Skip to content
Menü

Wann liegt ein sittenwidriger Mietvertrag vor?

Eine Gewerbemieterin in Cham verweigerte die Zahlung von 35.641,24 Euro Miete und berief sich auf die Sittenwidrigkeit des Vertrags, da der Mietzins 2005 angeblich 125 Prozent über dem Marktwert lag. Das Landgericht Regensburg wies die Klage ab und betonte die Besonderheiten des Falls, darunter die Anmietung von 19 Objekten und einen Investitionszuschuss von 600.000 Euro.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Regensburg
  • Datum: 24.05.2017
  • Aktenzeichen: 1 HK O 1790/16
  • Verfahrensart: Zivilverfahren, Mietrechtsstreit
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eigentümerin des Grundstücks in C., welche seit Februar 2016 ist. Sie fordert rückständigen und zukünftigen Mietzins basierend auf dem Mietvertrag vom 1./2.3.2012 und verlangt die Feststellung, dass dieser Vertrag wirksam ist.
  • Beklagte: Gewerbliche Mieterin des besagten Objekts, die die Wirksamkeit des Mietvertrages aufgrund von Sittenwidrigkeit in Frage stellt. Sie argumentiert, dass der verursachte Mietzins weit über dem Marktüblichem liegt, was einen wucherähnlichen Charakter hätte.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin als neue Eigentümerin des Grundstücks fordert von der Beklagten die Zahlung von Mietzins aufgrund eines bestehenden Mietvertrags. Die Beklagte stellt jedoch die Gültigkeit des Vertrags infrage und hat seit September 2016 keine Miete gezahlt.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage der Wirksamkeit des Gewerberaummietvertrages vom 1./2.3.2012. Die Beklagte hält den Vertrag aufgrund eines erheblichen Missverhältnisses zwischen dem vereinbarten und dem ortsüblichen Mietzins für sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte wird zur Zahlung von rückständigem Mietzins, weiteren Zahlungen und zukünftigen Mietzahlungen verurteilt. Der Mietvertrag wird als wirksam festgestellt.
  • Begründung: Das Gericht stellte kein auffälliges Missverhältnis im Sinne einer sittenwidrigen Ausnutzung fest. Trotz eines möglichen Missverhältnisses zwischen dem vereinbarten und ortsüblichen Mietzins fehlt es an Nachweis einer verwerflichen Gesinnung der Klägerin. Die Zustimmung des damaligen Mietvertrags durch den Geschäftsführer der Beklagten, der über volle Kenntnis verfügte, widerlegt die Annahme einer Unterlegenheit. Zudem berücksichtigen die Richter Investitionszuschüsse der Klägerin, die eine mögliche Diskrepanz relativieren.
  • Folgen: Die Beklagte muss die festgelegten Zahlungen leisten und trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.

Sittenwidriger Mietvertrag: Rechtsfolgen und aktuelle Gerichtsurteile im Mietrecht

Im deutschen Mietrecht gibt es klare Regelungen, die verhindern sollen, dass Mieter unangemessenen Bedingungen ausgesetzt werden. Ein sittenwidriger Mietvertrag ist ein zentraler Begriff, der häufig in der Diskussion um Mietpreiserhöhungen und Wucher auftaucht. Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die vertraglichen Vereinbarungen das Fundament des Verbraucherschutzes verletzen und die Mieterrechte ernsthaft beeinträchtigen. Ein Beispiel dafür ist die Mietpreisbremse, die verhindern soll, dass Mieten übermäßig steigen und die soziale Gerechtigkeit im Wohnungsmarkt gefährdet wird.

Ein sittenwidriger Mietvertrag kann erhebliche Rechtsfolgen haben, wie etwa eine Klage wegen Sittenwidrigkeit oder die Möglichkeit zur Mietvertragskündigung. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der verdeutlicht, wie Gerichtsentscheidungen im Mietrecht zu den Themen angemessene Miete und Mietpreisüberhöhung ausgelegt werden.

Der Fall vor Gericht


Gewerbemieterin scheitert mit Sittenwidrigkeitseinwand gegen Mietvertrag

Gewerbeimmobilie in Cham 2005 mit Geschäftsschild und Auto auf einem Parkplatz.
Sittenwidriger gewerblicher Mietvertrag | Symbolfoto: Flux gen.

Das Landgericht Regensburg hat die Wirksamkeit eines gewerblichen Mietvertrags bestätigt und die beklagte Mieterin zur Zahlung rückständiger Mieten in Höhe von insgesamt 35.641,24 Euro verurteilt. Die Klägerin, seit Februar 2016 Eigentümerin eines Gewerbeobjekts in Cham, hatte die Beklagte auf Zahlung des seit September 2016 nicht mehr geleisteten Mietzinses verklagt.

Komplexe Mietvertragshistorie mit mehreren Eigentümerwechseln

Die Immobilie wurde ursprünglich 1999 von P. U. an die Beklagte vermietet. Nach einer Zwischenvermietung durch die L. GmbH & Co. KG erwarb die … Investments SA, eine Objektgesellschaft eines internationalen Immobilieninvestors, im März 2005 das Objekt zusammen mit weiteren Betriebsgrundstücken der Beklagten. Der dabei geschlossene Rahmenmietvertrag vom 15.3.2005 übernahm weitgehend die Konditionen des Vorgängervertrags, erweiterte jedoch die Instandhaltungspflichten der Mieterin durch eine sogenannte „Triple-Net-Klausel„.

Streit um Wirksamkeit des aktuellen Mietvertrags

Der 2012 geschlossene objektbezogene Mietvertrag, der den Rahmenmietvertrag von 2005 ersetzte, sah neben der Übernahme der bisherigen Konditionen einen Investitionszuschuss von 600.000 Euro durch die Vermieterin vor. Die Mietzeit wurde bis 2028 verlängert. Die Beklagte stellte im September 2016 die Mietzahlungen ein und berief sich auf die Sittenwidrigkeit des Vertrags. Sie argumentierte, der vereinbarte Mietzins habe 2005 den marktüblichen Mietzins um 125 Prozent überschritten.

Gericht sieht keine Sittenwidrigkeit bei gewerblichem Mietverhältnis

Das Landgericht wies die Einwände der Beklagten zurück. Bei gewerblichen Mietverhältnissen zwischen kaufmännischen Vertragspartnern lasse sich aus einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht automatisch auf eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters schließen. Die Beklagte habe keine weiteren Umstände dargelegt, die den Vertrag als sittenwidrig erscheinen ließen.

Besonderheiten des Gesamtpakets sprechen gegen Sittenwidrigkeit

Das Gericht betonte die Besonderheit der Gesamtanmietung von 19 Objekten im Bundesgebiet. Für die Beklagte könne es wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein, einen höheren Mietzins zu akzeptieren, um Kosten und Risiken einer anderweitigen Anmietung zu vermeiden. Zudem relativiere der gewährte Investitionszuschuss in Höhe einer sechsfachen Jahresmiete das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erheblich.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Gericht bestätigt die Wirksamkeit eines gewerblichen Mietvertrags und verurteilt die Mieterin zur Zahlung ausstehender und zukünftiger Mieten. Auch bei höheren Mietzinsen und erweiterten Instandhaltungspflichten (Triple-Net-Klausel) kann ein Mietvertrag wirksam sein, wenn die Mieterin dem ursprünglich zugestimmt hat. Die Einrede der Sittenwidrigkeit greift nicht, wenn der Vertrag von beiden Seiten freiwillig geschlossen wurde und später sogar neu verhandelt wurde.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als gewerblicher Mieter müssen Sie vereinbarte Mietzahlungen auch dann leisten, wenn Sie den Mietvertrag später als zu teuer empfinden. Die Verweigerung der Mietzahlung kann zu erheblichen Nachzahlungsforderungen führen. Achten Sie bei Vertragsabschluss besonders auf Klauseln zur Instandhaltung und Kostentragung, da diese später nicht einseitig geändert werden können. Wenn Sie einen Mietvertrag neu verhandeln und dabei Zugeständnisse wie Investitionszuschüsse erhalten, stärkt dies die Wirksamkeit des gesamten Vertrags.


Mietverträge rechtssicher gestalten

Die Vertragsgestaltung im Gewerbemietrecht birgt viele Fallstricke, insbesondere bei langfristigen Mietverhältnissen und komplexen Vertragsklauseln. Kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten als Mieter? Wir unterstützen Sie bei der Prüfung Ihrer bestehenden Mietverträge und beraten Sie umfassend, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden. Sichern Sie sich Ihre rechtliche Position und lassen Sie sich von uns beraten.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ab welchem Mietzins ist ein gewerblicher Mietvertrag sittenwidrig?

Ein gewerblicher Mietvertrag kann sittenwidrig und damit unwirksam sein, wenn die vereinbarte Miete in einem auffälligen Missverhältnis zur ortsüblichen Vergleichsmiete steht und zusätzlich weitere Umstände wie eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters oder die Ausnutzung einer Zwangslage des Mieters vorliegen.

Maßstab für Sittenwidrigkeit im Gewerbemietrecht

Im Gewerbemietrecht gibt es keine gesetzlich festgelegten Mietobergrenzen wie im Wohnraummietrecht. Dennoch gilt auch hier der Grundsatz des § 138 Abs. 2 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind folgende Kriterien entscheidend:

  • Höhe der Miete: Eine Miete gilt als auffällig überhöht, wenn sie die ortsübliche Vergleichsmiete um mindestens 100 % übersteigt. Dies entspricht einer Verdopplung der marktüblichen Miete. In Einzelfällen wird auch eine Überschreitung von 200 % (das Dreifache) als Indiz für Wucher angesehen.
  • Ortsübliche Vergleichsmiete: Die Vergleichsmiete wird anhand ähnlicher Gewerbeobjekte in Bezug auf Lage, Größe, Ausstattung und Nutzung ermittelt. Besondere Standortvorteile (z. B. Nähe zu stark frequentierten Orten) können jedoch eine höhere Miete rechtfertigen.
  • Zusätzliche Voraussetzungen: Neben dem auffälligen Missverhältnis muss eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters nachgewiesen werden, z. B. die bewusste Ausnutzung der wirtschaftlichen Unerfahrenheit oder Zwangslage des Mieters.

Unterschiede zum Wohnraummietrecht

Im Gegensatz zur Wohnraummiete gibt es im Gewerbemietrecht keine Mietspiegel oder strikte Regelungen zur Begrenzung der Miethöhe. Gewerbliche Mieter gelten als wirtschaftlich erfahrener und weniger schutzbedürftig. Daher wird ihnen zugemutet, eigenverantwortlich zu handeln und Risiken bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen.

Beispiele aus der Praxis

  1. Sittenwidrigkeit bejaht: Ein Vermieter verlangt für ein Ladenlokal das Dreifache der ortsüblichen Miete, obwohl keine besonderen Standortvorteile bestehen. Der Mieter ist unerfahren und hat keine Alternativen aufgrund einer Zwangslage. Hier könnte ein Gericht Sittenwidrigkeit annehmen.
  2. Sittenwidrigkeit verneint: Ein Kfz-Schilderbetrieb mietet Räumlichkeiten direkt gegenüber einer Zulassungsstelle zu einem deutlich höheren Preis als üblich. Das Gericht lehnt die Sittenwidrigkeit ab, da der Standortvorteil den höheren Preis rechtfertigt.

Rechtliche Folgen

Ein sittenwidriger Mietvertrag ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Der Mieter kann in diesem Fall die Rückzahlung überhöhter Mietbeträge verlangen und muss keine weiteren Zahlungen leisten.

Fazit für Gewerbetreibende

Wenn Sie als Gewerbetreibender das Gefühl haben, dass Ihre Miete überhöht ist, prüfen Sie zunächst die ortsübliche Vergleichsmiete und dokumentieren Sie mögliche Zwangslagen oder unfaire Verhandlungen. Beachten Sie jedoch, dass Gerichte hohe Anforderungen an den Nachweis von Wucher und Sittenwidrigkeit stellen.


zurück

Welche Besonderheiten gelten bei der Sittenwidrigkeit von gewerblichen Mietverträgen?

Bei gewerblichen Mietverträgen liegt ein sittenwidriges Geschäft vor, wenn der vereinbarte Mietzins den verkehrsüblichen um das Doppelte überschreitet. Dies unterscheidet sich deutlich von Wohnraummietverträgen, bei denen bereits eine Überschreitung um 50% zur Sittenwidrigkeit führen kann.

Objektive Voraussetzungen

Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit erfordert zunächst die Feststellung des objektiven Marktwerts. Dabei sind die besonderen Merkmale des Gewerbeobjekts zu berücksichtigen:

  • Lage und Standortvorteile
  • Mietzweck
  • Vergleichbare Objekte in der Umgebung

Ein Standortvorteil, wie etwa die Nähe zu einer Zulassungsstelle bei einem Kfz-Schilderprägebetrieb, kann eine höhere Miete rechtfertigen.

Subjektive Voraussetzungen

Für die Sittenwidrigkeit muss neben dem objektiven Missverhältnis auch eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters vorliegen. Diese zeigt sich durch:

  • Ausnutzung einer Zwangslage
  • Ausnutzung von Unerfahrenheit
  • Ausnutzung des Mangels an Urteilsvermögen
  • Ausnutzung erheblicher Willensschwäche

Bei gewerblichen Mietern wird aufgrund ihrer kaufmännischen Erfahrung eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters nicht ohne weiteres angenommen. Wenn der Mieter ein vollkaufmännisch geführtes Unternehmen ist oder über Spezialwissen in der Branche verfügt, spricht dies gegen die Sittenwidrigkeit des Mietvertrags.

Zeitpunkt der Beurteilung

Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich. Spätere Entwicklungen, wie etwa sinkende Marktmieten, bleiben außer Betracht. Die Feststellung des Marktwerts erfolgt in der Regel durch den Vergleich mit ähnlichen Objekten. Nur wenn keine Vergleichsobjekte verfügbar sind, können andere Bewertungsmethoden, wie etwa die Einschätzung eines Sachverständigen, herangezogen werden.


zurück

Welche zusätzlichen Umstände können einen gewerblichen Mietvertrag sittenwidrig machen?

Ein gewerblicher Mietvertrag wird nicht allein durch eine überhöhte Miete sittenwidrig. Neben einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung müssen weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten.

Subjektive Voraussetzungen

Eine verwerfliche Gesinnung des Vermieters kann sich in folgenden Verhaltensweisen zeigen:

  • Die bewusste Ausnutzung einer Zwangslage des Mieters
  • Die Ausnutzung der wirtschaftlichen Unerfahrenheit des Vertragspartners
  • Das grob fahrlässige Übersehen der Unerfahrenheit des Mieters

Besondere Umstände beim Vertragsschluss

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit spielen die konkreten Umstände des Einzelfalls eine wichtige Rolle. Wenn Sie einen Gewerbemietvertrag abschließen, sind folgende Aspekte relevant:

Die Verhandlungsposition der Parteien ist entscheidend. Ein sittenwidriger Vertrag liegt eher vor, wenn der Mieter sich in einer schwachen Verhandlungsposition befindet. Bei vollkaufmännisch geführten Unternehmen oder Mietern mit Spezialwissen wird hingegen in der Regel davon ausgegangen, dass sie über die notwendige Erfahrung verfügen.

Standortbezogene Faktoren

Ein Wettbewerbsvorteil durch die Lage kann eine höhere Miete rechtfertigen. Wenn Sie beispielsweise ein Gewerbe in einer besonders vorteilhaften Lage betreiben möchten, kann eine überdurchschnittlich hohe Miete durchaus angemessen sein. Die Gerichte berücksichtigen bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit auch solche besonderen Standortvorteile.

Die Ausnutzung einer Monopolstellung durch den Vermieter kann dagegen ein Indiz für Sittenwidrigkeit sein. Dies gilt besonders, wenn der Vermieter die einzigen verfügbaren Gewerbeflächen in einer bestimmten Lage kontrolliert und diese Situation ausnutzt.


zurück

Welche rechtlichen Folgen hat die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Mietvertrags?

Ein sittenwidriger Mietvertrag ist nach § 138 BGB von Anfang an nichtig. Dies bedeutet, dass der Vertrag rückwirkend als nie geschlossen gilt und keine rechtliche Wirkung entfaltet.

Rückabwicklung des Mietverhältnisses

Wenn Sie einen sittenwidrigen Mietvertrag abgeschlossen haben, müssen beide Parteien so gestellt werden, als wäre der Vertrag nie zustande gekommen. Der Vermieter muss die bereits gezahlten Mieten zurückerstatten. Allerdings müssen Sie sich als Mieter die ortsübliche Vergleichsmiete anrechnen lassen.

Nutzung der Wohnung

Bei einem nichtigen Mietvertrag haben Sie als Mieter keinen rechtlichen Anspruch auf weitere Nutzung der Wohnung. Die Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass ein neuer, rechtmäßiger Mietvertrag zu angemessenen Bedingungen geschlossen werden sollte.

Besondere Konstellationen

Ein Mietvertrag ist besonders dann sittenwidrig, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete deutlich unterschreitet oder überschreitet.

Bei gewerblichen Mietverhältnissen muss zusätzlich nachgewiesen werden, dass dieses Missverhältnis für den Begünstigten subjektiv erkennbar war. Auch das Ausnutzen einer Zwangslage des Mieters kann zur Sittenwidrigkeit führen.

Durchsetzung der Ansprüche

Bei festgestellter Sittenwidrigkeit können Sie überzahlte Beträge für die letzten drei Jahre zurückfordern. Die Verjährungsfrist für diese Rückforderungsansprüche beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem Sie von der Sittenwidrigkeit Kenntnis erlangt haben.


zurück

Wie können sich Vermieter gegen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit absichern?

Marktgerechte Miethöhe dokumentieren

Ein Mietvertrag ist sittenwidrig, wenn die vereinbarte Miete den Marktwert in einem auffälligen Missverhältnis übersteigt. Wenn Sie als Vermieter eine Wohnung vermieten, sollten Sie vor Vertragsabschluss den aktuellen Marktwert durch objektive Quellen belegen. Hierzu eignen sich insbesondere der örtliche Mietspiegel, Vergleichsmieten ähnlicher Objekte oder ein Sachverständigengutachten.

Transparente Preisgestaltung

Bei der Festlegung der Miethöhe müssen Sie nachvollziehbar vorgehen. Die Miete darf nicht mehr als das Doppelte der ortsüblichen Vergleichsmiete betragen. Dokumentieren Sie sorgfältig alle wertbildenden Faktoren wie Lage, Ausstattung und Modernisierungen. Besonders bei gewerblichen Mietverhältnissen ist eine detaillierte Begründung der Miethöhe wichtig.

Vermeidung von Zwangslagen

Eine sittenwidrige Mietpreisüberhöhung liegt vor, wenn die wirtschaftliche Zwangslage, die Unerfahrenheit oder der Mangel an Urteilsvermögen des Mieters ausgenutzt wird. Achten Sie darauf, dass der Mieter den Vertrag freiwillig und ohne Druck abschließt. Dokumentieren Sie die Vertragsverhandlungen und geben Sie dem Mieter ausreichend Zeit zur Prüfung.

Sorgfältige Vertragsdokumentation

Erstellen Sie eine lückenlose Dokumentation des Vermietungsprozesses. Dazu gehören:

  • Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete
  • Besondere Ausstattungsmerkmale der Wohnung
  • Der Ablauf der Vertragsverhandlungen
  • Die Begründung für eventuelle Zuschläge

Bei gewerblichen Mietverhältnissen ist eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich, da hier die Bewertung der Sittenwidrigkeit strengeren Maßstäben unterliegt. Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen mindestens für die Dauer des Mietverhältnisses auf.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Sittenwidrigkeit

Ein Mietvertrag gilt als sittenwidrig, wenn er gegen das moralische Empfinden der Rechtsgemeinschaft verstößt und dabei ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Im Mietrecht wird dies besonders bei deutlich überhöhten Mieten relevant, die von der ortsüblichen Vergleichsmiete stark abweichen. Gemäß § 138 BGB sind sittenwidrige Rechtsgeschäfte nichtig. Bei Wohnraum wird eine Sittenwidrigkeit oft ab einer Überschreitung von 50% über der ortsüblichen Vergleichsmiete angenommen, bei Gewerbeimmobilien gelten jedoch strengere Maßstäbe.


Zurück

Triple-Net-Klausel

Eine vertragliche Vereinbarung im gewerblichen Mietrecht, bei der der Mieter neben der Grundmiete auch sämtliche Nebenkosten, Versicherungen und Instandhaltungskosten übernimmt. Diese Klausel verschiebt praktisch alle Immobilienkosten auf den Mieter. Bei einem Triple-Net-Mietvertrag (§ 535 BGB) trägt der Mieter zusätzlich zur Nettomiete die Betriebskosten, Versicherungen und Instandhaltungskosten. Dies ist besonders bei langfristigen Gewerbemietverträgen üblich.


Zurück

Rahmenmietvertrag

Ein übergeordneter Vertrag, der die grundlegenden Bedingungen für mehrere einzelne Mietverhältnisse festlegt. Er regelt die wesentlichen Vereinbarungen wie Miethöhe, Laufzeit und Pflichten der Parteien für verschiedene Mietobjekte einheitlich. Rechtlich basiert dies auf § 535 BGB in Verbindung mit der Vertragsfreiheit. Im vorliegenden Fall wurde der Rahmenmietvertrag für 19 verschiedene Objekte geschlossen und später durch Einzelverträge konkretisiert.


Zurück

Gewerbliches Mietverhältnis

Ein Mietverhältnis, das geschäftlichen Zwecken dient und nicht dem Wohnen. Es unterliegt anderen rechtlichen Regelungen als die Wohnraummiete und bietet weniger Mieterschutz. Die Vertragsparteien haben hier größere Gestaltungsfreiheit (§ 578 BGB). Anders als bei Wohnraummietverträgen gibt es keine Mietpreisbremse oder vergleichbare Schutzvorschriften. Beispiele sind die Anmietung von Geschäftsräumen, Lagerhallen oder Produktionsstätten.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 566 BGB (Kauf bricht nicht Miete):
    Ein bestehender Mietvertrag bleibt bei einem Eigentümerwechsel des Mietobjekts unverändert bestehen. Der Erwerber tritt in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters ein.
    Im vorliegenden Fall wird dieser Paragraph relevant, da die Klägerin als neue Eigentümerin des Grundstücks die Ansprüche aus dem bestehenden Mietvertrag geltend macht und darauf verweist, dass der Mietvertrag von der Beklagten weiterhin erfüllt werden muss.
  • § 138 Abs. 1 BGB (Sittenwidrigkeit):
    Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist insbesondere bei einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung der Fall, sofern eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten vorliegt.
    Die Beklagte argumentiert hier, dass der Mietvertrag wegen eines auffälligen Missverhältnisses und einer möglicherweise unzulässigen Klausel sittenwidrig sei. Das Gericht prüft, ob eine solche Sittenwidrigkeit gegeben ist, kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
  • § 256 ZPO (Feststellungsklage):
    Eine Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses ist zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens dieses Verhältnisses hat.
    Die Klägerin beantragt die Feststellung der Wirksamkeit des Mietvertrages, da die Beklagte die Gültigkeit in Frage stellt. Dies ist entscheidend, um den Rechtsgrund für künftige und vergangene Forderungen zu klären.
  • § 259 ZPO (Klage auf zukünftige Leistung):
    Eine Klage auf künftige Leistung kann erhoben werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Erfüllung entziehen wird.
    Da die Beklagte die Forderung der Klägerin bestreitet und bereits Mietrückstände aufweist, stützt sich die Klägerin auf diese Regelung, um auch künftige Mietzahlungen geltend zu machen.
  • Triple-Net-Klausel:
    Diese Klausel überträgt dem Mieter die vollständige Verantwortung für sämtliche Instandhaltungskosten, einschließlich derjenigen für Dach und Fach, und ist in Gewerbemietverträgen nicht unüblich.
    Im Fall wird die Klausel von der Beklagten als wesentlicher Faktor für die behauptete Sittenwidrigkeit des Mietvertrags angeführt. Das Gericht bewertet jedoch, dass diese Klausel die Wirksamkeit des Vertrages nicht beeinträchtigt, da solche Regelungen in gewerblichen Verhältnissen üblich sind.

Das vorliegende Urteil


LG Regensburg – Az.: 1 HK O 1790/16 – Endurteil vom 24.05.2017


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!