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WEG – Anpassung der Vorschüsse und der Nachschüsse

Frankfurter Gericht klärt Streit um Transparenz bei Eigentümerversammlungen: Müssen bei Beschlüssen über Nachzahlungen in einer Wohnanlage alle Einzelabrechnungen offengelegt werden? Ein wegweisendes Urteil stärkt die Rechte von Wohnungseigentümern und sorgt für Klarheit bei der Beschlussfassung.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Wohnungseigentümer müssen bei der Anpassung von Vorschüssen und Nachschüssen nicht alle Einzelabrechnungen vorgelegt bekommen.
  • Die Verpflichtung zur Zahlung betrifft alle Eigentümer gleichermaßen, sodass eine detaillierte Auflistung nicht notwendig ist.
  • Der Beschluss zu Nachschüssen und Anpassungen der Vorschüsse genügt den gesetzlichen Anforderungen, wenn er sich auf Jahresabrechnungen bezieht.
  • Es reicht aus, dass die Höhe der Nachschüsse und Vorschüsse aus den Jahresabrechnungen hervorgeht.
  • Die WEG-Reform hat an diesen Grundsätzen nichts geändert.
  • Eine Liste der Vorschüsse aller Eigentümer kann hilfreich sein, ist aber nicht verpflichtend.
  • Eigentümer haben das Recht auf Einsicht in alle Verwaltungsunterlagen, einschließlich der Einzelabrechnungen.
  • Der Beschluss ist nicht wegen Unbestimmtheit oder fehlender Einzelabrechnungen anfechtbar.
  • Ein Fehler in der Abrechnung wäre nur bei systematischen oder individuellen Fehlern relevant, die durch Einsicht in die Unterlagen geprüft werden können.
  • Das Gericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens den Klägern auferlegt.

WEG-Verwaltung: Wie ein Gerichtsurteil zur Verteilung der Verwaltungskosten Klarheit bringt

Die Verwaltung eines Wohnungseigentumsgemeinschafts (WEG) ist eine komplexe Angelegenheit, die eine Vielzahl an rechtlichen Besonderheiten aufweist. Ein zentrales Thema, das Eigentumsgemeinschaften immer wieder beschäftigt, ist die Anpassung von Vorschüssen und Nachschüssen für die Verwaltungskosten. Dabei geht es darum, die finanziellen Lasten der einzelnen Eigentümer im Verhältnis zueinander fair zu verteilen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die finanziellen Mittel für die ordnungsgemäße Verwaltung der gemeinschaftlichen Anlagen ausreichend vorhanden sind.

Die Gesetzgebung bietet dazu eine Reihe von Regelungen, die jedoch in vielen Fällen nicht eindeutig sind und zu unterschiedlichen Interpretationen führen können. So ist beispielsweise schwierig zu beurteilen, wann eine Anpassung der Vorschüsse gerechtfertigt ist und wie diese Anpassung im Detail ausgestaltet sein muss. Oftmals kommt es daher zu Streitigkeiten zwischen den Eigentümern und innerhalb der WEG-Verwaltung, welche vor Gericht geklärt werden müssen. Ein aktuelles Gerichtsurteil, das wir im Folgenden analysieren, zeigt deutlich, wie komplex diese Materie ist.

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Der Fall vor Gericht


Streit um Vorschüsse und Nachschüsse in Wohnungseigentümergemeinschaft

In einem aktuellen Fall befasste sich das Landgericht Frankfurt am Main mit der Frage, ob bei der Beschlussfassung über Nachschüsse und die Anpassung von Vorschüssen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Einzelabrechnungen aller Eigentümer vorgelegt werden müssen. Der Fall betraf eine WEG bestehend aus einem Garagenhaus, bei dem alle Miteigentumsanteile gleich groß waren. Die Kläger, Mitglieder der beklagten WEG, fochten einen Beschluss an, der in einer Eigentümerversammlung am 07.02.2023 gefasst wurde. Dieser Beschluss bezog sich auf die Abrechnungsspitzen für den Zeitraum vom 01.07.2021 bis 30.06.2022, einschließlich der Nachschüsse und Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse.

Rechtliche Argumentation der Kläger zur Vorlage von Einzelabrechnungen

Die Kläger vertraten die Auffassung, dass seit der WEG-Reform bei der Beschlussfassung über Nachschüsse oder die Anpassung von Vorschüssen eine Liste der Vor- bzw. Nachschüsse sämtlicher Eigentümer oder alle Einzelabrechnungen den Wohnungseigentümern vorgelegt werden müssen. Sie argumentierten, dass diese Vorlage bei oder vor der Beschlussfassung erforderlich sei, um den Eigentümern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.

Das Amtsgericht wies die Klage zunächst ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass in diesem speziellen Fall die Zahlungsverpflichtung für alle Eigentümer identisch sei. Daher würde die Vorlage einer Liste oder sämtlicher Einzelabrechnungen eine reine Formalität darstellen, die keinen zusätzlichen Nutzen bringe. Die Kläger legten gegen dieses Urteil Berufung ein und verfolgten ihr Ziel weiter, den Beschluss für ungültig erklären zu lassen.

Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zur Bestimmtheit von WEG-Beschlüssen

Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts. In seiner Begründung legte das Gericht dar, dass der angefochtene Beschluss den Bestimmtheitserfordernissen genüge, die an Beschlüsse gemäß § 28 Abs. 2 S.1 WEG zu stellen sind. Das Gericht stellte klar, dass Beschlüsse nach dieser Vorschrift sich auf die Begründung bzw. Korrektur von Zahlungspflichten beschränken und die Höhe der zu leistenden Nachschüsse sowie die angepasste Vorschusshöhe aus dem Beschluss heraus zumindest bestimmbar sein müssen.

Für die Bestimmbarkeit der Zahlungspflichten, so das Gericht, reicht es aus, wenn der Beschluss konkret auf die den Eigentümern zur Verfügung gestellten Jahresabrechnungen und die dort in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen ermittelten Nachschüsse und angepassten Vorschüsse Bezug nimmt. Dies gelte, sofern sich der jeweilige Nachschuss oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse klar aus den Jahresabrechnungen ergebe. Das Landgericht betonte, dass es allgemein anerkannt sei, dass der Wortlaut eines Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich auf Urkunden oder Schriftstücke Bezug nehmen darf.

Auswirkungen der WEG-Reform auf die Beschlussfassung

Das Gericht stellte fest, dass sich an diesen Anforderungen durch die WEG-Reform nichts geändert habe. Es sei weiterhin nicht erforderlich, dass den Eigentümern sämtliche Einzelabrechnungen vorgelegt werden, wenn der Beschluss auf die in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Anpassung der Vorschüsse und der Nachschüsse Bezug nimmt. Das Landgericht räumte ein, dass es zur Minimierung des Verwaltungsaufwands praktikabel wäre, wenn die Verwaltung bei der Beschlussfassung eine Liste vorlegen würde, aus der sich die von den übrigen Wohnungseigentümern geleisteten Vorschüsse ergeben. Dies würde vermeiden, dass die in Bezug genommenen Einzelabrechnungen sämtlich in die Beschluss-Sammlung aufgenommen werden müssen. Allerdings führe das Fehlen einer solchen Liste nicht zur Unbestimmtheit des Beschlusses.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main bekräftigt, dass bei WEG-Beschlüssen über Nachschüsse und Vorschussanpassungen keine Vorlage sämtlicher Einzelabrechnungen erforderlich ist. Es genügt, wenn der Beschluss konkret auf die den Eigentümern zur Verfügung gestellten Jahresabrechnungen Bezug nimmt und die Zahlungspflichten daraus bestimmbar sind. Dies gilt auch nach der WEG-Reform und stärkt die Praktikabilität der Beschlussfassung in Wohnungseigentümergemeinschaften, ohne die Transparenz zu beeinträchtigen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Eigentümer einer Eigentumswohnung können Sie sich darauf verlassen, dass bei Beschlüssen über Nachschüsse und Vorschussanpassungen nicht zwingend alle Einzelabrechnungen vorgelegt werden müssen. Es reicht aus, wenn der Beschluss auf die Ihnen zur Verfügung gestellten Jahresabrechnungen Bezug nimmt und die Zahlungspflichten daraus erkennbar sind. Dies vereinfacht die Verwaltungsarbeit, ohne Ihre Rechte zu beschneiden. Sie haben weiterhin das Recht, Einsicht in alle relevanten Unterlagen zu nehmen, falls Sie Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung haben. Diese Regelung schützt Ihre finanziellen Interessen, indem sie unnötige Bürokratie vermeidet und gleichzeitig Transparenz gewährleistet. Bei Unsicherheiten können Sie sich stets an die Verwaltung wenden und Ihr Einsichtsrecht nutzen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie suchen nach Antworten rund um das Thema Verwaltung von Wohnungseigentumsgemeinschaften? Dann sind Sie hier genau richtig. In unserer FAQ-Rubrik haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt. Von der Wahl des Verwalters bis hin zur Instandhaltung und Beschlussfassung finden Sie hier umfassende Informationen und hilfreiche Tipps.


Was sind Vorschüsse und Nachschüsse in einer Wohnungseigentümergemeinschaft?

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) spielen Vorschüsse und Nachschüsse eine zentrale Rolle für die finanzielle Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Diese beiden Zahlungsformen dienen unterschiedlichen Zwecken und werden auf verschiedene Weise festgelegt.

Vorschüsse sind regelmäßige, meist monatliche Zahlungen der Wohnungseigentümer an die Gemeinschaft. Sie basieren auf dem Wirtschaftsplan, der jährlich von der Eigentümerversammlung beschlossen wird. Der Wirtschaftsplan prognostiziert die voraussichtlichen Kosten für das kommende Jahr. Zu diesen Kosten gehören beispielsweise Ausgaben für Heizung, Wasser, Versicherungen, Hausmeisterdienste und die Instandhaltungsrücklage. Die Höhe der Vorschüsse wird so berechnet, dass sie die erwarteten Ausgaben der WEG decken sollen.

Die Verteilung der Vorschüsse auf die einzelnen Eigentümer erfolgt in der Regel nach dem in der Teilungserklärung festgelegten Verteilerschlüssel. Häufig wird der Miteigentumsanteil als Grundlage verwendet, es können aber auch andere Schlüssel wie die Wohnfläche oder eine Kombination verschiedener Faktoren vereinbart sein.

Nachschüsse hingegen sind zusätzliche Zahlungen, die von den Wohnungseigentümern verlangt werden können, wenn die geleisteten Vorschüsse nicht ausreichen, um alle tatsächlich angefallenen Kosten zu decken. Sie werden typischerweise nach Erstellung der Jahresabrechnung fällig, wenn sich herausstellt, dass die tatsächlichen Ausgaben höher waren als im Wirtschaftsplan veranschlagt.

Die Erhebung von Nachschüssen bedarf eines Beschlusses der Eigentümerversammlung. Dieser Beschluss muss die Höhe der Nachschüsse und ihre Verteilung auf die einzelnen Eigentümer festlegen. Auch hier kommt in der Regel der in der Teilungserklärung festgelegte Verteilerschlüssel zur Anwendung.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Nachschüsse nicht willkürlich erhoben werden dürfen. Sie müssen durch tatsächlich entstandene, notwendige Kosten begründet sein. Typische Gründe für Nachschüsse können unerwartete Reparaturen, gestiegene Energiekosten oder außerordentliche Ausgaben für Rechtsstreitigkeiten sein.

In der Praxis bemühen sich viele Wohnungseigentümergemeinschaften, Nachschüsse zu vermeiden, indem sie im Wirtschaftsplan einen gewissen Puffer einplanen. Dies führt zu etwas höheren monatlichen Vorschüssen, reduziert aber das Risiko unerwarteter Nachzahlungen für die Eigentümer.

Die rechtliche Grundlage für Vorschüsse und Nachschüsse findet sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Gemäß § 28 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. § 28 Abs. 2 WEG regelt die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse.

Es ist zu beachten, dass die Festsetzung von Vorschüssen und die Erhebung von Nachschüssen zu den wichtigsten Kompetenzen der Eigentümerversammlung gehören. Diese Beschlüsse können von einzelnen Eigentümern angefochten werden, wenn sie nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind oder gegen geltendes Recht verstoßen.

Für Wohnungseigentümer ist es ratsam, die Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen sorgfältig zu prüfen und an den Eigentümerversammlungen teilzunehmen, um über finanzielle Entscheidungen der Gemeinschaft informiert zu sein und mitbestimmen zu können. Ein gutes Verständnis von Vorschüssen und Nachschüssen trägt dazu bei, die finanzielle Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft besser einschätzen zu können und mögliche Belastungen frühzeitig zu erkennen.

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Wie wird die Höhe der Vorschüsse und Nachschüsse festgelegt?

Die Festlegung der Höhe von Vorschüssen und Nachschüssen im Wohnungseigentumsrecht erfolgt durch einen mehrstufigen Prozess, der eng mit der Erstellung des Wirtschaftsplans und der Jahresabrechnung verknüpft ist.

Zunächst wird der Wirtschaftsplan für das kommende Jahr aufgestellt. Dieser Plan prognostiziert die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf Basis dieser Prognose beschließen die Wohnungseigentümer die Höhe der monatlichen Vorschüsse. Diese Vorschüsse dienen dazu, die laufenden Kosten zu decken und Rücklagen zu bilden.

Die Höhe der Vorschüsse orientiert sich primär an den erwarteten Kosten für das Gemeinschaftseigentum. Dazu gehören beispielsweise Ausgaben für Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung und Betriebskosten wie Wasser oder Strom für Gemeinschaftseinrichtungen. Der Wirtschaftsplan berücksichtigt dabei auch die Erfahrungswerte aus den Vorjahren und kalkuliert mögliche Kostensteigerungen ein.

Nach Ablauf des Wirtschaftsjahres erstellt der Verwalter die Jahresabrechnung. Diese stellt die tatsächlich angefallenen Kosten den geleisteten Vorschüssen gegenüber. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich, ob die Vorschüsse ausreichend waren oder ob Nachschüsse erforderlich sind.

Nachschüsse werden fällig, wenn die tatsächlichen Kosten die geleisteten Vorschüsse übersteigen. Die Höhe der Nachschüsse entspricht der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten und den bereits geleisteten Vorschüssen. Umgekehrt kann es auch zu einer Überdeckung kommen, wenn die Vorschüsse höher als die tatsächlichen Kosten waren. In diesem Fall erfolgt eine Anpassung der Vorschüsse, was in der Regel zu einer Rückzahlung oder Verrechnung führt.

Ein wichtiger Aspekt bei der Festlegung der Nachschüsse ist die Berücksichtigung des individuellen Miteigentumsanteils. Die Gesamtkosten werden entsprechend der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt. Dies kann dazu führen, dass Eigentümer größerer Wohneinheiten höhere Nachschüsse zu leisten haben.

Die konkrete Berechnung der Nachschüsse erfolgt durch den Vergleich der Soll-Zahlungen laut Wirtschaftsplan mit den Ist-Kosten laut Jahresabrechnung. Dabei werden auch eventuelle Sonderumlagen oder außerplanmäßige Ausgaben berücksichtigt. Der Verwalter erstellt auf dieser Grundlage eine detaillierte Aufstellung, die den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorgelegt wird.

Es ist zu beachten, dass seit der WEG-Reform 2020 die Jahresabrechnung selbst nicht mehr Gegenstand eines Beschlusses ist. Stattdessen beschließen die Wohnungseigentümer nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der Vorschüsse. Dies soll die Beschlussfassung vereinfachen und den Fokus auf die finanziellen Konsequenzen legen.

Die Festlegung der Vorschüsse und Nachschüsse erfordert eine sorgfältige Planung und Kalkulation. Ziel ist es, einerseits ausreichende finanzielle Mittel für die Gemeinschaft sicherzustellen, andererseits aber auch eine übermäßige Belastung der Eigentümer zu vermeiden. Ein ausgewogener Ansatz berücksichtigt sowohl die aktuellen Bedürfnisse als auch langfristige Planungen wie größere Instandhaltungsmaßnahmen oder energetische Sanierungen.

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Welche Pflichten haben die Eigentümer bei der Beschlussfassung über Vorschüsse und Nachschüsse?

Bei der Beschlussfassung über Vorschüsse und Nachschüsse haben die Eigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft verschiedene Pflichten zu beachten.

Zunächst obliegt es den Eigentümern, an der Eigentümerversammlung teilzunehmen oder sich vertreten zu lassen, um ihr Stimmrecht bei der Beschlussfassung auszuüben. Dies ist von großer Bedeutung, da die Beschlüsse über Vorschüsse und Nachschüsse direkte finanzielle Auswirkungen auf jeden einzelnen Eigentümer haben.

Die Eigentümer sind verpflichtet, sich mit den vorgelegten Unterlagen wie dem Wirtschaftsplan und der Jahresabrechnung auseinanderzusetzen. Eine gründliche Prüfung dieser Dokumente ist notwendig, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Besonders wichtig ist dabei die Überprüfung der Kostenverteilungsschlüssel, da fehlerhafte Schlüssel zu einer erfolgreichen Anfechtung des Beschlusses führen können.

Bei der Abstimmung selbst haben die Eigentümer die Pflicht, ihr Stimmrecht verantwortungsvoll und im Interesse der Gemeinschaft auszuüben. Dies bedeutet, dass persönliche Interessen hinter dem Wohl der Gesamtheit zurückstehen müssen. Die Eigentümer sollten dabei bedenken, dass die Festsetzung angemessener Vorschüsse und Nachschüsse für die finanzielle Stabilität der Wohnungseigentümergemeinschaft unerlässlich ist.

Nach erfolgter Beschlussfassung sind die Eigentümer an die getroffenen Entscheidungen gebunden. Sie müssen die beschlossenen Vorschüsse pünktlich und in voller Höhe zahlen, auch wenn sie persönlich gegen den Beschluss gestimmt haben. Bei Nachschüssen gilt das Gleiche – diese sind ebenfalls fristgerecht zu begleichen.

Es ist zu beachten, dass die Eigentümer seit der WEG-Reform 2020 nicht mehr über die Jahresabrechnung als solche abstimmen. Stattdessen beschließen sie nur noch über die sich daraus ergebenden Nachschüsse oder die Anpassung der Vorschüsse. Dies erfordert ein Umdenken bei der Vorbereitung und Durchführung der Eigentümerversammlung.

Sollte ein Eigentümer der Ansicht sein, dass ein gefasster Beschluss fehlerhaft ist, hat er die Pflicht, diesen innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat anzufechten. Versäumt er diese Frist, wird der Beschluss bestandskräftig und kann nicht mehr angegriffen werden.

Die Eigentümer tragen auch eine Verantwortung für die finanzielle Gesundheit der Gemeinschaft. Sie sollten daher bei der Beschlussfassung darauf achten, dass die festgesetzten Beträge ausreichen, um alle notwendigen Ausgaben zu decken und gleichzeitig Rücklagen für zukünftige Instandhaltungsmaßnahmen zu bilden.

Eine wichtige Neuerung ist, dass die Anpassung von Vorschüssen bei einer Überdeckung nun explizit im Gesetz vorgesehen ist. Die Eigentümer müssen bei der Beschlussfassung berücksichtigen, dass in solchen Fällen keine unmittelbaren Rückzahlungsansprüche entstehen, sondern lediglich eine Anpassung der künftigen Vorschüsse erfolgt.

Bei Eigentümerwechseln innerhalb des Abrechnungszeitraums ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Die Eigentümer müssen sich bewusst sein, dass derjenige, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, für etwaige Nachschüsse aufkommen muss.

Abschließend sei erwähnt, dass die Eigentümer eine Kontrollfunktion gegenüber dem Verwalter ausüben. Sie sollten sicherstellen, dass dieser die Beschlüsse ordnungsgemäß umsetzt und die festgesetzten Zahlungen korrekt einfordert und verbucht.

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Muss die Verwaltung alle Einzelabrechnungen vorlegen, bevor über Vorschüsse und Nachschüsse entschieden wird?

Die Vorlage aller Einzelabrechnungen vor der Entscheidung über Vorschüsse und Nachschüsse ist nach aktueller Rechtslage zwingend erforderlich. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Transparenz und dem Recht der Wohnungseigentümer auf umfassende Information.

Jeder Eigentümer muss die Möglichkeit haben, die Einzelabrechnungen aller anderen Miteigentümer einzusehen. Nur so kann kontrolliert werden, ob die Abrechnungen korrekt sind und keine Fehler zu Lasten der Gemeinschaft enthalten. Dies ist besonders wichtig, da nach der Beschlussfassung und Eintritt der Bestandskraft etwaige Fehler nicht mehr korrigiert werden können.

Die Verwaltung hat verschiedene Möglichkeiten, dieser Pflicht nachzukommen. Sie kann beispielsweise allen Eigentümern zusammen mit der Gesamtabrechnung auch sämtliche Einzelabrechnungen zukommen lassen. Alternativ muss sie zumindest vor und während der Eigentümerversammlung uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Einsicht in alle Einzelabrechnungen gewähren.

Ein Beschluss über Vorschüsse oder Nachschüsse ohne vorherige Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Einzelabrechnungen ist anfechtbar. Das Oberlandesgericht Köln hat in einem wegweisenden Urteil festgestellt, dass ein solcher Beschluss auf Anfechtung hin für unwirksam zu erklären ist.

Wichtig ist, dass das Einsichtsrecht sich nicht nur auf die eigene Abrechnung bezieht, sondern auch auf die Kontrolle der Abrechnungen aller anderen Eigentümer. Dieses Recht kann auch nicht unter Berufung auf datenschutzrechtliche Bestimmungen verweigert werden.

Die Notwendigkeit der Vorlage aller Einzelabrechnungen ergibt sich auch aus der Struktur der WEG-Jahresabrechnung. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG sind nur noch die sogenannten „Abrechnungsspitzen“ Gegenstand der Beschlussfassung über Vorschüsse oder Nachschüsse. Um diese Abrechnungsspitzen nachvollziehen und überprüfen zu können, ist die Kenntnis aller Einzelabrechnungen unerlässlich.

Es reicht nicht aus, wenn die Verwaltung lediglich eine Gesamtabrechnung vorlegt. Die Eigentümer müssen in der Lage sein, die Berechnungsgrundlagen für die Vorschüsse und Nachschüsse im Detail nachzuvollziehen. Dies umfasst auch die Möglichkeit, zu kontrollieren, ob in den Einzelabrechnungen der anderen Eigentümer möglicherweise zu hohe Guthaben oder zu niedrige Nachzahlungen zu Lasten der Gemeinschaft eingesetzt wurden.

Die Verwaltung muss dabei einen effektiven Weg sicherstellen, der es den Eigentümern ermöglicht, die Unterlagen in zumutbarer Weise zu prüfen. Hierbei steht ihr ein gewisser Gestaltungsspielraum zu. Sie kann beispielsweise die Unterlagen digital zur Verfügung stellen oder Einsichtstermine vor der Versammlung anbieten.

Es ist zu beachten, dass die Pflicht zur Vorlage der Einzelabrechnungen nicht bedeutet, dass in der Eigentümerversammlung über jede einzelne Abrechnung abgestimmt werden muss. Der Beschluss bezieht sich lediglich auf die Festlegung der Nachschüsse oder die Anpassung der Vorschüsse.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Eigentümer darauf bestehen können, vor einer Beschlussfassung über Vorschüsse und Nachschüsse Einsicht in alle Einzelabrechnungen zu erhalten. Verweigert die Verwaltung dies, kann ein dennoch gefasster Beschluss erfolgreich angefochten werden.

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Welche Rechte haben Eigentümer, wenn sie mit einem Beschluss nicht einverstanden sind?

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) räumt Eigentümern, die mit einem Beschluss der Eigentümerversammlung nicht einverstanden sind, verschiedene Rechte ein. Das zentrale Instrument ist hierbei die Anfechtungsklage. Diese ermöglicht es einem Wohnungseigentümer, einen Beschluss gerichtlich für ungültig erklären zu lassen.

Für die Erhebung einer Anfechtungsklage gelten strenge Fristen. Der Eigentümer muss die Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Zusätzlich ist die Klage innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung zu begründen. Diese Fristen sind zwingend einzuhalten, da andernfalls die Anfechtungsbefugnis erlischt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anfechtungsfrist mit dem Tag der Eigentümerversammlung beginnt, in der der Beschluss gefasst wurde. Der Zeitpunkt der Protokollzustellung ist hierfür unerheblich. Versäumt ein Eigentümer die Frist, kann er den Beschluss grundsätzlich nicht mehr anfechten.

Seit der WEG-Reform im Jahr 2020 ist die Anfechtungsklage ausschließlich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage ist unzulässig und wahrt nicht die Anfechtungsfrist. Dies stellt eine wesentliche Änderung zur früheren Rechtslage dar.

Als Anfechtungsgründe kommen sowohl formelle als auch materielle Mängel in Betracht. Formelle Mängel umfassen Verfahrensfehler wie etwa Ladungsmängel oder Fehler bei der Beschlussfassung. Materielle Mängel liegen vor, wenn der Beschluss inhaltlich gegen Gesetz oder Gemeinschaftsordnung verstößt.

In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, zusätzlich zur Anfechtungsklage einen Antrag auf einstweilige Verfügung zu stellen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der angefochtene Beschluss irreversible Maßnahmen vorsieht, wie beispielsweise die Fällung von Bäumen auf dem Grundstück. Durch die einstweilige Verfügung kann die Durchführung des Beschlusses bis zum Abschluss des Hauptverfahrens untersagt werden.

Wird ein Beschluss durch das Gericht rechtskräftig aufgehoben, entfaltet dies rückwirkende Wirkung. Der Beschluss gilt dann als nie gefasst. Jeder einzelne Wohnungseigentümer kann in diesem Fall verlangen, dass bereits umgesetzte Maßnahmen rückgängig gemacht werden.

Es ist zu beachten, dass auch ein Eigentümer, der dem Beschluss in der Versammlung zugestimmt hat, grundsätzlich zur Anfechtung berechtigt ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich erst nachträglich Anfechtungsgründe ergeben haben.

Die Anfechtungsklage dient nicht nur dem individuellen Interesse des anfechtenden Eigentümers, sondern auch dem Schutz der Gemeinschaft vor rechtswidrigen Beschlüssen. Sie ist ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG): Eine WEG ist eine rechtliche Gemeinschaft von Eigentümern einer oder mehrerer Wohn- oder Gewerbeeinheiten in einem Gebäude. Alle Eigentümer sind gemeinsam für die Verwaltung des Gebäudes und des Gemeinschaftseigentums verantwortlich. Dies umfasst Aufgaben wie Instandhaltung, Reparaturen und finanzielle Verwaltung.
  • Nachschuss: Ein Nachschuss ist ein zusätzlicher finanzieller Beitrag, den Eigentümer in einer WEG leisten müssen, wenn die bereits gezahlten Vorschüsse nicht ausreichen, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Nachschüsse werden oft notwendig, wenn unvorhergesehene Ausgaben oder höhere als erwartete Kosten anfallen.
  • Vorschuss: Ein Vorschuss ist ein regelmäßiger finanzieller Beitrag, den Eigentümer in einer WEG im Voraus zahlen, um die laufenden Kosten der Verwaltung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu decken. Diese Vorschüsse basieren auf einem Wirtschaftsplan, der die voraussichtlichen Kosten für das kommende Jahr darstellt.
  • Jahresabrechnung: Die Jahresabrechnung ist ein detaillierter Bericht über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einer WEG im abgelaufenen Jahr. Sie zeigt, wie die eingezahlten Vorschüsse verwendet wurden und ob ein Überschuss oder ein Defizit besteht. Die Jahresabrechnung bildet die Grundlage für die Anpassung der Vorschüsse und Nachschüsse.
  • Beschlussfassung: In einer WEG müssen wichtige Entscheidungen durch Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft getroffen werden. Dies geschieht in Eigentümerversammlungen, bei denen die Eigentümer über verschiedene Angelegenheiten abstimmen, wie etwa den Wirtschaftsplan, die Jahresabrechnung und die Anpassung von Vorschüssen und Nachschüssen.
  • WEG-Reform: Die WEG-Reform bezieht sich auf Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz, die die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern und die Verwaltung von Wohnungseigentumsgemeinschaften betreffen. Ziel der Reform ist es, die Verwaltung zu vereinfachen und die Transparenz zu erhöhen, was auch die Regelungen zu Vorschüssen und Nachschüssen umfasst.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 28 Abs. 2 S. 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Anforderungen an Beschlüsse von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG). Beschlüsse müssen unter anderem hinreichend bestimmt sein, d.h. die daraus resultierenden Rechte und Pflichten der Eigentümer müssen klar erkennbar sein. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob der Beschluss über die Anpassung von Vorschüssen und Nachschüssen diesen Anforderungen genügt.
  • § 16 Abs. 2 WEG: Dieser Paragraph regelt die Jahresabrechnung in einer WEG. Er schreibt vor, dass die Verwaltung eine jährliche Abrechnung über die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft erstellen muss. Diese Abrechnung muss jedem Eigentümer zur Verfügung gestellt werden. Im vorliegenden Fall wurde die Jahresabrechnung als Grundlage für die Berechnung der Nachschüsse und die Anpassung der Vorschüsse herangezogen.
  • § 23 Abs. 2 WEG: Dieser Paragraph regelt die Vorschüsse, die Eigentümer für die laufenden Kosten der Gemeinschaft zahlen müssen. Er legt fest, dass die Vorschüsse so zu bemessen sind, dass sie die voraussichtlichen Kosten decken. Im vorliegenden Fall wurde die Anpassung der Vorschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung beschlossen.
  • § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG: Dieser Paragraph regelt den Wirtschaftsplan einer WEG. Er legt fest, welche Kosten im Wirtschaftsplan enthalten sein müssen, darunter auch die voraussichtlichen Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Im vorliegenden Fall war die Anpassung der Vorschüsse auch durch die Instandhaltungsrücklage motiviert.
  • § 10 Abs. 7 WEG: Dieser Paragraph regelt die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan. Er legt fest, dass die Eigentümergemeinschaft über den Wirtschaftsplan beschließen muss und dass dieser Beschluss jedem Eigentümer mitgeteilt werden muss. Im vorliegenden Fall wurde der Beschluss über die Anpassung der Vorschüsse in einer Eigentümerversammlung gefasst.

Das vorliegende Urteil

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 S 6/24 – Urteil vom 27.06.2024

Es bedarf nicht sämtlicher Einzelabrechnungen aller Eigentümer


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt am Main – 13. Zivilkammer – auf die mündliche Verhandlung vom 06.06.2024 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.11.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden (922 C 622/23 (81)) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 6.427,50 festgesetzt.

Gründe

I.

Die beklagte GdWE besteht aus einem Garagenhaus; alle Miteigentumsanteile sind gleich groß. Die Klägerinnen und Kläger sind Mitglieder der Beklagten.

Mit der Klage wendeten sie sich – soweit für die Berufung noch von Interesse – gegen den Beschluss über die sich „für den Zeitraum 01.07.2021 – 30.06.2022 ergebenden Abrechnungsspitzen (Nachschüsse sowie Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse)“ -TOP 4 der Versammlung vom 07.02.2023.

Sie sind der Auffassung, dass es, wenn über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse beschlossen werde, seit der WEG-Reform erforderlich sei, den Wohnungseigentümern bei bzw. vor Beschlussfassung eine Liste der Vor- bzw. Nachschüsse sämtlicher Eigentümer oder sämtliche Einzelabrechnungen vorzulegen.

Das Amtsgericht hat die Klage insoweit mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Zahlungsverpflichtung im vorliegenden Fall für alle Eigentümer gleich sei, sodass die Vorlage einer Liste oder sämtlicher Einzelabrechnungen im vorliegenden Fall eine reine Förmelei darstellen würde. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerinnen und Kläger, mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgen.

Sie beantragen, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden vom 17.11.2023, AZ 922 C 622/23 (81), ist der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.02.2023 zu TOP 4 für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

….

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Beschluss zu TOP 4 über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse bezüglich des Wirtschaftsjahres 2021/2022 ist nicht zu beanstanden. Insbesondere genügt der Beschluss zu TOP 4 den Bestimmtheitserfordernissen, die an Beschlüsse gemäß § 28 Abs. 2 S.1 WEG zu stellen sind. Da Beschlüsse nach § 28 Abs. 2 S. 1 WEG sich auf die Begründung bzw. Korrektur von Zahlungspflichten beschränken, müssen die Höhe der von den Wohnungseigentümern zu leistenden Nachschüsse sowie die angepasste Vorschusshöhe aus dem Beschluss heraus jedenfalls bestimmbar sein, wenn sie im Beschlusswortlaut nicht ausdrücklich genannt sind.

Für die Bestimmbarkeit der Zahlungspflichten genügt es, dass der Beschluss auf die den Eigentümern zur Verfügung gestellten Jahresabrechnungen und die dort in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen ermittelten Nachschüsse und angepassten Vorschüsse konkret Bezug nimmt, sofern sich der jeweilige Nachschuss oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse klar aus den Jahresabrechnungen ergibt (vgl. nur BeckOK WEG/Bartholome, 56. Ed. 2.4.2024, WEG § 28 Rn. 122). Es ist allgemein anerkannt, dass der Wortlaut des Beschlusses zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen darf, wie dies beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung und häufig auch bei Sanierungsbeschlüssen nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens geschieht (BGH NJW-RR 2016, 985 mwN). Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es nicht, dass ein Beschluss nur durch ein Dokument, auf das er Bezug nimmt, gedeutet werden kann. Insoweit genügte bislang bei einem Beschluss über die Jahresabrechnung, dass sich aus dem Beschluss eine hinreichend konkrete Bezugnahme auf eine konkrete Abrechnung ergab, wobei im Regelfall, wenn es nur eine Abrechnung gibt, eine Bezugnahme auf die Abrechnung und den Abrechnungszeitraum genügte (näher Kammer ZWE 2019, 224 Rn. 10).

Diesen Anforderungen genügt die Abrechnung. Der Beschluss zu Top 4 nimmt auf die Jahresabrechnungen für den konkreten Abrechnungszeitraum Bezug.

Hieran hat sich durch die WEG-Reform nichts geändert. Es ist insbesondere weiter nicht erforderlich, dass den Eigentümern sämtliche Einzelabrechnungen vorgelegt werden, wenn – wie hier – der Beschluss auf die in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Anpassung der Vorschüsse und der Nachschüsse Bezug nimmt.

Es wäre zur Minimierung von Verwaltungsaufwand allerdings praktikabel, seitens der Verwaltung bei der Beschlussfassung eine Liste vorzulegen, aus der sich die von den übrigen Wohnungseigentümern geleisteten Vorschüsse ergeben und diese bei der Beschlussfassung in Bezug zu nehmen, weil dies vermeidet, dass die in Bezug genommenen Einzelabrechnungen sämtlichst in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen sind (näher BeckOK WEG/Bartholome, 56. Ed. 2.4.2024, WEG § 28 Rn. 23; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 10 Rn. 108 ff.). Geschieht dies – wie hier – nicht, leidet der Beschluss (wie ausgeführt) allerdings nicht an einer Unbestimmtheit.

Es liegt auch kein sonstiger Fehler vor, der zur Anfechtbarkeit führt. Eine Ergebnisrelevanz (dazu Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 239) ist insoweit nicht vorstellbar, denn durch das Fehlen der Einzelabrechnungen kann die Abrechnung nicht fehlerhaft sein. Auch eine nicht ausreichende Beschlussvorbereitung, die ihrerseits zur Anfechtung führen kann, ist nicht gegeben. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob – wie dies vereinzelt für das neue Recht vertreten wird (Staudinger/Häublein/Lehmann-Richter (2023) WEG § 28, Rn. 54; Drasdo NZM 2022, 903) – das Fehlen der Vorlage einer Abrechnung vor der Versammlung nicht mehr zur Anfechtung berechtigt, oder – wofür aus Sicht der Kammer mehr spricht – wie bisher zu einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung die rechtzeitige Vorbereitung der Eigentümer durch Vorlage der Abrechnung (§ 27 Abs. 2 WEG) gehört (dies ausdrücklich für das neue Recht fordernd BGH NZM 2021, 510 Rn. 18). Denn auch im alten Recht, in dem es gefestigter Rechtsprechung des BGH entsprach, dass die Jahresabrechnung den Eigentümern vor der Beschlussfassung vorliegen musste (BGH NJW-RR 2012, 343), bestand eine Vorlagepflicht der Einzelabrechnungen bzw. Abrechnungsergebnisse der anderen Eigentümer nicht (BGH, Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 189/16; LG Itzehoe, Urteil v. 9. 9. 2008 – 11 S 6/08). Begründet wurde dies damit, dass der Erkenntnisgewinn für die Eigentümer gering sei, da diese aus der sie betreffenden Einzelabrechnung die Abrechnungsbeträge und die Verteilerschlüssel erkennen können, zumal die Eigentümer ohnehin berechtigt waren, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen (BGH, Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 189/16, Rn. 12).

Hieran hat sich durch die WEG-Reform nichts geändert. Nachdem sich die Beschlussfassung nach dem neu formulierten § 28 Abs. 2 WEG nur noch auf die Abrechnungsergebnisse bezieht, ist eine sogenannte Saldenliste zwar noch sinnvoller geworden (Jennißen, WEG, 8. Auflage, § 28, Rn. 223). Gleichwohl ist sie nicht verpflichtend (LG Koblenz, Urt. v. 19.12.2022 – 2 S 31/22). Wenn der BGH unter Geltung des alten Rechts, bei welchem nicht nur die Abrechnungsspitzen, sondern die gesamte Abrechnung inklusive aller Einzelabrechnungen beschlossen wurden, es für ausreichend erachtete, dass dem Eigentümer seine eigene Einzelabrechnung vorliegt, kann für das neue – insoweit weniger formale – neue Recht, unter dessen Geltung nur noch die Abrechnungsspitzen beschlossen werden, nichts anderes gelten (für eine Unzulässigkeit der Übersendung aus datenschutzrechtlichen Gründen sogar Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 18 Rn. 287J). Systematische Fehler, die sich ergebnisrelevant auswirken können – etwa ein Ansatz falscher Zahlen oder falscher Schlüssel – kann der Eigentümer weiter aus seiner Einzelabrechnung ersehen. Liegt insoweit kein vom Eigentümer beanstandeter Fehler vor, könnte sich ein ergebnisrelevanter Fehler, der nur durch die Prüfung anderer Einzelabrechnungen erkennbar wäre, nur dann ergeben, wenn in einer Einzelabrechnung ein individueller Fehler vorliegt, etwa indem ein Verteilungsschlüssel falsch übertragen wird oder eine Sollvorauszahlung fehlerhaft angesetzt wird. Von ersterem ist – wie der BGH zu Recht betont (Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 189/16, Rn. 12) – im Regelfall, insbesondere bei Verwendung von Software, nicht auszugehen; letzteres dürfte in der Praxis die Ausnahme sein. Ein Fehler wäre hier auch nur bei einer umfassenden Prüfung unter Abgleich der Ansätze aus den Einzelwirtschaftsplänen des Vorjahres erkennbar. Der Kammer ist jedenfalls kein Fall bekannt, indem ein Kläger mit diesem Argument eine Anfechtungsklage führte.

Befürchtet ein Wohnungseigentümer einen derartigen individuellen Fehler ist er auch nicht rechtlos. Denn den Wohnungseigentümern steht nach § 18 Abs. 4 WEG ein Individualanspruch auf Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen zu. Das Einsichtsrecht umfasst alle Dokumente, die für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums relevant sind, etwa Verträge, Kontoauszüge und Pläne (BT-Drucks. 19/18791, S. 60), unter anderem auch die „fremden“ Einzelabrechnungen (noch zum alten Recht: BGH, Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 189/16; LG Karlsruhe, Urt. v. 17.02.2009 – 11 S 13/07; LG Oldenburg ZWE 2021, 281, vgl. zum neuen Recht BeckOGK BGB/Skauradszun § 18 WEG Rn. 86; Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 18 Rn. 287J; Zschieschack ZWE 2023, 244 (249)).

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, der BGH hat die Frage bereits entschieden.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gemäß § 49 GKG auf EUR 6.427,50 festzusetzen. Bei der Anfechtung von Abrechnungsbeschlüssen bestimmt sich das Gesamtinteresse grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Abrechnung (BGH, Urt. v. 24.02.2023 – V ZR 152/22, NZM 2023, 421), begrenzt auf den 7,5-fachen Anteil der Kläger (EUR 214,25 x 7,5 x 4 Einheiten).


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