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WEG – Anfechtung des Genehmigungsbeschlusses für die Jahresgesamt- und -einzelabrechnungen

AG Berlin-Mitte, Az.: 22 C 23/16, Urteil vom 15.11.2016

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11. Mai 2016 zu Tagesordnungspunkt 4.1:

„Die von der Verwalterin vorgelegte Jahresabrechnung 2015, bestehend aus Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung, wird bestätigt. Die Ausgewiesenenbeträge sind von den Wohnungseigentümern bis zum 10. Juni 2016 auf das Gemeinschaftskonto zu zahlen. Soweit die Wohnungseigentümer am Lastschriftverfahren teilnehmen, da erfolgte Einzug der Beträge ab der 23. Kalenderwoche. Die Guthabenbeträge werden den Wohnungseigentümern ab der 23. Kalenderwoche rücküberwiesen.”

wird für ungültig erklärt.

2. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11. Mai 2016 zu Tagesordnungspunkt 4,2:

„Dem Verwaltungsbeirat wird für das Wirtschaftsjahr 2015 Entlastung erteilt.”

wird für ungültig erklärt.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in 10178 Berlin. Die Kläger sind Eigentümer der Einheit Nr. 3, der 25/1.000 Miteigentumsanteile zustehen.

Am 11. Mai 2016 fand eine Eigentümerversammlung statt, auf der über die Jahresabrechnung 2015 sowie die Entlastung des Beirats entschieden wurde.

WEG - Anfechtung des Genehmigungsbeschlusses für die Jahresgesamt- und -einzelabrechnungen
Foto: Rawpixel.com/Bigstock

Dabei wurden die im Tenor genannten Beschlüsse gefasst. Wegen der Jahresgesamtabrechnung und der den Klägern erteilten Jahreseinzelabrechnung wird auf die als Anlage K5 (Bl. 30 ff d.A.) eingereichte Kopie verwiesen.

Die Klägerin haben diese beiden Beschlüssen mit einer am 7. Juni 2016 gefaxten Klageschrift angefochten und zugleich und in einem weiteren Schriftsatz vom 11. Juli 2016, der am gleichen Tage gefaxt wurde, begründet.

Die Kläger rügen, dass in der Jahresgesamtabrechnung die Gesamtzahlung der Eigentümer mit 102,525,00 € angegeben werde, während in dem „Status Bankkonten und Rücklagenkonto 2015” Zahlungseingänge von insgesamt 107.969,68 € genannt werden. Auch wenn in dem Status eine Aufgliederung der Eingänge auf insgesamt sieben Position vorgenommen werde, seien keine Beträge genannt, so dass die Abrechnung nicht plausibel sei. Auch die Summe der in der Jahresabrechnung genannten umlagefähigen und nicht umlagefähigen Kosten entspreche nicht dem im Status angegebenen Betrag der Zahlungsausgängen. Es fehle eine plausible Erläuterung der Differenzen.

Hinsichtlich der Abrechnung der Heizkosten rügen sie, dass in der Gesamtabrechnung nicht die tatsächlichen Zahlungsflüsse eingestellt seien und die tatsächlichen Verbrauchskosten nicht erläutert seien. Hinsichtlich der dargestellten Entwicklung der Anlage 2015 vermissen die Kläger eine Nennung der Soll- und Istbeträge.

Ebenso rügen sie, dass die Darstellung über die Zahlungen der Kläger in der Abrechnungsperiode nicht nachvollziehbar seien.

Die Kläger beantragen, was erkannt worden ist.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten die Abrechnung für ordnungsgemäß.

Die Beklagten meinen, dass eine Abrechnung ordnungsgemäß sei, bei der die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten und die auf die Bewirtschaftungskosten gezahlten Wohngeldzahlungen ausgewiesen seien. Zahlungen auf die Vorjahre, Zahlungen auf zukünftige Wirtschaftsjahre, Auszahlungen von Guthaben aus früheren Wirtschaftsperioden seien nicht auszuweisen, weil diese abrechnungsneutral sein müssten. Sie meinen, die Abgrenzungspositionen gingen aus der Abrechnung klar hervor. Sie halten die Darstellung zur Instandhaltungsrücklage für ausreichend nachvollziehbar, da mit der Bezeichnung „Zuf. Rücklage allg.” die Soll-Zuführung und mit „Summe Instandhaltungsrücklage” die Ist-Zuführung gemeint sei.

Entscheidungsgründe

Die rechtzeitig innerhalb der Fristen des § 46 WEG erhobene und begründete Anfechtungsklage ist auch in der Sache begründet. Die Zustellung erfolgte demnächst i.S.d. § 167 ZPO.

Die beiden Beschlüsse über die Jahresabrechnung 2015 sowie über die Entlastung des Beirats sind für ungültig zu erklären, da sie ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen.

1. Jahresgesamtabrechnung

Eine Jahresabrechnung stellt eine geordnete Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Abrechnungszeitraum dar. Wegen des Charakters als reiner Einnahmen- und Ausgabenrechnung ist eine Abgrenzung der geleisteten Zahlungen oder erhaltenen Einnahmen auf andere Abrechnungszeiträumen nicht vorzunehmen. Nach einhelliger Ansicht sind in die Gesamtabrechnung sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Wirtschaftsjahres einzustellen, auch wenn diese Vorjahre oder die kommenden Wirtschaftsjahre betreffen. Es sind sämtliche Zahlungseingänge und -ausgänge auf den Konten der Gemeinschaft einzubeziehen, auch wenn diese Beträge zu Unrecht geleistet wurden (BGH V ZR 156/10).

Diesen Anforderungen genügt die vorgelegte Jahresgesamtabrechnung nicht.

a. unzulässige Abgrenzungen

In dem Status Bankkonto sind dort bei den Zahlungseingängen „Guthaben Zahlungen Dienstleister aus Abrechnungen, Überzahlung” und bei den Zahlungsausgängen „Rechnung Dienstleister” genannt. Hinter diesen Positionen verbergen sich in 2015 geleistete Zahlungen oder Guthaben für den Fernwärmelieferanten, die die Verwalterin wohl einerseits in der Abrechnung für 2014 bereits berücksichtigt hat und andererseits erst 2016 berücksichtigen möchte. Im Ergebnis wird damit eine Abgrenzung vorgenommen, die eine Abrechnung jedoch unzulässig macht.

Eine solche Abgrenzung ist auch nicht mit dem Argument zulässig, dass bei einer Heizkostenabrechnung nach der HeizkostenVO nur die Kosten des tatsächlich angefallenen Verbrauchs eingestellt werden dürfen. Diesen Vorgaben ist bereits dann Genüge getan, wenn zwar nicht in der Gesamtabrechnung, aber in den Einzelabrechnungen eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorgenommen wird, dort also die Kosten des im Abrechnungszeitraums tatsächlich verbrauchten Brennstoff verteilt werden. Hinzunehmen ist, dass sich insoweit ausnahmsweise die Einzelabrechnung nicht unmittelbar aus der Gesamtabrechnung herleitet. Die in der Einzelabrechnung enthalten Abweichung ist daher deutlich zu machen und mit einer verständlichen Erläuterung zu versehen (so BGH, V ZR 251/10, juris).

Die vorgetragene Ansicht der Beklagten, dass die in 2015 angeschafften Brennstoffe auch in 2015 verbraucht worden seien, da der Wärmeversorger zum Stichtag 31.12.15 eine Verbrauchserfassung vorgenommen und abgerechnet habe, und so in die Abrechnung nur die tatsächlichen Verbräuche eingestellt seien, kann inhaltlich nicht zutreffen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Abrechnung zum 31.12.15 bedingt, dass die Rechnung erst in 2016 und (maßgeblich) auch die Zahlung darauf in 2016 erfolgt. Da die tatsächlichen Zahlungsflüsse erst im Folgejahr erfolgen, sind diese in die Gesamtabrechnung 2016 aufzunehmen. In die Gesamtabrechnung 2015 sind nur die, aber auch alle in 2015 geleisteten Zahlungen aufzunehmen. Nur für die Einzelabrechnungen sind die Kosten des tatsächlichen Verbrauchs des Jahres 2015 zu errechnen und zu berücksichtigen.

b. Nicht aufgenommene Ausgaben und Einnahmen

Soweit im Status eine Position „Bezahlung Schlüssel und Rechnungsanteil ET” genannt wird, handelt es sich dabei – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde – um Schlüsselnachbestellungen, deren Kosten vom Gemeinschaftskonto bezahlt und im folgenden von einem Eigentümer erstattet wurden. Diese Kosten und die Zahlung des Eigentümers müssten damit folglich auch in der Jahresgesamtabrechnung als Ausgaben und als Einnahme berücksichtigt werden sowie in den Jahreseinzelabrechnungen allein dem betreffenden Eigentümers anzulasten.

Auch die Zahlungen auf die Vorjahresabrechnungen oder schon für das folgende Jahr geleisteten Wohngelder als Einnahmen in der Jahresgesamtabrechnung aufzunehmen und entsprechend zu erläutern.

c. Fehlende Nachvollziehbarkeit

Da in dem Status hinsichtlich der Zahlungseingänge und Zahlungsausgängen zu der Aufgliederung keine Beträge zu den einzelnen Aufgliederungspositionen genannt werden, fehlt es an einer Nachvollziehbarkeit. Dies gilt insbesondere, da in der jetzt in diesem Prozess zur Erläuterung vorgelegten Anlage B1 beispielsweise die Einnahmen aus der Zahlung 2015 nur mit 102.182,52 € angegeben werden, während sie in der beschlossenen Jahresabrechnung mit 102.525,00 € angegeben sind. Hier ergibt sich eine nicht erklärte oder erläuterte Differenz.

2. Jahreseinzelabrechnungen

Da damit die Jahresgesamtabrechnung unzureichend ist, ist sie keine Grundlage für die beschlossenen Jahreseinzelabrechnungen, so dass der Beschluss darüber ebenso ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.

3. Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage 2015

In die Abrechnung ist eine Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage aufzunehmen. Darin sind die tatsächlichen Zahlungen des Wohnungseigentümers auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben. Die Darstellung muss den tatsächlichen Bestand der Instandhaltungsrücklage erkennen lassen und zudem ausweisen, in welchem Umfang die Wohnungseigentümer mit ihren Zahlungen im Rückstand sind (BGH V ZR 44/09, juris).

Diesen Anforderungen genügt die vorgelegte Darstellung der Entwicklung der Rücklage nicht. Auf Seite 4 wird zwar zweimal den Betrag 20.743,2o € genannt.

Als Position/Erläuterung wird dazu einerseits „Zuf. Rücklage allg.” und andererseits „Summe Instandhaltungsrücklage” angegebenen, was diese Zahlen jedoch nicht hinreichend erklärt. Soweit die Beklagten jetzt in dem Prozess vorgetragen haben, dass damit einerseits die Istzahlung und andererseits der Sollbetrag gemeint sein, ist dies in der Abrechnung jedoch nicht hinreichend klargestellt.

4. Wohngeldkontoblatt

Soweit die Kläger sich auch gegen die Richtigkeit der auf Seite 2 der Abrechnung angegebenen Angaben zu ihren Zahlungen in der Abrechnungsperiode wenden, ist dies für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit des Beschlusses irrelevant, da ein solches Kontoblatt lediglich informatorischen Zwecken dient, jedoch nicht Teil der Jahresabrechnung ist. Eine Beschlussfassung hierüber findet daher nicht statt.

5. Entlastung des Beirats

Da über die Jahresabrechnung 2015 neu beschlossen werden muss, bedingt dies auch eine erneute Überprüfung durch den Beirat, so dass ihm noch keine Entlastung erteilt werden kann.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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