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Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Wohnanlage streitet um Gedenkstein für Oberbürgermeister
- ✔ Der Fall vor dem Landgericht Dresden
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage erfüllt sein?
- Wird das Aufstellen eines Gedenksteins als bauliche Veränderung der Wohnanlage angesehen?
- Wann liegt eine unbillige Benachteiligung durch bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum vor?
- Welche Rolle spielen ästhetische Aspekte und subjektive Wahrnehmungen bei der Bewertung von baulichen Veränderungen?
- Kann die Gestaltung und Nutzung von Gemeinschaftseigentum durch Mehrheitsbeschluss verändert werden?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Dresden
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Es ging um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung.
- Im Beschluss wurde die Aufstellung eines privaten Gedenksteins für einen ehemaligen Wohnungseigentümer und Oberbürgermeister beschlossen.
- Die Klägerin hielt den Beschluss für ungültig, da sie ihn als grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage betrachtete und sich benachteiligt fühlte.
- Das erstinstanzliche Gericht gab der Klägerin recht und erklärte den Beschluss für ungültig.
- Die Beklagte legte Berufung ein und argumentierte, dass die Voraussetzungen für eine Ungültigkeit nicht vorlägen.
- Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts auf und wies die Klage ab.
- Das Gericht entschied, dass das Aufstellen des Gedenksteins keine grundlegende Umgestaltung darstellt.
- Zudem sah das Gericht keine unbillige Benachteiligung der Klägerin ohne ihr Einverständnis.
- Das Urteil hat Auswirkungen auf zukünftige Entscheidungen zur Umgestaltung gemeinschaftlicher Flächen in Wohnanlagen.
- Die Entscheidung zeigt, dass nicht jede Veränderung als grundlegende Umgestaltung oder Benachteiligung betrachtet werden muss.
Wohnanlage streitet um Gedenkstein für Oberbürgermeister
Häufig ist es im Zusammenhang mit Wohnungseigentum nicht ganz einfach, Veränderungen an der Liegenschaft vorzunehmen. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt detailliert, welche Maßnahmen von den Eigentümern beschlossen werden müssen. Insbesondere bei Umgestaltungen der gemeinschaftlichen Flächen ist Vorsicht geboten. Hier ist es wichtig, die Interessen aller Beteiligten sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Ob etwa das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Grundstück als Umgestaltung angesehen werden muss, lässt sich nicht immer eindeutig beantworten. In der Rechtsprechung finden sich hierzu verschiedene Ansichten. Im Folgenden wird ein Gerichtsurteil dazu vorgestellt und analysiert.
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✔ Der Fall vor dem Landgericht Dresden
Streit um Gedenkstein auf Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage
In dem vorliegenden Fall stritten die Parteien um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer vom 18. August 2022. Dabei ging es um die Aufstellung eines privaten Gedenksteins für einen ehemaligen Wohnungseigentümer und Oberbürgermeister auf dem Gemeinschaftsgrundstück der Wohnanlage.
Das Amtsgericht erklärte zunächst den Beschluss für ungültig. Dagegen legte die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft Berufung ein. Sie argumentierte, dass die Voraussetzungen für eine Ungültigkeit nach § 20 Abs. 4 WEG nicht vorlägen, da das Aufstellen des Gedenksteins weder eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstelle noch die klagende Wohnungseigentümerin ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werde.
Die Klägerin sah dies anders. Sie meinte, durch den grabsteinähnlichen Gedenkstein werde der laut Teilungserklärung als „Ziergarten“ vorgesehene Garten umgestaltet. Zudem sei der Stein besonders exponiert von ihrer Wohnung aus zu sehen und vermittle durch die Kirche im Hintergrund den Eindruck einer Ruhestätte. Auch sei sie unbillig benachteiligt, da nur sie auf den Stein blicken müsse, ohne dass die anderen Eigentümer davon einen Vorteil hätten.
Keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage durch den Gedenkstein
Das Landgericht Dresden gab der Berufung der Beklagten statt und hob das amtsgerichtliche Urteil auf. Es sah keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage durch das Aufstellen des ca. 1m² großen Gedenksteins in dem 160m² großen Garten. Der Begriff „Ziergarten“ sei nicht streng definiert und schließe Skulpturen nicht aus. Aussehen und Nutzung des Gartens zur Erholung würden nicht grundlegend geändert.
Auch eine Vor- und Nachher-Betrachtung ergebe keine Anhaltspunkte für eine solch weitreichende Veränderung. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des LG München I befasse sich nur mit der Frage, ob überhaupt eine bauliche Veränderung vorliege, was hier unstreitig sei.
Keine unbillige Benachteiligung der Klägerin gegenüber den anderen Eigentümern
Das Gericht verneinte auch eine unbillige Benachteiligung der Klägerin im Sinne des § 20 Abs. 4 WEG. Maßgeblich sei ein objektiver Maßstab, nicht das subjektive Empfinden eines einzelnen Eigentümers. Andernfalls hätte dieser ein nicht gewolltes Vetorecht.
Dass die Klägerin als einzige direkt auf den Stein blicke, ändere daran nichts. Bei der Abwägung sei auch zu berücksichtigen, dass ein Kunstwerk immer unterschiedlich interpretiert werden könne. Eine WEG sei nicht verpflichtet, nur Kunstwerke aufzustellen, die keine Reaktionen hervorrufen.
Die Interessen der Eigentümer, den früheren Miteigentümer als prägenden Oberbürgermeister zu ehren, überwögen hier. Anders als von der Klägerin vorgetragen, hätten daher nicht nur sie Nachteile, sondern die anderen auch Vorteile durch den Gedenkstein.
Beschluss war ausreichend angekündigt und bestimmt
Weitere von der Klägerin vorgebrachte Unwirksamkeitsgründe sah das Gericht ebenfalls nicht. Der Beschluss sei gemäß § 23 Abs. 2 WEG ausreichend angekündigt gewesen, so dass sich die Klägerin damit auseinandersetzen konnte. Er sei auch hinreichend bestimmt, ohne dass der genaue Wortlaut vorliegen müsse.
Schließlich stelle der Gedenkstein auch keinen Widerspruch zur gärtnerischen Nutzung dar. Schöne Gärten seien häufig mit Skulpturen versehen. Die Eigentümer könnten mehrheitlich eine solche Aufstellung beschließen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil zeigt, dass Wohnungseigentümer mehrheitlich die Aufstellung eines Denkmals beschließen können, solange es keine grundlegende Umgestaltung der Anlage darstellt und einzelne Eigentümer nicht unbillig benachteiligt. Maßgeblich sind dabei objektive Kriterien, nicht subjektive Empfindungen. Das Urteil stärkt die Gestaltungsfreiheit der Wohnungseigentümergemeinschaft und grenzt das Vetorecht des Einzelnen ein. Es schafft mehr Klarheit für die Abwägung der Interessen bei derartigen Beschlüssen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Aufstellung eines Gedenksteins in einer Wohnanlage wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage erfüllt sein?
- Wird das Aufstellen eines Gedenksteins als bauliche Veränderung der Wohnanlage angesehen?
- Wann liegt eine unbillige Benachteiligung durch bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum vor?
- Welche Rolle spielen ästhetische Aspekte und subjektive Wahrnehmungen bei der Bewertung von baulichen Veränderungen?
- Kann die Gestaltung und Nutzung von Gemeinschaftseigentum durch Mehrheitsbeschluss verändert werden?
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage erfüllt sein?
Das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage unterliegt bestimmten rechtlichen Voraussetzungen, die im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und in der Teilungserklärung der Wohnanlage geregelt sind.
Das Gemeinschaftseigentum umfasst alle Teile des Grundstücks und des Gebäudes, die nicht als Sondereigentum ausgewiesen sind. Dazu gehören beispielsweise Gärten, Wege und Gemeinschaftsräume. Änderungen oder bauliche Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum, wie das Aufstellen eines Gedenksteins, bedürfen in der Regel der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
Gemäß § 20 Abs. 1 WEG sind bauliche Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung hinausgehen, nur zulässig, wenn alle Wohnungseigentümer zustimmen oder die Maßnahme mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen wird. Eine qualifizierte Mehrheit bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Eigentümer zustimmen muss, die zusammen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung der Wohnanlage können zusätzliche Regelungen enthalten, die beachtet werden müssen. Diese Dokumente legen fest, wie das Gemeinschaftseigentum genutzt werden darf und welche Zustimmungsquoren für bestimmte Maßnahmen erforderlich sind. Beispielsweise könnte in der Teilungserklärung festgelegt sein, dass bauliche Veränderungen nur mit einer bestimmten Mehrheit oder sogar einstimmig beschlossen werden müssen.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn eine Eigentümergemeinschaft beschließt, einen Gedenkstein im Gemeinschaftsgarten aufzustellen, muss dieser Beschluss in einer Eigentümerversammlung gefasst werden. Der Verwalter bereitet die Versammlung vor und stellt sicher, dass alle Eigentümer über den geplanten Beschluss informiert werden. In der Versammlung wird dann über den Antrag abgestimmt. Wenn die erforderliche Mehrheit erreicht wird, kann der Gedenkstein aufgestellt werden.
Zusätzlich muss das Rücksichtnahmegebot gemäß § 14 Nr. 1 WEG beachtet werden. Dies bedeutet, dass die Nutzung des Gemeinschaftseigentums, einschließlich baulicher Veränderungen, die anderen Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigen darf. Der Gedenkstein darf also keine erheblichen und vermeidbaren Beeinträchtigungen für die anderen Eigentümer verursachen.
Insgesamt müssen für das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft gemäß den Vorgaben des WEG und der Teilungserklärung eingeholt werden. Der Verwalter spielt eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung der Beschlussfassung.
Wird das Aufstellen eines Gedenksteins als bauliche Veränderung der Wohnanlage angesehen?
Das Aufstellen eines Gedenksteins auf dem Gemeinschaftsgrundstück einer Wohnanlage wird als bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG angesehen. Eine bauliche Veränderung umfasst alle Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Dazu zählen auch dauerhafte Veränderungen, die das Erscheinungsbild oder die Nutzung des Gemeinschaftseigentums beeinflussen.
Für das Aufstellen eines Gedenksteins ist daher ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich. Gemäß § 20 Abs. 1 WEG können solche Maßnahmen mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden. Dies bedeutet, dass mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen in einer Eigentümerversammlung für die Maßnahme stimmen müssen.
Es gibt jedoch wichtige Einschränkungen, die beachtet werden müssen. Bauliche Veränderungen dürfen nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen oder einzelne Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen (§ 20 Abs. 4 WEG). Eine grundlegende Umgestaltung liegt vor, wenn die Maßnahme das Erscheinungsbild oder die Nutzung der Wohnanlage erheblich verändert. Eine unbillige Benachteiligung liegt vor, wenn ein Wohnungseigentümer durch die Maßnahme unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn eine Eigentümergemeinschaft beschließt, einen Gedenkstein im Gemeinschaftsgarten aufzustellen, muss dieser Beschluss in einer Eigentümerversammlung gefasst werden. Der Verwalter bereitet die Versammlung vor und stellt sicher, dass alle Eigentümer über den geplanten Beschluss informiert werden. In der Versammlung wird dann über den Antrag abgestimmt. Wenn die erforderliche Mehrheit erreicht wird und keine grundlegende Umgestaltung oder unbillige Benachteiligung vorliegt, kann der Gedenkstein aufgestellt werden.
Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung der Wohnanlage können zusätzliche Regelungen enthalten, die beachtet werden müssen. Diese Dokumente legen fest, wie das Gemeinschaftseigentum genutzt werden darf und welche Zustimmungsquoren für bestimmte Maßnahmen erforderlich sind.
Insgesamt ist das Aufstellen eines Gedenksteins eine bauliche Veränderung, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, sofern keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage oder unbillige Benachteiligung einzelner Eigentümer vorliegt.
Wann liegt eine unbillige Benachteiligung durch bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum vor?
Eine unbillige Benachteiligung durch bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum liegt vor, wenn die Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden kann. Dies bedeutet, dass die Interessen der betroffenen Eigentümer und die Vorteile der baulichen Veränderung sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen.
Das Gesetz (§ 20 Abs. 4 WEG) sieht vor, dass bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne dessen Einverständnis unbillig benachteiligen, weder beschlossen noch gestattet werden dürfen. Eine unbillige Benachteiligung liegt nicht schon dann vor, wenn sich ein Eigentümer subjektiv beeinträchtigt fühlt. Es müssen objektive Kriterien herangezogen werden, die über das hinausgehen, was im Rahmen eines geordneten Zusammenlebens hinzunehmen ist.
Ein Beispiel für eine unbillige Benachteiligung könnte sein, wenn durch eine bauliche Veränderung, wie das Anbringen einer Markise, der unmittelbar benachbarte Balkon unzumutbar verschattet wird. Hier würde das Interesse des einen Eigentümers an der Markise gegen das Interesse des anderen Eigentümers an der ungestörten Nutzung seines Balkons abgewogen werden. Wenn die Beeinträchtigung erheblich ist und die Vorteile der Maßnahme nicht überwiegen, könnte dies als unbillige Benachteiligung gewertet werden.
Im Fall des Aufstellens eines Gedenksteins in einer Wohnanlage muss geprüft werden, ob diese Maßnahme die Wohnanlage grundlegend umgestaltet oder ob sie einen oder mehrere Eigentümer unbillig benachteiligt. Das bloße subjektive Empfinden, dass der Gedenkstein das Erscheinungsbild stört, reicht nicht aus. Es muss eine objektive Beeinträchtigung vorliegen, die über das Maß hinausgeht, das im Rahmen eines geordneten Zusammenlebens hinzunehmen ist. Wenn der Gedenkstein beispielsweise die Nutzung von Gemeinschaftsflächen erheblich einschränkt oder das optische Erscheinungsbild der Wohnanlage stark verändert, könnte dies als unbillige Benachteiligung angesehen werden.
Die rechtliche Bewertung hängt also von einer sorgfältigen Abwägung der Interessen aller betroffenen Eigentümer ab, wobei sowohl die Vorteile der baulichen Veränderung als auch die möglichen Nachteile berücksichtigt werden müssen.
Welche Rolle spielen ästhetische Aspekte und subjektive Wahrnehmungen bei der Bewertung von baulichen Veränderungen?
Ästhetische Aspekte und subjektive Wahrnehmungen spielen bei der Bewertung von baulichen Veränderungen im Wohnungseigentumsrecht eine untergeordnete Rolle. Das Gesetz und die Rechtsprechung legen den Fokus auf objektive Kriterien und die Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum.
Das subjektive Empfinden einzelner Wohnungseigentümer ist nicht maßgeblich. Entscheidend ist, ob eine bauliche Veränderung das Gemeinschaftseigentum substantiell und dauerhaft verändert. Eine bloße Disharmonie oder eine optische Veränderung, die nur als störend empfunden wird, reicht nicht aus, um eine bauliche Maßnahme zu verhindern. Es muss geprüft werden, ob die Veränderung das charakteristische Aussehen der Wohnanlage als Ganzes erheblich beeinträchtigt.
Ein Beispiel hierfür ist das Aufstellen eines Gedenksteins. Das Landgericht Dresden entschied, dass das Aufstellen eines Gedenksteins im Ziergarten einer Wohnanlage keine grundlegende Umgestaltung darstellt, selbst wenn der Stein optisch einem Grabstein ähnelt. Die Entscheidung basierte auf objektiven Kriterien und nicht auf dem subjektiven Empfinden der betroffenen Eigentümerin, die den Stein als störend empfand. Die optische Veränderung durch den Gedenkstein wurde als nicht erheblich genug angesehen, um eine unbillige Benachteiligung zu begründen.
Bauliche Veränderungen müssen zudem den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Wenn eine Maßnahme gegen diese Vorschriften verstößt, kann sie unabhängig von ästhetischen Aspekten unzulässig sein. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird im Rahmen der Beschlussfassung geprüft.
Insgesamt zeigt sich, dass ästhetische Aspekte und subjektive Wahrnehmungen bei der rechtlichen Bewertung von baulichen Veränderungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend sind objektive Kriterien und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Kann die Gestaltung und Nutzung von Gemeinschaftseigentum durch Mehrheitsbeschluss verändert werden?
Die Gestaltung und Nutzung von Gemeinschaftseigentum in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss verändert werden. Dies ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Ein Mehrheitsbeschluss ist ausreichend, wenn die Maßnahme keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstellt und die Rechte der anderen Eigentümer nicht unbillig beeinträchtigt werden.
Ein Beispiel hierfür ist das Aufstellen eines Gedenksteins im Gemeinschaftsgarten. Das Landgericht Dresden entschied, dass das Aufstellen eines Gedenksteins keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstellt und somit durch Mehrheitsbeschluss genehmigt werden kann. Die Entscheidung berücksichtigte, dass der Gedenkstein nur einen kleinen Teil des Gartens einnimmt und keine unzumutbare Beeinträchtigung für die anderen Eigentümer darstellt. Auch das subjektive Empfinden einzelner Eigentümer, wie der Eindruck eines Friedhofs, wurde nicht als ausreichender Grund für eine Ablehnung anerkannt.
Wichtig ist, dass bauliche Veränderungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, in der Regel einer Zustimmung durch die Eigentümerversammlung bedürfen. Diese Zustimmung kann durch einen Mehrheitsbeschluss erteilt werden, sofern die Maßnahme im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung liegt und keine unzumutbaren Nachteile für einzelne Eigentümer entstehen. Bei Maßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum erheblich verändern oder die Rechte einzelner Eigentümer stark beeinträchtigen, kann jedoch eine qualifizierte Mehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderlich sein.
Die Rechte der Minderheitseigentümer werden durch das WEG geschützt. Sie können Beschlüsse anfechten, wenn sie der Meinung sind, dass diese ihre Rechte unbillig beeinträchtigen. Ein solcher Anfechtungsbeschluss muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Das Gericht prüft dann, ob der Beschluss den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und ob die Rechte der Minderheitseigentümer gewahrt wurden.
Insgesamt zeigt sich, dass die Gestaltung und Nutzung von Gemeinschaftseigentum durch Mehrheitsbeschluss verändert werden kann, solange die Maßnahme keine grundlegende Umgestaltung darstellt und die Rechte der anderen Eigentümer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 20 Abs. 1 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Regelt, dass bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum einer Zustimmung bedürfen, wenn sie über eine ordnungsgemäße Instandhaltung hinausgehen. Hier geht es um die Frage, ob der Gedenkstein als bauliche Veränderung gilt, die von allen Eigentümern genehmigt werden muss.
- § 20 Abs. 4 WEG: Bezieht sich auf die unbillige Benachteiligung von Eigentümern. Wenn eine bauliche Veränderung einen Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt, ist diese unzulässig. Im Fall des Gedenksteins könnte die Klägerin durch den Anblick des als Grabstein empfundenen Objekts unbillig benachteiligt werden.
- § 14 WEG: Verpflichtet die Eigentümer, Rücksicht auf die Interessen der Gemeinschaft zu nehmen. Dies ist relevant, wenn es um ästhetische Veränderungen geht, die das Gemeinschaftsklima beeinträchtigen können, wie im Fall des Gedenksteins.
- Teilungserklärung: Enthält Regelungen über die Nutzung des Gemeinschaftseigentums und kann spezifische Zustimmungen für Veränderungen fordern. Im vorliegenden Fall wird der Garten als „Ziergarten“ definiert, was mit der Aufstellung eines Gedenksteins kollidieren könnte.
- § 22 WEG: Behandelt die bauliche Veränderung und Modernisierung und unterscheidet zwischen Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung und baulichen Veränderungen. Ob der Gedenkstein eine solche bauliche Veränderung ist, determiniert die Erfordernis der Zustimmung.
- Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG): Kann in Fällen geltend gemacht werden, in denen Kunst eine bauliche Veränderung darstellt. Die Frage ist, ob der Gedenkstein als Kunstwerk den Schutz der Kunstfreiheit genießt und somit eine abweichende Beurteilung erfordert.
- § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Zivilprozessordnung): Bezieht sich auf die Berufung und das Verfahren vor dem Berufungsgericht, welche hier zur gerichtlichen Überprüfung des Beschlusses verwendet wurde.
- Rechtsprechung zu baulichen Veränderungen: Die vorhandenen generellen Urteile und spezifischen Entscheidungen hierzu bieten Orientierungshilfen, inwieweit solche Maßnahmen zulässig sind und die Rechte der Eigentümer berührt werden. Relevant sind insbesondere Entscheidungen darüber, wann eine bauliche Veränderung vorliegt und wann eine Umgestaltung anzunehmen ist.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Dresden
LG Dresden – Az.: 2 S 177/23 – Urteil vom 19.01.2024
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 2023 aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Klageantrages 1 (Beschluss zum Tagesordnungspunkt 2a) abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
A.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 18. August 2022.
Wegen des Sachverhaltes wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil verwiesen.
Ergänzend wird folgendes festgestellt: Das Amtsgericht erklärte mit Urteil vom 13. April 2023 den in der Eigentümerversammlung vom 18. August 2023 gefassten Beschluss zum Tagesordnungspunkt 2a gefassten Beschluss, mit dem die Aufstellung eines privaten Gedenksteins für den ehemaligen Wohnungseigentümer und Oberbürgermeister der Stadt L. beschlossen wurde, für ungültig.
Gegen das der Beklagten am 20. April 2023 zugestellte Urteil vom 13. April 2023 legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Mai 2023, eingegangen am selben Tag, Berufung ein, die sie rechtzeitig begründete.
Die Beklagte meint, dass – anders als das Amtsgericht – die Voraussetzungen für eine Ungültigkeit des Beschlusses nach § 20 Abs. 4 WEG nicht vorlägen, da das Aufstellen des Gedenksteins weder eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstelle noch die Klägerin ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werde.
Die Klägerin meint, durch das Aufstellen des Gedenksteins, der einem Grabstein sehr ähnlich sei (es handelt sich tatsächlich allein schon von der Form her um einen von einem Künstler bearbeiteten und umgestalteten ehemaligen Grabstein) gestalte den Garten um, weil dieser nach der Teilungserklärung als „Ziergarten“ vorgesehen sei. Zudem sei der exponiert im Garten angebrachte Stein vor allem von der Wohnung der Klägerin aus zu sehen; die übrigen Wohnungseigentümer hätten keinen so deutlichen Blick auf den Stein.
Da hinter dem Stein eine Kirche erkennbar sei, verstärke dies den Charakter des Grabsteins und vermittle den Eindruck einer Ruhestätte; das sei von der Teilungserklärung so nicht vorgesehen.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Kunstfreiheit berufen. Auch aus der Vorher-/Nachher Betrachtung ergebe sich diese grundlegende Umgestaltung.
Zudem sei die Klägerin durch die Aufstellung des Gedenksteins unbillig benachteiligt: zum einen könne die Klägerin nicht gezwungen werden, auf einen grabsteinähnlichen Stein zu blicken, ohne dass die übrigen Wohnungseigentümer davon einen Vorteil hätten. Denn nur von der Wohnung der Klägerin aus sei der Stein gut einsehbar. Der Gedenkstein stelle einen Fremdkörper dar. Es habe keinen sachlichen Grund gegeben, den Stein nicht vor dem Haus aufzustellen.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. In der mündlichen Verhandlung wurden die Lichtbilder, die sich in der Akte befinden, in Augenschein genommen.
B.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet.
Der Beschluss, mit dem die Aufstellung des Gedenksteins für den ehemaligen Oberbürgermeister von L. beschlossen wurde, ist nach § 20 Abs. 1 WEG wirksam zustande gekommen, da die Mehrheit für diesen Beschluss stimmte.
I. Der Beschluss ist auch nicht unwirksam, weil dem § 20 Abs. 4 WEG entgegenstünde.
Mit der Aufstellung des Gedenksteins wird die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet (§ 20 Abs. 4 1. Alt. WEG); jedenfalls hat die insofern darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (dazu Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 20 Rn. 380) keine Gründe aufgezeigt, die eine solche Einordnung rechtfertigten.
1. Ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei Bezugspunkt die gesamte Wohnanlage sein soll und eine Umgestaltung nur in Ausnahmefällen anzunehmen ist (vgl. dazu Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 20 Rn. 148; BR-Drs. 168/20, 72). Letztendlich kann eine solche Umgestaltung angenommen werden, wenn das Aussehen der gesamten Wohnanlage oder die Nutzung grundlegend umgestaltet werden (vgl. dazu Hügel/Elzer, a.a.O., § 20 Rn. 151 f.).
2. Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
a) Das Amtsgericht meinte, der Klägerin folgend, die grundlegende Umgestaltung folge daraus, dass ein Gedenkstein dem Charakter eines „Ziergartens“ (vgl. dazu Teilungsvertrag vom 18. April 2000, Anlage K 1 AG, dort Seite 13) widerspreche.
b) Das sieht die Kammer so nicht, jedenfalls stellt das Aufstellen eines Gedenksteins, auch wenn dieser optisch einem Grabstein ähnelt, keine grundlegende Umgestaltung eines Ziergartens dar.
c) Zum einen ist der Begriff des „Ziergartens“ nicht streng definiert; schon nach dem Sprachverständnis können in einem Ziergarten Skulpturen aufgestellt werden. Zum anderen handelt es sich um einen sehr kleinen Eingriff, wenn eine Fläche von ca. 1 m² eines Gartens von einer Größe ca. 160 m² mit einer Skulptur verändert wird: die Bepflanzungen stehen nach wie vor im Vordergrund, so dass weder Aussehen noch Nutzung grundlegend geändert werden. Auch kann der Garten weiterhin zur Erholung genutzt werden.
Die Betrachtung der Situation vor und nach der baulichen Veränderung ergibt daher keine Anhaltspunkte für eine grundlegende Veränderung (vgl. zu den Beispielen auch Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 20 Rn. 362 ff.).
d) Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des LG München I (18.3.2021 – 36 S 5554/20, BeckRS 2021, 47735) verweist, ist das unbehilflich, weil diese Entscheidung sich nur mit der Frage auseinandersetzt, ob überhaupt eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG vorliegt. Das wird von keiner Seite ernsthaft in Frage gestellt.
3. Die Klägerin ist auch nicht ohne ihr Einverständnis gegenüber den anderen Wohnungseigentümern durch das Aufstellen des Gedenksteins unbillig benachteiligt § 20 Abs. 4 2. Alt WEG).
Eine Benachteiligung liegt vor, wenn einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden, zudem muss dem nicht mit der baulichen Veränderung einverstandenen Wohnungseigentümer ein Nachteil zugemutet werden als den übrigen Wohnungseigentümern (Hügel/Elzer, a.a.O., § 20 Rn. 154; BR-Drs. 168/20, 72).
a) Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen; es ist nicht abzustellen auf subjektives und persönliches Empfinden eines einzelnen Wohnungseigentümers. Würde man eine subjektive Wertung zulassen, würde das dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Vetorecht zubilligen; das war mit der Neufassung des § 20 WEG aber ausdrücklich nicht mehr gewünscht, vielmehr sollte die Durchsetzung von baulichen Veränderungen erleichtert werden (BT-Drs. 19/18791 S. 61 f.).
Auch in der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass sich die Klägerin subjektiv sehr stark an dem Gedenkstein stört, dessen Ursprung als Grabstein unschwer zu erkennen ist. Das stand auch im Zusammenhang mit der Tatsache, dass der Zeitraum der Aufstellung mit der persönlichen Trauer der Klägerin über den Verlust ihres Ehemanns zusammenfiel. Das kann aber, wie dargelegt, nicht zum Maßstab der Anwendung von § 20 Abs. 4 WEG gemacht werden. Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des Amtsgerichts Konstanz (Urteil vom 9.2.2023 – 4 C 425/22, NZM 2023, 380) beruft, setzt auch diese sich nicht mit § 20 Abs. 4 WEG auseinander.
b) Auch die Tatsache, dass die Klägerin als einzige von ihrem Wohnzimmer aus einen direkten Blick auf den Gedenkstein hat, führt nicht dazu, dass die subjektive Sicht der Klägerin allein entscheidend wäre.
c) Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei der Abwägung auch die Tatsache einzufließen hat, dass ein Kunstwerk immer unterschiedlich interpretiert werden kann. Auch aus der Tatsache, dass die Klägerin auf diesen Stein und eine Kirche blickt und sich dadurch der Eindruck einer Grabstätte verstärkt, spricht nach Auffassung der Kammer nicht für ein Sonderopfer der Klägerin.
Es mag sein, dass ein Wohnungseigentümer ein besonders herausforderndes und zu negativen Interpretationen – und möglicherweise Reaktionen von anderen Personen – führendes Kunstwerk nicht dulden muss; die Grenze ist hier nach Auffassung der Kammer aber, wie dargelegt, bei weitem nicht erreicht. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht verpflichtet, nur Kunstwerke aufzustellen, die keine Reaktionen oder Diskussionen hervorrufen.
d) Auch eine Abwägung der Belange der Wohnungseigentümer mit den Sonderinteressen der Klägerin führt zu keinem anderen Ergebnis: es ist nicht zu beanstanden, dass die Wohnungseigentümer auf dem Grundstück den früheren Miteigentümer, der als Oberbürgermeister von L. eine prägende Rolle in der Stadt L. innehatte, ehren zu wollen.
Insofern ist es nicht richtig, wenn die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 5. Januar 2024 vorträgt, die übrigen Wohnungseigentümern würden keine Vorteile aus der Aufstellung des Gedenksteins haben, so dass nur auf die subjektiven Nachteile der Klägerin abzustellen sei.
e) Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (22.6.2022 – 25 S 56/21, ZMR 2022, 911) wendet nach Auffassung der Kammer § 20 Abs. 4 WEG nicht richtig an, weil der Gesetzgeber bei dieser Norm nicht an den Nachteilsbegriff des § 14 WEG a.F, sondern auf einen viel engeren Nachteilsbegriff abstellen wollte. Zudem ist das Aufstellen eines Fahnenmastes (wie im Fall des Landgerichts Düsseldorf) auch nicht im Ansatz mit der Aufstellung eines Gedenksteins zu vergleichen.
II. Soweit die Klägerin in der Klagebegründung vom 17. Oktober 2022 noch auf weitere Unwirksamkeitsgründe eingegangen ist, führen diese auch nicht zur Ungültigkeit des Beschlusses:
1. Der Beschluss war im Sinne des § 23 Abs. 2 WEG genügend angekündigt, da die Ankündigung die Klägerin in die Lage versetzte, sich mit dem Beschlussgegenstand auseinanderzusetzen. Da die Eigentümerversammlung auch der Ort einer Diskussion sein soll, kann ohnehin nicht verlangt werden, dass der später zu beschießende Wortlaut angekündigt wird.
2. Auch ist der Beschluss hinreichend bestimmt, da es nicht Aufgabe des Beschlusstextes ist, den Gedenkstein genau zu beschreiben.
3. Auch stellt der Gedenkstein, wie oben dargelegt, keinen Widerspruch zur gärtnerischen Nutzung dar. Ganz im Gegenteil: Schöne Gärten sind häufig mit Skulpturen versehen. Insofern können die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Aufstellung einer Skulptur beschließen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Voraussetzungen und Grenzen von § 20 Abs. 4 WEG höchstrichterlich nicht geklärt sind.