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Wasserschadensbekämpfung – Einbruch in Nachbarwohnung zulässig?

LG Berlin – Az.: 66 S 162/22 – Beschluss vom 22.09.2022

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 19.05.2022, Az. … gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Sie ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berufung kann nach § 513 Abs. 1 ZPO ausschließlich darauf gestützt werden, dass das angegriffene Urteil auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung als die erstinstanzlich getroffene Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen. Die erstinstanzliche Entscheidung ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden.

Die Kammer teilt die Auffassung, dass die Beklagten keine Pflichtverletzung begangen haben, die eine fristlose oder ordentliche Kündigung rechtfertigen würden.

Weder der Vorfall vom 28.07.2021 noch die dauerhafte Zahlung der Miete unter Vorbehalt oder der Rückstand aus Juni 2021 begründen – allein oder in der Gesamtschau – eine Kündigung. Denn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ist dem Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses zuzumuten. Das Amtsgericht hat die Umstände des vorliegenden Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen miteinander abgewogen und ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass keine eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung vorliegt.

Wasserschadensbekämpfung – Einbruch in Nachbarwohnung zulässig?
(Symbolfoto: Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Denn entgegen dem Vorbringen in der Berufungsbegründung vertritt die Kammer – wie auch das Amtsgericht – die Ansicht, dass es durchaus plausibel erscheint, dass der Beklagte zu 1 die Tür der leerstehenden Wohnung mutwillig geöffnet hat, weil er dort den Wasserschaden vermutete und weiteres Ausdringen von Wasser verhindern wollte. Unstreitig haben die Beklagten bei ihrer Rückkehr aus dem Urlaub festgestellt, dass braune Verfärbungen an der Decke und den Wänden und eine Wasserpfütze in ihrer Küche waren. Auch wenn die Beklagten kein Wasser die Wände herablaufen sahen, bedeutet dies nicht zwingend, dass der Wasserschaden nicht dennoch akut und aktuell ist. Denn wenn beispielsweise ein Abflussrohr beschädigt ist, tritt nur Wasser aus, wenn dieses abfließt. Dies kann jedoch jederzeit – auch plötzlich schwallartig – erfolgen, wenn beispielsweise ein Wasch- oder Spülmaschine läuft oder Wasser aus einer Badewanne abgelassen wird. Insofern ist es objektiv nachvollziehbar und verständlich, dass der Beklagte zu 1 die Wohnung gewaltsam öffnete, um mutmaßlich nötige Selbsthilfe zu leisten. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil einerseits die aufgebrochene Wohnung, in der der Beklagte zu 1 den Wasseraustritt vermutete, seit langem leersteht und die eigene Wohnung wegen des Urlaubs der Beklagten ebenfalls einige Zeit unbeaufsichtigt waren, so dass die Beklagten nicht ausschließen konnten, dass der Wasseraustritt bereits über einen längeren Zeitraum unbemerkt erfolgt war. Selbst wenn der Beklagte zu 1 die zulässige Selbsthilfe irrtümlich überschritten haben sollte, stellt dies nach Auffassung der Kammer keine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, als dass eine fristlose oder ordentliche Kündigung gerechtfertigt wären. Soweit der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1 hätte die Tür gewaltsam geöffnet, ohne zuvor versucht zu haben, den Kläger zu erreichen, haben die Beklagten diesem Vortrag widersprochen. Unstreitig haben die Beklagten in einer E-Mail den Wasserschaden angezeigt. Weiter behaupten sie, den Kläger einmal vergebens angerufen zu haben und ihn bei einem zweiten Versuch erreicht zu haben, ohne dass der Kläger ihr Anliegen ernst genommen habe. Es obliegt dem Kläger zu beweisen, dass der Versuch einer Kontaktaufnahme nicht erfolgt ist; vorliegend fehlt es bereits an einem Beweisangebot. Entsprechendes gilt für die Behauptung, der Beklagte zu 1 habe nicht in Nothilfe, sondern in einem Wutanfall die Wohnungstür aufgebrochen.

Der Umstand, dass die Beklagten den Kläger nicht im unstreitig gegen 11 Uhr geführten Telefonat erzählt haben, dass sie die Tür aufgebrochen hätten, sondern dies erst abends per Mail mitgeteilt haben, nachdem der Kläger die Beklagten über den Vorfall und die Strafanzeige informierten, stellt – wie vom Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt – ebenfalls keine eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung dar. Insbesondere da die aufgebrochene Wohnung unbewohnt, der Kläger von den Beklagten über den Wasserschaden informiert war und angekündigt hatte, unmittelbar einen Handwerker in die Wohnung zu schicken, bestand keine unmittelbare Gefährdung für die Wohnung. Denn die Beklagten konnten davon ausgehen, dass der Handwerker den Zustand an der Tür unmittelbar feststellen und gebotene Schritte einleiten würde.

Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass weder die vom Kläger angeführten zurückliegenden Mietrückstände noch die Zahlung der Miete unter Vorbehalt eine Kündigung rechtfertigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen. Die Kammer schließt sich diesen vollumfänglich an.

3. Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine Rücknahme der Berufung gegenüber einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO zu einer Reduzierung der Gerichtskosten um zwei Gebühren führen würde (vgl. Ziffern 1220, 1222 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG).

4. Die Kammer beabsichtigt, den Streitwert für den Berufungsrechtszug auf 5.244,- Euro (= 12 x 437,- Euro) festzusetzen.

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