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WEG: Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse einer WEG-Versammlung

LG Frankfurt/Main, Az.: 2-13 S 150/17, Urteil vom 06.12.2018

In dem Rechtsstreit hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2018 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.10.2017 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Langen (Hessen) – Az. 55 C 158/16 – aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zu 40.000,00 EUR.

Gründe

I.

Die Parteien sind die Mitglieder einer WEG und streiten in der Berufungsinstanz weiter um die Wirksamkeit von auf der Eigentümerversammlung vom 02.09.2016 gefassten Beschlüssen.

Die hiesige Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29.09.2016 zahlreiche Beschlüsse angefochten. Der Verwalter hat mit Schriftsatz vom 26.10.2016 dem Amtsgericht gegenüber angezeigt, sein Amt niedergelegt zu haben. Ob ihm diese Klage vorher zugestellt worden sei, ist zwischen den Parteien streitig. Eine Zustellungsurkunde ist nicht zur Akte gelangt, obwohl eine Zustellung an den Verwalter am 18.10.2016 „abverfügt“ wurde. Das Amtsgericht hat die Klage sodann den übrigen in der Klageschrift angeführten Beklagten zugestellt. Die dort benannte Beklagte zu 4), Frau X, war zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr Wohnungseigentümerin, an die nunmehrige Beklagte zu 4), Frau Y, ist erst im Berufungsverfahren zugestellt worden.

Die ursprünglichen Beklagten zu 1) – 11), einschließlich der ursprünglichen Beklagten zu 4), haben ebenfalls die Beschlüsse zu TOP 9 – 12 angefochten und die Klägerin und die Beklagte zu 12) als Gegnerin benannt, an welche diese Klage vom 04.10.2016 zugestellt worden ist.

Die Beklagte zu 12) hat ebenso die Beschlüsse zu TOP 9 – 12 angefochten und ihre Klage vom 04.10.2016 (Bl. 342 ff. d.A.) ausdrücklich gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben. Das Amtsgericht hat diese Klage zunächst an den Verwalter und sodann erneut an die Beklagten persönlich zugestellt. Die Zustellung erfolgte auch insoweit an die ursprüngliche Beklagte zu 4), Frau X.

Durch Beschluss vom 12.12.2016 hat das Amtsgericht die beiden weiteren Anfechtungsklagen als „Widerklagen“ zur ursprünglichen Klage verbunden.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts im angefochtenen Teilurteil in der Fassung des Beschlusses vom 06.06.2018 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat sodann mit Teilurteil vom 11.10.2017 die Klage der Klägerin aus dem Ursprungsverfahren abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klagefrist des § 46 Abs. 1 WEG sei nicht gewahrt worden, da die Klage innerhalb der Klagefrist weder an den Verwalter noch an die übrigen Miteigentümer wirksam zugestellt worden sei. Eine Zustellung an alle Miteigentümer sei bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht erfolgt, da die Klage bislang nicht an die nunmehrige Beklagte zu 4) zugestellt worden sei.

Gegen das am 23.10.2017 zugestellte Teilurteil hat die Klägerin Berufung eingelegt …

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache. Das erfordert die Vorschrift des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO. Eines Parteiantrags bedarf es nicht (§ 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Dass weder die Beklagte zu 4) noch die Beklagte zu 12) im Termin zur Berufungsverhandlung vertreten waren, steht dem nicht entgegen. Denn wird die Anfechtungsklage von oder gegen mehrere Wohnungseigentümer erhoben, so sind diese nach herrschender Meinung notwendige Streitgenossen gemäß § 62 ZPO. Für die Beklagten folgt dies jedenfalls aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG (BGH NZM 2012, 200 Rn. 9). Demzufolge haben die anwaltlich vertretenen Berufungsbeklagten, die bei diesem Teilurteil lediglich Beklagte sind, die nicht anwaltlich vertretenen notwendigen Streitgenossen vertreten (§ 62 Abs. 1 ZPO).

Das Urteil des Amtsgerichts kann keinen Bestand haben, weil es sich dabei um ein Teilurteil handelt, das der Vorschrift des § 301 Abs. 1 ZPO nicht entspricht.

Ein Teilurteil darf nur erlassen werden, wenn es durch das über den Rest ergehende Schlussurteil unter keinen Umständen mehr berührt werden kann, wenn die Entscheidung über den Teil also unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgeht, mithin die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (BGH NJW-RR 1992, 1339, 1340; NJW 1987, 441 f.).

Dies kann hier nicht bejaht werden, weil die Klage und die noch in erster Instanz anhängigen Widerklagen zum Teil denselben Streitgegenstand, nämlich die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 9 – TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 02.09.2016, betreffen. Bei der Anfechtung dieser Beschlüsse durch verschiedene Wohnungseigentümer handelt es sich nicht, wie das Amtsgericht meint, um eine Widerklage. Vielmehr sind verschiedene Anfechtungsklagen gegen identische Beschlüsse gemäß § 47 WEG zu verbinden, die Anfechtungskläger werden insoweit notwendige Streitgenossen. Bereits dies verbietet es, durch ein Teilurteil über die Beschlussanfechtungsklagen unterschiedlich zu entscheiden, denn über die Gültigkeit eines Beschlusses kann nur einheitlich entschieden werden. Auch wenn einzelne Klagen etwa wegen Fristüberschreitung (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG) abzuweisen sind, ist ein Teilurteil generell ausgeschlossen (BGH NJW 2009, 2132 Rn. 22). Einem solchen Vorgehen steht hier zudem die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen entgegen.

Diese Gefahr folgt insoweit daraus, dass die Kammer im Rahmen einer auf die Begründetheit der Klage eingehenden Berufungsentscheidung auch über rechtliche Aspekte zu befinden hätte, die auch für die ursprünglich in getrennten Verfahren erhobenen und vom Amtsgericht im Tatbestand als „Widerklagen“ aufgeführten Anfechtungsklagen von ausschlaggebender Bedeutung sind, nämlich ob die Frist des § 46 Abs. 1 WEG durch Zustellung an den in der Klageschrift angegebenen Verwalter, der mit Schreiben vom 18.10.2016 die Verwalterbestellung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung gekündigt hatte, bzw. an die übrigen Eigentümer, allerdings mit Ausnahme von der nunmehrigen Beklagten zu 4), eingehalten wurde. Auch die beiden noch in erster Instanz anhängigen Anfechtungsklagen wurden – wie auch die hier streitgegenständliche Anfechtungsklage – unstreitig nicht an die hiesige Beklagte zu 4) zugestellt. Eine davon wurde allerdings am 25.10.2016 an den Verwalter zugestellt. Diese Fragen können indes nur einheitlich beantwortet werden. Insoweit wird aufzuklären sein, wann und ob die Zustellungen der Klage der hiesigen Klägerin an den Verwalter erfolgte und falls Zustellungen erfolgt sind, ob die Niederlegung seines Amtes zuvor wirksam war und welche Folgen dies für die Zustellung hat. Auch diese Frage kann nur für alle Verfahren einheitlich entschieden werden.

Hieraus folgt, dass das Teilurteil des Amtsgerichts aufzuheben und die von der Berufung erfasste Klage in die erste Instanz zurückzuverweisen ist. Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, den noch in der ersten Instanz verbliebenen Rest des Rechtsstreits an sich zu ziehen, da dies nicht sachdienlich ist. Dies hätte nämlich zur Folge, dass ohne sachlich gerechtfertigten Grund praktisch der gesamte nach dem Teilurteil beim Amtsgericht anhängig gebliebene Prozess erst in zweiter Instanz beginnen würde (vgl. dazu BGH NJW-RR 1994, 379) und hier ggf. bislang nicht erhobenen Beweise erhoben werden müssten. Da zudem die Behandlung der Parteirollen durch das Amtsgericht fehlerhaft gewesen war, sind – dazu sogleich – auch Verfahrenstrennungen erforderlich, was bei einem einheitlichen Ansichziehen des Rechtsstreits in die Berufungsinstanz dazu führen würde, dass Teile des Prozessstoffes erstmals in der Berufungsinstanz gesondert verhandelt würden und den Parteien damit auch die Möglichkeit der Überprüfung eines Urteils in einer Folgeinstanz abgeschnitten wäre.

Für das weitere Verfahren weist die Kammer darauf hin, dass § 47 WEG nur eine Verbindung der Anfechtungsverfahren vorsieht, soweit diese sich gegen den gleichen Beschluss richten. Nur insoweit werden die ursprünglichen Beklagten durch eigene Klageerhebung ebenfalls zu Anfechtungsklägern. Soweit einzelne Wohnungseigentümer darüber hinaus weitere Beschlüsse anfechten, stehen ihnen nach der derzeitigen Konzeption der Anfechtungsklage (zur berechtigten Kritik jüngst Jacoby ZMR 2018, 393) die übrigen Eigentümer als Beklagte gegenüber. Dies gebietet es im Regelfall schon aus Gründen der Übersichtlichkeit, die Verfahren durch entsprechende Verfahrenstrennung (§ 145 ZPO) aufzuspalten. An dem weiteren Verfahren dürfte auch, jedenfalls soweit sie selbst Klägerin ist, die ursprüngliche Beklagte zu 4) zu beteiligen sein.

Eine Entscheidung über die Kosten war nicht veranlasst. Die Kammer hat von der Möglichkeit des § 21 GKG für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens Gebrauch gemacht, da die verfahrensrechtliche Handhabung durch das Amtsgericht, die zu dem Berufungsverfahren führte, offensichtlich fehlerhaft war.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3 ZPO, 49a GKG.

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