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WEG-Anlage – Zweitbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft

LG Rostock, Az.: 1 S 143/16, Urteil vom 30.06.2017

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Rostock – 1. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2017 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerin vom 15.07.2016 – 14 C 436/15 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Schwerin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.598,50 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO).

II.

WEG-Anlage - Zweitbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft
Foto: fizkes/Bigstock

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Amtsgericht Schwerin hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht den Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.11.2015 zum TOP 1 „Die allen Eigentümern mit der Einladung zu dieser Versammlung übersandte Jahresabrechnung für das Jahr 2014 mit Gesamtkosten von Euro 12.197,01 sowie die Einzelabrechnungen 2014 werden beschlossen und der Firma G. GmbH wird für das Wirtschaftsjahr 2014 Entlastung erteilt. Guthaben/Nachzahlungen aus den Einzelabrechnungen sind bis zum 15.12.2015 auszugleichen“ für ungültig erklärt.

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.11.2015 zum TOP 1 stellt zwar einen grundsätzlich zulässigen Zweitbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft dar (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 20.12.1990 – V ZB 8/90) (a.). Dieser war jedoch aufgrund der überwiegend zu Recht erhobenen Einwendungen der Kläger für ungültig zu erklären (b.).

a. Soweit die Beklagten die Rechtsauffassung vertreten, dass die Anfechtung des Beschlusses vom 23.11.2015 zu TOP 1 ins Leere ginge, da die Wohnungseigentümergemeinschaft in § 13 Ziffer 1. der Teilungserklärung vom 28.01.1999 die ihnen gemäß § 28 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz (im Folgenden: WEG) obliegende Aufgabe der Genehmigung der Jahresabrechnung dem Verwaltungsbeirat übertragen habe und diese Genehmigung – nach dem streitigen Vortrag der Beklagten – am 19.08.2015 auch erfolgt sei, kann dem durch die Kammer nicht gefolgt werden, weil es auf die Genehmigung des Verwaltungsbeirates im vorliegenden Fall nicht streitentscheidend ankommt. Dies deshalb, weil die Wohnungseigentümer grundsätzlich berechtigt sind, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen, sog. Zweitbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Beschluss vom 20.12.1990, V ZB 8/90). Um einen derartigen Beschluss handelt es sich im vorliegenden Fall. Die Befugnis zur Fassung eines derartigen Zweitbeschlusses ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft (BGH, a.a.O.). Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen die Gemeinschaft eine erneute Beschlussfassung für angebracht hält (BGH, a.a.O). Von Bedeutung ist nur, ob der neue Beschluss aus sich heraus einwandfrei ist (BGH, a.a.O).

b. Die als Anlage K 14 vorgelegte Jahresabrechnung 2014, die u.a. Gegenstand des maßgeblichen Beschlusses war, genügt nicht den diesbezüglich geltenden Mindestanforderungen. Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf eines Kalenderjahres eine Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen (BGH, Urteil vom 11.10.2013 – V ZR 271/12). Dazu hat die Verwaltung eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die gebildeten Rücklagen enthält (BGH, a.a.O.). Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein (BGH, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt eine Abrechnung nur, wenn sie die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist (BGH, a.a.O.). Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen (BGH, a.a.O.). Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind (BGH, a.a.O.). Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Jahresabrechnung nicht gerecht. Es fehlt an einer geordneten Aufstellung der Einnahmen und Kosten. Hinsichtlich der Kosten ergeben sich zwar unter der Rubrik „A. Hausgeldabrechnung“ und unter der Rubrik „D. Entwicklung der Instandhaltungsrücklage“ einzelne Kostenpositionen. Aufgrund der fehlenden Gesamtaufstellung und der fehlenden Saldierung ist es für den Adressaten der Jahresabrechnung jedoch nicht ersichtlich, ob diese Kostenangaben Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Auch hinsichtlich der Einnahmen ergeben sich unter der Rubrik „A. Hausgeldabrechnung“, „B. Abrechnung der Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage“ und unter der Rubrik „D. Entwicklung der Instandhaltungsrücklage“ einzelne relevante Positionen. Die Jahresabrechnung beschränkt sich insoweit jedoch allein auf die Angabe der Vorauszahlungen der Kläger auf das Hausgeld 2014, auf die Angabe der tatsächlichen Gesamtzahlungen auf die Instandhaltungsrücklage und die Angabe zu Einnahmen in Bezug auf die Instandhaltungsrücklage. Dies allein lässt jedoch noch keinen Schluss auf die Höhe der tatsächlichen Gesamteinnahmen zu, da zumindest die Höhe der Vorauszahlungen der übrigen Wohnungseigentümer auf das Hausgeld fehlt.

Zudem fehlt es an den notwendigen Angaben zu Anfangs- und Endbeständen der Geldkonten der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Beschluss vom 25.09.2003 – V ZB 40/03; LG Rostock, Urteil vom 10.07.2015 – 1 S 160/14). Dies betrifft in der Regel das Girokonto, über das die Umsätze an Einnahmen und Ausgaben getätigt werden, und des Kontos, auf dem die liquiden Mittel der Instandhaltungsrückstellung gehalten werden, unter Darstellung der Zuführungen, ggf. auch angelaufener Zinsen und Entnahmen, sowie ggf. der sonstigen Geldanlagen (Staudinger/Wolf-Rüdiger Bub (2005) WEG § 28 Rn. 366). Zumindest hinsichtlich des Geldkontos, über das die Umsätze an Einnahmen und Ausgaben getätigt werden, liegen hier keine Anfangs- und Endbestände vor.

Soweit sich die Kläger zusätzlich darauf berufen, dass es auch der Angabe des Status der Gemeinschaft (Vermögensübersicht mit Forderungen und Verbindlichkeiten der Gemeinschaft zum Jahresende) bedarf, folgt dem die Kammer nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf es der Angabe des Vermögensstatus in der Jahresabrechnung nicht (BGH, Urteil vom 11.10.2013 – V ZR 271/12).

2. Aufgrund der festgestellten Mängel der Jahresabrechnung war der Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.11.2015 zum TOP 1 insgesamt für ungültig zu erklären. Da es bereits an einer geordneten und übersichtlichen Einnahmen- und Ausgabenrechnung fehlt, kann die Jahresabrechnung nicht auf Schlüssigkeit überprüft werden und somit ihrer Funktion nicht gerecht werden. Da die Einzelabrechnungen auf der Jahresabrechnung beruhen und diese eine untrennbare Einheit bilden, war der Beschluss auch hinsichtlich der Einzelabrechnungen für ungültig zu erklären. Auch die durch den angefochtenen Beschluss erteilte Entlastung der Verwaltung war für ungültig zu erklären, da die Entlastung der Verwaltung einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht, wenn Ansprüche gegen die Verwaltung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 04.12.2009 – V ZR 44/09). Dieser Fall ist insbesondere anzunehmen, wenn – wie hier – die Verwaltung eine fehlerhafte Abrechnung vorgelegt hat (BGH, a.a.O.).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 ZPO sind nicht gegeben.

Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine durchgreifenden Einwände vorgebracht wurden.

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