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WEG – Änderung des Kostenverteilungsschlüssels im Beschluss über Einzelabrechnungen

LG Itzehoe, Az.: 11 S 32/13, Urteil vom 15.04.2014

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08.04.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Eutin (Aktenzeichen 29 C 50/12) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert.

Der auf der Eigentümerversammlung der WEG S… T… vom 22.09.2012 zu TOP 4 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt, soweit mit diesem Beschluss die Einzeljahresabrechnungen für 2011 genehmigt worden sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden der Klägerin zu 82 % und den Beklagten zu 18 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits haben die Klägerin zu 80 % und die Beklagten zu 20 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz wird auf 5.887,49 € festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 17.02.2014 auf ebenfalls 5.887,49 € und für die Zeit danach auf 4.818,74 € festgesetzt.

Gründe

I.

WEG - Änderung des Kostenverteilungsschlüssels im Beschluss über Einzelabrechnungen
Symbolfoto: Von Karl R. Martin/Shutterstock.com

Wegen des Sachverhalts wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend gilt, dass die streitgegenständliche Wohnungseigentumsanlage aus einem Vorder- und einem Hinterhaus besteht. Das Vorderhaus ist unter der Anschrift S… gelegen und umfasst 6.276/10.000 Miteigentumsanteile (MEA), während das Hinterhaus unter der Anschrift S… gelegen ist und 3.724/10.000 MEA umfasst. In der Jahresabrechnung für 2011, die mit dem zu TOP 4 auf der Eigentümerversammlung vom 22.09.2012 gefassten Beschluss genehmigt wurde, wurden einzelne Betriebskosten getrennt nach Vorder- und Hinterhaus umgelegt. Auch die Kosten für die laufende Instandhaltung sowie die Instandhaltungsrücklage wurden getrennt nach Vorder- und Hinterhaus abgerechnet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 18.02.2013 haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, als die Klägerin den Beschluss, durch den die Gesamtjahresabrechnung für 2011 genehmigt wurde, ursprünglich angefochten hat. Nachdem die Klägerin mit der Berufung zunächst das Anfechtungsbegehren im Hinblick auf den zu TOP 4 auf der Eigentümerversammlung vom 22.09.2012 gefassten Beschluss sowohl in Bezug auf die Jahresgesamt- wie die Einzeljahresabrechnung für 2011 weiter verfolgt hat, hat sie mit Schriftsatz vom 17.02.2014 abändernd beantragt, den zu TOP 4 auf der Eigentümerversammlung vom 22.09.2012 gefassten Beschluss beschränkt für ungültig zu erklären, soweit die Genehmigung der Einzeljahresabrechnungen erfolgt ist.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg.

1.

Nachdem die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 07.02.2014 ihr ursprünglich im Berufungsrechtszug vollumfängliches Anfechtungsbegehren beschränkt hat, bezieht sich dieses allein auf die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 22.09.2012, soweit durch diesen die Einzeljahresabrechnung für 2011 genehmigt worden sind. In diesem Umfang hat die Anfechtungsklage Erfolg.

a) Die Klägerin beanstandet zu Recht, dass den Einzeljahresabrechnungen bei einer Vielzahl der Betriebskosten ein unzutreffender Verteilerschlüssel zugrunde lag und damit die Genehmigung der Einzeljahresabrechnungen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach.

aa) Den Einzelabrechnungen liegt in Bezug auf einen Teil der Betriebskosten (Müll, [Allgemein-] Strom, Kosten für Rauchwarnmelder, Glasbruch- und Gebäudeversicherung sowie Reinigung) ein Verteilerschlüssel nach jeweils 6.276 MEA zugrunde. Hierbei handelt es sich um die Miteigentumsanteile des Vorderhauses, so dass insoweit diese Kosten allein unter den Eigentümern der im Vorderhaus gelegenen Einheiten verteilt wurden. Im Hinblick auf die Kosten für die Wartung der Heizung und der Warmwasserversorgung für das in der S… gelegene Hinterhaus sieht jedenfalls die für die Klägerin erstellte Einzeljahresabrechnung keine Umlage vor, da lediglich vermerkt wurde „nicht daran beteiligt“. Die diesbezüglich angefallenen Kosten wurden nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin allein unter den im Hinterhaus gelegenen Einheiten aufgeteilt.

Diese Kostenverteilung weicht von dem maßgeblichen Verteilerschlüssel ab. Die vorrangig zu berücksichtigende in der Teilungserklärung sieht unter III Nr. 10 eine ausdrückliche Bestimmung nur in Bezug auf die Kosten für Heizung, Warmwasserversorgung, Hofflächen und Abstellplätze vor. Im Hinblick auf weitere Betriebskosten enthält die Teilungserklärung keine Bestimmung, die nach Miteigentumsanteilen, berechnet nach der Wohnfläche, umzulegen sind. Im Hinblick auf die übrigen Betriebskosten enthält die Teilungserklärung keine Regelung, so dass insoweit der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG eingreift, demzufolge aber auch eine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen gilt. Dabei sind aber die Miteigentumsanteile der gesamten WEG-Anlage zugrunde zu legen, solange nicht die Bildung von Untergemeinschaften vorgesehen oder nachträglich vereinbart worden ist. Beides ist hier nicht der Fall. Demgemäß hätten die betreffenden Betriebskosten nach 10.000 MEA und damit unter allen Eigentümern der WEG-Anlage verteilt werden müssen.

bb) Die Zugrundelegung eines abweichenden Verteilungsschlüssels nach 6.276 MEA lässt sich auch nicht – wie von den Beklagten geltend gemacht – damit rechtfertigen, die Wohnungseigentümer hätten mit der Genehmigung der Jahresabrechnung für 2011 zugleich einen Beschluss gefasst hätten, durch den die entsprechende Abänderung des Kostenverteilungsschlüssel beschlossen worden sei. Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer zwar bei den Betriebskosten mit einfacher Mehrheit einen abweichenden Verteilungsschlüssel beschließen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH kann aus der Genehmigung einer Jahresabrechnung nicht geschlossen werden, dass damit zugleich der in der Jahresabrechnung zugrunde gelegte Kostenverteilungsschlüssel genehmigt wird (vgl. BGH, Urt. vom 09.07.2010, Az. V ZR 202/09 = NJW 2010, 2654, Rn. 16). Aus Gründen der Klarheit sei für die Abänderung eines Verteilungsschlüssels eine ausdrückliche Regelung bzw. Beschlussfassung erforderlich. Anderenfalls sei der Umstand, dass ein neuer Verteilungsschlüssel beschlossen bzw. vereinbart wurde, für einen späteren Erwerber von Wohnungseigentum nicht hinreichend erkennbar (BGH aaO.). Soweit das Amtsgericht demgegenüber der Auffassung ist, diese Erwägungen würden im vorliegenden Fall insofern nicht zum Tragen kommen, als dass sich die mitbeschlossene Abänderung des zugrunde zu legenden Verteilungsschlüssels nur auf die im Einzelfall zur Abstimmung stehende Jahresabrechnung 2011 bezogen habe, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Denn es fehlt auch dann an der notwendigen Transparenz, da sich ohne gesonderten Beschluss nicht hinreichend klar nachvollziehen lässt, aus welchen Gründen bei der betreffenden Jahresabrechnung ein von der Teilungserklärung abweichender Kostenverteilungsschlüssel zugrunde gelegt wurde. Zudem lässt sich die Zustimmung von Wohnungseigentümern zu einer zur Beschlussfassung vorgelegten Jahresabrechnung nicht zugleich als Zustimmung zu einer Abänderung von in der Jahresabrechnung zugrunde gelegten Verteilungsschlüssel verstehen. Hierfür ist vielmehr eine ausdrückliche Beschlussfassung erforderlich. Anderenfalls ist davon auszugehen, dass vielen Wohnungseigentümern nicht einmal bewusst ist, dass mit der Genehmigung einer Jahresabrechnung auch ein Beschluss über eine Abänderung des maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssels verbunden ist.

Abgesehen von diesen Erwägungen widerspräche eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels für die Jahresabrechnung 2011 zusammen mit der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung selbst auch aus einem weiteren Grund ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn zum Zeitpunkt der Beschlussfassung war das Wirtschaftsjahr 2011 bereits abgeschlossen, so dass es sich bei Annahme einer Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels um eine rückwirkende Änderung gehandelt hätte. Grundsätzlich dürfen Wohnungseigentümer aber darauf vertrauen, dass die in einem abgeschlossenen Wirtschaftsjahr bereits angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden Kostenverteilungsschlüssel umgelegt werden (vgl. BGH, aaO., bei Rn. 11). Ein Beschluss, durch den eine rückwirkende Abänderung des Verteilungsschlüssels erfolgt, ist nur unter besonderen Umständen zulässig, die hier aber von den insoweit darlegungspflichtigen Beklagten nicht dargetan sind.

cc) Die Zugrundelegung eines von der grundsätzlichen Regelung abweichenden Verteilungsschlüssels war auch nicht aus anderen Gründen berechtigt.

(1.) Die Beklagten machen in diesem Zusammenhang geltend, die Abrechnung eines Teils der Betriebskosten (Müll, [Allgemein-]Strom und Kosten für Rauchwarnmelder) getrennt nach Vorder- und Hinterhaus sei insofern berechtigt gewesen, als dass der Eigentümer der Wohneinheiten des Hinterhauses in Bezug auf diese Positionen jeweils mit Dritten Verträge über eine gesonderte Abrechnung geschlossen habe. Bereits im Hinblick auf diesen Umstand dürften die im Hinterhaus gelegenen Wohneinheiten nicht in die allgemeine Kostenverteilung einbezogen werden, sondern die Verteilung dieser Kosten hätte sich auf die Einheiten des Vorderhauses zu beschränken. Dies ist nicht zutreffend. Nach § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer eine Abweichung von dem gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel in Bezug auf Betriebskosten zwar nur beschließen, soweit diese Kosten nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden. Dies bedeutet aber lediglich, dass für Betriebskosten, die ein einzelner Wohnungseigentümer unmittelbar gegenüber Dritten abrechnet, grundsätzlich keine Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft besteht: Soweit das Vermögen der Gemeinschaft nicht belastet wird, hat diese auch keine Kompetenz für eine abweichende Regelung bei der Kostenverteilung. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass Wohnungseigentümer, die bei einzelnen Betriebskosten direkt gegenüber Dritten abrechnen, auch von der Verteilung der entsprechenden Betriebskosten, die bei den übrigen Wohnungseigentümern anfallen, ausgenommen sind. Denn dies hätte zur Folge, dass sich ein Wohnungseigentümer allein über den Vertragsabschluss mit Dritten aus der innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich geltenden Kostenverteilung gewissermaßen „ausklinken“ könnte bzw. es faktisch zur Bildung von Untergemeinschaften kommt, ohne dass eine entsprechende Vereinbarung unter den Wohnungseigentümern gibt. Insofern gilt für die hier in Rede stehenden Betriebskosten, dass die Einheiten des Hinterhauses trotz des Umstands, dass ihr Eigentümer Verträge mit Dritten abgeschlossen hat, in die Abrechnung mit einzubeziehen sind und damit der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel nach 10.000 MEA zugrunde zu legen ist. Soweit dies in Bezug auf einzelne Wohnungseigentümer, im vorliegenden Fall den Eigentümern der Wohneinheiten des Hinterhauses, zu Ungerechtigkeiten führt, muss dies geltend gemacht und auf eine Regelung zu einer abweichenden Kostenverteilung, die ggf. auch rückwirkend gelten kann, hingewirkt werden. Solange eine abweichende Kostenverteilung aber nicht beschlossen bzw. vereinbart worden ist, ist der grundsätzlich geltende Kostenverteilungsschlüssel maßgebend.

(2.) Im Hinblick auf die Kosten für die Gebäudereinigung sowie Glasbruch- und Gebäudeversicherung machen die Beklagten geltend, dass sich diese Kosten nur auf das Vorderhaus, nicht aber auf die Einheiten, die im Hinterhaus gelegen sind, beziehen. Denn die Treppenhausreinigung falle nur im Vorderhaus an, da die Eigentümer der Einheiten des Hinterhauses das dortige Treppenhaus selber sauber halten, und die Versicherungspolicen bezögen sich nur auf das Vorderhaus. Auch wenn dies unstreitig ist, ändert dies nichts daran, dass Kosten, die für das Gemeinschaftseigentum anfallen, grundsätzlich unter allen Eigentümern nach dem insoweit maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssel zu verteilen sind. Es mag zwar ungerecht erscheinen, auch Wohnungseigentümer, deren Wohneinheiten in Bereichen liegen, die nicht gereinigt werden bzw. auf die sich ein Versicherungsschutz nicht erstreckt, an den entsprechenden Kosten zu beteiligen. Auch insoweit gilt aber, dass dann von den betreffenden Wohnungseigentümern auf eine – ggf. auch rückwirkende – Änderung des Verteilungsschlüssels hinzuwirken ist. Bis zu einer solchen Abänderung ist aber der allgemein geltende Kostenverteilungsschlüssel zugrunde zu legen.

(3.) In Bezug auf die Kosten für die Heizungswartung und das Wasser wird von den Beklagten eingewandt, dass diese zwar über das Gemeinschaftskonto der WEG beglichen wurden, aber allein von den im Hinterhaus gelegenen Einheiten verursacht wurden, so dass bereits deshalb eine entsprechende Trennung und gesonderte Abrechnung nach Vorder- und Hinterhaus geboten sei. Auch das ist nicht der Fall. Der Umstand, dass bei diesen Kosten aufgrund der gesonderten Erfassung eine Aufteilung nach dem Verursacherprinzip möglich ist, rechtfertigt noch nicht eine Abweichung von dem grundsätzlich geltenden Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen. Eine Verteilung dieser Kosten nach dem Verursacherprinzip mag zwar gerechter erscheinen, allein dies genügt aber nicht für die Zugrundelegung eines abweichenden Verteilungsschlüssels. Auch hier gilt wiederum, dass die betroffenen Wohnungseigentümer ggf. auf eine entsprechende Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels, der ggf. auch rückwirkend gelten kann, hinwirken müssen. Bis dahin ist der allgemeine Verteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen maßgebend.

b) Nicht berechtigt ist hingegen der jedenfalls zunächst auch von der Klägerin erhobene Einwand, bei den Kosten für die laufende Instandhaltung sowie auch für die Instandhaltungsrücklage sei zu Unrecht ein Verteilungsschlüssel, der auf 6.276 MEA abstellt, zugrunde gelegt worden. Denn im Hinblick auf diese Positionen wurde der Kostenverteilungsschlüssel mit der im August 2009 getroffenen Vereinbarung abgeändert, nach der eine getrennte Kostenverteilung nach Vorder- und Hinterhaus in Bezug auf die laufende Instandsetzung und die Instandhaltungsrücklage erfolgen sollte. Insofern ist diesbezüglich eine Abrechnung, die in Bezug auf das Vorderhaus von 6.276 MEA ausgeht, nicht zu beanstanden.

c) Auf die Anfechtung der Klägerin war der Beschluss, durch den die Einzeljahresabrechnungen für 2011 genehmigt worden sind, vollständig für ungültig zu erklären. Nach der Rechtsprechung des BGH sind zwar angefochtene Beschlüsse, die vollständig angefochten werden, nur im Hinblick auf die betroffenen Teile für ungültig zu erklären, sofern sich die Fehler auf abtrennbare Beschlussteile beschränken. Denn im Hinblick auf das Interesse der Wohnungseigentümer, die bereits von ihnen beschlossenen Aspekte möglichst zeitnah zu klären und damit die erforderlichen Eigentümerversammlungen auf das notwendige Maß zu beschränken, sei davon auszugehen, dass den Eigentümern daran gelegen ist, die Wirkung einer erfolgreichen Anfechtung auf die hiervon betroffenen Punkte zu beschränken (BGH, Urteil vom 11.05.2012, Az. V ZR 193/11, zitiert nach Juris). Im vorliegenden Fall kommt eine solche nur teilweise Ungültigerklärung des Beschlusses, durch den die Einzeljahresabrechnungen für 2011 genehmigt worden sind, aber nicht in Betracht. Denn ein unzutreffender Kostenverteilungsschlüssel wurde bei so vielen Positionen der Einzeljahresabrechnungen zugrunde gelegt, dass eine nur teilweise Korrektur nicht in Frage kommt. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Vielzahl der Einzelpositionen maßgeblichen Einfluss auf das Gesamtergebnis der Einzeljahresabrechnungen hat. Eine nur teilweise Korrektur kommt dann nicht mehr in Frage, sondern es ist insgesamt eine neue Beschlussfassung in Bezug auf die Einzeljahresabrechnungen herbeizuführen.

2.

Keinen Erfolg hat die Berufung dagegen im Hinblick auf den Antrag, mit dem die Klägerin ihr Begehren, die Beklagten zu einer bestimmten Beschlussfassung im Hinblick auf die Sanierung der Balkongeländer ihrer Wohnungen zu verurteilen bzw. hilfsweise gerichtlich eine entsprechende Maßnahme nach § 21 Abs. 8 WEG zu treffen, weiter verfolgt.

a) Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für den Antrag, die Beklagten zu einer bestimmten Beschlussfassung im Hinblick auf die Sanierung der Balkongeländer verneint. Denn für einen Anspruch eines einzelnen Eigentümers, die übrigen Eigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG zur Zustimmung zu einer bestimmten Maßnahme zu verurteilen, besteht nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Vorbefassung erfolgt ist (BGH, Urt. v. 15.01.2010, Az. V ZR 114/09 = NJW 2010, 2129 bei Rn. 14; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 21 Rn. 47). An einer solchen Vorbefassung fehlt es hier. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Eigentümer auf der Versammlung vom 22.09.2012 bereits mit einer Sanierung der Geländer der Balkone der Klägerin auseinandergesetzt und unter TOP 6 einen Antrag abgelehnt haben. Denn der abgelehnte Antrag bezog sich auf eine Sanierung, die mit einer baulichen Veränderung verbunden gewesen wäre. Insofern weicht der Antrag, den die Klägerin nunmehr mit der Klage verfolgt maßgeblich von dem ab, worüber auf der Eigentümerversammlung vom 22.09.2012 bereits abgestimmt wurde. Aus der damaligen Abstimmung kann auch nicht der Schluss gezogen werden, dass auch der jetzt verfolgte Antrag abgelehnt werden wird und deshalb eine erneute Befassung unter den Wohnungseigentümern unnötige Förmelei sei. Vielmehr gilt nach der Rechtsprechung des BGH, dass aus der Ablehnung eines Antrags nicht auf den Willen der Eigentümer geschlossen werden, das Gegenteil des Antrags zu wollen (BGH, aaO. = NJW 2010, 2129 bei Rn. 15). Demgemäß kann man aus dem Beschluss, der auf der Versammlung vom 22.09.2012 zu TOP 6 gefasst wurde, nicht gemäß der Argumentation der Klägerin ableiten, die Eigentümer seien generell nicht bereit, einer Sanierung des Balkongeländers der Klägerin auf Kosten der Gemeinschaft zuzustimmen.

b) Über den hilfsweise gestellten Antrag, das Gericht möge nach § 21 Abs. 8 WEG eine Regelung treffen, hat das Amtsgericht zwar, wie die Klägerin zu Recht mit der Berufung geltend macht, nicht entschieden. In der Sache ist aber auch der Hilfsantrag nicht berechtigt. Eine Regelung nach § 21 Abs. 8 WEG kommt nur unter in Betracht, wenn:

(1) die Wohnungseigentümer eine Entscheidung weder durch Vereinbarung noch Beschluss getroffen haben,

(2) sich die Entscheidung nicht bereits aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt und

(3) die Entscheidung nach dem Gesetz „erforderlich“ ist.

Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung zu, nämlich der Vorbefassung der Eigentümer (s.o.), so dass auch die hilfsweise geltend gemachte Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig ist (vgl. BGH aaO. bei Leitsatz 2.).

3.

a) Die Kostenentscheidung in erster Instanz beruht auf §§ 92Abs. 1, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend im Hinblick auf die ursprünglich erfolgte Anfechtung der Gesamtjahresabrechnung für erledigt erklärt haben, waren die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Denn insoweit hätte das Anfechtungsbegehren der Klägerin keinen Erfolg gehabt. Fehler bei der Aufstellung der Gesamtjahresabrechnung sind auch vor. dem Hintergrund der ursprünglich von der Klägerin geltend gemachten Anfechtungsgründe nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die im Vorderhaus gelegenen Wohneinheiten mit Gas und die Wohneinheiten, die im Hinterhaus gelegen sind, mit Öl beheizt werden, rechtfertigt die getrennte Abrechnung nach Vorder- und Hinterhaus.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus §§ 92Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Soweit die Klägerin den ursprünglich im Berufungsverfahren gestellten Antrag mit dem Schriftsatz vom 17.02.2014 eingeschränkt hat, ist hierin eine teilweise Berufungsrücknahme zu sehen, so dass insoweit der Klägerin in entsprechender Anwendung von § 516 Abs. 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen waren.

b) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708Nr. 10, 713 ZPO.

4.

Die Streitwertberechnung bestimmt sich nach § 49a GKG. Danach ist der Streitwert mit 50%des Interesses der Parteien und Beigeladenen an der Entscheidung zu bemessen (§ 49 Abs. 1, S. 1 GKG), darf aber das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und den 5-fachen Wert ihres Interesses nicht unterschreiten (§ 49 Abs. 1, S. 2 GKG).

a) Bei der Anfechtung des Beschlusses, durch den eine Jahresabrechnung genehmigt wird, bestimmt sich das Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung grundsätzlich nicht nach dem Gesamtbetrag der in der Jahresabrechnung eingestellten Kosten. Denn das Interesse der Wohnungseigentümer an der gerichtlichen Entscheidung kann nicht mit deren Gesamtvolumen gleich gesetzt werden, da auch bei durchgreifenden Beanstandungen stets erhebliche Ausgaben der Eigentümergemeinschaft für Betriebskosten, Verwaltung, Instandhaltung und Instandsetzung bestehen bleiben, so dass die Beanstandungen allenfalls zu einer Verminderung der Lasten und Kosten, nicht aber zu deren völligen Wegfall führen können. Es scheint daher in solchen Fällen angebracht, als Streitwert einen angemessenen Bruchteil des Gesamtvolumens der Abrechnung anzusetzen, den die Kammer mit 20 % bewertet (s. u.a. Jennißen/Suilmann, WEG 3. Aufl., § 49a GKG, Rdnr. 16 m.w.N.). Da als Streitwert nur 50% dieses so ermittelten Interesses festzusetzen sind, beläuft sich dieser in Fällen wie dem vorliegenden auf 10% der in der Jahresabrechnung ausgewiesenen Gesamtkosten (vgl. LG Nürnberg-Fürth ZMR 2008, 737 und ZMR 2009, 555; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 49a GKG Rn. 23). Bei einem Gesamtvolumen (einschließlich der Zuweisung zur Instandhaltungsrücklage) von 21.374,99 € ergibt sich damit für das Gesamtinteresse ein Wert 2.137,49 €.

Für das Einzelinteresse der Klägerin, das entsprechend der vorgenannten Berechnung für das Gesamtinteresse zu ermitteln ist, sind die Kosten, welche auf die Wohnungen der Klägerin entfallen, heranzuziehen. Da auf die kleinste der 3 Wohnungen der Klägerin in der WEG- Anlage mit 492/10.000 MEA (einschließlich Instandhaltungsrücklage) ein Betrag von 1.560,50 € entfällt, errechnet sich für die beiden größeren Wohnungen mit 771/10.000 MEA bzw. 971/10.000 MEA (siehe die Angaben im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 16.01.2014, vorgelegt von der Klägerin mit dem Schreiben vom 10.03.2014 als Anlage BfK 6) ein Betrag von 2.445,42 € bzw. 3.079,76 €. Die Summe dieser Beträge ergibt 7.085,68 €. Hiervon ist aus den zuvor genannten Gründen ein Anteil von 20 % zugrunde zu legen, so dass sich ein Wert von 1.417,14 € errechnet, der nach § 49a Abs. 1, S.2 GKG zu verfünffachen ist, so dass sich wieder der Ausgangswert von 7.085,68 € ergibt. Dieser liegt oberhalb des nach § 49a Abs. 1 S. 1 WEG für das Gesamtinteresse ermittelten Betrages von 2.137,49 €, so dass auf das Gesamtinteresse abzustellen ist.

Im Hinblick auf die Kosten für die von der Klägerin begehrte Sanierung der Balkongeländer ist für die Streitwertberechnung auf die voraussichtlichen Kosten abzustellen, die die Kammer gemäß den Angaben im Protokoll zur Eigentümerversammlung vom 22.09.2012 in einer Größenordnung von 7.500,00 € veranschlagt. Das nach § 49 Abs. 1, S.1 GKG maßgebende hälftige Gesamtinteresse beträgt danach 3.750,00 €. Für das Einzelinteresse der Klägerin ist der auf ihre Wohneinheiten entfallende Kostenanteil zu berechnen. Da die 3 Wohnungen der Klägerin 2.234/10.000 MEA ausmachen, errechnet sich ein Anteil von 1.675,50 €. Dieser ist nach § 49 Abs. 1, S.2 GKG zu verfünffachen, so dass sich ein Betrag von 8.377,50 €, der oberhalb des hälftigen Gesamtinteresses liegt, so dass auf dieses als niedrigeren Betrag abzustellen ist.

Insgesamt errechnet sich damit für die erste Instanz ein Streitwert von 5.887,49 € (2.137,49 € + 3.750,00 €). Der Umstand, dass die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht im Hinblick auf die Anfechtung der Jahresabrechnung teilweise für erledigt erklärt haben, wirkt sich auf den Streitwert nicht aus, da zu diesem Zeitpunkt bereits alle erstinstanzlichen Kosten angefallen waren.

b) Auch für die Berufungsinstanz gilt zunächst der Streitwert von 5.887,49 €, da die Klägerin mit der Berufungsbegründung die Anfechtung des Beschlusses, mit dem die Gesamtjahresabrechnung und die Einzeljahresabrechnungen genehmigt wurden, geltend gemacht hat. Dass die Parteien zuvor im Hinblick auf die Gesamtjahresabrechnung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn die Klägerin hat ausdrücklichen auch in Bezug auf die Gesamtjahresabrechnung die Anfechtung des genehmigenden Beschlusses erklärt, so dass hierin eine konkludente Erweiterung der zuvor durch die teilweise Erledigungserklärung beschränkten Klage zu sehen ist.

Nachdem die Klägerin sodann im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 17.02.2014 das Anfechtungsbegehren auf die Einzeljahresabrechnungen beschränkt hat, hat sie damit – wie bereits ausgeführt – die Klage in Bezug auf die Anfechtung der Gesamtjahresabrechnung zurück genommen. Die hiermit verbundene Verringerung des Streitwerts bemisst die Kammer mit der Hälfte des auf die Anfechtung der Abrechnungen entfallenden Streitwerts von 2.137,49 €. Für die Zeit nach Beschränkung des Anfechtungsbegehrens durch den Schriftsatz vom 17.02.2014 errechnet sich damit der festgesetzte Wert von 4.818,74 €.

 

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