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Wärmedämmverbundsystem – Duldungspflichten eines Wohnungseigentümers

AG Bremen-Blumenthal, Az.: 44 C 2010/17, Urteil vom 14.03.2018

1. Der Beklagte wird verurteilt, den von der Klägerin beauftragten Handwerkern der Firma … Zutritt zu dem Balkon seiner Wohnung Nr. 4 gemäß Aufteilungsplan, belegen auf der 4. Ebene, rechts des Hauses … zu gestatten und die Durchführung folgender Arbeiten zu dulden:

– Einkürzen des Terrassenbelags im Bereich der Westbrüstung sowie im Bereich vor dem Wohnzimmer

– Einkürzen des Geländers im Bereich der Westbrüstung sowie im Anschluss zur Wand des Wohnzimmers

– Aufstellung eines Gerüstes vor dem Wohnzimmer als auch außen vor der Westbrüstung zur Andienung von Personal und Material,

– Montage der Vorhangfassade im Bereich des Wohnzimmers sowie der Etage darüber (Eigentümer …),

– Abbau der Gerüste

2. Die Widerklage wird hinsichtlich des … 1) und des Antrags zu Ziff. 2) als unzulässig und hinsichtlich des Hilfsantrags zu Ziff. 1) und des Antrags zu Ziff. 3) als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist wegen der Verurteilung gemäß Ziff. 1) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 € und im Übrigen vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Wärmedämmverbundsystem - Duldungspflichten eines Wohnungseigentümers
Symbolfoto: Von ronstik /Shutterstock.com

Der Beklagte und Widerkläger (im Folgenden: Beklagter) ist Mitglied der Klägerin und Widerbeklagten (im Folgenden: Klägerin) und Eigentümer der Wohnung Nr. 4 gemäß Aufteilungsplan, die sich auf der 4. Ebene des Hauses Nr. … befindet. Die Wohnanlage wurde in Terrassenbauweise errichtet. Wegen des äußeren Erscheinungsbildes wird auf die Skizze Bl. 10 Bezug genommen.

Auf der Eigentümerversammlung vom 12.08.2014 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 4 und 6 unangefochten die Sanierung der Westfassade des Hauses … durch Aufbringung einer Wärmedämmung nebst einer Vorhangfassade. Wegen des Beschlussinhaltes wird auf die Versammlungsniederschrift vom 12.08.2014 (Bl. 37 f.) Bezug genommen.

Auf der Eigentümerversammlung vom 28.09.2015 beschlossen die Eigentümer unter TOP 2.1 und 2.2 die konkrete Ausführungsart der Vorhangfassade. Wegen des Beschlussinhaltes wird auf die Versammlungsniederschrift vom 28.09.2015 (Bl. 39 ff.) Bezug genommen.

Auf der Eigentümerversammlung vom 04.11.2015 beschlossen die Eigentümer die Beauftragung der Firma … mit der Durchführung der Fassadensanierungsarbeiten auf Grundlage des Werkvertrags und Leistungsverzeichnisses vom 12.10.2015 (Bl. 44 ff.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Wegen des Beschlussinhaltes wird auf die Versammlungsniederschrift vom 04.11.2015 (Bl. 42 f.) Bezug genommen. U.A. dieser Beschluss wurde durch den Beklagten angefochten. Die Anfechtungsklage wurde beim hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen 44 C 2028/15 geführt.

Zur Durchführung dieser Maßnahmen ist es erforderlich, den Balkon der Wohnung des Beklagten zu betreten. Im Bereich des Balkons der Wohnung des Beklagten ist die Durchführung folgender Arbeiten erforderlich:

– Einkürzen des Terrassenbelags im Bereich der Westbrüstung sowie im Bereich vor dem Wohnzimmer

– Einkürzen des Geländers im Bereich der Westbrüstung sowie im Anschluss zur Wand des Wohnzimmers

– Aufstellung eines Gerüstes vor dem Wohnzimmer als auch außen vor der Westbrüstung zur Andienung von Personal und Material,

– Montage der Vorhangfassade im Bereich des Wohnzimmers sowie der Etage darüber (Eigentümer …),

– Abbau der Gerüste

Für den Verlauf der Arbeiten geht die Klägerin von einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen aus. Für die Montagearbeiten selber geht der Architekt von einem Zeitraum von weiteren ein bis zwei Wochen aus.

Bauseitig waren die Balkone mit einem breit-gemauerten Blumenbeet versehen. Die Terrassenfläche betrug 31,67 m2. Der Voreigentümer des Beklagten hatte das Blumenbeet beseitigen lassen und dadurch den Balkon um 12,39 m2 vergrößert, wodurch der Balkon nunmehr über eine Fläche von 44 m2 verfügt. Entsprechend der Vorgaben der EnEV wird auf die Fassade eine Wärmedämmung aufgebracht. Im Zuge dieser Maßnahmen würde der Terrassenbelag eingekürzt und sich die Terrassenfläche reduzieren. Entsprechend muss das Balkongitter an zwei Wandanschlüssen um ca. 20 cm gekürzt werden.

Der Beklagte verweigerte den Handwerkern das Betreten seines Balkons und die Durchführung der erforderlichen Arbeiten und erteilte Hausverbot.

Auf der Eigentümerversammlung vom 02.11.2016 beschlossen die Eigentümer unter TOP 7 unangefochten die Durchsetzung des Betretungs- und Gestattungsrechts gemäß § 14 Nr. 4 WEG durch die Klägerin. Wegen des Inhalts des Beschlusses wird auf die Versammlungsniederschrift vom 02.11.2016 (Bl. 11 ff.) Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Dämmung habe eine Stärke von 16 cm und dass der Terrassenbelag auf einer Länge von ca. 7,00 m um ca. 20 cm eingekürzt würde und sich die Terrassenfläche hierdurch um ca. 1,40 m2 verringern und nach der Montage der Vorhangfassade mit Dämmung noch ca. 42,50 m2 betragen würde.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Auswirkungen der Sanierung seien in Bezug auf die Terrassenfläche und das Balkongitter marginal und vom Beklagten hinzunehmen; insbesondere im Hinblick darauf, dass die aktuelle Balkonfläche auf einer rechtswidrigen baulichen Veränderung beruhe und zudem auf Grund des bestandskräftigen Beschlusses vom 12.08.2014 bei der Aufbringung einer Wärmedämmung die zwingenden Vorschriften der EnEV und Förderrichtlinien der KfW-Bank zu berücksichtigen seien. Sofern der Beklagte die Gestattung des Betretens seines Balkons von der Gestellung einer Sicherheitsleistung abhängig mache, ist die Klägerin der Auffassung, ein Anspruch auf Sicherheitsleistung bestehe nicht. Die Gestellung einer Sicherheitsleistung sei dem Schadensrecht fremd. Zum anderen sei zu beachten, dass die Gestellung einer Sicherheitsleistung überhaupt nur dann diskutiert worden sei, wenn durch den Eingriff in das Sondereigentum erhebliche Beschädigungen zu erwarten seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den von der Klägerin beauftragten Handwerkern der Firma …, Zutritt zu dem Balkon seiner Wohnung Nr. 4 gemäß Aufteilungsplan, belegen auf der 4. Ebene, rechts des Hauses …, zu gestatten und die Durchführung folgender Arbeiten zu dulden:

– Einkürzen des Terrassenbelags im Bereich der Westbrüstung sowie im Bereich vor dem Wohnzimmer

– Einkürzen des Geländers im Bereich der Westbrüstung sowie im Anschluss zur Wand des Wohnzimmers

– Aufstellung eines Gerüstes vor dem Wohnzimmer als auch außen vor der Westbrüstung zur Andienung von Personal und Material,

– Montage der Vorhangfassade im Bereich des Wohnzimmers sowie der Etage darüber (Eigentümer …),

– Abbau der Gerüste

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt der Beklagte,

1) Die Klägerin zu verurteilen, an ihn 6.200,00 € nach Fertigstellung der Fassadensanierung und Wärmedämmung an der Westfassade des Hauses … zu zahlen, hilfsweise in dieser Höhe Sicherheit zu leisten;

2) Die Klägerin zu verpflichten, die Balkonbrüstung, den Bodenbelag und die Markise in der Wohneinheit des Beklagten im Objekt … nach Vornahme der Arbeiten wieder zu errichten und anzubringen;

3) Zug um Zug gegen Gewährung des Zugangs zur Terrasse und Außenanlage der Wohnung … 6.750,00 € als Sicherheit für die Anspruch des Beklagten zur Wiederherstellung und Wiederanbringung der Balkonbrüstung, des Bodenbelags und der Markise in der Wohneinheit des Beklagten im Objekt … zu leisten.

Der Beklagte ist der Auffassung, er könne im Falle der Durchführung der Arbeiten einen Wertverlust für die geringere nutzbare Terrassenfläche, die Kosten seiner notwendigen Mitwirkung zur Freimachung der Flächen und eine Wiederherstellung des beanspruchten Gemeinschaftseigentums (Sondernutzungsrechts) verlangen. Dazu behauptet er, die Dämmung habe eine Stärke von 0,25 m. Betroffen seien zwei Wände von je 4,63 m und eine von 0,5 m. Bei insgesamt 9,76 laufende Meter ergebe sich bei einem Verlust von 0,25 m eine Fläche von rund 2,44 m2, die an der Terrasse fehlen würden. Dies entspreche 5,5 % der Terrassenfläche. Der Wert sei je m2 auf 2.500,00 € anzusetzen, so dass sich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 6.100,00 € ergebe.

Der Beklagte ist der Auffassung, im stehe ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für zu erwartende Schäden zu. Dazu trägt er – unstreitig – vor, das Balkongeländer befinde sich im Gemeinschaftseigentum, sei aber als Sondernutzugsrecht dem Beklagten zugewiesen. Die Terrasse verfüge über ein Außengeländer bestehend aus viereckigem Stahlrohr und einer Höhe von ca. 80 cm. Am Geländer befinde sich eine zweiteilige Sichtblende. Das Geländer habe eine Länge von 9,63 und 4,64 m, insgesamt 14,26 m. Das Geländer sei am Boden befestigt. Um die Dämmung anbringen zu können, müsse das Geländer abmontiert, eingekürzt und wieder angebracht werden. Zudem müsse der Bodenbelag nebst Holzunterkonstruktion wieder hergestellt werden. Die Klägerin verlange klageweise den Zugang zur Terrassenfläche nur für die Demontage, nicht für die Wiederherstellung. Zur Wiederherstellung sei sie aber verpflichtet. Durch die Arbeiten müsse auch der Bodenbelag auf den Sondernutzungsflächen (Terrassenfläche) des Sondereigentums des Beklagten bearbeitet werden. Hinsichtlich der Höhe der Sicherheitsleistung trägt der Beklagte vor, für die Montage nach Vornahme der Dämmarbeiten könnten 5.588,48 € angesetzt werden. Er müsse sichergehen können, dass die Klägerin die Arbeiten auch durchführe. Diese Sicherheit bestehe nicht. Er sei daher berechtigt, eine finanzielle Sicherheit zur Absicherung seiner Wiederherstellungsansprüche zu verlangen. Erstattungsfähig seien auch die Umzugs-, Transport- und Lagerkosten. Er habe die Terrasse leergeräumt. Für das Entfernen der Terrassenmöbel (sechsteilige Sitzgarnitur nebst Kissen für die Bezüge, Schrank für Geschirr, Grill und Blumenkästen) sei ein Aufwand von 10 Stunden Eigenleistung nötig. Dies entspreche einem Wert von 150,00 €. Für das Wiederherrichten sei ein Aufwand von 15 Stunden nötig, also 225,00 €. Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei vorleistungspflichtig. Es stünden keine Mittel zur Absicherung der Ansprüche des Beklagten bereit. Die Klägerin bestreite das Bestehen von Ausgleichsansprüchen. Er müsse daher befürchten, dass sich die Klägerin den Leistungen entziehen wolle.

Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien mit Beschluss vom 09.01.2018 angeordnet, dass gemäß § 128 im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht und berücksichtigt werden können, ist der 31.01.2018 bestimmt worden.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Parteien zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Widerklage ist mit dem Hauptantrag zu Ziff. 1 und dem Antrag zu Ziff. 2 unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte ist der Klägerin gegenüber zur Gestattung des Betretens und der Benutzung des zu seiner Wohnung gehörenden Balkons aus § 14 Nr. 4 1. Hs WEG verpflichtet. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist. Entsprechendes gilt für die mit einem Sondernutzungsrecht belegten Gebäudeteile oder Gemeinschaftsflächen (Suilmann in: Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 13. Auflage, 2015, § 14, Rn. 59).

Das Betreten des zur Wohnung des Beklagten gehörenden Balkons ist zur Instandsetzung bzw. Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlich. Erforderlich muss unter der gebotenen Berücksichtigung von Art. 13 GG sowohl das Betreten und Benutzen sein als auch deren Zweck (Suilmann in: Bärmann, a.a.O., Rn. 60). Der der streitgegenständlichen Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahme zu Grunde liegende Ausführungsbeschluss vom 04.11.2015 ist zwischenzeitlich bestandskräftig, nachdem das Landgericht Bremen, Az.: 4 S 278/16, am 09.01.2018 die Gehörsrüge des Beklagten im hiesigen Verfahren zurückgewiesen hat. Zweifel an der Erforderlichkeit der durchzuführenden Maßnahme bestehen nach alledem nicht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.12.2001, Az.: 4 W 313/01; Hogenschurz in: Jennißen, WEG, 2008, § 14, Rn. 25). Ferner ist das Betreten des zur Wohnung des Beklagten gehörenden Balkons zur Durchführung der aus dem Tenor ersichtlichen Arbeiten unstreitig erforderlich. Die Nachteile, die der Beklagte durch das Betreten und die Benutzung des Balkons für die zu erwartende Dauer der Arbeiten von vier bis sechs Wochen erleidet, stehen hierzu nicht außer Verhältnis. Nach alledem hat der Beklagte das Betreten des zu seiner Wohnung gehörenden Balkons durch die Mitarbeiter des beauftragten Fachunternehmens zur Vornahme der aus dem Tenor ersichtlichen Arbeiten zu gestatten.

II.

Der Hauptantrag zu Ziff. 1 der Widerklage ist unzulässig. Es handelt sich insoweit um eine Klage auf künftige Leistung, welche nur unter den Voraussetzungen der §§ 257 bis 259 ZPO zulässig ist. Einzig in Betracht kommt vorliegend eine Klage wegen Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung gemäß § 259 ZPO. Die Klage auf künftige Leistung ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Sie bezweckt damit den Schutz des Gläubigers, der bei Gefährdung seines Anspruchs nicht, wie ansonsten erforderlich, mit der Erhebung der Klage warten muss, bis der Anspruch fällig ist, sondern diesen bereits gerichtlich geltend machen darf, wenn er – etwa mangels Ablaufs einer Frist oder mangels Eintritts einer Bedingung – noch nicht fällig ist. Die Klage auf künftige Leistung ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Sie setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist (BGH, Urteil vom 12.07.2006, Az.: VIII ZR 235/04 m.w.N.). Geltend gemacht wird vorliegend ein Entschädigungsanspruch aus § 14 Nr. 4 2. Hs WEG. Ein solcher entsteht aber – ebenso wie ein Schadensersatzanspruch – frühestens mit dem Eintritt eines Schadens. Der Schadenseintritt ist nicht etwa vergleichbar mit dem Eintritt einer – für § 259 ZPO unschädlichen – aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 158 BGB.

III.

Der Hilfsantrag zu Ziff. 1 der Widerklage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Mit dem Hilfsantrag zu Ziff. 1) der Widerklage verfolgt der Beklagte einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für einen künftigen Entschädigungsanspruch aus § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG in Bezug auf die durch die vorzunehmende Maßnahme zu erwartende Reduzierung der Terrassenfläche. In der Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass der zur Gestattung gemäß § 14 Nr. 4 1. Hs WEG pflichtige Wohnungseigentümer die Gestattung der Eingriffe von einer vorherigen Sicherheitsleistung abhängig machen könne, es sei denn, der Ersatz seines Schadens sei durch die vorhandene Rücklage oder eine erhobene Sonderumlage finanziell abgesichert (vgl. Suilmann in: Bärmann, a.a.O., Rn. 65; KG, Beschluss vom 10.02.1986, Az.: 24 W 4146/85). Ob ein Anspruch auf Sicherheitsleistung für Ansprüche aus § 14 Nr. 4 2. Hs WEG grundsätzlich vor oder Zug um Zug mit Erfüllung des Gestattungsanspruch aus § 14 Nr. 4 1. Hs WEG besteht, bedarf vorliegend nicht der Entscheidung. Denn hinsichtlich der – in der Tat zu erwartenden – Reduzierung der Terrassenfläche wird der Beklagte eine Entschädigung nach § 14 Nr. 4 2. Hs WEG nicht beanspruchen können. Der Anspruch setzt voraus, dass der Sondereigentümer oder Sondernutzungsberechtigte durch das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum oder einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile und Flächen und der zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen substantiellen Einwirkung auf das Sondereigentum adäquat kausal einen Schaden erlitten hat (Suilmann in: Bärmann, a.a.O., Rn. 74). Der Anspruch geht auf Schadloshaltung entsprechend den Regeln der §§ 249 ff. BGB, wobei im Unterschied zum Deliktsrecht auch geringere Beeinträchtigungen ersatzfähig sein können. Es dürfen dem Sondereigentümer keine unmittelbaren finanziellen Nachteile aus der Durchführung der Arbeiten zur Last fallen. Dem Umfang nach zu ersetzen ist der unmittelbare Substanzschaden und der mittelbare Schaden im Sondereigentum (Suilmann in: Bärmann, a.a.O., Rn. 76 m.w.N.). Die Verringerung der Terrassenfläche stellt jedoch keinen adäquat kausalen Schaden hinsichtlich des Betretens und der Benutzung des Sondereigentums und der zur Durchführung der Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen substantiellen Einwirkungen auf das Sondereigentum dar. Der geltend gemachte Schaden ist vielmehr Konsequenz des Instandsetzungserfolgs. Der Beschluss zur Fassadensanierung mittels Vorhangfassade und Wärmedämmung ist zwischenzeitlich bestandskräftig. Nicht die Arbeiten zur Fassadensanierung, zu deren Zweck der Balkon betreten und Sondereigentum in der Substanz beschädigt werden muss, bedingen die Verkleinerung der Terrasse, sondern die bestandskräftig beschlossene Wärmedämmung nebst Vorhangfassade als solche. Der geschädigte Sondereigentümer kann aus § 14 Nr. 4 2. Hs. WEG Schadensersatz entsprechend den Regeln der § 249 ff. BGB geltend machen, also grundsätzlich auch in Form der Naturalrestitution. Fiele ein Schaden, den ein Sondereigentümer durch das Ergebnis der Instandsetzung oder Instandhaltung – also das instandgesetzte Gemeinschaftseigentum – erleidet, ebenfalls unter § 14 Nr. 4 2. Hs WEG, so könnte der geschädigte Sondereigentümer unter Berufung auf diese Vorschrift den Rückbau der Instandsetzung beanspruchen, soweit er durch diesen beeinträchtigt ist, und damit den bestandskräftigen Instandsetzungsbeschluss unterlaufen.

IV.

Der Widerklageantrag zu Ziff. 2 ist ebenso wie der Hauptantrag zu Ziff. 1 unzulässig, da dieser auf künftige Leistung gerichtet ist, mangels Entstehens des geltend gemachten Anspruchs jedoch die Voraussetzungen des § 259 ZPO nicht vorliegen.

V.

Der Widerklageantrag zu Ziff. 3. ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Einen Anspruch auf Sicherheitsleistung kann der Beklagte bereits deswegen nicht entgegenhalten, da erhebliche Schäden derzeit nicht ernstlich zu befürchten sind. Der Beklagte trägt zur Begründung vor, es müsse sichergestellt werden, dass der Balkonboden, die Markise und das Balkongeländer nach Vornahme der Sanierungsarbeiten wieder angebracht bzw. montiert würden. Die Klägerin verlange klageweise den Zugang zur Terrassenfläche nur für die Demontage, nicht für die Wiederherstellung. Das Gericht vermag nicht nachzuvollziehen, warum der Beklagte befürchtet, das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen werde diese Arbeiten nicht ausführen. Aus dem Leistungsverzeichnis des Werkvertrags mit dem Auftragnehmer … (Bl. 44 ff.) geht eindeutig, nämlich auf S. 18, hervor, dass vorbereitende Zusatzarbeiten Gegenstand des beauftragten Werkes sind, nämlich: „Abtrennen der Tragstützen an Geländern und wiederanbringen nach Fassadenmontage, aufnehmen, kürzen und wiederverlegen von Betongehwegplatten auf Terrassen, einkürzen von Anti-Slip-Dielen und Holzunterkonstruktion auf einer Terrasse, setzen von 2 Stück Konsolen für die Wiedermontage einer Markise etc.“ Da diese Auswirkungen auf das Sondereigentum bzw. Sondernutzungsrecht bereits vorhersehbar und deren Beseitigung bereits vom Auftrag umfasst sind, sind insoweit erhebliche Schäden nicht zu erwarten. Soweit sich der Beklagte schließlich auf Schadensersatz für eigene Arbeitsleistung bezieht, fehlt es im Hinblick auf den Betrag von 375,00 € an der Erheblichkeit.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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