AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 30/18 WEG – Urteil vom 15.10.2018
1. Der Beklagte wird verurteilt, den von den Klägern beauftragten Handwerkern Zugang zu der ihm gehörenden Wohnung … Souterrain rechts, werktäglich in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 16:00 Uhr für die Durchführung von Bauarbeiten zu gewähren, die dem Anschluss der im oberen Geschoss des Hauses befindlichen Wohnung der Kläger an die Gas- und Wasserleitungen dienen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über Kosten des Rechtsstreits betreffend einen Duldungsanspruch.
Die Kläger, Eigentümer einer Wohnung im Dachgeschoss, und der Beklagte, Eigentümer einer Wohnung im Souterrain, sind Mitglieder der WEG …. Zwischen ihnen gilt die Teilungserklärung vom 29. Januar 2015 gemäß Anlage K1. Nach deren § 12 steht den Klägerin ein Ausbaurecht für die Einheit zu. In Absatz 2 heißt es, dass die Kläger „befugt [sind], (…) Ver- und Entsorgungsleitungen zu errichten bzw. zu erweitern, und zwar soweit erforderlich auch unter Eingriff in das Sondereigentum der darunterliegenden Wohnungen. (…)“. Die Kläger baten den Beklagten, ihnen bzw. den von ihnen beauftragten Handwerkern Zugang zu seiner Einheit zwecks Anschlusses ihrer Einheit an die Gas- und Wasserleitungen zu gewähren, da sich die jeweiligen Hauptleitungen dafür in seiner Souterrain-Einheit befinden. Der Beklagte verwies im Gegenzug auf die von ihm entworfene „Vereinbarung“ gemäß Anlage K2, die u.a. eine „Freistellungserklärung“ zu seinen Gunsten vorsah. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Juli 2018 (Anlage K3) wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass er zur Gewährung des Zutritts zu seiner Wohnung verpflichtet sei, sie, die Kläger, aber nicht verpflichtet und bereit seien, die o.g. „Vereinbarung“ zu unterzeichnen. Der Beklagte antwortete per E-Mail vom 30. Juli 2018 (Anlage K4) an den Prozessbevollmächtigten der Kläger und schlug wiederum die Abgabe einer Freihalteerklärung seitens der Kläger vor; ferner meldete er sich mit Schreiben vom 24. Juli 2018 (Anl. K5).
Mit ihrer Klage haben die Kläger angekündigt zu beantragen, den Beklagten zu verurteilen, den von ihnen beauftragten Handwerkern Zugang zu der ihm gehörenden Wohnung … Souterrain rechts, werktäglich in der Zeit zwischen 09:00 Uhr und 16:00 Uhr für die Durchführung von Bauarbeiten zu gewähren, die dem Anschluss ihrer im oberen Geschoss des Hauses befindlichen Wohnung an die Gas- und Wasserleitungen dienen. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens mit Verfügung vom 29. August 2018, dem Beklagten zugestellt am 7. September 2018, hat der anwaltlich vertretene Beklagte den Klageanspruch mit Schriftsatz vom 13. September 2018 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt.
Die Kläger beantragen, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt, den Klägern die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Er macht geltend, dass er zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben habe. Ihm sei stets bewusst gewesen, dass er zur Gewährung des Zugangs verpflichtet sei. Er habe bereits im März 2018 diverse Termine angeboten, aber auch im Juli und August 2018. In einem Telefonat mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger nach dem 30. Juli 2018 habe er erläutert, dass der Kläger ihm mehrfach Klage im Zusammenhang mit anderweitigen Bautätigkeiten angedroht habe und dass er, der Beklagte, diese Klageandrohungen gerne durch die „Freistellungserklärung“ mit erledigen wolle. Ihm sei es einzig um Rechtssicherheit und Verlässlichkeit gegangen. Es habe aber nie eine Abhängigkeit zwischen der Zutrittsgewährung und der Abgabe dieser Erklärung bestanden. Im Übrigen sei die Wohnung der Kläger auch bereits an die Wasserleitung angeschlossen.
Dem halten die Kläger entgegen, dass der Beklagte zwar anfangs noch Termine genannt, vor Ort gewesene Handwerker dann aber nicht in seine Wohnung gelassen habe. Seinen Erklärungen sei einzig zu entnehmen gewesen, dass er Zugang nur gegen Abgabe der „Erklärung“ gewähre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Beklagte hat den Klageanspruch anerkannt und ist dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 1 ZPO. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Regelung in § 93 ZPO berufen, wonach den Klägern die Prozesskosten zur Last fallen, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und er nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Nicht im Zweifel steht im Streitfall zwar, dass der Beklagte den Anspruch „sofort“ im Sinne dieser Regelung anerkannt hat. Er hat aber Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Veranlassung zur Erhebung einer Klage gibt man durch ein Verhalten, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Daraus folgt, dass es für die Frage, ob der Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat, – aus der Sicht des Klägers vor Klageerhebung – auf sein Verhalten vor dem Prozess ankommt (BGH, NJW-RR 2005, 1005, 1006). Der Beklagte befand sich jedenfalls nach (unstreitigem) Zugang des Schreibens vom 16. Juli 2018 und Ablauf der darin gesetzten Frist in Verzug mit der Gewährung des Zugangs zu seiner Wohnung; darin hatten die Kläger um Bestätigung einer Terminabsprache, unabhängig von dem Abschluss der vom Beklagten entworfenen „Vereinbarung“ gebeten. Aus der Sicht eines verobjektivierten Empfängers waren die nachfolgenden Erklärungen des Beklagten – anders, als er dies nunmehr selbst zu sehen scheint – nur so zu verstehen, dass er an der Verknüpfung zwischen Duldung des Zutritts und Abgabe der „Freigabeerklärung“ festhält. Jenes ergibt sich sowohl aus seiner E-Mail vom 30. Juli 2018 (Anlage K4) als auch aus seinem Schreiben vom 24. Juli 2018 (Anlage K5). Ein entsprechendes (Gegen-)Recht stand dem Beklagten seinerzeit aber nicht zu. Die bloße „Androhung“ einer Klage, die der Beklagte ausdrücklich zur Grundlage seines Begehrens gemacht hat, rechtfertigt weder die Abgabe einer Unterlassungserklärung noch den Zwang, eine „Freigabeerklärung“ abzugeben. Es war dem Schreiben vom 24. Juli 2018 auch nichts dafür zu entnehmen, dass der Beklagte den Zutritt zur Wohnung ohne die von ihm erstrebte „einvernehmliche“ Lösung gewährt. Vielmehr lässt sich sein Schreiben nur so verstehen, dass er zu Unrecht eine Zug-um-Zug-Verpflichtung der Kläger sieht.