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WEG – Anlage: Darf ein Trampolin im Garten stehen?

AG München, Az.: 485 C 12677/17 WEG

Urteil vom 08.11.2017

In dem Rechtsstreit wegen Vornahme einer Handlung erlässt das Amtsgericht München folgendes Endurteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand

WEG – Anlage: Darf ein Trampolin im Garten stehen?
Foto: ElenaNoeva/Bigstock

Die Parteien sind Mitglieder der WEG … Die Klagepartei ist Eigentümerin der Wohnung Nr…. im 1. OG des Hauses 1. Sie bewohnt die Einheit nicht selbst, sondern hat sie vermietet. Die Beklagten sind gemeinschaftlich Eigentümer der Wohnung Nr. … im EG des Hauses 4. Zwischen Haus 1 und Haus 4 liegt ein großer Spielplatz … Die TE vom … enthält u.a. folgende Regelungen:

„9. Sondernutzungsrechte

a) Gemäß § 15 WEG werden Sondernutzungsrechte an folgenden Gegenständen des gemeinschaftlichen Eigentums festgelegt:

Die jeweiligen Eigentümer der Wohnungen (…), 31, (…) lt. Aufteilungsplan erhalten jeweils das alleinige und ausschließliche Nutzungsrecht an den den jeweiligen Wohnungen vorgelagerten Terrassen, sowie den vorgelagerten bzw. sie umgebenden Gartenanteilen.

Die Nutzung ist nur als „Terrasse“ bzw. „Ziergarten“ gestattet; der Berechtigte darf die Zweckbestimmung und den Charakter der Nutzungsgegenstände nicht ändern.

(…)

e) Für Sondernutzungsrechte gilt grundsätzlich der Inhalt der Gemeinschaftsordnung so, als ob es sich um Sondereigentum handelt, soweit nicht zwingend gesetzliche Vorschriften entgegenstehen (…)“

Die Beklagten haben in dem ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gartenanteil hinter einer Hecke ein nicht fest mit dem Boden verbundenes Trampolin mit einer Gesamthöhe von etwa 3 m aufgestellt, dessen Beseitigung die Klagepartei mit der vorliegenden Klage begehrt.

Die Klagepartei ist der Meinung, dass das Aufstellen des Trampolins gegen die GO verstoße. Ein „Ziergarten“ sei eine Fläche, die dahingehend kultiviert sei, dass sie ausschließlich schmücke und der optischen Erbauung diene. Damit vertrage sich das Aufstellen eines Trampolins nicht. Das Trampolin werde als „schwarze Wand“ wahrgenommen und stelle damit außerdem eine ganz erhebliche optische Störung dar, die die Anlage „verschandele“.

Der Ehemann der Klagepartei, der diese auch als Prozessbevollmächtigter vertritt, trägt vor, dass er, obwohl weder er noch die Klägerin in der Anlage wohnen, täglich an dem streitgegenständlichen Gartenanteil vorbeigehe und sich dabei von dem Trampolin gestört fühle. Die Klägerin und er wollten das Trampolin auf jeden Fall „weghaben“, auch wenn sich ihr Mieter und die übrigen Bewohner der Anlage nicht von dem Trampolin gestört fühlen sollten. Das Trampolin sei überflüssig, schließlich gebe es im gesamten Innenhof eine Spielfläche mit Spielgeräten. Das Trampolin stelle zudem eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG dar.

Die Klagepartei beantragt zuletzt: Die Beklagten werden verurteilt, das im nördlichen Bereich des Ziergartens vor ihrer Wohnung Nr. …. aufgestellte Trampolin mit schwarzer Seitenbespannung mit einer Höhe von ca. 3 m und einem Durchmesser von ca. 3 m zu entfernen.

Die Beklagtenpartei beantragt: Klageabweisung.

Der Begriff „Ziergarten“ sei als Gegensatz zu dem Begriff „Nutzgarten“ zu sehen; letzterer diene vorrangig dem Anbau und der Verwertung von Nutzpflanzen, ersterer als Erholungs- und Spielfläche. Das Aufstellen eines Trampolins als Spiel- und Sportgerät bewege sich in diesem Rahmen. Es handele sich um die normale und übliche Nutzung eines Gartens in einer Wohnanlage für Familien. In der Anlage, die als besonders familienfreundlich beworben worden sei, würden viele Familien mit Kindern leben. Die Anlage sei um einen Kinderspielplatz als „Herzstück“ herum konzipiert worden. Die Gartenanlage in der erst zum Ende des Jahres 2014 bezogenen Wohnanlage sei erst im Frühjahr 2015 angelegt worden und die Gärten deswegen noch nicht voll eingewachsen. Außer der Klägerin und ihrem Ehemann, die selbst nicht in der Anlage wohnen, fühle sich niemand von dem Trampolin gestört, auch nicht der Mieter der Klagepartei. Das Trampolin werde in der kälteren Jahreszeit, etwa ab November, ohnehin abgebaut.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mitsamt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2017 …

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klagepartei steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Die Nutzung der Gartenfläche durch das (zeitweilige) Aufstellen des Trampolins hält sich im Rahmen der Bestimmungen der Teilungserklärung. Unstreitig besteht zugunsten der Beklagten ein Sondernutzungsrecht an dem ihrer Wohnung vorgelagerten Gartenanteil. Die Grenzen des Gebrauchsrechts sind aus dem vereinbarten Inhalt des Sondernutzungsrechts sowie den gesetzlichen Schranken (insbes. aus §§ 13 ff. WEG) abzuleiten.

In der GO ist insoweit vorgesehen, dass die Nutzung nur als „Ziergarten“ gestattet ist. Da die Gemeinschaftsordnung im Grundbuch eingetragen wird, gelten für ihre Auslegung die Grundsätze zur Auslegung grundbuchrechtlicher Erklärungen. Maßgebend ist damit nicht das subjektiv Gewollte als Wille des Erklärenden, sondern der Wortlaut und Sinn der Eintragung, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden, es sei denn, diese sind für jedermann ohne Weiteres erkennbar (BGH, NJW 2012, 3719).

Diese Maßstäbe zugrundegelegt ist der Begriff des „Ziergartens“ lediglich in Abgrenzung zu dem Begriff „Nutzgarten“ zu verstehen. Während der Nutzgarten hauptsächlich der Erzeugung von Nutzpflanzen, wie z. B. Kräutern, Obst und Gemüse als Nahrungsmittel dient, handelt es sich bei dem Ziergarten um einen Garten, in dem Pflanzen nicht mit dem Ziel der Nahrungsgewinnung, sondern lediglich aufgrund gestalterischer und ästhetischer Aspekte in unterschiedlichen Kombinationen verwendet werden, insbesondere auch im Zusammenhang mit Pflasterungen und Bekiesungen. Das Gericht legt den Begriff des Ziergartens hingegen nicht dahingehend aus, dass damit auch eine Beschränkung auf das Anpflanzen „optisch erbaulicher“ und „schmückender“ Pflanzen verbunden ist und dass Kinder in dem Ziergarten nicht spielen dürfen. Dürfen aber Kinder in dem Bereich spielen, so gehört hierzu auch das Aufstellen eines Spielgerätes, soweit nicht der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG überschritten wird. Der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG wird vorliegend nicht überschritten. Eine über das zulässige Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung geht von dem Trampolin nicht aus. Nachteil i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung, die den Grad einer Bagatelle überschreitet. Ganz geringfügige Beeinträchtigungen sind daher zu dulden. Der Nachteil bemisst sich dabei nach objektiven Kriterien, sodass ein subjektiv empfundener Nachteil nicht ausreichend ist. Entscheidend ist, ob sich ein Wohnungseigentümer nach der Verkehrsanschauung in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BeckOGK/Falkner WEG § 14 Rn. 11 m.w.N.). Im Rahmen einer Gesamtabwägung sind dabei vor allem auch die besonderen Gegebenheiten der Anlage maßgeblich, also etwa Lage, Anordnung, technische Standards. Handelt es sich z.B. – wie hier nicht – um eine Anlage mit älteren, ruhebedürftigen Personen (Seniorenwohnanlage), wird ein größeres Maß an Rücksichtnahme erwartet, als dies bei Wohnungseigentümergemeinschaften mit überwiegend jüngeren Mitgliedern der Fall ist. Das Gericht schließt sich ausdrücklich der Auffassung an, dass es zu einem geordneten Zusammenleben von Miteigentümern gehört, dass spielende Kinder anderer Miteigentümer beziehungsweise deren Mieter und dazugehörige auch größere Spielgeräte, soweit sie nicht übermäßig stören, hingenommen werden müssen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW – RR 1989, 1167; AG Braunschweig, Beschluss vom 04.08.2006, Az. 34 II 198 / 05, zitiert nach BeckRS 2007, 08852). Die Anlage ist gerade im hier streitgegenständlichen Bereich geprägt von einem großen Kinderspielplatz, der auch in der „Blickachse“ zwischen der Einheit der Klagepartei und der Beklagtenpartei liegt. Das Trampolin erscheint zwar groß, aber nicht überdimensioniert, vor dem Trampolin sind überdies bereits Pflanzungen vorgenommen worden.

Das nicht einbetonierte oder sonst fest in dem Boden verankerte Trampolin stellt auch keine bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG dar.

Bauliche Veränderung i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 WEG ist jede Maßnahme, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung oder modernisierende Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogen ist, das gemeinschaftliche Eigentum umgestaltet, auf Dauer angelegt ist, das gemeinschaftliche Eigentum also nicht nur vorübergehend umgestalten soll und nicht unerheblich in die vorhandene Substanz eingreift oder einen substanziellen Eingriff ins Grundstück darstellt (BeckOK WEG / Elzer § 22 Rn. 6). Das Vorhandensein des mobilen Trampolins im Garten hingegen betrifft – im Gegensatz etwa zu einem festen Gartenhaus oder Geräteschuppen – die tatsächliche Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums nicht. Das Spielgerät ist nicht auf Dauer angelegt, es befindet sich nicht immer, sondern nur „saisonal“ in der wärmeren Jahreszeit in dem Garten (vgl. im Gegensatz dazu LG München I, ZWE 2016, 95). Das Gericht hält es für überzeugend, dass eine Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, welches dieses ohne einen Eingriff in die Bausubstanz umgestaltet, keine bauliche Veränderung ist, sondern ein – ggf. unzulässiges – Gebrauchmachen, und dass dieses Ergebnis augenfällig wird, wenn man in andere Lebensbereiche schaut: stellt jemand auf öffentliches Land etwas ab, mag es noch so schwer sein, etwa einen 7,5-Tonner, ist dieses keine bauliche Maßnahme. Eine Maßnahme ohne erheblichen Substanzeingriff – aufstellen, anleuchten, hinlegen – ist daher ein Gebrauchmachen vom gemeinschaftlichen Eigentum, dessen Zulässigkeit sich allein nach §§ 13 – 15 WEG und den Vereinbarungen und Beschlüssen bemisst (BeckOK WEG / Elzer § 22 WEG Rn. 22).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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