Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Anfechtung von Hausgeldabrechnungen: Herausforderungen für Eigentümergemeinschaften
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche formalen Anforderungen muss eine Hausgeldabrechnung erfüllen, um rechtlich korrekt zu sein?
- Welche Fristen müssen bei der Anfechtung einer Hausgeldabrechnung eingehalten werden?
- Wie verteilen sich die Prozesskosten bei erfolgreicher Anfechtung einer Hausgeldabrechnung?
- Was sind die häufigsten Gründe für die erfolgreiche Anfechtung von Hausgeldabrechnungen?
- Welche Folgen hat die erfolgreiche Anfechtung einer Hausgeldabrechnung für die Eigentümergemeinschaft?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Rostock
- Datum: 17.01.2020
- Aktenzeichen: 1 S 41/17
- Verfahrensart: Berufungsverfahren zu Wohnungseigentümerbeschlüssen
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Wohnungseigentümer, der die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung anfechtet. Er argumentiert, dass die Hausgeldabrechnungen nicht ordnungsgemäß sind und den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen.
- Beklagte: Weitere Wohnungseigentümer derselben Anlage, die die Ordnungsgemäßheit der Beschlüsse verteidigen und das Urteil des Amtsgerichts stützen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde eine Anfechtungsklage gegen die in einer Versammlung beschlossenen Hausgeldabrechnungen für die Jahre 2008 bis 2012 erhoben. Der Kläger war durch seinen Bruder vertreten und brachte in der Versammlung keine Einwendungen gegen die Beschlüsse vor. Er legte später Berufung gegen das abweisende Amtsgerichtsurteil ein.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob die genehmigten Hausgeldabrechnungen den gesetzlichen Anforderungen genügen und daher wirksam sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung zu mehreren Tagesordnungspunkten wurden für unwirksam erklärt.
- Begründung: Die Hausgeldabrechnungen entsprachen nicht den Anforderungen an eine übersichtliche und verständliche Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben. Wichtige Einnahmen, insbesondere Vorschüsse, wurden nicht ausreichend dargestellt. Eine nachträgliche Heilung der Abrechnungen ist nicht möglich, da die Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt der Versammlung beurteilt werden muss.
- Folgen: Die Beklagten müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen. Die Entscheidung führt dazu, dass die in Frage stehenden Hausgeldabrechnungen ungültig sind und neue, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Beschlüsse gefasst werden müssen. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Anfechtung von Hausgeldabrechnungen: Herausforderungen für Eigentümergemeinschaften
Die Anfechtung von Hausgeldabrechnungen ist ein zentrales Thema im WEG-Recht und spielt eine entscheidende Rolle in der Praxis der Wohnungseigentümergemeinschaften. Hausgeldabrechnungen legen fest, wie die Kosten für die Verwaltung und Instandhaltung einer gemeinschaftlichen Immobilie verteilt werden. Mängel in diesen Abrechnungen, sei es durch fehlerhafte Lastenverteilung oder fehlende Transparenz, können zu Streitigkeiten zwischen den Eigentümern führen und rechtliche Schritte nach sich ziehen, etwa die Prüfung der Abrechnung oder Widerspruch gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung.
Besonders relevant wird die Anfechtung, wenn mehrere Jahre der Hausgeldabrechnungen betroffen sind. Eigentümer müssen darauf achten, ob die Abrechnungen rechtlich anfechtbar sind und welche Fristen dabei zu beachten sind. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Anfechtung von Hausgeldabrechnungen beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Hausgeldabrechnungen einer Wohnanlage in Bad Kleinen für ungültig erklärt
Das Landgericht Rostock hat die Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung zu den Hausgeldabrechnungen der Jahre 2008 bis 2012 für unwirksam erklärt. Die streitgegenständlichen Abrechnungen der Wohnungseigentumsanlage in der F.-straße in Bad Kleinen erfüllten nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung.
Mangelhafte Darstellung der Einnahmen in den Abrechnungen
Das Gericht stellte gravierende Mängel in den Hausgeldabrechnungen fest. In keiner der Abrechnungen waren die geleisteten Vorschüsse der Eigentümer aufgeführt. Diese Einnahmen hätten jedoch zwingend in der Gesamtabrechnung ausgewiesen werden müssen. Das Argument der beklagten Eigentümer, der Kläger hätte diese Informationen aus den zur Einsicht vorgelegten Unterlagen entnehmen können, ließ das Gericht nicht gelten. Es sei nicht Aufgabe eines Wohnungseigentümers, die Gesamteinnahmen aus der Vielzahl von Einzelabrechnungen selbst zu ermitteln.
Rechnerische Unstimmigkeiten in allen Jahresabrechnungen
Besonders deutlich wurden die Mängel am Beispiel der Jahresabrechnung 2008. Hier stimmte das Saldo von Einnahmen und Ausgaben nicht mit der Kontoentwicklung überein. Bei einem Anfangsbestand von 14.591,68 Euro und aufgelisteten Ein- und Ausgaben hätte sich ein rechnerischer Endbestand von 15.266,23 Euro ergeben müssen. Tatsächlich wies die Abrechnung jedoch einen Endbestand von 17.440,36 Euro aus. Ähnliche Darstellungsfehler fanden sich in allen weiteren Jahresabrechnungen.
Heilung der Mängel nicht möglich
Ein nachträglicher Heilungsversuch der Beklagten durch eine später gefertigte Gesamtaufstellung wurde vom Gericht zurückgewiesen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit sei allein der Zeitpunkt der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung maßgeblich. Die fast 200 Seiten umfassenden nachgereichten Unterlagen verdeutlichten nach Ansicht des Gerichts zudem die mangelnde Transparenz der Abrechnungen.
Kostentragung und Streitwert
Die beklagten Eigentümer müssen die Kosten des Rechtsstreits anteilig nach Kopfteilen tragen. Von einer Kostenauferlegung auf die Verwalterin gemäß § 49a WEG sah das Gericht ab, da ein grobes Verschulden nicht festgestellt werden konnte. Der Streitwert wurde auf bis zu 50.000 Euro festgesetzt, wobei die Gesamtkosten aller streitigen Jahresabrechnungen zwischen 2008 und 2012 sich auf über 100.000 Euro beliefen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass Hausgeldabrechnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften eine vollständige und transparente Aufstellung aller Einnahmen und Ausgaben enthalten müssen. Besonders wichtig ist dabei die Darstellung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse. Eine nachträgliche Ergänzung fehlender Informationen ist nicht zulässig. Das Gericht betont das Recht der Eigentümer auf eine ohne Sachverständige verständliche Abrechnung.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer haben Sie Anspruch auf eine klar strukturierte und vollständige Jahresabrechnung, die alle Zahlungen und Kosten transparent auflistet. Sie müssen nicht selbst die Gesamteinnahmen aus verschiedenen Einzelabrechnungen zusammenrechnen. Wenn Ihre Hausgeldabrechnung keine Aufstellung der geleisteten Vorschüsse enthält, können Sie den entsprechenden Beschluss der Eigentümerversammlung anfechten. Die Abrechnung muss für Sie ohne externe Hilfe verständlich sein.
Sind auch Sie mit undurchsichtigen Hausgeldabrechnungen konfrontiert und fragen sich, ob Ihre Eigentümergemeinschaft die gesetzlichen Anforderungen erfüllt? Gerade bei komplexen Abrechnungsfragen ist es ratsam, die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse überprüfen zu lassen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Wohnungseigentümer durchzusetzen und für transparente Abrechnungen in Ihrer Gemeinschaft zu sorgen. Sprechen Sie uns an, um Ihre individuelle Situation zu erörtern und gemeinsam die bestmögliche Vorgehensweise zu finden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche formalen Anforderungen muss eine Hausgeldabrechnung erfüllen, um rechtlich korrekt zu sein?
Eine rechtlich korrekte Hausgeldabrechnung muss folgende formale Anforderungen erfüllen:
Inhaltliche Vollständigkeit
Die Hausgeldabrechnung muss alle Einnahmen und Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für das abgelaufene Wirtschaftsjahr enthalten. Dazu gehören:
- Betriebskosten (z.B. Wasser, Abwasser, Müllabfuhr)
- Verwaltungskosten
- Instandhaltungskosten und -rücklagen
- Versicherungskosten
- Sonstige gemeinschaftliche Kosten
Aufbau und Struktur
Die Abrechnung besteht aus zwei Hauptteilen:
- Gesamtabrechnung: Hier werden alle Einnahmen und Ausgaben der WEG aufgelistet sowie die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage dargestellt.
- Einzelabrechnungen: Für jeden Eigentümer wird eine individuelle Abrechnung erstellt, die den persönlichen Anteil an den Gesamtkosten ausweist.
Nachvollziehbarkeit und Transparenz
Die Hausgeldabrechnung muss für jeden Wohnungseigentümer verständlich und nachprüfbar sein. Das bedeutet:
- Klare Aufschlüsselung aller Kostenpositionen
- Angabe des verwendeten Verteilerschlüssels für jede Position
- Darstellung der Berechnung des individuellen Kostenanteils
Zeitliche Vorgaben
Der Verwalter muss die Hausgeldabrechnung innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums erstellen. In der Regel entspricht der Abrechnungszeitraum dem Kalenderjahr.
Formale Gestaltung
Obwohl kein spezifisches Format vorgeschrieben ist, sollte die Abrechnung übersichtlich und strukturiert sein. Folgende Elemente sind empfehlenswert:
- Deutliche Kennzeichnung als Hausgeldabrechnung
- Angabe des Abrechnungszeitraums
- Auflistung der Kontostände zu Beginn und Ende des Abrechnungszeitraums
- Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage
Rechtliche Grundlagen
Die formalen Anforderungen an die Hausgeldabrechnung ergeben sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere aus § 28 WEG. Zusätzlich sind die Vorgaben der Heizkostenverordnung zu beachten, sofern eine zentrale Heizungsanlage vorhanden ist.
Wenn Sie als Wohnungseigentümer eine Hausgeldabrechnung erhalten, prüfen Sie sorgfältig, ob diese alle genannten Anforderungen erfüllt. Eine formal korrekte Abrechnung ist die Grundlage für eine transparente und faire Kostenverteilung in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Welche Fristen müssen bei der Anfechtung einer Hausgeldabrechnung eingehalten werden?
Bei der Anfechtung einer Hausgeldabrechnung müssen Sie als Wohnungseigentümer strenge Fristen beachten. Die Anfechtungsfrist beträgt einen Monat nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung. Diese Frist beginnt mit dem Tag der Eigentümerversammlung, in der der Beschluss über die Jahresabrechnung gefasst wurde.
Ablauf der Anfechtung
Wenn Sie einen Beschluss anfechten möchten, müssen Sie innerhalb dieser einmonatigen Frist eine Anfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Klage innerhalb dieses Zeitraums tatsächlich beim Gericht eingegangen sein muss. Eine bloße Absendung der Klage reicht nicht aus.
Begründungsfrist
Neben der Anfechtungsfrist gibt es auch eine Frist für die Begründung Ihrer Anfechtung. Für die Begründung der Anfechtung haben Sie ab der Beschlussfassung zwei Monate Zeit. In dieser Begründung müssen Sie darlegen, warum Sie den Beschluss für fehlerhaft halten und inwiefern sich dies auf Ihre Zahlungspflichten auswirkt.
Besonderheiten seit der WEG-Reform
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 haben sich einige wichtige Änderungen ergeben:
- Die Anfechtungsklage muss zwingend gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gerichtet werden.
- Eine Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer ist unzulässig und kann die Anfechtungsfrist nicht wahren.
- Die Anfechtung ist nur dann erfolgversprechend, wenn sich der Fehler auf die Abrechnungsspitzen und damit auf Ihre konkreten Zahlungspflichten auswirkt.
Wenn Sie als Wohnungseigentümer eine Hausgeldabrechnung anfechten möchten, sollten Sie umgehend nach der Beschlussfassung handeln. Prüfen Sie die Abrechnung sorgfältig und holen Sie sich bei Bedarf fachkundige Unterstützung, um die Erfolgsaussichten Ihrer Anfechtung einzuschätzen. Bedenken Sie, dass nach Ablauf der Anfechtungsfrist der Beschluss bestandskräftig wird und Sie etwaige Fehler in der Abrechnung nicht mehr geltend machen können.
Wie verteilen sich die Prozesskosten bei erfolgreicher Anfechtung einer Hausgeldabrechnung?
Die Prozesskosten einer Anfechtungsklage müssen nach dem aktuellen Wohnungseigentumsgesetz (WEG) von allen Wohnungseigentümern gemeinsam getragen werden – auch von demjenigen, der die Anfechtungsklage gewonnen hat.
Grundsätzliche Kostenverteilung
Die Prozesskosten gehören zu den Verwaltungskosten der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und werden nach § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG auf alle Eigentümer verteilt. Wenn Sie als Eigentümer eine Anfechtungsklage erfolgreich durchführen, müssen Sie sich trotzdem an den Prozesskosten der unterlegenen Gemeinschaft beteiligen.
Möglichkeiten der abweichenden Kostenverteilung
Die Eigentümergemeinschaft kann durch einen gesonderten Beschluss vor der Erhebung einer Sonderumlage eine andere Kostenverteilung festlegen. Solange ein solcher Beschluss nicht gefasst wurde, entspricht es der ordnungsgemäßen Verwaltung, den geltenden Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden.
Praktische Auswirkungen
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Juli 2024 klargestellt, dass diese Regelung auch in kleineren Gemeinschaften gilt, selbst wenn die anteilige Mithaftung für Prozesskosten einen Wohnungseigentümer möglicherweise davon abhalten könnte, rechtswidrige Beschlüsse gerichtlich anzufechten. Dies ergibt sich aus der Doppelrolle des klagenden Eigentümers als Prozesspartei einerseits und Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft andererseits.
Zahlungspflicht während des Verfahrens
Während eines laufenden Anfechtungsverfahrens bleiben die beschlossenen Zahlungspflichten bestehen. Eine Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung. Erst wenn der Beschluss rechtskräftig für ungültig erklärt wird, entfällt die Zahlungspflicht rückwirkend.
Was sind die häufigsten Gründe für die erfolgreiche Anfechtung von Hausgeldabrechnungen?
Die erfolgreiche Anfechtung einer Hausgeldabrechnung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Seit der WEG-Reform 2020 haben sich die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung geändert. Entscheidend ist nun, dass sich der Fehler auf die konkreten Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer auswirkt. Dennoch gibt es einige häufige Gründe, die zu einer erfolgreichen Anfechtung führen können:
Fehlende Plausibilität und Nachvollziehbarkeit
Eine Jahresabrechnung muss für einen durchschnittlichen Wohnungseigentümer ohne fachliche Unterstützung verständlich sein. Wenn die Abrechnung nicht plausibel ist und Zweifel an der Richtigkeit der angepassten Vorschüsse oder Nachschüsse bestehen, kann dies ein Anfechtungsgrund sein. Beispiele hierfür sind:
- Fehlende Darstellung der Anfangs- und Endbestände der Konten
- Unvollständige Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben des Abrechnungsjahres
- Fehlende Gesamtabrechnung oder Darstellung der Kontostände der Gemeinschaft
Fehlerhafte Kostenverteilung
Wenn Sie zu Unrecht durch die Abrechnung finanziell benachteiligt werden, kann dies ein Grund zur Anfechtung sein. Dies kann der Fall sein, wenn:
- Heizkosten in der Gesamtabrechnung und in den Einzelabrechnungen nicht identisch dargestellt sind
- Kosten falsch zugeordnet wurden, z.B. „Stellplatzmieten“ als Reparaturen verbucht wurden
Formelle Mängel
Auch wenn formelle Mängel allein nicht mehr ausreichen, um eine Abrechnung erfolgreich anzufechten, können sie in Kombination mit inhaltlichen Fehlern relevant sein. Beispiele für formelle Mängel sind:
- Fehlende Unterschriften im Protokoll
- Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit bei der Beschlussfassung
Fehlerhafte Darstellung der Instandhaltungsrücklage
Die korrekte Darstellung der Instandhaltungsrücklage ist von besonderer Bedeutung. Wenn Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage fälschlicherweise als Ausgaben der Eigentümer dargestellt werden, kann dies ein Anfechtungsgrund sein.
Unzulässige Rechnungsabgrenzungen
Mit Ausnahme der Heizkostenthematik sind Rechnungsabgrenzungen nach der WEG-Reform nicht zulässig. Wenn Einnahmen und Ausgaben nach Ablauf des Abrechnungszeitraums einbezogen wurden, kann dies zur Anfechtbarkeit führen.
Wenn Sie eine Hausgeldabrechnung anfechten möchten, müssen Sie innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung eine Klage beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Beachten Sie, dass seit dem 1. Dezember 2020 die Anfechtungsklage zwingend gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gerichtet werden muss.
Welche Folgen hat die erfolgreiche Anfechtung einer Hausgeldabrechnung für die Eigentümergemeinschaft?
Unmittelbare rechtliche Wirkung
Eine erfolgreiche Anfechtungsklage führt zur Ungültigerklärung des Beschlusses über die Hausgeldabrechnung mit Wirkung ex tunc, also rückwirkend zum Zeitpunkt der Beschlussfassung. Der Verwalter muss in diesem Fall eine neue, korrigierte Jahresabrechnung erstellen.
Finanzielle Konsequenzen
Entgegen einer häufigen Annahme führt die erfolgreiche Anfechtung nicht zur automatischen Rückerstattung bereits geleisteter Nachzahlungen oder Guthaben. Die Positionen einer Jahresabrechnung stellen lediglich unselbständige Rechnungsposten dar, wobei Hausgeldzahlungen stets auf die gesamte Abrechnungsspitze erfolgen.
Pflichten der Beteiligten
Der Verwalter ist verpflichtet, eine neue, fehlerfreie Abrechnung zu erstellen. Wenn ein Wohnungseigentümer berechtigte Zweifel an der Jahresabrechnung vorträgt, darf der Verwalter die Abrechnung nicht ohne weitere Überprüfung zur Beschlussfassung vorlegen.
Kostenverteilung
Bei einer erfolgreichen Anfechtungsklage müssen alle Wohnungseigentümer die Prozesskosten nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile tragen. In besonderen Fällen kann der Verwalter zur Kostentragung verpflichtet sein, etwa wenn er trotz bekannter Mängel eine fehlerhafte Abrechnung zur Beschlussfassung vorgelegt hat. Die Kosten können dabei erheblich sein – in einem dokumentierten Fall beliefen sie sich auf 13.000 Euro.
Die Zahlungspflicht der Eigentümer bleibt bis zur rechtskräftigen Ungültigerklärung bestehen. Verzugskosten und Zinsen, die bis zur Ungültigerklärung entstanden sind, bleiben ebenfalls bestehen. Ein Wohnungseigentümer kann sich nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht mehr auf Fehler der Abrechnung berufen und muss die festgesetzten Beträge zahlen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Hausgeldabrechnung
Die jährliche Abrechnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft über sämtliche Einnahmen und Ausgaben des vergangenen Wirtschaftsjahres. Sie zeigt die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten (z.B. für Hausmeister, Heizung, Versicherungen) auf die einzelnen Eigentümer. Geregelt ist dies in § 28 WEG. Die Abrechnung muss alle Zahlungsflüsse transparent darstellen und nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel die individuellen Anteile berechnen. Beispiel: In einer WEG mit 10 Wohnungen werden Gesamtkosten von 30.000€ nach Wohnfläche aufgeteilt.
Vorschüsse
Monatliche Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer für die zu erwartenden Betriebs- und Verwaltungskosten des laufenden Jahres. Diese werden gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 WEG als Wirtschaftsplan festgelegt und basieren auf den Erfahrungswerten der Vorjahre. Am Jahresende erfolgt eine Abrechnung und ein Ausgleich zu viel oder zu wenig gezahlter Beträge. Beispiel: Ein Eigentümer zahlt monatlich 300€ Vorschuss, am Jahresende ergibt die tatsächliche Abrechnung jedoch nur 3.400€ statt der gezahlten 3.600€.
Beschlussfassung
Der formelle Akt der Entscheidungsfindung in einer Wohnungseigentümerversammlung durch Abstimmung der anwesenden Eigentümer gemäß § 23 WEG. Beschlüsse sind die rechtlich verbindlichen Entscheidungen der Gemeinschaft, etwa über Hausgeldabrechnungen oder Instandhaltungsmaßnahmen. Sie können bei Rechtsmängeln innerhalb eines Monats gerichtlich angefochten werden. Beispiel: Die Eigentümerversammlung beschließt mit Mehrheit die Anschaffung einer neuen Heizungsanlage.
Anfechtungsklage
Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung nach § 46 WEG. Die Klage muss binnen eines Monats nach Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Anfechtungsgründe können formelle Fehler (z.B. fehlerhafte Einladung) oder inhaltliche Mängel (z.B. fehlerhafte Abrechnung) sein. Im Erfolgsfall wird der angefochtene Beschluss für ungültig erklärt. Beispiel: Ein Eigentümer klagt gegen einen Beschluss zur Jahresabrechnung wegen fehlender Kostenpositionen.
Kostentragung
Die gesetzliche Regelung nach § 49 WEG, wer die Kosten eines WEG-Rechtsstreits zu tragen hat. Grundsätzlich werden die Kosten nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens verteilt. Bei erfolgreicher Anfechtungsklage tragen meist die unterlegenen Eigentümer die Kosten nach Kopfteilen. Der Verwalter kann bei grobem Verschulden nach § 49a WEG zur Kostentragung verpflichtet werden. Beispiel: Bei erfolgreicher Klage gegen eine fehlerhafte Abrechnung müssen alle beklagten Eigentümer die Prozesskosten zu gleichen Teilen tragen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs. 3 WEG (Wohnungseigentumsgesetz):
Nach § 28 Abs. 3 WEG muss der Verwalter eine Jahresabrechnung erstellen, die eine geordnete und übersichtliche Aufstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben des betreffenden Wirtschaftsjahres enthält. Die Abrechnung dient der Transparenz und Kontrolle der Eigentümer über die finanzielle Situation der Gemeinschaft.
Im vorliegenden Fall entsprechen die Hausgeldabrechnungen nicht diesen Anforderungen. Weder wurden die Vorschüsse der Eigentümer nachvollziehbar ausgewiesen noch war die Darstellung für die Eigentümer verständlich, sodass die Beschlüsse zur Genehmigung unwirksam sind. - § 259 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch):
Dieser Paragraph regelt die Rechenschaftspflicht einer Person, die über Einnahmen und Ausgaben Rechnung legen muss. Dabei ist eine geordnete, nachvollziehbare Aufstellung erforderlich, die auch für Laien verständlich ist.
Im Fall wurde durch das Gericht festgestellt, dass die vorgelegten Abrechnungen nicht nachvollziehbar und unschlüssig waren. Der Kläger war dadurch nicht in der Lage, die Abrechnungen auf Fehler zu prüfen, was zur Anfechtung berechtigt. - § 242 BGB (Treu und Glauben):
Der Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet die Parteien eines Rechtsverhältnisses zu einem loyalen Verhalten, insbesondere dazu, keine unzumutbaren Anforderungen an die andere Seite zu stellen.
Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, dass der Kläger aus umfangreichen Unterlagen selbst die fehlenden Einnahmen hätte ermitteln müssen. Eine solche Verpflichtung widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben. - § 49a WEG:
Dieser Paragraph regelt die Kostentragung bei Verfahren, die die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffen, und erlaubt es, Verfahrenskosten einem Verwalter aufzuerlegen, wenn dieser grob schuldhaft gehandelt hat.
Im vorliegenden Urteil wurde dies abgelehnt, da der Verwalter keine grobe Pflichtverletzung begangen hat. Dennoch tragen die Beklagten als Wohnungseigentümer die Kosten anteilig, da die Abrechnungen fehlerhaft waren. - § 543 ZPO (Zivilprozessordnung):
Die Vorschrift regelt die Zulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof, wenn eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache besteht.
Die Revision wurde hier nicht zugelassen, da die Kammer die Anforderungen an die Jahresabrechnung als ausreichend geklärt ansah und keine grundsätzlichen neuen Rechtsfragen betroffen waren.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Rostock – Az.: 1 S 41/17 – Urteil vom 17.01.2020
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