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WEG – Amtsniederlegung des Verwalters bei Fehlen eines wichtigen Grundes

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 539 C 47/15, Beschluss vom 05.01.2016

1. Der Antrag vom 30.12.2015 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurück gewiesen.

2. Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfügungsverfahrens.

Gründe

I.

Nach Abtrennung des Hauptsacheverfahrens durch Beschluss vom 04.01.2016 geht es vorliegend allein um die von den beiden Antragstellern als Mitwohnungseigentümern begehrte einstweilige Verfügung gegen den – mit Beschluss der WEG … in Blankenese als WEG-Verwalter bestellten – Antragsgegner.

Zwischen der WEG … und dem Antragsgegner wurde am 08.09.2015 der als Anlage K1 (Blatt 4 f. der Akte) vorgelegte „Verwaltervertrag für Wohnungseigentumsanlagen“ geschlossen. Im Vertragsrubrum heißt es lediglich „… die Verwalterbestellung erfolgte durch Versammlungsbeschluss vom … ab … bis …“

§ 1 Satz 1 des Verwaltervertrages lautet: „Der Vertrag gilt für die Dauer des vorgenannten Bestellungszeitraums …“

In § 1 des Verwaltervertrages heißt es weiter u. a.: „… der Verwalter kann sein Amt ebenfalls nur aus wichtigem Grund niederlegen bzw. diesen Vertrag kündigen. Die Erklärung der Amtsniederlegung bzw. Vertragskündigung durch den Verwalter ist – sofern sie nicht in der Eigentümerversammlung erfolgt – an den Ersatzzustellungsbevollmächtigten … zu übersenden…

Mit Schreiben vom 30.11.2015 erklärte der Antragsgegner als WEG-Verwalter die „Mandatsniederlegung mit sofortiger Wirkung, fristlose Kündigung § 626 BGB).“ Gegenüber sämtlichen Wohnungseigentümern.

Zur Begründung wurde angeführt, dass wegen einer mangelhafte Kommunikation zwischen den Miteigentümern und der Verwaltung und der für die Wohnungseigentümer vorrangigen persönlichen Interessen eine Verwaltung des Gemeinschaftseigentums insbesondere eine Abrechnung für 2015 nicht erstellt werden konnte.

Mit Schreiben vom 17.12.2015 ließen die Antragsteller dem Antragsgegner mitteilen, dass der Hausmeisterservice sein Honorar für November 2015 nicht bekommen habe und auch eine Rechnung der Allianz Versicherungs-AG vom 14.12.2015 bisher nicht bezahlt worden sei (vgl. Blatt 10, 11 der Akte).

Mit Schreiben vom 18.12.2015 teilte der Antragsgegner lediglich mit, dass er „zum 30.11.2015 das Verwaltungskonto geschlossen habe und bereit sei sämtliche Unterlagen heraus zugeben jedoch keine Zahlungen mehr von ihm vorgenommen würden.

Die Antragsteller beantragen, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die unaufschiebbaren Geschäfte als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft …, … Hamburg wahrzunehmen.

Dieser Antrag wurde dem Antragsgegner nicht zugestellt. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht anberaumt.

II.

Der Antrag ist aus mehreren Gründen – ohne Gewährung rechtlichen Gehörs an den Antragsgegner – zurückzuweisen.

1.

Es fehlt schon am Verfügungsgrund.

Den Antragstellern ist bereits 4 Wochen vor Antragstellung die „Mandatsniederlegung und fristlose Kündigung“ bekannt gewesen.

Ein Verfügungsgrund fehlt, wenn die Antragsteller – bei unterstellt ursprünglich bestehendem Regelungsbedürfnis – zu lange zugewartet haben bevor sie die einstweilige Verfügung beantragten. Die ursprüngliche Dringlichkeitsvermutung wird hierdurch wiederlegt.

Hinzu kommt, dass es sich hier um eine extrem kleine WEG-Anlage handelt, die mutmaßlich deshalb völlig zerstritten ist und außerdem lediglich 2 Rechnungen von Mitte Dezember 2015 über Euro 91,49 und Euro 711,93 offen sind.

Es ist ein Armutszeugnis, wenn die Mitglieder dieser Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einmal in der Lage sind, ohne gerichtliche Hilfe die Bezahlung dieser 2 Rechnungen zu organisieren. An fehlenden finanziellen Mitteln liegt diese wohl nicht.

Letztlich ist es den Antragstellern zumutbar den Ausgang des Hauptverfahrens abzuwarten.

2.

Der Antrag ist auch unter Berücksichtigung der gerichtlichen Möglichkeit nach § 938 ZPO den Inhalt einer einstweiligen Verfügung abweichend vom Klagantrag zu bestimmten deutlich zu unpräzise/ unbestimmt. Der Begriff der „unaufschiebbaren Geschäfte“ lässt sich auch anhand der Antragschrift nicht objektivieren.

Der Antrag kann auch nicht dahingehend reduziert werden, dass die Kläger eine Bezahlung der beiden zur Akte gereichten Rechnungen durch den Antragsgegner vom Konto der WEG … begehrt.

Es kann nicht angehen, dass die Antragsteller hier eine gerichtliche Entscheidung im Erkenntnisverfahren erstreiten wollen, deren Probleme im Rahmen der Zwangsvollstreckung jetzt bereits vorhersehbar sind. Derartige Probleme sind bereits im Erkenntnisverfahren zu lösen.

3.

Wörtlich genommen kann der Verwalter/ Antragsgegner aufgrund einer im Vertrag nicht einmal festgelegten Laufzeit selbst bei einer Verquickung von Amt und Vertrag jederzeit eine Amtsniederlegung vornehmen und den Verwaltervertrag kündigen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im nachträglich vorgelegten Beschluss über die Bestellung des Verwalters eine Zeit bis 30.09.2016 geregelt ist, ändert dies am Ergebnis nichts.

Der Antragsgegner verlor das Amt des WEG-Verwalters auch bei einer unberechtigten Amtsniederlegung. Diese ist nämlich sofort wirksam, vgl. Merle/Becker in Bärmann WEG 13. Auflage, § 26 Rn, 274, Fußnote 727.

Die Wirksamkeit der Amtsniederlegung hängt auch nicht davon ab, ob der Verwalter seinen schriftlichen Verwaltervertrag vom 08.09.2015 hier kündigen konnte.

Auch bei der Erklärung der Amtsniederlegung muss der Verwalter keine Frist einhalten.

Die Niederlegung des privaten Amts eines WEG-Verwalters konnte wirksam durch eine einseitige formlos mögliche unwiderrufliche Willenserklärung entweder gegenüber dem Verband – oder wie hier – gegenüber sämtlichen Wohnungseigentümern erfolgen.

Soweit zum alten Recht (bis 30.06.2007) zwingend eine Erklärung an alle Eigentümer vorausgesetzt wurde, vgl. Jacoby, das private Amt, 2007, Seite 529, ist sogar diese Voraussetzung hier erfüllt.

Nach dem der Gesetzgeber aufgrund der umstrittenen Entscheidung des BGH vom 02.06.2005 (ZMR 2005, 547 f.) mit § 10 Abs. 6 WEG die volle Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband – wenn auch nur in Teilbereichen – konstituiert hat, ist die Amtsniederlegung sogar erleichtert worden.

Vertreten alle Wohnungseigentümer die Gemeinschaft, so bedeutet dies, im Fall der sogenannten Passiv-Vertretung für die Entgegennahme von Willenserklärungen, die gegenüber der Gemeinschaft/dem Verband abzugeben sind, dass diese bereits dann wirksam werden, wenn sie nur einem (!) Mitglied der Gemeinschaft zugehen. Ergänzend wird verwiesen auf LG Karlsruhe, Urteil vom 11.12.2012, 11 S 231/11, (ZWE 2013, 180, siehe Anlage).

Selbst wenn die Amtsniederlegung des Antragsgegners eines wichtigen Grundes bedurfte und ein solcher auch nicht vorgelegen haben sollte, ändert das an der Wirksamkeit der Amtsniederlegung auch bei Fehlen eines wichtigen Grundes nichts. Hier gehen die Interessen des Rechtsverkehrs an klaren Vertretungsverhältnissen vor.

Einfacher gesagt: Selbst wenn der Antragsgegner sich vertragswidrig verhalten hat, ist durch eine nicht auf den schuldrechtlichen Verwaltervertrag beschränkte Erklärung „Mandatsniederlegung mit sofortiger Wirkung“ eindeutig das private Amt zumindest auch mit der „Niederlegung“ (gibt es bei Verträgen nicht) gemeint.

Zutreffend verweist Jacoby (Das private Amt, Seite 531) darauf das auch im Wohnungseigentumsrecht, (vgl. Bogen ZWE 2002, 153, 155 f, Gottschalg, Festschrift Wenzel Seite 159, 165 f.) die herrschende Meinung annimmt, dass der Amtswalter keinen wichtigen Grund für die Amtsniederlegung geltend machen muss. Die Gegenmeinung von Link (Amtsniederlegung, Seite 113 f.) hat sich jedenfalls im Wohnungseigentumsrecht bisher nicht durchgesetzt.

Der Antragsgegner konnte hier eine Rechtsposition, nämlich die als WEG-Verwalter, aufgeben. Die Amtsübernahme durch die Zustimmung zur Bestellung steht kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der jederzeit möglichen Niederlegung wie auf der anderen Seite die Bestellung unter dem jederzeitigen Vorbehalt der Abberufung steht. Diese Gegenseitigkeit wird auch nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass die Abberufung von einem wichtigen Grund abhängig gemacht wird, denn dieses Erfordernis schützt nicht den Amtswalter. Die Interessen der Organisation (hier: WEG als Verband) werden so nicht unangemessen beschnitten. Die WEG kann sich durch Abschluss entsprechender Verwalterverträge schützen. Eine Unbilligkeit im Einzelfall kann durch angemessene Auslegung der Treuepflichten des Verwalters Rechnung getragen werden. Vor allem aber entspricht die aus freien Niederlegungsmöglichkeit folgende Klarheit über die Amtsstellung nicht nur den Interessen des Rechtsverkehrs sondern vorrangig den der WEG als Verband. Denn dem Verband muss daran gelegen sein, dass der Rechtsverkehr mit ihm störungsfrei möglich ist (so Jacoby, Das private Amt, 2007, Seite 532).

4.

Die Aktivlegitimation der Antragsteller kann nicht damit verneint werden, dass der Verwaltervertrag zwischen dem Verband und WEG-Verwalter zustande kommt und nicht (mehr) mit den Wohnungseigentümern abgeschlossen wird. Soweit wird verwiesen auf Abramenko in Riecke/Schmied § 26 Rn. 36.

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob dieser Vertrag als Vertrag zu Gunsten Dritter erstellt/ der Wohnungseigentümer oder als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter/ der Wohnungseigentümer eingestuft werden muss.

Die Aktivlegitimation ergibt sich zum einen schon aus der gesetzlichen Formulierung des § 27 Abs. 1, 1. Halbsatz WEG wenn es dort heißt: „Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft …. verpflichtet“.

Gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung spricht im Übrigen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband nicht handlungsunfähig ist, wenn ein Verwalter fehlt. Gem. § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG wird der Verband dann durch alle Wohnungseigentümer vertreten, wenn nicht nach § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG durch Beschluss ein oder mehrere Wohnungseigentümer zur Vertretung ermächtigt werden.

Die Kläger deren Mitwohnungseigentümer können also – wenn sie sich endlich mal konstruktiv zusammensetzen – durchaus einen funktionierenden Verband selber führen und laufende Rechnungen vom Konto des Verbandes – nur ein solches ist ordnungsmäßig – begleichen.

Irgendwann müssen die dauernden Streitereien zwischen den Wohnungseigentümern schließlich mal ein Ende finden.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

6.

Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

§ 708 Nr. 6 ZPO ist auf Beschlüsse die Antrag auf einstweilige Verfügungen ablehnen (ohne mündliche Verhandlung) nicht anwendbar.

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