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WEG – Anspruch auf Anbringung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge

AG Düsseldorf – Az.: 290a C 76/19 – Urteil vom 25.11.2019

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21.10.2019 für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, die im Wandbereich der Tiefgaragenstellplätze Nr. XX und XX der Wohnungseigentumsanlage G-Straße befindliche Ladestation (Wallbox) nebst sämtlichen Anschlüssen zu entfernen und den ursprünglichen Zustand im Wandbereich (Gemeinschaftseigentum) wiederherzustellen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 255,85 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.03.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.200,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückbau einer von ihr ohne Beschlussfassung der Gemeinschaft veranlassten Montage einer Elektroladestation nebst Anschlüssen im Wandbereich der Tiefgaragenstellplätze Nr. XX und XX in Anspruch. Die Beklagte ist Teileigentümerin zweier Stellplätze und ließ die Maßnahmen zur Versorgung von Elektroautos durchführen. In der Eigentümerversammlung vom 19.11.2018 wurde zu TOP 7 der Antrag auf die nachträgliche Genehmigung der Aufladestation abgelehnt. Weiterhin wurde beschlossen, die Beklagte über die Verwaltung mit der Beseitigung der Ladestation bis zum 31.01.2019 aufzufordern und nach ergebnisloser Fristverstreichung unter Beauftragung von Rechtsanwälten auf die Beseitigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte wurde mit Schreiben der Verwaltung vom 20.11.2018 und mit Anwaltsschreiben vom 12.02.2019 zur Beseitigung und Wiederherstellung ergebnislos aufgefordert. Für das Anwaltsschreiben macht die Klägerin weiterhin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR geltend. Die Beklagte beruft sich auf § 21 Abs.5 Nr.6 WEG und folgert hieraus einen Anspruch auf die Installation der Ladestation sowie eine Duldungspflicht.

Die Klägerin trägt vor, es handele sich um eine nachträgliche bauliche Veränderung (Nachahmungsgefahr mit einer Vielzahl von Leitungsführungen, unklare Kostenreglung, Gefahr von Schäden durch das Durchdringen von tragenden Wänden oder Decken sowie bezüglich des Brandschutzes). Die Stromkabel seien unter Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums, teilweise in Form von Wanddurchbrüchen verlegt worden. Sowohl die Ladestation als auch die eigenmächtige Veränderungen würden nicht unter § 21 Abs.5 Nr.6 WEG fallen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Leitungen seien durch ein Fachunternehmen zum Stellplatz verlegt worden, auch wegen einer dort fehlenden Ausleuchtung. Sie seien auf Putz und auf dem zur Wohnung gehörenden Stromzähler ordnungsgemäß verlegt worden. Es sei kein Starkstromanschluss verlegt worden. Der Anschluss sei erforderlich, um die Stellplätze überhaupt nutzen zu können. Die Anlage sei in keiner Weise auffällig und nachteilig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

WEG – Anspruch auf Anbringung einer Ladestation für Elektrofahrzeuge
(Symbolfoto: riopatuca/Shutterstock.com)

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Rückbau- und Wiederherstellungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs.1 BGB, 22 Abs.1, 14, 10 Abs.6 S.3 WEG zu.

Bei der hier streitigen Maßnahme handelt es sich um eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht zu dulden haben.

Ob die Installation einer Ladestation für Elektroautos mittlerweile unter § 21 Abs.5 Nr.6 WEG fällt, kann offenbleiben. Denn selbst wenn man dies unterstellt, so ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet zu handeln. Er hat dabei Maßnahmen zu ergreifen, die es allen Wohnungseigentümern ermöglicht, auf ihren Stellplätzen Elektroautos zu laden und nicht nur für einzelne Stellplätze. Dagegen darf der einzelne Wohnungseigentümer insoweit nicht tätig werden (vgl. Bärmann-Merle, WEG, 14.Auflage, § 21 Rn.166b). Unabhängig davon würden unter § 21 Abs.5 Nr.6 WEG nur solche Maßnahmen fallen, die es allen Wohnungseigentümern ermöglicht, auf ihren Stellplätzen Elektroautos zu laden. Bei der hier streitigen eigenmächtigen Maßnahme handelt es sich daher um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs.1 WEG. Diese ist rechtswidrig, da sie ohne Beschluss bzw. ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte.

Sie ist auch nicht zu dulden, da die Klägerin ausreichend dargetan hat, dass sie nachteilig im Sinne von §§ 22 Abs.1, 14 WEG ist. Unter einem Nachteil wird hiernach jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung verstanden, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Maßstab der Beurteilung ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Situation verständlicherweise beeinträchtigt fühlen darf. Es ist eine objektive Betrachtung notwendig. Das subjektive Empfinden eines Eigentümers, seine Ängste und Befürchtungen allein spielen bei der Beurteilung keine Rolle. Ausreichend ist auch nicht die fern liegende mehr oder weniger theoretische Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung. Ein Nachteil liegt erst vor, wenn durch die bauliche Maßnahme die Beeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. Bärmann-Merle, a.O., § 22 Rn. 178).

Einen derartigen Nachteil hat die Klägerin jedenfalls hinsichtlich der Wanddurchbrüche dargetan. Denn sie rügt die Durchbohrung von tragenden Wänden und eine fehlende Abschottung der verlegten Leitungen unter brandschutztechnischen Gesichtspunkten. Sie hat dazu Fotos zur Akte gereicht, die Wanddurchbohrungen erkennen lassen. Das Durchbohren von tragenden Wänden sowie der Eingriff in den Brandschutz lässt jedenfalls eine Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer hinreichend wahrscheinlich erscheinen. Demgegenüber ist der pauschale Vortrag der Beklagten, die Leitungen seien durch ein Fachunternehmen und nur auf Putz verlegt worden unzureichend. Es ist Gegenstand ihrer Wahrnehmung, ob es sich bei diesen auf den Fotos abgebildeten Leitungen um die von ihr verlegten handelt oder nicht sowie ob auch den Anforderungen an den Brandschutz in einer Tiefgarage Rechnung getragen wurde. Unabhängig davon hat sie hierzu auch keinen Beweis angetreten.

Die Klägerin trägt nur eine sekundäre Darlegungslast. Sie hat lediglich konkret darzulegen, warum ein Nachteil aus ihrer Sicht vorliegt. Dass dies dann tatsächlich kein Nachteil ist, hat dagegen die Beklagte darzulegen und zu beweisen. Denn das Fehlen eines solchen Nachteils führt zu einer Duldung der baulichen Veränderung und ist somit für sie vorteilhaft.

Sofern die Beklagte sich auf die Entscheidung des BGH vom 12.04.2019, V ZR 112/18 beruft, folgt hieraus nichts Anderes. Mit dem Rückbaubegehren wird nicht in den Kernbereich des Teileigentums der Beklagten eingegriffen. Der Stellplatz kann nach wie vor, als solcher benutzt werden, jedenfalls für Fahrzeuge, die nicht ausschließlich mit einem Elektromotor betrieben werden. Da die Beklagte ihr Teileigentum offensichtlich auch in Kenntnis des Fehlens einer Ladestation erworben hat, ergibt die im Rahmen einer Nachteilsbestimmung zu ermittelnde Interessenabwägung kein überwiegendes Interesse der Beklagten an der streitigen baulichen Veränderung.

Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie der Zinsanspruch folgt aus Verzug gemäß §§ 280, 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs.1, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

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