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Wann kann Mieter eingebrachte Gegenstände wieder entfernen?

OLG Naumburg, Az.: 1 U 108/17, Urteil vom 22.01.2018

In dem Rechtsstreit hat der 1 Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2018 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. Juli 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.880,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Wann kann Mieter eingebrachte Gegenstände wieder entfernen?
Foto: Piotr Adamowicz/Bigstock

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1) Hauptantrag

a) Hauptantrag gegenüber der Beklagten zu 1)

Das Landgericht hat zu Recht die auf die Duldung der Wegnahme der Automatiktür aus den zum Betrieb einer Apotheke genutzten Gewerberäumlichkeiten im ### Einkaufszentrum ### gerichtete Klage abgewiesen.

Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) nicht gemäß Ziffer 13.4 des Mietvertrages vom 2. September 2009 (Bl. 111 ff. GA) die Duldung der Wegnahme der Automatiktür verlangen. Die dortige Bestimmung unterscheidet zwischen „baulichen Veränderungen“ einerseits und „Einrichtungen“ andererseits. Während erstere entschädigungslos in das Eigentum der Vermieterin übergehen, wenn sie von der Mieterin am Mietgegenstand vorgenommen wurden, kann die Mieterin Einrichtungen, mit denen sie den Mietgegenstand versehen hat, bei Beendigung des Mietverhältnisses wegnehmen. Das Landgericht hat der Klägerin das Recht zur Wegnahme der Automatiktür abgesprochen, weil es die vor Eröffnung der Apotheke durch die Beklagte zu 2) im Jahre 1994 angebrachte Automatiktür nicht als „Einrichtung“ angesehen hat. Die Tür stellte keinen Gegenstand dar, der der Mietsache untergeordnet sei, sondern habe wegen ihrer Funktion, die Mieträume nach außen abzuschließen und die Besitzausübung zu gewährleisten, essenzielle Bedeutung für die Mieträume. Anders als beispielsweise Innentüren könne die Außentür zu einer Apotheke keine Einrichtung im Sinne des § 539 Abs. 2 BGB, dem die vertragliche Vorschrift, auf deren Grundlage die Klägerin ihren Anspruch stützt, nachgebildet ist, darstellen.

Der Senat schließt sich der vom Landgericht vertretenen Auffassung an. Allerdings weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass Türen im Allgemeinen „Einrichtungen“ im Sinne des § 539 Abs. 2 BGB darstellen können. Der Berufung ist auch darin zu folgen, dass die Unterscheidung zwischen Außen- und Innentüren kein grundsätzliches Kriterium zur Abgrenzung zwischen „Einrichtungen“ und „baulichen Veränderungen“ liefert, weil auch Außentüren zu den Einrichtungen im Sinne des § 539 Abs. 2 BGB gehören können, wie sich aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ergibt. Andererseits ist auch der von der Klägerin postulierte Umkehrschluss, sämtliche Türen, so auch Außentüren gehörten stets zu den Einrichtungen, nicht gerechtfertigt.

Der objektive Charakter der Maßnahme bietet kein hinreichendes Abgrenzungskriterium (Langenberg, in Schmidt-Futterer, MietR, 13. Aufl., § 539 BGB, RN 14), weshalb die Natur des hier in Rede stehenden Gegenstandes nicht ausreicht, um eine Zuordnung als „Einrichtung“ oder sonstige Mieterinvestition zu ermöglichen. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls, so insbesondere auch solche, die auf die Willensrichtung des Mieters bei Vornahme der Maßnahme schließen lassen, heranzuziehen. Vom Mieter eingebrachte Sachen sind in der Regel dann keine Einrichtungen, wenn sie erforderlich waren, um die Mietsache überhaupt erst in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen (Scheuer/Emmerich, in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., RN Kap. V RN 331, Seite 1663).

Gemäß § 1 des Mietvertrages vom 23. April 1994 (Bl. 139 GA II) hat die Klägerin die Gewerbefläche zum Betrieb einer Apotheke gemietet. Unstreitig war die Gewerbefläche von der Vermieterin nicht gegen den übrigen Bereich des Einkaufszentrums räumlich abgetrennt. Der Einbau einer Trennwand mit einer Eingangstür war daher erforderlich, um die Mietsache in dem Zustand zu versetzen, der den ausdrücklich vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erst möglich machte. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Düsseldorf dadurch, dass die Gewerbefläche ohne die Tür in keiner Weise zu benutzen gewesen wäre. Während in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall eine Garage zum Kiosk umgebaut wurde, war die Klägerin erste Mieterin einer Fläche, die ohne Abgrenzung zu dem übrigen Bereich des Einkaufszentrums überhaupt nicht selbständig genutzt werden konnte. Zutreffend hat das Landgericht daher die Maßnahme als bauliche Veränderung eingeordnet, die dem Wegnahmerecht nicht unterliegt.

Aber auch unter der Annahme einer abweichenden Betrachtungsweise, der Einordnung der Automatiktür als „Einrichtung“, kann die Klägerin die Duldung ihrer Wegnahme nicht verlangen. Der Ausschluss des Wegnahmerechts ergibt sich aus dem Verlangen der Beklagten zu 1), die Einrichtung zurückzulassen. Dieses Recht ist der Beklagten zu 1) unter Ziffer 15.4 des Vertrages eingeräumt. Sie hat es unter dem 21. September 2015 (Anlage, Bl. 26 GA I) ausgeübt. Die Beklagte zu 1) hat im Schreiben vom 21. September 2015 verlangt, dass die Klägerin die gegebenenfalls von ihr eingebrachten baulichen Einrichtungen vollständig zurücklasse. Dieses Verlangen war ausreichend, um das Wegnahmerecht der Klägerin zum Erlöschen zu bringen. Es war nicht erforderlich, dass die Beklagte zu 1) der Klägerin eine Entschädigung gezahlt oder angeboten hat. Die von den Parteien unter Ziffer 15.4 des Mietvertrages getroffene Vereinbarung weicht von der Vorschrift des § 552 Abs. 1 BGB ab. Dem Wortlaut dieser Bestimmung nach kann das Wegnahmerecht durch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung abgewendet werden. Die zu diesem Wortlaut vertretene Auffassung, wonach erst die tatsächliche Zahlung oder zumindest das Angebot einer Entschädigung das Wegnahmerecht abwenden kann (vgl. Langenberg, a.a.O., § 552 BGB, RN 7), spielt im Verhältnis der Parteien keine Rolle, weil die vertragliche Bestimmung vom Wortlaut des § 552 Abs. 1 BGB abweichend allein die Formulierung des Verlangens nach Zurücklassung der Einrichtung ausreichen lässt, um das Wegnahmerecht zu Fall zu bringen. Damit haben die Parteien die dispositive Vorschrift abgeändert und die Abwendung des Wegnahmerechts von der tatsächlichen Zahlung einer Entschädigung unabhängig gestaltet. So löst die Ausübung der von den Vertragsparteien vereinbarten Abwendungsbefugnis zwar einen Entschädigungsanspruch aus, ist aber nicht vom vorherigen Angebot oder gar der Leistung einer Entschädigung abhängig.

Die Wirksamkeit des Abwendungsverlangens ist auch nicht davon abhängig, dass es während des Mietverhältnisses ausgesprochen wird. Vielmehr erlischt die Abwendungsbefugnis erst dann, wenn der Mieter sein Wegnahmerecht ausgeübt hat (Scheuer/Emmerich, a.a.O., Kap V, RN 350, Seite 1667). Dies ist hier nicht der Fall, denn die Automatiktür befindet sich in eingebautem Zustand in der gemieteten Räumlichkeit.

b) Hauptantrag gegenüber der Beklagten zu 2)

Aus dem unter a) Ausgeführten ergibt sich die Unbegründetheit der gegenüber der Beklagten zu 2) angebrachten Klage. Nachdem die Klägerin von der Beklagten zu 1) die Duldung der Wegnahme nicht verlangen kann, gilt dies auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2), weil ihre Duldungspflicht im Bestand von der Duldungspflicht der Beklagten zu 1) abhängig ist.

Darauf, ob die Klägerin durch den Abschluss des im Ergebnis des vor dem Amtsgericht Plön geschlossenen Vergleich mit Begründung einer Zahlungspflicht der Beklagten zu 2) für verschiedene Aufwendungen der Klägerin auf die Mietsache, so auch die Automatiktür, eine stillschweigende Einigung über die Übereignung der mit dem Zahlungsanspruch abgegoltenen Gegenstände herbeigeführt hat, kommt es daher nicht mehr an.

2) Hilfsantrag

Auch der gegenüber der Beklagten zu 1) angebrachte Hilfsantrag ist unbegründet. Die Klägerin kann für die Automatiktür keine Entschädigung verlangen. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Automatiktür keine „Einrichtung“ darstellt und deswegen ihre Zurücklassung den unter Ziffer 15.4 des Mietvertrages vereinbarten Entschädigungsanspruch nicht auslöst.

Geht man dagegen davon aus, dass das Wegnahmerecht im Verhältnis zur Beklagten zu 1) allein auf Grundlage der ausgeübten Abwendungsbefugnis erloschen ist, kann diese die Zahlung einer Entschädigung gemäß § 214 Abs. 1 BGB verweigern, denn der Anspruch ist verjährt. Gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjähren die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen in 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Dazu gehören auch vertragliche Ansprüche zur Abwendung des Wegnahmerechts (Weidenkaff, in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 548, RN 6, Langenberg, a.a.O., § 552 BGB, RN 12). Das Mietverhältnis war am 18. September 2015 beendet. Der Hilfsantrag ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 22. Mai 2017 angebracht worden (Seite 3 der Sitzungsniederschrift, Bl. 132 GA II) und konnte die Verjährung daher nicht unterbrechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG und 3 ZPO.

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