie die Unterschrift des Bürgen sind erforderlich.
Häufige Fehlerquellen
- Fehlende Schriftform: Wird das Bürgschaftsversprechen nicht schriftlich abgegeben, ist der Vertrag gemäß § 125 BGB nichtig.
- Unklare oder unvollständige Angaben: Fehlen wesentliche Vertragsbestandteile (z. B. die genaue Beschreibung der Hauptschuld), kann dies zur Unwirksamkeit führen.
- Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): Eine Bürgschaft kann sittenwidrig sein, wenn der Bürge finanziell überfordert ist oder unter Druck gesetzt wurde (z. B. bei emotionaler Nähe zum Hauptschuldner).
- Unwirksame Klauseln: Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Vertrag können unwirksam sein, wenn sie den Bürgen unangemessen benachteiligen.
Beispiele aus der Praxis
- Ein Elternteil unterschreibt eine Bürgschaft für den Kredit seines Kindes ohne ausreichende finanzielle Mittel. Wenn dabei keine klare Aufklärung durch die Bank erfolgt ist, könnte die Bürgschaft wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein.
- Ein Unternehmer gibt eine mündliche Bürgschaftserklärung ab. Diese wäre nur gültig, wenn er Kaufmann ist und die Erklärung im Rahmen seines Handelsgeschäfts abgegeben hat.
Rechtliche Folgen bei Formfehlern
Ein Verstoß gegen die Formvorschriften führt in der Regel zur Nichtigkeit des Vertrags (§ 125 BGB). In Ausnahmefällen kann jedoch eine Heilung erfolgen, z. B. durch freiwillige Erfüllung der Verpflichtung durch den Bürgen (§ 766 Satz 3 BGB).
Indem Sie diese Anforderungen beachten, können Sie sicherstellen, dass ein Bürgschaftsvertrag rechtssicher abgeschlossen wird und spätere Streitigkeiten vermieden werden.
Welche Folgen hat eine falsche Bezeichnung der Vertragsparteien in der Bürgschaftsurkunde?
Eine falsche Bezeichnung der Vertragsparteien in der Bürgschaftsurkunde führt nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Bürgschaft. Entscheidend ist, ob sich trotz der fehlerhaften Bezeichnung der wahre Wille der Parteien ermitteln lässt.
Auslegung der Bürgschaftserklärung
Bei einer falschen Parteibezeichnung kommt es auf die Auslegung der Bürgschaftserklärung an. Gerichte wenden hierbei die §§ 133, 157 BGB an. Es wird untersucht, ob sich der wirkliche Wille der Parteien trotz der Falschbezeichnung feststellen lässt.
Wenn Sie als Bürge eine Bürgschaftsurkunde unterzeichnen, in der beispielsweise der Name des Gläubigers falsch geschrieben ist, kann die Bürgschaft dennoch wirksam sein. Voraussetzung ist, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, wer tatsächlich gemeint war.
Heilungsmöglichkeiten
Sollten Sie als Vermieter oder Bürge eine fehlerhafte Parteibezeichnung in einer Bürgschaftsurkunde entdecken, bestehen folgende Möglichkeiten zur Heilung:
- Berichtigung: Die Parteien können einvernehmlich eine Berichtigung der Urkunde vornehmen.
- Ergänzende Vereinbarung: Es kann eine zusätzliche Vereinbarung getroffen werden, die den wahren Willen der Parteien klarstellt.
- Neuausstellung: In manchen Fällen ist es ratsam, eine neue, korrekte Bürgschaftsurkunde auszustellen.
Rechtliche Konsequenzen
Die rechtlichen Folgen einer falschen Parteibezeichnung hängen vom Einzelfall ab:
- Geringfügige Fehler: Kleine Schreibfehler oder leichte Abweichungen in der Bezeichnung führen in der Regel nicht zur Unwirksamkeit der Bürgschaft.
- Wesentliche Fehler: Ist die falsche Bezeichnung so gravierend, dass sich der wahre Wille der Parteien nicht mehr ermitteln lässt, kann die Bürgschaft unwirksam sein.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten als Vermieter eine Mietkaution durch eine Bürgschaft absichern. Wenn in der Urkunde versehentlich „Vermieterin Müller GmbH“ statt „Vermieter Müller“ steht, Sie aber eindeutig als Vermieter identifizierbar sind, bleibt die Bürgschaft in der Regel wirksam.
Vorsichtsmaßnahmen
Um Probleme zu vermeiden, sollten Sie bei der Erstellung einer Bürgschaftsurkunde besondere Sorgfalt walten lassen:
- Überprüfen Sie alle Angaben gründlich vor der Unterzeichnung.
- Stellen Sie sicher, dass die Bezeichnungen der Parteien exakt mit offiziellen Dokumenten übereinstimmen.
- Bei Unsicherheiten klären Sie Zweifel direkt mit der anderen Vertragspartei.
Beachten Sie, dass die Formvorschrift des § 766 BGB für Bürgschaften streng ist. Die Bürgschaftserklärung muss schriftlich erteilt werden, wobei die elektronische Form ausgeschlossen ist. Eine fehlerhafte Parteibezeichnung kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass diese Formvorschrift nicht erfüllt ist.
Wann kann eine fehlerhafte Bürgschaft geheilt oder umgedeutet werden?
Bei einer fehlerhaften Bürgschaft stehen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung, um die Wirksamkeit des Vertrages zu retten. Die wichtigsten sind Auslegung, Umdeutung und Heilung.
Auslegung der Bürgschaftserklärung
Zunächst wird versucht, durch Auslegung den wahren Willen der Parteien zu ermitteln. Dabei gilt:
- Der Wortlaut der Bürgschaftsurkunde ist maßgeblich.
- Es wird berücksichtigt, wie ein objektiver Empfänger die Erklärung verstehen durfte.
- Alle erkennbaren Umstände des Einzelfalls werden einbezogen.
Wenn Sie beispielsweise eine Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ unterschrieben haben, kann dies unter Umständen als normale selbstschuldnerische Bürgschaft ausgelegt werden, wenn Sie als Bürge die weitreichenden Folgen nicht erkennen konnten.
Umdeutung nach § 140 BGB
Ist eine Auslegung nicht möglich, kann eine Umdeutung in Betracht kommen. Voraussetzungen sind:
- Das ursprüngliche Rechtsgeschäft ist nichtig.
- Die Voraussetzungen eines anderen Rechtsgeschäfts sind erfüllt.
- Es entspricht dem hypothetischen Parteiwillen.
So könnte eine unwirksame Bürgschaft in einen Schuldbeitritt umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen der Beteiligten entspricht.
Heilung des Formmangels
Bei Formmängeln sieht das Gesetz in § 766 Satz 3 BGB eine Heilungsmöglichkeit vor:
- Die Bürgschaft ist wegen Formmangels nichtig.
- Der Bürge erfüllt die Hauptverbindlichkeit.
- Die Heilung wirkt nur für die Zukunft (ex nunc).
Wenn Sie also eine formunwirksame Bürgschaft übernommen haben und später die Schuld des Hauptschuldners begleichen, wird der ursprüngliche Formmangel geheilt.
Besondere Fälle
- Bei Blankobürgschaften kann eine Heilung durch nachträgliches Ausfüllen erfolgen, wenn eine wirksame Ausfüllungsermächtigung vorliegt.
- Im kaufmännischen Verkehr gilt das Formerfordernis nicht (§ 350 HGB), sodass hier keine Heilung erforderlich ist.
Beachten Sie, dass die Möglichkeiten zur Rettung einer fehlerhaften Bürgschaft begrenzt sind. Es ist daher ratsam, bei der Übernahme einer Bürgschaft besonders sorgfältig vorzugehen und im Zweifel die Formvorschriften genau einzuhalten.
Welche Rolle spielt die Identität zwischen Hauptforderungsgläubiger und Bürgschaftsgläubiger?
Die Identität zwischen Hauptforderungsgläubiger und Bürgschaftsgläubiger ist ein fundamentales Prinzip des Bürgschaftsrechts. Es besagt, dass der Gläubiger der Hauptforderung und der Gläubiger der Bürgschaft ein und dieselbe Person sein müssen.
Rechtliche Bedeutung der Gläubigeridentität
Die Gläubigeridentität ist Ausdruck der strengen Akzessorietät der Bürgschaft. Das bedeutet, dass die Bürgschaft in ihrem Bestand und Umfang von der Hauptforderung abhängig ist. Diese enge Verknüpfung zeigt sich darin, dass:
- Der Bürge sich gegenüber dem Gläubiger eines Dritten verpflichtet, für dessen Verbindlichkeit einzustehen (§ 765 Abs. 1 BGB).
- Die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen übergeht, wenn dieser den Gläubiger befriedigt (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Wenn Sie als Bürge eine Bürgschaft übernehmen, gehen Sie also davon aus, dass Sie sich gegenüber demselben Gläubiger verpflichten, der auch die Hauptforderung innehat.
Konsequenzen bei Abweichungen von der Gläubigeridentität
Die Wahrung der Gläubigeridentität hat weitreichende Folgen für die Wirksamkeit und Übertragbarkeit der Bürgschaft:
- Abtretung der Bürgschaft: Eine Abtretung der Rechte aus der Bürgschaft ohne gleichzeitige Abtretung der Hauptforderung ist grundsätzlich unwirksam.
- Abtretung der Hauptforderung: Wird nur die Hauptforderung abgetreten, führt dies zum Erlöschen der Bürgschaft, wenn die Rechte aus der Bürgschaft nicht mit übertragen werden.
- Schutz des Bürgen: Die Gläubigeridentität schützt den Bürgen davor, von einem anderen als dem Gläubiger der Hauptforderung in Anspruch genommen zu werden.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Bürgschaft für den Kredit eines Freundes übernommen. Wenn die Bank diesen Kredit an ein Inkassounternehmen verkauft, ohne gleichzeitig die Bürgschaft zu übertragen, könnte Ihre Bürgschaft erlöschen. Dies verdeutlicht, wie wichtig die Gläubigeridentität für Ihre Rechtsposition als Bürge ist.
Ausnahmen und besondere Konstellationen
Es gibt einige Sonderkonstellationen, bei denen die strikte Gläubigeridentität gelockert wird:
- Bürgschaft zugunsten eines Dritten: Der BGH hat entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag auch mit einer anderen Person als dem Gläubiger der Hauptschuld, aber zu dessen Gunsten geschlossen werden kann.
- Bürgschaft auf erstes Anfordern: Auch bei dieser Form der Bürgschaft gelten die Grundsätze der Gläubigeridentität.
Wenn Sie eine Bürgschaft eingehen, sollten Sie stets darauf achten, wer der Gläubiger der Hauptforderung ist und ob dieser mit dem Bürgschaftsgläubiger übereinstimmt. Dies ist entscheidend für Ihre Rechte und Pflichten als Bürge.
Die Gläubigeridentität ist somit ein zentrales Element für die Wirksamkeit und den Fortbestand der Bürgschaft. Sie stellt sicher, dass die Bürgschaft ihre Sicherungsfunktion erfüllt und schützt gleichzeitig die Interessen des Bürgen.
Was müssen Vermieter bei Mietkautionsbürgschaften besonders beachten?
Vermieter müssen bei Mietkautionsbürgschaften mehrere Aspekte berücksichtigen, um sicherzustellen, dass ihre Interessen geschützt sind und die Abwicklung reibungslos verläuft:
1. Akzeptanz der Mietkautionsbürgschaft
- Vermieter sind nicht verpflichtet, eine Mietkautionsbürgschaft zu akzeptieren. Sie können auf eine Barkaution oder ein verpfändetes Kautionssparbuch bestehen, da diese Formen der Mietsicherheit oft als direkter und weniger bürokratisch gelten.
2. Prüfung der Bürgschaftsbedingungen
- Vermieter sollten die Bedingungen der Bürgschaft genau prüfen. Es gibt verschiedene Formen der Mietkautionsbürgschaft, wie die „selbstschuldnerische Bürgschaft“ und die „Bürgschaft auf erstes Anfordern“. Bei der ersteren kann der Mieter Einwände gegen die Forderungen des Vermieters geltend machen, während bei der letzteren die Auszahlung ohne Prüfung erfolgt.
3. Finanzielle Situation des Bürgen
- Der Vermieter muss mit dem Bürgen einverstanden sein und kann dessen finanzielle Situation prüfen. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass der Bürge in der Lage ist, im Schadensfall die vereinbarte Kaution zu zahlen.
4. Verwaltungsaufwand
- Die Mietkautionsbürgschaft reduziert den Verwaltungsaufwand für den Vermieter. Es entfällt die Notwendigkeit, ein Kautionssparbuch anzulegen und zu verwalten, was für Vermieter von Vorteil sein kann.
5. Schadensregulierung
- Im Schadensfall tritt die Versicherung oder Bank in Vorleistung. Der Vermieter muss jedoch möglicherweise einen bürokratischen Aufwand in Kauf nehmen, um die Auszahlung zu veranlassen. In manchen Fällen ist sogar ein Gerichtsurteil notwendig.
6. Keine direkte Zugriffsmöglichkeit
- Vermieter haben keinen direkten Zugriff auf eine Kautionssumme. Dies kann im Vergleich zu einer Barkaution als Nachteil empfunden werden, da der Vermieter bei Ansprüchen das Geld erst vom Bürgen anfordern muss.
7. Rechtliche Grundlagen
- Die Mietkautionsbürgschaft unterliegt den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Insbesondere § 551 BGB regelt die Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten. Vermieter sollten sich mit diesen Vorschriften vertraut machen, um sicherzustellen, dass die Bürgschaft rechtlich korrekt abgewickelt wird.
8. Insolvenz des Vermieters
- Im Falle der Insolvenz des Vermieters sollte geklärt werden, wie die Mietkaution behandelt wird. Eine transparente Regelung kann dazu beitragen, die Interessen der Mieter zu schützen.
Zusammenfassend ist es für Vermieter wichtig, die Bedingungen der Mietkautionsbürgschaft genau zu prüfen, die finanzielle Situation des Bürgen zu überprüfen und sich der rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst zu sein. Dies hilft, mögliche Komplikationen zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Mietsicherheit im Schadensfall problemlos reguliert werden kann.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bürgschaftsvertrag
Ein Vertrag, bei dem sich eine Person oder Organisation (der Bürge) verpflichtet, für die Schulden einer anderen Person (des Hauptschuldners) gegenüber dem Gläubiger einzustehen. Die Bürgschaft ist im BGB §§ 765-778 geregelt und dient als Sicherungsmittel. Der Bürge muss die Schuld begleichen, wenn der Hauptschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Der Bürgschaftsvertrag muss schriftlich erfolgen und die Haftung klar definieren. Beispiel: Eine Bank verlangt bei einem Kredit eine Bürgschaft durch einen Dritten, der dann für die Rückzahlung haftet, falls der Kreditnehmer ausfällt.
Falsa demonstratio non nocet
Ein rechtlicher Grundsatz, der besagt, dass eine fehlerhafte Bezeichnung oder Benennung in einem Vertrag nicht schadet, wenn beide Parteien dasselbe gemeint haben. Diese Regel ist im deutschen Vertragsrecht von zentraler Bedeutung (§§ 133, 157 BGB). Entscheidend ist der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien, nicht der Wortlaut. Beispiel: Wenn in einem Kaufvertrag ein Auto fälschlicherweise als „BMW 320i“ bezeichnet wird, obwohl beide Parteien wissen, dass es sich um einen „BMW 318i“ handelt, ist der Vertrag dennoch wirksam.
Umdeutung
Ein rechtliches Instrument (§ 140 BGB), das ein nichtiges Rechtsgeschäft in ein anderes gültiges Rechtsgeschäft umwandelt, wenn anzunehmen ist, dass die Parteien dieses bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt hätten. Die Umdeutung setzt voraus, dass das neue Rechtsgeschäft dem wirtschaftlichen Ziel des nichtigen Geschäfts möglichst nahekommt. Beispiel: Ein formungültiges Testament kann in einen Erbvertrag umgedeutet werden, wenn alle Voraussetzungen dafür vorliegen.
Bürgschaftsurkunde
Das schriftliche Dokument, das den Bürgschaftsvertrag dokumentiert und die wesentlichen Vertragsinhalte wie Hauptschuldner, Gläubiger, Bürgschaftssumme und Haftungsumfang enthält. Die Schriftform ist gemäß § 766 BGB zwingend erforderlich für die Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung. Die Urkunde muss vom Bürgen eigenhändig unterschrieben sein. Elektronische Form ist ausgeschlossen. Beispiel: Eine Versicherung stellt eine Bürgschaftsurkunde aus, die als Sicherheit für Mietkautionen dient.
Hauptforderung
Die ursprüngliche Schuld des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger, für die der Bürge einsteht. Sie muss bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (§ 765 BGB). Die Hauptforderung ist Grundlage der Bürgschaft – ohne sie kann keine wirksame Bürgschaft bestehen (Akzessorietät). Beispiel: Bei einer Mietkautionsbürgschaft ist die Hauptforderung der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Kaution durch den Mieter.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 765 BGB (Bürgschaftsvertrag): Ein Bürgschaftsvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Bürgen und einem Gläubiger, bei dem sich der Bürge verpflichtet, für die Schuld eines Dritten (des Schuldners) einzustehen. Der Bürge haftet also für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, falls dieser die Leistung nicht erbringt. Im vorliegenden Fall wollte die Versicherung als Bürge für die Mietschulden des Mieters gegenüber dem Vermieter einstehen. Da aber der Vermieter in der Bürgschaftsurkunde falsch bezeichnet wurde, kam kein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande.
- § 164 BGB (Stellvertretung): Grundsätzlich muss ein Vertrag von der Person geschlossen werden, die auch berechtigt und verpflichtet werden soll. Handelt jemand im Namen eines anderen, muss er dazu bevollmächtigt sein. Im vorliegenden Fall hätte die Hausverwaltungsgesellschaft nur dann wirksam als Vermieter im Bürgschaftsvertrag auftreten können, wenn sie dazu vom tatsächlichen Vermieter (dem Kläger) bevollmächtigt worden wäre. Da dies nicht der Fall war, konnte die Falschbezeichnung des Vermieters nicht geheilt werden.
- § 133 BGB (Auslegung von Willenserklärungen): Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist nicht nur der Wortlaut, sondern auch der wirkliche Wille der Erklärenden zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht den Willen der Versicherung dahingehend ausgelegt, dass sie sich nur gegenüber der in der Bürgschaftsurkunde genannten Hausverwaltungsgesellschaft verpflichten wollte. Der Wille, für die tatsächlichen Vermieter zu bürgen, war nicht erkennbar.
- § 140 BGB (Umdeutung von Rechtsgeschäften): Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam, kann es unter Umständen in ein anderes wirksames Rechtsgeschäft umgedeutet werden, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht. Im vorliegenden Fall scheiterte eine Umdeutung der Bürgschaft, da die Gläubiger der Hauptforderung (die tatsächlichen Vermieter) und der Bürgschaftsgläubiger (die Hausverwaltungsgesellschaft) nicht identisch waren.
- „falsa demonstratio non nocet“ (Die falsche Bezeichnung schadet nicht): Dieser Grundsatz besagt, dass ein Vertrag trotz einer fehlerhaften Bezeichnung wirksam sein kann, wenn der Wille der Parteien übereinstimmend auf einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Person gerichtet ist. Im vorliegenden Fall konnte dieser Grundsatz nicht angewendet werden, da die Versicherung ausschließlich die in der Bürgschaftsurkunde genannte Hausverwaltungsgesellschaft als Vermieterin absichern wollte und keine Kenntnis von den tatsächlichen Vermietern hatte.
Das vorliegende Urteil
LG Wiesbaden – Az.: 3 O 2/23 – Urteil vom 07.06.2023
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.