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WEG – Anspruch auf Beseitigung eines Gartenhauses

AG München, Az.: 484 C 22917/16, Urteil vom 07.03.2017

I. Die Beklagte wird verurteilt, das von ihr auf der Sondernutzungsfläche zur Wohnung Nr. 24 der Erdgeschosswohnung … in M. errichtete Gartenhaus mit einer Grundfläche 2,5 Meter mal 2,5 Meter und einer Firsthöhe von 2,3 Meter zu entfernen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages.

IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin und die Beklagte sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … M.. Die Hausverwaltung hat die Firma … M. inne.

Seit dem Jahre 1985 (Errichtung der Teilungserklärung) waren auf allen 6 Garten-Sondernutzungsflächen Lauben mit Freisitzanlagen angelegt, also auch auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten und der Klägerin sowie auf den anderen Sondernutzungsflächen. Die Laube der Beklagten wurde in dem Plan Anlage B 1 braun umrandet dargestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1 verwiesen. Die Laube der Beklagten war genau an der Stelle errichtet worden, wo heute das Gartenhaus steht. Die Laube hatte folgende Maße: 2,0 Meter mal 2,15 Meter mal 2,70 Meter. Das streitgegenständliche Gartenhaus hat folgende Maße 2,40 Meter mal 2,10 Meter mal 2,10 Meter. Die alte Gartenlaube der Beklagten war bis auf eine Seite durch Rankbepflanzungen komplett geschlossen. Das Dach bestand aus einer Balkenkonstruktion, die im Laufe der Zeit dicht zugewachsen war und somit ein geschlossenes Dach bildet.

Zwischen den Parteien hat die Gemeinschaftsordnung gemäß Anlage B 6 Gültigkeit. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage B 6 verwiesen.

Die Klägerin trägt vor, dass durch die Beklagte auf deren Sondernutzungsfläche der Außenanlagen ein Gartenhaus errichtet worden sei und dass dies weder der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung noch der Beschlusslage innerhalb der Gemeinschaft entspreche. Es läge eine optische Beeinträchtigung vor. Die Klägerin mache deshalb mit ihrer Klage ihren Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB in Verbindung mit § 22 WEG geltend.

Die Klägerin beantragt, sinngemäß wie zuerkannt.

WEG - Anspruch auf Beseitigung eines Gartenhauses
Symbolfoto: Engdao/Bigstock

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte beruft sich auf § 7.1 der Gemeinschaftsordnung und meint, dass diese Regelung der Beklagten erlaube das Gartenhaus ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer aufzustellen weil, durch das Gartenhaus das architektonische und ästhetische Bild der Wohnanlage nicht beeinträchtigt wird.

Die Beklagte trägt vor, dass sich auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten die Hälfte eines von der Klagepartei genutzten Glashauses befinde. Des Weiteren, dass das Gartenhaus nur von der Wohnung Nr. … eingesehen werden kann und sich das Gartenhaus gut in die Gartenlandschaft einpasse, während, die ehemalige Laube mit Freisitz – auch dem dortigen Aufenthalt von Personen dienend – weit eher geeignet war, die Belange der Kläger zu berühren. Die übrigen Eigentümer hätten es abgelehnt die Geltendmachung eines etwaigen Beseitigungsanspruches an sich zu ziehen. Die Beklagte wendet unzulässige Rechtsausübung durch die Klägerin gemäß § 242 BGB ein, da die Beklagte seit jeher das Gartenhaus auf der Sondernutzungsfläche der Klägerin und den hälftigen Teil auf ihrer Fläche dulde. Sie trägt vor, dass die Ansprüche der Beklagten hinsichtlich des Gartenhauses auf der Sondernutzungsfläche der Klägerin aufgrund der wohlwollenden Duldung verjährt seien und das Glashaus stehe auch heute noch unverändert.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteienvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der öffentlichen Sitzung verwiesen.

In der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München vom 14.02.2017 wurden die Lichtbilder in den Anlagen B 1 – B 7 in Augenschein genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 14.02.2017 verwiesen.

Die übrigen Wohnungseigentümer, vertreten durch die Hausverwaltung wurden beigeladen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Es ist das Wohnungseigentumsgericht zuständig.

Die Klage ist auch begründet.

Der Klägerin steht ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB in Verbindung mit § 22 WEG gegen die Beklagte zu.

Das Sondernutzungsrecht ist immanent beschränkt durch die seiner Begründung zugrundeliegende Vereinbarung und den sich daraus ergebenen Regelungen; im Übrigen unterliegt es den Grenzen, die sich aus dem Gesetz, insbesondere dem gemeinschaftsrechtlichen Nachbarrecht, den beschlossenen Gebrauchsregelungen oder den Rechten Dritter ergeben. Der Berechtigte darf daher von dem Sondernutzungsrecht nach § 14 Nr. 1 WEG nur in solcher Weise Gebrauch machen, dass anderen Wohnungseigentümern daraus kein erheblicher Nachteil erwächst. So darf der Berechtigte auf der ihm zugewiesenen Gartensondernutzungsfläche z.B. keinen Zaun errichten, wenn dieser den Gesamteindruck der Anlage erheblich verändert (vgl. Bärmann-Klein, 12. Auflage, § 13 WEG Rz. 115).

Sonderregelungen im Hinblick auf bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 WEG enthält die vorgelegte Gemeinschaftsordnung unter § 7.1. Gemäß § 7.1 der Gemeinschaftsordnung kann jeder Wohnungseigentümer die von seinem Sondernutzungsrecht betroffenen Gegenstände verändern und verbessern unter folgendem Vorbehalt: die Rechte der anderen Wohnungseigentümer dürfen nicht beeinträchtigt werden. Bauliche Veränderungen müssen behördlich genehmigt sein, die Sicherheit, die Stabilität, die Zweckbestimmung und das architektonische und ästhetische Bild der Wohnanlage dürfen nicht beeinträchtigt werden. Demnach sind gemäß dieser Regelung bauliche Veränderungen genehmigt durch die Gemeinschaftsordnung, außer wenn dadurch die Sicherheit, die Stabilität, die Zweckbestimmung und das architektonische und ästhetische Bild der Wohnanlage beeinträchtigt wird. Eine Baugenehmigung ist für das Gartenhaus nicht erforderlich. Die Sicherheit und die Stabilität und die Zweckbestimmung der Wohn-Anlage wird durch das Gartenhaus nicht beeinträchtigt.

Eine Beeinträchtigung des ästhetischen Bildes der Wohnanlage liegt hier aber vor. Die Ästhetik ist die Lehre von der wahrnehmbaren Schönheit, von den Gesetzmäßigkeiten und Harmonie in der Natur und Kunst. Alltagsprachlich wird der Ausdruck „ästhetisch“ als Synonym für „schön, geschmackvoll oder ansprechend“ verwendet (aus Wikipedia der freien Enzyklopädie). Nimmt man den Ausdruck „ästhetisch“ alltagssprachlich, so wird der Ausdruck als Synonym für „schön, geschmackvoll oder ansprechend verwendet“. In der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts München vom 14.02.2017 wurden die Lichtbilder in den Anlagen B 1 und B 7 in Augenschein genommen. Darauf war zu erkennen, dass das Gartenhaus sehr groß ist, wuchtig wirkt und eine dunkelbraune Farbe hat. Dadurch ist es aber auch nicht mehr „schön, geschmackvoll und ansprechend“, denn dort wo vorher grüne Wiese war, steht nunmehr ein wuchtiges braunes Holzhaus.

Aber auch unter Berücksichtigung, dass zuvor eine nach der Gemeinschaftsordnung erlaubte Gartenlaube aufgestellt war stört das Gartenhaus das ästhetische Bild der Gesamtanlage mehr als eine Gartenlaube. Die Gartenlaube war, sowie die Beklagtenpartei vorgetragen hat von grünem Efeu eingerahmt und hatte damit keine dunkelbraune Farbe sondern war grün. Zudem wirkt eine Bepflanzung mit Efeu weniger aufdringlich als eine dunkelbraune Farbe des Gartenhauses. Auch die Maße des Gartenhauses sind zum Teil größer als die der Gartenlaube. Zudem war eine Seite der Gartenlaube offen, so dass die Gestaltung der Gartenlaube komplett anders war als die Gestaltung des streitgegenständlichen Gartenhauses, wodurch das Gartenhaus eine ästhetische Beeinträchtigung der Gesamtwohnanlage darstellt. Ob nämlich eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes eines Gebäudes einen Vorteil oder einen Nachteil darstellt, können auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die bauliche Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entspricht. Die Minderheit muss sich jedoch dem Geschmack der Mehrheit nicht fügen (Merle Bärmann WEG-Kommentar, 13. Auflage, § 22 Randnummer 191). Dieser Grundsatz hat aber auch Gültigkeit bei der Frage, ob ein Bauwerk ästhetisch ist oder nicht. Auch hier kann dies unterschiedlich je nach Geschmack bewertet werden. Die Minderheit muss sich aber auch bei der Frage der Ästhetik nicht dem Geschmack der Mehrheit fügen (Merle Bärmann, WEG-Kommentar, 13. Auflage, § 22 Randnummer 191). Es liegt demnach eine ästhetische Beeinträchtigung vor.

Da die Gemeinschaftsordnung keine abweichende Vereinbarung enthält, die hier einschlägig und zu berücksichtigen wäre, ist darüberhinausgehend noch zu prüfen, ob die weiteren Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 WEG i.V.m. 14 Nr. 1 WEG vorliegen.

Unter einer baulichen Veränderung ist jeder auf Dauer angelegte gegenständliche Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums (Gebäude oder Grundstück) zu verstehen, durch den dauerhaft andere Funktionalitäten oder eine abgeänderte Optik geschaffen werden (Spielbauer/Then, 2. Auflage, § 22 WEG Rz. 3).

Das Aufstellen eines Gartenhauses stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar (vgl. BayObLG 20.04.2000, 2Z BR 9/00). Das Gericht kommt aufgrund der in der öffentlichen Sitzung vorgelegten, aussagekräftigen Lichtbilder (siehe Anlagen B1 bis B7) zum Ergebnis, dass dadurch eine abgeänderte Optik des Anwesens geschaffen wird, so dass eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 WEG vorliegt.

Das Gartenhaus wirkt sehr groß und wuchtig und hat eine dunkelbraune Farbe. Dadurch wird aber das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich verändert, denn dort wo vorher grüne Wiese war, steht nunmehr ein wuchtiges braunes Holzhaus. Aber auch unter Berücksichtigung, dass zuvor eine nach der Gemeinschaftsordnung erlaubte Gartenlaube aufgestellt war stört das Gartenhaus das ästhetische Bild der Gesamtanlage mehr als eine Gartenlaube. Die Gartenlaube war, so wie die Beklagtenpartei vorgetragen hat von grünem Efeu eingerahmt und hatte damit keine dunkelbraune Farbe sondern war grün. Zudem wirkt eine Bepflanzung mit Efeu weniger aufdringlich als eine dunkelbraune Farbe des Gartenhauses. Auch die Maße des Gartenhauses sind zum Teil größer als die der Gartenlaube. Zudem war eine Seite der Gartenlaube offen, so dass die Gestaltung der Gartenlaube komplett anders war als die Gestaltung des streitgegenständlichen Gartenhauses, wodurch das Gartenhaus eine auch eine optische Beeinträchtigung der Gesamtwohnanlage darstellt. Die Schwelle dafür, ob eine nur unerhebliche und deshalb hinzunehmende optische Veränderung anzunehmen ist eher niedrig anzusetzen, denn grundsätzlich ist eine Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums ohne oder gegen den Willen von Wohnungseigentümern nicht zulässig (vgl. LG München I, ZWE 2010, 413). Die Zustimmung eines Wohnungseigentümers ist gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 WEG nur dann nicht erforderlich, wenn durch eine Maßnahme dessen Rechte nicht in der in Satz 1 genannten Weise beeinträchtigt werden. Als Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche konkrete Beeinträchtigung zu verstehen. Zwar stellt nicht jede Veränderung, etwa des optisch-architektonischen Erscheinungsbildes der Wohnanlage, bereits eine über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung dar. Ein nicht hinzunehmender Nachteil liegt vielmehr nur bei solchen Veränderungen vor, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirken; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage verständlicher Weise beeinträchtigt fühlen kann (vgl. OLG Zweibrücken, 02.02.2004, NZM 2004, 428). Auf Grundlage der vorgelegten aussagekräftigen Lichtbilder (Anlagen B1 bis B7) kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin durch das Aufstellen des Gartenhauses über das in § 14 Nr. 1 WEG geregelte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Damit ist die Beklagte verpflichtet dieses Gartenhaus zu beseitigen.

Die Beklagte kann auch nicht geltend machen, dass sich auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten die Hälfte eines von der Klagepartei genutzten Glashauses befinde, denn eine Gleichheit im Unrecht existiert nicht. Zudem hat die WEG einen Duldungsanspruch gegen die Klägerin auf Beseitigung des Glashauses durch die WEG, so dass auch bei Verjährung der Ansprüche der Beklagten das Glashaus noch beseitigt werden kann. Eine unzulässige Rechtsausübung gem. § 242 BGB durch die Klägerin ist daher nicht gegeben.

Auch wenn das Gartenhaus nur von der Wohnung Nr. … eingesehen werden kann, so ist dies ausreichend, dass gerade die Wohnungseigentümer der Einheit Nr. … beeinträchtigt sind.

Auch wenn die ehemalige Laube mit Freisitz – auch dem Aufenthalt von Personen dienend – weit weniger geeignet war, die Belange der Kläger zu berühren, so spielt dies keine Rolle, denn das streitgegenständliche Gartenhaus stellt gegenüber der Laube eine ästhetische und optische Beeinträchtigung dar (siehe obige Ausführungen).

Auch wenn die übrigen Eigentümer es abgelehnt haben, die Geltendmachung eines etwaigen Beseitigungsanspruches an sich zu ziehen, so fühlen sich doch die Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin beeinträchtigt, was ausreichend ist.

Der Klage war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Abs. 1 ZPO.

Mangels anderer Anhaltspunkte kommt hier der mittlere Regelstreitwert von 5.000,00 Euro zur Anwendung.

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