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WEG – 1/3 Miteigentümeranteil = 1/3 Sondernutzungsrecht?

AG Hamburg-Harburg – Az.: 648 C 290/19 – Urteil vom 28.07.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zustimmung zu einer Neufestsetzung der Sondernutzungsrechte einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Parteien sind durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die aus ihnen beiden besteht, miteinander verbunden. Durch Urkunde des Notars… vom 1.1.2017 (UR-Nr. …) erklärte der frühere alleinige Eigentümer des Grundstücks, Herr …, die Aufteilung in zwei Miteigentumsanteile. Jedem Miteigentumsanteil sollte danach das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen unauflöslich verbunden sein. Das 1. Wohnungseigentum sollte nach § 2 der notariellen Urkunde aus einem 1/3 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz bestehen, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen des Wohngebäudes (Doppelhaushälfte) …, der Doppelgaragenhälfte rechts sowie dem Schuppen. Das 2. Wohnungseigentum sollte aus 2/3 ideellem Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz bestehen, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen des Wohngebäudes …., der Einzelgarage, der Doppelgaragenhälfte links sowie dem Schuppen. Die notarielle Urkunde nahm dabei Bezug auf einen Aufteilungsplan, in dem die beiden vorgenannten Wohnungseigentumsteile mit WE 1 und WE 2 bezeichnet wurden.

In der notariellen Urkunde heißt es zu der Nutzung und Unterhaltung des den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehenden Grund und Bodens in § 5 auszugsweise wie folgt:

„Der Teil des oben genannten Grundbesitzes, der in der Vertragsanlage gelb eingezeichnet ist, soll dem jeweiligen Wohnungseigentümer des Wohnungseigentumsrechts Nr. 1 zur ausschließlichen Nutzung zustehen. Der Teil des Flurstücks, der grün eingezeichnet ist, soll dem jeweiligen Wohnungseigentümer des Wohnungseigentumsrechtes Nr. 2 zur ausschließlichen Nutzung zustehen. (…) Der in dem anliegenden Lageplan rot dargestellte Grundstücksteil steht den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zur Nutzung als Zuwegung zu.“

Wegen des weiteren Inhalts der Teilungserklärung wird auf die Anlage K 2 verwiesen. In der gleichen Urkunde veräußerte der frühere Alleineigentümer, der Vater der Beklagten, den Miteigentumsanteil Nr. 1 zu einem Kaufpreis von 160.000 Euro an den Kläger und dessen frühere Ehefrau. Den Miteigentumsanteil Nr. 2 übertrug der frühere Alleineigentümer an seine Tochter, die Beklagte, im Wege vorweggenommener Erbfolge, behielt sich jedoch ein lebenslanges Wohnrecht vor. Der Kläger ist zwischenzeitlich als alleiniger Eigentümer des Wohnungseigentums Nr. 1 im Wohnungsgrundbuch von … eingetragen.

Dem gemeinschaftlichen Grundstück ist in Richtung … eine Fläche vorgelagert, die im städtischen Eigentum steht, aber seit mindestens 1969 von dem jeweiligen Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks als Vorgarten genutzt wird. Die Fläche misst 174 Quadratmeter. Das Bezirksamt … erklärte hierzu durch Schreiben vom 11. November 1969 gegenüber….

„Sie nutzen vor Ihrem Grundstück einen Streifen Land, der zum öffentlichen Straßengrund gehört, zu Vorgartenzwecken. Diese Teilfläche wird Ihnen hiermit auf Widerruf unentgeltlich zur weiteren Nutzung überlassen. Sollte die Fläche eines Tages zur Straßenerweiterungszwecke in Anspruch genommen werden müssen, ist sie auf erstes Anfordern und ohne Anspruch von Schadensersatz von Ihnen frei zu machen.“

Wegen des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Auch der Kläger nutzt diese im städtischen Eigentum befindliche Vorgartenfläche, ist jedoch bereit, auf die weitere Nutzung künftig zu verzichten. Das seinem Wohnungseigentum zugewiesene Wohngebäude steht, wie aus Anlage K 5 ersichtlich, mit einem kleinen Eckstück auf der städtischen Fläche.

Die den Wohnungseigentumsrechten in § 5 der Teilungserklärung zugewiesenen Sondernutzungsrechte am Gartengrundstück entsprechen einer Aufteilung von 1/3 und 2/3, würde man die im städtischen Eigentum stehende Vorgartenfläche zu dem Wohnungseigentumsanteil Nr. 1 hinzurechnen würde. Ohne diese Vorgartenfläche entfällt auf das Wohnungseigentum Nr. 1 eine Sondernutzungsfläche, die weniger als 1/3 der Gesamtfläche ausmacht (abzüglich gemeinsamer Zuwegung).

Der Kläger beauftragte einen Sachverständigen damit, einen Lageplan anzufertigen, der eine Aufteilung der Sondernutzungsrechte im Verhältnis von 1/3 zu 2/3 vorsieht und dabei sowohl das Vorgartengrundstück als auch die gemeinsame Zuwegung ausklammert. Der Vater der Beklagten erklärte am 24.6.2015 auf der Rückseite des von dem Sachverständigen erstellten Lageplans:

„Mit der Flächenermittlung der zwei Grundstücksflächen 1/3 zu 2/3 laut umseitiger Zeichnung – vorbehaltlich einer späteren Messung im Falle eines Verkaufes – einverstanden.“

Wegen des weiteren Inhalts der Erklärung wird auf die Anlage K 3 verwiesen. Der Kläger beauftragte das Notariat … damit, einen Entwurf zur „Verdinglichung“ der Sondernutzungsrechte gemäß den Vorgaben des von ihm beauftragten Sachverständigen zu erstellen. Insoweit wird auf die Anlage K 6 verwiesen.

Der Kläger meint, dass ihm als Inhaber eines Miteigentumsanteils von 1/3 auch ein Sondernutzungsrecht in Höhe von 1/3 der Grundstücksfläche zustehen müsse. Er behauptet, dass dies bei Abschluss des Kaufvertrags bzw. der Teilungserklärung auch so beabsichtigt gewesen sei. Ihm sei bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen, dass der Vorgarten im städtischen Eigentum ist.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Vereinbarungsentwurf/Entwurfsurkunde des Notars … gemäß beigefügter Anlage K 6 insoweit zuzustimmen, als dem Wohnungseigentum Nr. 1 der WEG… das Sondernutzungsrecht an den im Lageplan des Vermessungsingenieur Dipl.-Ing…. gelb bezeichneten Flächen zugewiesen wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Zustimmung zu der Entwurfsurkunde des Notars … gemäß Anlage K 6.

Dabei scheidet ein Anspruch auf Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB im Hinblick auf einen möglichen Mangel des erworbenen Wohnungseigentums aus. Insoweit ist die Beklagte schon nicht passivlegitimiert. Schuldner eines Nacherfüllungsanspruchs wäre allein der Verkäufer des Wohnungseigentums, nicht aber dessen dingliche Rechtsnachfolgerin. Im Übrigen hat der Kläger nicht bewiesen, dass das Wohnungseigentum tatsächlich mangelhaft ist. Ein Sachmangel läge nur dann vor, wenn die Beschaffenheit des von dem Kläger erworbenen Wohnungseigentums von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweichen würde (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei ergibt sich die vertraglich geschuldete Beschaffenheit des Miteigentumsteils aus der Beschreibung des Vertragsgegenstands in der notariellen Urkunde. Danach ist Kaufgegenstand ein 1/3 ideeller Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz gemäß der Teilungserklärung (Wohnungseigentumsrecht Nr. 1). Der Inhalt des Wohnungseigentumsrechts Nr. 1 wiederum wird durch die Teilungserklärung derart definiert, dass es aus einem 1/3 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen des Wohngebäudes (Doppelhaushälfte) …, der Doppelgaragenhälfte rechts sowie dem Schuppen besteht. Mit diesem Wohnungseigentum soll sodann verbunden sein ein Sondernutzungsrecht an der in der Vertragsanlage gelb eingezeichneten Fläche. Welche Größe diese gelbe Fläche haben soll, ist jedoch in der Vertragsurkunde nicht geregelt worden. Der bloße Umstand, der das Wohnungseigentum Nr. 1 aus einem ideellen Miteigentumsanteil von 1/3 an dem Grundbesitz bestehen solle, bedeutet nicht, dass auch die Sondernutzungsfläche 1/3 des Grundstücks ausmachen muss. Vielmehr erfolgt die Zuweisung der Sondernutzungsfläche gemäß Teilungserklärung allein über die Zeichnung in der Vertragsanlage. Auch der Umstand, dass die Vorgartenfläche dinglich nicht dem Wohnungseigentum Nr. 1 zugewiesen ist, begründet keinen Sachmangel. Die Vorgartenfläche war in der Vertragsanlage nicht eingezeichnet. Der Kläger ist für seine Behauptung, er habe nicht gewusst, dass der Vorgarten nicht zu dem streitgegenständlichen Grundstück gehöre, beweisfällig geblieben. Selbst wenn dies jedoch so gewesen wäre, würde hieraus nicht folgen, dass sich der Kaufvertrag auch auf die Vorgartenfläche bezogen hätte. Es ist zu vermuten, dass der Regelungsgehalt vollständig in der notariellen Urkunde vom 1. November 2007 niedergelegt ist. Dies gilt insbesondere für die Definition des Vertragsgegenstandes. Da der Vorgarten nach diesen Grundsätzen nicht Kaufgegenstand wurde, stellt es keinen Sachmangel dar, dass dem Kläger hieran kein Eigentum verschafft wurde.

Ein vertraglicher Anspruch aus einem Grenzfeststellungsvertrag scheidet ebenfalls aus. Die Erklärung des Herrn… vom 24.6.2015 ist nicht als Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Grenzfeststellungsvertrags anzusehen. Es fehlt schon an dem hierfür erforderlichen Rechtsbindungswillen. Schon der Wortlaut der Erklärung bezieht sich nicht auf den gemeinsamen Grenzverlauf, sondern auf eine bloße Flächenermittlung. Die Zustimmung zu einem Messergebnis beinhaltet nicht zwingend, dass auch Einverständnis mit einer Änderung der Sondernutzungsrechte besteht. Darüber hinaus war selbst diese auf das Messergebnis beschränkte Zustimmung nicht endgültig, sondern stand unter dem Vorbehalt einer ggf. im Verkaufsfall noch zu erfolgenden amtlichen Messung. Auch wird nicht mitgeteilt, mit welcher Motivation der Vater der Beklagten ohne Gegenleistung einer Änderung des Grenzverlaufs hätte zustimmen sollen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 10 Abs. 2 S. 3 WEG. Nach dieser Vorschrift kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Eine Regelung ist unbillig in diesem Sinne, wenn sie die beteiligten Interessen ohne sachlichen Grund nicht angemessen berücksichtigt (Suilmann, in: Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 14. Aufl., § 10 Rn. 154). Unter Berücksichtigung der den vorliegenden Einzelfall prägenden Umständen liegt eine derartige Unbilligkeit jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Dem Kläger ist dabei zwar insoweit Recht zu geben, als dass er nicht Eigentümer der von ihm genutzten Vorgartenfläche geworden ist. Jedoch ist es schon nicht zwingend, dass mit jedem Miteigentumsanteil ein gleichlautendes Sondernutzungsrecht an der Gemeinschaftsfläche verbunden sein muss. Vielmehr kann im Rahmen der Privatautonomie auch durchaus eine Regelung getroffen werden, wonach ein Miteigentumsanteil mit keinem oder nur einem relativ kleinen Sondernutzungsrecht an dem gemeinsamen Grundstück verbunden ist. Der Umstand, dass das ihm zugewiesene Sondernutzungsrecht kleiner als 1/3 ist, stellt für sich genommen daher schon keine Unbilligkeit dar. Hinzu kommt, dass der Kläger die faktische Nutzungsmöglichkeit an der Vorgartenfläche hat. Er kann diese Fläche faktisch unter Ausschluss Dritter alleine nutzen. Konkrete Maßnahmen seitens der …, diese Nutzung zu unterbinden, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Nach diesen Grundsätzen kann das Gericht auch nicht erkennen, dass die Sondernutzungsflächen, wie der Kläger meint, im Widerspruch zu den Bestimmungen der Teilungserklärung steht. Es gibt zu der Zuweisung der Sondernutzungsflächen gemäß Vertragsanlage keine im Widerspruch stehende textliche Darstellung in der Teilungserklärung. Im Gegenteil: Die Teilungserklärung nimmt zur Festlegung der Sondernutzungsflächen textlich ausdrücklich Bezug auf die Zeichnung in der Vertragsanlage. Vor diesem Hintergrund scheidet auch der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aus § 242 BGB aus.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO. Der Ausspruch über die Kostenfestsetzung beruht auf den geschätzten Angaben des Klägers in der Klageschrift und orientiert sich dabei an dem Wert der von ihm erstrebten Erweiterung seines Sondernutzungsrechts.

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