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WEG – Anspruch auf Unterlassung- und Störungsbeseitigung gegenüber Mietern

AG Bottrop – Az.: 20 C 57/15 – Urteil vom 22.04.2016

Die Beklagten zu 3) und 4) werden verurteilt, die auf dem zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden sondernutzungsberechtigten Gartengrundstück der Liegenschaft „B … in … C“ errichtete Gartenlaube zu entfernen.

Sie werden weiterhin verurteilt, den auf dem zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden sondernutzungsberechtigten Gartenteil der Liegenschaft „B … in … C“ errichteten Fahnenmast zu entfernen.

Sie werden schließlich verurteilt, die an der zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden Außenfassade der Liegenschaft „B … in … C“ angebrachte Markise im Bereich der Terrasse zu entfernen.

Die Beklagten zu 1), 3) und 4) tragen die Gerichtskosten zu ¾, der Kläger zu ¼.Der Kläger trägt seine außergerichtlichen Kosten zu ¼, die des Beklagten zu 2) ganz. Die Beklagten zu 1), 3) und 4) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Entfernung nicht genehmigter baulicher Veränderungen in Anspruch.

Der Kläger und die Beklagte zu 1) sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft „B …“ in C. Der Beklagten zu 1) gehört die Erdgeschosswohnung links gemeinsam mit ihrem Ehemann. Die Beklagten zu 3) und 4) sind Mieter dieser Wohnung. Der Beklagte zu 2) ist der Schwiegervater der Beklagten zu 1).

Die Beklagten zu 3) und 4) errichteten im vergangenen Jahr mit Duldung der Beklagten zu  1), aber ohne Zustimmung des Klägers eine Gartenlaube sowie einen Fahnenmast im Garten. Des Weiteren installierten sie eine Markise an der Außenfassade zur Terrasse.

Der Kläger fühlt sich durch diese Maßnahmen beeinträchtigt und verlangt deren Beseitigung. Für ihn sei die Gartenlaube und der Fahnenmast von seiner Wohnung ohne weiteres einsehbar. Bei der Benutzung des Fahnenmastes komme es zu einer Geräuschentwicklung. Zudem wolle er mit den durch die Fahne öffentlich ausgedrückten Sympathien nicht identifiziert werden. Auch die an der im Gemeinschaftseigentum stehenden Außenfassade angedübelten Markise beeinträchtige den Gesamteindruck der Wohnanlage nachhaltig.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die auf dem zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden sondernutzungsberechtigten Gartengrundstück der Liegenschaft „B … in … C“ errichtete Gartenlaube zu entfernen, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den auf dem zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden sondernutzungsberechtigten Gartenteil der Liegenschaft „B … in … C“ errichteten Fahnenmast zu entfernen und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die an der zum Sondereigentum Nr. 2 gehörenden Außenfassade der Liegenschaft „B … in … C“ angebrachte Markise im Bereich der Terrasse zu entfernen.

Die Beklagten zu 2), 3) und 4) beantragen bzw. haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu  1) hat den geltend gemachten Klageanspruch im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.03.2016 anerkannt.

Der Beklagte zu 2) hat sich auf seine mangelnde Passivlegitimation berufen. Er sei nicht (Mit-)Eigentümer der Wohnung Nummer 2.

Die Beklagten zu 3) und 4) tragen vor, das Gartenhaus habe weder Fußboden noch Fundament. Der Fahnenmast und die Markise seien von der Straße aus nicht zu sehen. Der Fahnenmast sei nur im Sommer aufgestellt. Das Material und die Art der  Markise entsprächen dem Standard.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der örtlichen Gegebenheiten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2016 (Bl. 60 der Akten) Bezug genommen.

Mit am 07.04.2016 verkündeten Teilanerkenntnis- und Teilurteil hat das Gericht die den Klageanspruch anerkennende Beklagte zu 1) verurteilt, die Gartenlaube, die Fahnenstange und die Markise zu entfernen. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) wurde abgewiesen, da dieser nicht Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Nach Erlass des Teilurteils vom 07.04.2016 war nur noch über den geltend gemachten Beseitigungsanspruch gegen die Beklagten zu 3) und 4) zu entscheiden. Die Klage gegen diese als Mieter hätte eigentlich nicht vor dem erkennenden Gericht als WEG-Gericht, sondern vor dem Prozessgericht erhoben werden müssen. Das Gericht hat sich aber gleichwohl aus Gründen des Sachzusammenhangs als zuständig angesehen, um unterschiedliche Entscheidungen zu vermeiden.

Die gegen die Beklagten zu 3) und 4) gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger kann diese als Handlungsstörer auf Entfernung des Gartenhauses, des Fahnenmastes und der Markise in Anspruch nehmen, §§ 862, 1004 Abs. 1 BGB, 22 WEG, weil er die ihm zustehenden negatorischen Unterlassungs- und Störungsbeseitigungsansprüche nicht nur gegenüber anderen Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft, sondern auch gegenüber unmittelbar störenden Mietern geltend machen (vgl. nur KG Berlin NJW-RR 1997, 713).

Der zu der von den Beklagten zu 3) und 4) angemieteten Wohnung gehörende Gartenteil ist mit einem Sondernutzungsrecht behaftet und damit den Eigentümern der Wohnung zu alleinigen Nutzung zugewiesen. Gleichwohl bleibt die Gartenfläche gemeinschaftliches Eigentum aller Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch die Montage des Gartenhauses, des Fahnenmastes und der Markise haben die Eheleute E mithin auf das auch dem Kläger zustehende gemeinschaftliche Eigentum eingewirkt und dieses umgestaltet. Dazu waren sie nicht berechtigt. Zwar haben die Beklagten zu 1) und deren Ehemann diesen Maßnahmen zugestimmt. Das kann den Eingriff der Beklagten zu 3) und 4) in die Eigentumsrechte des Klägers aber nicht rechtfertigen.  Denn bei den durchgeführten Maßnahmen handelt es sich um bauliche Veränderungen im Sinn des §§ 22 WEG, da diese das gemeinschaftliche Eigentum im Vergleich zum ursprünglichen Zustand umgestalten und über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen. Derartige bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums sind nur dann rechtmäßig, wenn sämtliche Miteigentümer zustimmen, deren Rechte über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nachteilig in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Letztlich kommt es darauf an, ob sich ein Wohnungseigentümer aus verständiger Sicht in seinen Rechten verletzt fühlen kann (BGHZ 116, 392).

Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der Feststellungen im Ortstermin vom 17.03.2016 eine relevante Beeinträchtigung des Klägers zu bejahen. Das hat zur Folge, dass die Errichtung der Gartenhütte und des Fahnenmastes sowie das Anbringen der Markise ohne Zustimmung des Klägers nicht rechtmäßig sein kann. Diese Maßnahmen beeinträchtigen den Kläger nämlich in einer Weise, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, weil sie den optischen Gesamteindruck der Liegenschaft nachhaltig verändern. Das Gartenhaus bedeckt bei einer Größe von ca. 4 m² einen nicht unerheblichen Teil der sondergenutzten, im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartenfläche. Es ist zudem von der Wohnung des Klägers sowie von den anderen Sondereigentumseinheiten unverstellt einsehbar. Gleiches gilt für die Fahnenstange, die – vollständig aufgebaut – eine Höhe von 3 m erreicht. Schließlich ändert auch die in den Farben Weiß und  Rot gehaltene Markise zumindest in ausgefahrenem Zustand das äußere Erscheinungsbild der Liegenschaft nachhaltig. Diese Veränderungen seines Miteigentums muss der Kläger nicht hinnehmen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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