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WEG – Anbringung Gittertür vor Terrassentür zulässig?

LG Köln – Az.: 29 S 96/17 – Beschluss vom 05.10.2017

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln (202 C 131/16) vom 20.03.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Klägerin.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin ist die im Rubrum angeführte Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied die Beklagten sind. Die Beklagten sind Sondereigentümer einer im Erdgeschoss gelegenen Einheit. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten die Kürzung eines Stabgitterzauns und die Entfernung einer vor der Terrassentür angebrachten Gittertür.

Wegen des weiteren Sachverhalts, der dem Rechtsstreit zugrunde liegt, sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit Urteil vom 20.03.2017 hat das Amtsgericht die Beklagten antragsgemäß zur Kürzung des Zauns verurteilt und die Klage in Bezug auf die Gittertür abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass es sich bei dem Einbau der Gittertür war um eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG handele, die Klägerin aber nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass der Einbau bei den anderen Wohnungseigentümern zu einem über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil im Sinne von § 14 Ziffer 1 WEG führe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Berufungsführerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Klägerin trägt nunmehr vor:

Die Entscheidung des Gerichts sei völlig überraschend erfolgt. Der Aspekt, dass die Gittertür angeblich von außerhalb nicht erkennbar sei, habe schriftsätzlich bei den Parteien keine Rolle gespielt, deshalb seien auch keine Fotos der Gesamtfassade des Objekts vorgelegt worden. Hätte das Gericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, seine Entscheidung auf die oben genannten Gründe zu stützen, hätte die Klägerin hierzu noch vorgetragen und selbstverständlich auch weitere Fotos vorgelegt. Die vom Amtsgericht herangezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 01.12.2004, 16 Wx 204/04, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Sie beantragt, das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Köln, 202 C 131/16, vom 20.03.2017 dahingehend zu ergänzen/abzuändern, dass auch dem Klageantrag zu 2. aus der Klageschrift vom 31.08.2016 stattgegeben wird und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, die Gittertüre, die sie vor der Terrassentüre ihrer Wohnung Nr. 128 im Erdgeschoss des Hauses T-Straße angebracht haben, zu entfernen, und zwar bei gleichzeitiger fachgerechter Beseitigung von Beschädigungen, die durch die unerlaubte Anbringung der Gittertüre am Gemeinschaftseigentum (Fassade) entstanden sind.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angegriffene Urteil.

Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 13.07.2017 Bezug genommen.

Die hierzu erfolgte Stellungnahme der Klägerin rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht, sondern gibt lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:

WEG - Anbringung Gittertür vor Terrassentür zulässig?
(Symbolfoto: Von Alexsey t17/Shutterstock.com)

Die von dem Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 18.11.2016, V ZR 49/16, zitiert nach Juris, aufgestellten Maßstäbe sind auch auf den hier vorliegenden Fall einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums anwendbar. Denn der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausdrücklich ausgeführt, dass für die Bestimmung eines Nachteils im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG bei Veränderung des Sondereigentums die gleichen Maßstäbe gelten, wie bei einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums (Rn. 9).

Die Kammer bleibt auch dabei, dass die Klägerin weder in erster Instanz noch mit der Berufungsbegründung hinreichend konkret zu einer erheblichen optischen Veränderung des Gesamteindrucks des Gebäudes durch die streitgegenständliche Gittertür vorgetragen hat. Insbesondere kann die Anbringung der Tür nicht schon von sich heraus als eine erhebliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks und als massiver Eingriff in das Gemeinschaftseigentums angesehen werden. Das gilt auch dann, wenn die Gittertür aufgrund ihrer Höhe vom Fußweg aus sichtbar ist. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung führt eine optische Veränderung eines Bauteils nicht schon für sich genommen zu einem Nachteil. Ein solcher Nachteil entsteht vielmehr erst dann, wenn die Veränderung des einzelnen Bauteils auch zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes führt. Bezugspunkt der anzustellenden Wertung ist damit das Gebäude als Ganzes, nicht das einzelne Bauteil (BGH, a.a.O.).

Zum Gebäude als Ganzes hat die Klägerin vorliegend in erster Instanz und auch mit der Berufungsbegründung nichts vorgetragen. Auch die mit der Klageschrift vorgelegten schwarz-weiß Kopien von Lichtbildern zeigen nur einen Teilbereich des Gebäudes. Die weiteren in erster Instanz zur Gerichtsakte gereichten Lichtbilder und Ausdrucke zeigen ebenfalls nur den streitgegenständlichen Türbereich, nicht jedoch das ganze Gebäude. Eine Ortsbesichtigung war vor diesem Hintergrund nicht geboten, zumal die Inaugenscheinnahme in erster Instanz nicht beantragt worden ist.

Für den streitgegenständlichen Rechtsstreit kommt es auch nicht darauf an, wie hypothetische weitere Veränderungen, die von anderen Wohnungseigentümern vorgenommen werden könnten, zu bewerten sind. Maßgebend ist allein, ob die Klägerin hier eine erhebliche Veränderung des optischen Gesamteindrucks des Gebäudes durch die von den Beklagten angebrachte Gittertür hinreichend dargelegt hat. Dies ist jedoch – wie ausgeführt – nicht der Fall gewesen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.12.2004, 1 BvR 1806/04. Insbesondere ist die Anbringung der streitgegenständlichen Gittertür nicht mit den der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde liegenden Baumaßnahmen vergleichbar. In dem dortigen Fall ging es um die Errichtung eines unterkellerten Wintergartens. Weiter verkennt die Kammer hier nicht die Bedeutung des sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebenden Eigentumsrechts der übrigen Wohnungseigentümer.  Insbesondere ist mit der vorliegenden Entscheidung keine Beurteilung verbunden, ob sich das Erscheinungsbild des Gebäudes positiv oder negativ verändert hat. Denn dies können im Regelfall selbst verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entsprechen sollte (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2012, V ZR 224/11, zitiert nach juris).  Festzustellen ist aber, ob die Veränderung des einzelnen Bauteils überhaupt zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes geführt hat. Dies erfordert – wie schon im Hinweisbeschluss ausgeführt – eine umfassende Wertung, bei der insbesondere die Bedeutung des veränderten Bauteils für den Gesamteindruck des Gebäudes und die Auswirkungen der vorgenommenen Veränderung für diesen Gesamteindruck zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2016, V ZR 49/16). Vor diesem Hintergrund findet durch die vorliegende Entscheidung auch keine Ersetzung einer geschmacklichen Entscheidung statt.

Im Rahmen der anzustellenden Wertung hat die Kammer berücksichtigt, dass die Fassade eines Gebäudes regelmäßig von hoher Bedeutung für dessen Gesamteindruck ist. Vorliegend war aber weiter zu beachten, dass die streitgegenständliche Terrassentür in einer Ecke unterhalb eines Balkons gelegenen ist und der Sondernutzungsbereich durch eine 1,50 m hohe Hecke und einen Gitterzaun abgegrenzt ist. Zudem sind die einzelnen Sondernutzungsbereiche im Erdgeschoss bereits durch verschiedene Holzhäuser bzw. Schuppen unterschiedlich ausgestaltet. Eine erhebliche Auswirkung der Gittertür auf den Gesamteindruck des Gebäudes kann den vorliegenden Lichtbildern daher nicht entnommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung, die weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die grundsätzlichen Maßstäbe, die bei der Wertung, ob ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG vorliegt, zu beachten sind, sind bereits höchstrichterlich beschrieben, zuletzt mit der angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.11.2016, V ZR 49/16. Ob in dem hier zu entscheidenden Fall ein Nachteil zu bejahen ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.

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