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WEG: Anfechtung des Beschlusses zur Finanzierung einer Baumaßnahme

LG Frankfurt/Main, Az.: 2-13 T 116/18, Beschluss vom 20.11.2018

In der Beschwerdesache hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main auf die Streitwertbeschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts am 20.11.2018 beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hanau vom 30.07.2018 wird zurückgewiesen.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

GRÜNDE:

I.

Mit der Anfechtungsklage haben sich die Kläger, welche einen MEA von 8/1000 haben, gegen Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung gewandt, auf welcher zum einen Sanierungsmaßnahmen mit einem Volumen von 540.000 Euro beschlossen worden sind, zum anderen die Aufnahme eines Kredites mit einer Valuta von 500.000 Euro beschlossen wurde. Die Klage ist vor Zustellung zurückgenommen worden.

Das Amtsgericht hat den Streitwert auf 21.600 Euro (fünffache Einzelinteresse ausgehend von einem Wert von 540.000 Euro) festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägervertreter, mit der diese eine Streitwertfestsetzung auf 250.000 Euro, als den hälftigen Betrag des Volumens des Darlehens begehren. Zur Begründung berufen sie sich darauf, dass das Einzelinteresse aufgrund der möglichen Nachhaftung der Kläger für die Darlehensrückzahlung deutlich höher als vom Amtsgericht angesetzt zu bemessen sei.

II.

Die Beschwerde ist nach § 68 GKG, § 32 Abs. 2 RVG, statthaft und zulässig, auch der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Streitwert bemisst sich nach § 49a GKG.

a) Soweit sich die Anfechtungsklage gegen den Sanierungsbeschluss richtet, ist das Amtsgericht zutreffend und unangefochten davon ausgegangen, dass sich der Streitwert hier nach dem 5fachen Interesse der Kläger bemisst, welches sich insoweit nach dem auf sie entfallenden Kostenanteil richtet (allg. Auffassung, vergleiche nur Jennißen/Suilmann § 49a Rn. 21; Spielbauer/Then § 49a GKG Rn. 12; jew. mwN). Dies ergibt insoweit einen Streitwert von 21.600 Euro.

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist für den Beschluss über die Darlehensaufnahme kein weiterer Streitwert hinzuzusetzen.

aa) Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerde nicht, dass insoweit das Einzelinteresse dem hälftigen Betrag der Darlehenssumme entspricht. Maßgeblich ist vielmehr alleine der auf die Anfechtungskläger entfallende Anteil (LG Düsseldorf ZWE 2014, 44).

Zwar ist zutreffend, dass im Falle einer Kreditaufnahme durch die WEG die einzelnen Wohnungseigentümer eine Nachschusspflicht haben, wenn andere Wohnungseigentümer mit Ihren Raten ausfallen. Dies bedarf allerdings, worauf das Amtsgericht zutreffend abstellt, weiterer Beschlüsse, etwa über eine Sonderumlage. Insoweit unterscheidet sich ein derartiger Beschluss nicht von der Rechtslage welche besteht, wenn die Wohnungseigentümer die Finanzierung einer Baumaßnahme durch eine Sonderumlage beschließen. Da auch insoweit eine Zahlungspflicht für durchgeführte Baumaßnahmen im Außenverhältnis besteht, führt auch hier ein Zahlungsausfall eines Miteigentümers dazu, dass die übrigen Wohnungseigentümer für diesen Zahlungsausfall aufkommen müssen und insoweit ein weiterer Beschluss über eine (erneute) Sonderumlage erforderlich wird. Gleichwohl entspricht es einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass das Einzelinteresse im Falle der Anfechtung eines Beschlusses über eine Sonderumlage sich nach dem Anteil des anfechtenden Eigentümers richtet (vergleiche nur LG München I, ZMR 2014, 399; LG Frankfurt am Main ZWE 2015, 284; Spielbauer/Then GKG § 49a Rn. 12).

Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Motivation bei der Schaffung des § 49a GKG, die gerade darin lag, zur Gewährleistung des Justizgewährungsanspruchs einzelner Wohnungseigentümer insbesondere bei Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse größerer Wohnungseigentumsanlagen, den Streitwert der Höhe nach generell zu begrenzen (BT-Drucks. 16/887 S. 76).

Dieses Ziel würde allerdings unterlaufen, wenn man, der Auffassung der Beschwerde folgend, für Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse über eine Kreditaufnahme stets das Gesamtvolumen als Einzelinteresse ansetzte. Schon in mittelgroßen Eigentumswohnanlagen würde das Kostenrisiko einer Anfechtungsklage für den Anfechtungskläger unüberschaubar. Im Übrigen würde die Auffassung der Klägervertreter vorliegend auch nicht dazu führen, dass der Streitwert auf das hälftige Interesse beschränkt wäre, sondern maßgeblich wäre das Gesamtvolumen, da das Einzelinteresse der Kläger nicht unterschritten werden darf (§ 49a Abs. 1 S. 2 GKG).

Soweit sich die Beschwerde zur Begründung auf Entscheidungen bezieht, welche vor der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ergangen sind, können diese nicht mehr herangezogen werden, denn Grundlage der Wertfestsetzung dort war, dass eine gesamtschuldnerische Haftung aller Wohnungseigentümer im Außenverhältnis bestand. Hiervon unterscheidet sich die vorliegende Situation grundsätzlich.

Ob das Einzelinteresse generell höher anzusetzen ist, wenn angesichts der Struktur der Wohnungseigentümergemeinschaft Zahlungsausfälle konkret drohen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, denn solches ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Amtsgericht – zu Recht – den Streitwert innerhalb des Spielraums § 49a GKG bereits bei der dortigen Obergrenze, nämlich dem 5fachen Einzelinteresse festgesetzt hat, wodurch die Bedeutung des Rechtsstreites für die Parteien nach Auffassung der Kammer angemessen berücksichtigt worden ist.

bb) Zutreffend ist ebenfalls die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Streitwerte für die Finanzierung der Baumaßnahme und den Beschluss über die Baumaßnahme nicht zu addieren sind. Insoweit gilt auch im Gebührenrecht, dass Streitwerte dann nicht zusammenzuaddieren sind, wenn sie wirtschaftlich identisch sind (§§ 39, 48 GKG, § 5 ZPO; ausf. dazu BeckOK KostR/Schindler GKG § 39 Rn. 17). Der Beschluss über die Sanierungsmaßnahmen und die Finanzierung sind wirtschaftlich identisch (ebenso LG München I ZMR 2014, 399). Denn das wirtschaftliche Ziel des Klägers ist es in beiden Fällen, nicht mit den Kosten belastet zu werden, weshalb – wie ausgeführt – der Streitwert für eine Sanierungsmaßnahme sich nach den auf die Anfechtungskläger entfallenden Kosten richtet.

c) Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG. Die weitere Beschwerde war zuzulassen, da die Frage der Wertfestsetzung für einen Beschluss über eine Darlehensaufnahme höchstrichterlich ungeklärt ist.

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