Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Wer bezahlt, wenn Handwerker einen Rollladen entsorgen? Ein Urteil schafft Klarheit
- Wie kam es zum Streit um einen einzigen Rollladen?
- Warum ist die Frage „mein Eigentum“ oder „unser Eigentum“ so entscheidend?
- Wie entschied das erste Gericht und warum ging der Fall weiter?
- Warum gehört ein nachträglich angebauter Rollladen allen Eigentümern gemeinsam?
- Was macht eine Sache zu einem „wesentlichen Bestandteil“ eines Gebäudes?
- Warum konnte der Wohnungseigentümer seine neuen Argumente nicht mehr vorbringen?
- Wie hat das Landgericht Hamburg also endgültig entschieden?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie finde ich heraus, ob ein Bauteil an meinem Gebäude Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist?
- Was muss ich beachten, wenn ich Änderungen an der Außenfassade oder anderen gemeinschaftlichen Gebäudeteilen vornehmen möchte?
- Wer trägt die Kosten für Reparaturen und Instandhaltung von Bauteilen, die der Fassade zugerechnet werden, wie Fensterrahmen oder Rollläden?
- Kann die Teilungserklärung in einer Eigentümergemeinschaft festlegen, dass ein eigentlich gemeinschaftliches Bauteil Sondereigentum ist?
- Was sollte ich tun, wenn ein von mir angebrachtes Bauteil, das sich als Gemeinschaftseigentum herausstellt, während einer Sanierung beschädigt wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 318 S 49/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Hamburg
- Datum: 06.11.2024
- Aktenzeichen: 318 S 49/23
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht (WEG), Sachenrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Eigentümer einer Wohnung, der Schadensersatz für einen entsorgten Rollladen forderte und diesen als sein Sondereigentum ansah.
- Beklagte: Der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), der argumentierte, der Rollladen sei Gemeinschaftseigentum.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Kläger forderte vom WEG-Verwalter Schadensersatz, weil ein nachträglich angebrachter Rollladen seiner Wohnung im Zuge von Bauarbeiten demontiert und entsorgt wurde, wobei der Kläger den Rollladen als sein Sondereigentum betrachtete.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Stehen außen angebrachte Rollläden im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers oder sind sie zwingend dem Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuordnen, und wer ist folglich aktivlegitimiert für einen Schadensersatzanspruch bei deren Entsorgung?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Berufung zurückgewiesen: Das Landgericht Hamburg bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und wies die Berufung des Klägers als unbegründet zurück.
- Kernaussagen der Begründung:
- Rollläden sind Gemeinschaftseigentum: Außen angebrachte und sichtbare Rollläden gehören zwingend zum Gemeinschaftseigentum der WEG, da sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes prägen.
- Keine Sondereigentumsfähigkeit: Rollläden können nicht Sondereigentum sein, weil ihre Veränderung, Beseitigung oder Einfügung die äußere Gestaltung des Gebäudes beeinflusst und sie daher wesentliche Bestandteile sind (§ 5 Abs. 1 WEG).
- Kläger nicht aktivlegitimiert: Da der Rollladen zum Gemeinschaftseigentum gehört, steht der Schadensersatzanspruch allein der Wohnungseigentümergemeinschaft zu und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer.
- Folgen für die Klägerin/den Kläger:
- Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz für den entsorgten Rollladen.
- Der Kläger muss die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen.
Der Fall vor Gericht
Wer bezahlt, wenn Handwerker einen Rollladen entsorgen? Ein Urteil schafft Klarheit
Stellen Sie sich vor, Sie sind Eigentümer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Vor einigen Jahren haben Sie auf eigene Kosten hochwertige Rollläden an Ihren Fenstern anbringen lassen. Nun finden am Gebäude Sanierungsarbeiten statt. Nach Abschluss der Arbeiten stellen Sie fest: Einer Ihrer Rollläden wurde von den Handwerkern demontiert und offenbar entsorgt. Der Schaden beträgt fast 3.000 Euro. Sie fordern das Geld vom Hausverwalter zurück, der die Arbeiten beauftragt hat. Doch der weigert sich zu zahlen. Wer hat hier Recht? Ein solcher Fall landete vor dem Landgericht Hamburg, das eine grundlegende Frage klären musste: Wem gehört ein außen angebrachter Rollladen eigentlich rechtlich?
Wie kam es zum Streit um einen einzigen Rollladen?

Ein Wohnungseigentümer, nennen wir ihn Herrn W., verklagte den Verwalter seiner Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Grund: Im Zuge von Bauarbeiten am Haus wurde ein Rollladen an der vermieteten Wohnung von Herrn W. abgebaut und entsorgt. Herr W. forderte daraufhin Schadensersatz in Höhe von 2.908,22 Euro vom Verwalter.
Sein Argument war einfach: Das Gebäude wurde ursprünglich ohne Rollläden gebaut. Er habe diesen Rollladen später selbst gekauft und anbringen lassen. Er sei auch nicht fest in die Hauswand eingelassen, sondern nur außen auf das Mauerwerk aufgesetzt worden. Die Handwerker hätten ihn ja problemlos entfernen können, was zeige, dass er nicht fest mit dem Gebäude verbunden war. Deshalb, so Herr W., sei der Rollladen sein alleiniges Eigentum. Und wenn sein Eigentum beschädigt bzw. entsorgt wird, habe er auch Anspruch auf Ersatz.
Der Verwalter sah das komplett anders. Er argumentierte, dass außen sichtbare Rollläden immer der gesamten Eigentümergemeinschaft gehören, da sie das äußere Erscheinungsbild des Hauses prägen. Der Rollladen sei sehr wohl fest mit dem Gebäude verbunden gewesen. Daher sei nicht Herr W. der Geschädigte, sondern die Eigentümergemeinschaft. Folglich könne auch nur die Gemeinschaft als Ganzes Schadensersatz fordern, nicht ein einzelner Eigentümer.
Warum ist die Frage „mein Eigentum“ oder „unser Eigentum“ so entscheidend?
Um den Kern des Problems zu verstehen, müssen wir zwei wichtige Begriffe aus dem Wohnungseigentumsrecht kennen: Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum.
- Sondereigentum ist all das, was einem Wohnungseigentümer allein gehört. Typischerweise sind das die Räume der Wohnung selbst, die Innentüren, die Tapeten oder der Bodenbelag. Über sein Sondereigentum kann der Eigentümer weitgehend frei bestimmen.
- Gemeinschaftseigentum gehört allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Dazu zählen zwingend Teile des Gebäudes, die für alle wichtig sind, wie das Fundament, das Dach, das Treppenhaus und die Außenfassade.
Diese Unterscheidung ist hier von entscheidender Bedeutung wegen eines Konzepts namens Aktivlegitimation. Das ist ein juristischer Begriff, der beschreibt, wer überhaupt berechtigt ist, eine Klage vor Gericht einzureichen. Man kann es sich so vorstellen: Wenn jemand den gemeinschaftlichen Rasen vor dem Haus umpflügt, kann nicht ein einzelner Nachbar auf Schadensersatz für den Rasen klagen. Das Recht dazu hat nur die Eigentümergemeinschaft als Ganzes. Der einzelne Nachbar ist also nicht „aktivlegitimiert“.
Übertragen auf unseren Fall bedeutet das: Wenn der Rollladen Sondereigentum von Herrn W. war, ist er aktivlegitimiert und kann den Schadensersatz für sich fordern. Gehört der Rollladen aber zum Gemeinschaftseigentum, kann nur die Eigentümergemeinschaft klagen, und die Klage von Herrn W. wäre von vornherein unzulässig.
Wie entschied das erste Gericht und warum ging der Fall weiter?
Das erste zuständige Gericht, das Amtsgericht Hamburg-Harburg, hatte die Klage von Herrn W. abgewiesen. Die Richter dort sahen den Rollladen als Gemeinschaftseigentum an. Damit war Herr W. aus Sicht des Gerichts nicht aktivlegitimiert – er war also die falsche Person, um zu klagen. Mit diesem Ergebnis wollte sich Herr W. nicht zufriedengeben und legte Berufung ein. Das bedeutet, er beantragte, dass die nächsthöhere gerichtliche Instanz, in diesem Fall das Landgericht Hamburg, den Fall noch einmal prüft.
Warum gehört ein nachträglich angebauter Rollladen allen Eigentümern gemeinsam?
Das Landgericht Hamburg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies die Berufung von Herrn W. zurück. Die Richter erklärten detailliert, warum der Rollladen zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehört.
Die zentrale Vorschrift hierfür ist § 5 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Dieses Gesetz regelt die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern. Der Paragraph besagt vereinfacht: Teile eines Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, können kein Sondereigentum sein. Dasselbe gilt für Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen. Und – das ist der entscheidende Punkt hier – es gilt auch für Gebäudeteile, die die äußere Gestaltung des Gebäudes prägen.
Das Gericht argumentierte, dass ein außen angebrachter Rollladen genau das tut: Er prägt die äußere Gestaltung des Gebäudes.
- Der Rollladenkasten war von außen gut sichtbar.
- Besonders im heruntergelassenen Zustand bestimmte der Rollladen das Erscheinungsbild des Fensters und damit eines Teils der Fassade.
- Seine Entfernung führte zu einer sichtbaren optischen Veränderung.
Da der Rollladen also die Fassade mitgestaltet, kann er laut Gesetz nicht im Sondereigentum eines Einzelnen stehen. Er wird automatisch und zwingend dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet. Es spielt dabei keine Rolle, dass Herr W. ihn selbst bezahlt hat oder dass nicht alle Fenster im Haus solche Rollläden hatten.
Was macht eine Sache zu einem „wesentlichen Bestandteil“ eines Gebäudes?
Das Gericht untermauerte seine Entscheidung mit weiteren rechtlichen Überlegungen. Es prüfte, ob der Rollladen ein Wesentlicher Bestandteil des Gebäudes im Sinne des § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist. Ein wesentlicher Bestandteil ist etwas, das so fest mit einer Hauptsache (hier: dem Gebäude) verbunden ist, dass es nicht getrennt werden kann, ohne dass es oder die Hauptsache zerstört oder in ihrem Wesen verändert wird.
Man kann es sich so vorstellen: Ein Bild, das Sie an einem Nagel an die Wand hängen, ist kein wesentlicher Bestandteil. Sie können es jederzeit abnehmen. Ein Fenster oder eine Heizungsanlage, die fest eingebaut sind, sind hingegen wesentliche Bestandteile. Das Gericht sah den Rollladen als fest eingebaut und mit dem Gebäude verbunden an. Er wurde eingefügt, um dort dauerhaft zu bleiben und dem Gebäude ein bestimmtes Gepräge zu geben.
Herr W. hatte argumentiert, der Rollladen sei doch nur zur vorübergehenden Nutzung gedacht gewesen und somit ein sogenannter Scheinbestandteil nach § 95 BGB. Dem widersprach das Gericht entschieden. Ein Rollladen hat eine lange Lebensdauer und wird nicht wie ein Möbelstück bei einem Umzug mitgenommen. Er ist für eine dauerhafte Verbindung mit dem Gebäude bestimmt.
Durch diese feste Verbindung wird der Rollladen rechtlich zu einem Teil des Grundstücks und damit – im Kontext einer Eigentümergemeinschaft – zu Gemeinschaftseigentum.
Warum konnte der Wohnungseigentümer seine neuen Argumente nicht mehr vorbringen?
In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht brachte Herr W. ein neues Argument vor: Er behauptete nun viel detaillierter, der Rollladen sei gar nicht fest verbunden gewesen, sondern nur locker aufgesetzt. Doch damit kam er zu spät.
Im deutschen Zivilprozessrecht gibt es eine Regel, die sich Präklusion nennt (§ 531 der Zivilprozessordnung). Sie besagt im Grunde: Du hattest deine Chance in der ersten Gerichtsverhandlung. Neue wichtige Argumente oder Beweismittel kannst du in der zweiten Runde (der Berufung) nicht einfach nachschieben, es sei denn, es gibt einen sehr guten Grund dafür – zum Beispiel, wenn man sie vorher unverschuldet nicht kannte. Das Gericht sah hier keinen solchen Grund. Herr W. hätte seine Behauptungen zur Art der Befestigung bereits in der ersten Verhandlung vor dem Amtsgericht detailliert vortragen müssen. Da er dies versäumt hatte, wurde sein neues Vorbringen nicht mehr berücksichtigt.
Wie hat das Landgericht Hamburg also endgültig entschieden?
Das Landgericht wies die Berufung von Herrn W. zurück. Er hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verwalter.
Die Begründung ist eine klare juristische Kette:
- Der außen angebrachte Rollladen prägt die Fassade des Gebäudes.
- Gemäß § 5 WEG ist er damit zwingend Gemeinschaftseigentum, auch wenn ein einzelner Eigentümer ihn bezahlt und nachträglich angebracht hat.
- Ansprüche, die sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehen, können gemäß § 9a WEG nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemacht werden.
- Herr W. war als einzelner Eigentümer daher nicht aktivlegitimiert, also nicht berechtigt, die Klage zu erheben.
Die Klage war somit unbegründet. Herr W. musste die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Landgerichts Hamburg schafft wichtige Klarheit über die Eigentumsverhältnisse bei nachträglich angebrachten Rollläden in Wohnungseigentümergemeinschaften.
- Außensichtbare Bauteile sind zwingend Gemeinschaftseigentum: Das Urteil bestätigt, dass außen angebrachte Rollläden automatisch zum Gemeinschaftseigentum aller Wohnungseigentümer gehören, da sie die äußere Gestaltung des Gebäudes prägen – unabhängig davon, wer sie bezahlt oder nachträglich angebracht hat.
- Die Aktivlegitimation bestimmt, wer klagen darf: Daraus folgt, dass nur die Eigentümergemeinschaft als Ganzes Schadensersatzansprüche bezüglich solcher Bauteile geltend machen kann, während einzelne Wohnungseigentümer nicht berechtigt sind, individuelle Klagen zu erheben.
- Prozessuale Präklusion verhindert nachträgliche Argumentationen: Das Urteil verdeutlicht außerdem, dass wichtige Beweisbehauptungen bereits in der ersten Instanz vollständig vorgetragen werden müssen, da nachträgliche Ergänzungen in der Berufung grundsätzlich ausgeschlossen sind.
Diese Entscheidung etabliert eine klare Rechtslage für alle Wohnungseigentümergemeinschaften und macht deutlich, dass die optische Wirkung auf die Fassade den entscheidenden Maßstab für die Zuordnung zum Gemeinschafts- oder Sondereigentum bildet.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie finde ich heraus, ob ein Bauteil an meinem Gebäude Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist?
Um festzustellen, ob ein Bauteil an Ihrem Gebäude Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist, sind in erster Linie die Teilungserklärung und der dazugehörige Aufteilungsplan entscheidend. Diese Dokumente bilden die rechtliche Grundlage für die Eigentumsverhältnisse in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG).
Die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan
Die Teilungserklärung ist ein notariell beurkundetes Dokument, das im Grundbuch eingetragen ist. Sie legt genau fest, welche Teile eines Gebäudes als Sondereigentum (also Ihnen allein gehören) und welche als Gemeinschaftseigentum (allen Eigentümern gemeinsam gehören) definiert sind.
- Sondereigentum umfasst in der Regel die einzelnen Wohnungen oder nicht zu Wohnzwecken dienende Räume (wie Büros oder Läden) sowie bestimmte, zu diesen Räumen gehörende Bestandteile wie nichttragende Innenwände, sanitäre Anlagen, Bodenbeläge oder Tapeten innerhalb Ihrer Wohnung. Es sind die Bereiche, die Sie alleine nutzen und gestalten können.
- Gemeinschaftseigentum sind alle Gebäudeteile, die für den Bestand des Gebäudes, seine Sicherheit oder die äußere Gestaltung notwendig sind. Dazu gehören üblicherweise das Grundstück, das Fundament, tragende Wände, Decken, das Dach, die Fassade, Fenster, Türen zur Wohnung, Treppenhäuser, Aufzüge, Heizungsanlagen, Versorgungsleitungen außerhalb der Sondereigentumsbereiche und Gemeinschaftsflächen wie Gärten oder Höfe.
Der Aufteilungsplan ist eine Bauzeichnung, die der Teilungserklärung beigefügt ist und die Lage und Größe des Sondereigentums sowie des Gemeinschaftseigentums grafisch darstellt. Sondereigentum wird hier oft mit einer Nummer versehen und optisch abgegrenzt.
Für Sie bedeutet das: Prüfen Sie zuerst die Teilungserklärung und den Aufteilungsplan. Diese Dokumente erhalten Sie meist vom Verwalter der WEG oder können im Grundbuchamt eingesehen werden. Sie enthalten die spezifischen Zuordnungen für Ihr Gebäude.
Gesetzliche Grundlagen und allgemeine Kriterien
Kann die Teilungserklärung in einem Einzelfall keine eindeutige Antwort geben oder weicht sie von den gesetzlichen Vorgaben ab, greift das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Das WEG enthält grundsätzliche Bestimmungen darüber, was zwingend Gemeinschaftseigentum sein muss und was Sondereigentum sein kann.
Wichtige Kriterien sind dabei:
- Bestandteil des Gebäudes: Ist das Bauteil ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, ohne den das Gebäude nicht existieren könnte oder dessen Entfernung das Gebäude wesentlich beschädigen würde? Dann ist es in der Regel zwingend Gemeinschaftseigentum (z.B. tragende Wände).
- Äußere Gestaltung: Beeinflusst das Bauteil die äußere Erscheinung des Gebäudes oder dient es der Sicherheit und dem Schutz vor äußeren Einflüssen? Dann ist es ebenfalls oft Gemeinschaftseigentum.
Betrachten Sie das Beispiel Rollläden:
Rollläden, ihre Kästen und die Führungsschienen sind in der Regel Gemeinschaftseigentum. Auch wenn sie nur für Ihre Wohnung genutzt werden, prägen sie die Fassade des Gebäudes, die als Gemeinschaftseigentum gilt. Sie dienen zudem dem Witterungsschutz und der Sicherheit des gesamten Gebäudes.
Was bedeutet das praktisch? Wenn ein Rollladen Gemeinschaftseigentum ist, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für dessen Instandhaltung, Reparatur oder Erneuerung zuständig. Das bedeutet auch, dass ein einzelner Eigentümer nicht eigenmächtig einen Rollladen demontieren oder verändern darf, da dies eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum darstellt. Das Fehlen einer Fensterverkleidung an der Fassade nach einer Demontage, wie im Beispiel genannt, deutet stark darauf hin, dass in das Gemeinschaftseigentum eingegriffen wurde. Solche Maßnahmen bedürfen in der Regel der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der erste und wichtigste Schritt ist immer der Blick in die Teilungserklärung und den Aufteilungsplan. Bei Unklarheiten geben die Prinzipien des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) weitere Orientierung, insbesondere die Frage, ob ein Bauteil für den Bestand, die Sicherheit oder die äußere Gestaltung des Gebäudes unerlässlich ist.
Was muss ich beachten, wenn ich Änderungen an der Außenfassade oder anderen gemeinschaftlichen Gebäudeteilen vornehmen möchte?
Wenn Sie als Wohnungseigentümer Veränderungen an Ihrer Wohnung planen, die von außen sichtbar sind oder andere Teile des Gebäudes betreffen, ist es wichtig zu verstehen, dass Sie hier nicht völlig frei entscheiden können. Dies liegt daran, dass viele von außen sichtbare Elemente des Gebäudes Gemeinschaftseigentum sind.
Was ist Gemeinschaftseigentum?
Gemeinschaftseigentum sind alle Gebäudeteile, die nicht zu den einzelnen Wohnungen (Sondereigentum) gehören. Dazu zählen grundsätzlich die gesamte Außenfassade, das Dach, tragende Wände, der Aufzug, das Treppenhaus, aber auch Fenster, Balkone, und von außen sichtbare Rollläden. Selbst wenn diese direkt an Ihrer Wohnung anliegen, gehören sie meist dem gesamten Gebäude und somit der Eigentümergemeinschaft.
Die Notwendigkeit der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft
Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, also Maßnahmen, die über eine reine Instandhaltung oder Reparatur hinausgehen, erfordern grundsätzlich die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sieht vor, dass solche Veränderungen in der Regel durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden müssen. Die Art und Weise der erforderlichen Mehrheit kann je nach Art der baulichen Veränderung variieren, aber eine Abstimmung ist immer notwendig.
Dies gilt auch, wenn Sie beispielsweise:
- Ihre Fenster austauschen möchten (da Fenster Teil der Fassade sind).
- Die Farbe Ihrer Rollläden ändern möchten.
- Eine Markise anbringen wollen.
- Änderungen an Ihrem Balkon vornehmen, die die Außenansicht betreffen.
Folgen eigenmächtiger Handlungen
Eigenmächtige bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, also ohne vorherige Zustimmung der Eigentümergemeinschaft, sind nicht zulässig. Stellen Sie sich vor, Sie demontieren einen alten Rollladen und entsorgen ihn, weil Sie eine Modernisierung Ihrer Wohnung planen, und blicken dann auf eine fehlende Verkleidung an der Fassade. Oder Sie tauschen Fenster aus, ohne die Gemeinschaft zu informieren. In solchen Fällen haben Sie eine unzulässige Veränderung am Gemeinschaftseigentum vorgenommen.
Die praktische Auswirkung ist, dass die Eigentümergemeinschaft von Ihnen verlangen kann, den ursprünglichen Zustand auf Ihre Kosten wiederherzustellen. Das bedeutet, Sie müssten die entfernten Elemente wieder anbringen oder die vorgenommenen Änderungen rückgängig machen. Auch wenn die Maßnahme in Ihren Augen eine Verbesserung darstellt oder nur Ihre Wohnung betrifft, ist die fehlende Zustimmung der Gemeinschaft entscheidend. Es ist daher unerlässlich, vor der Planung und Umsetzung solcher Maßnahmen immer die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einzuholen, um spätere Konflikte und Kosten zu vermeiden.
Wer trägt die Kosten für Reparaturen und Instandhaltung von Bauteilen, die der Fassade zugerechnet werden, wie Fensterrahmen oder Rollläden?
Die Frage, wer die Kosten für Reparaturen und Instandhaltung von Bauteilen wie Fensterrahmen und Rollläden trägt, hängt entscheidend davon ab, ob diese Bauteile zum Gemeinschaftseigentum oder zum Sondereigentum gehören. Für Sie als Wohnungseigentümer ist diese Unterscheidung wichtig, um Ihre finanziellen Verpflichtungen zu verstehen.
Fenster und Fensterrahmen: Grundsätzlich Gemeinschaftseigentum
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 ist gesetzlich klar geregelt, dass Fenster und ihre wesentlichen Bestandteile wie Fensterrahmen stets zum Gemeinschaftseigentum gehören (§ 5 Abs. 2 WEG). Dies betrifft alle Teile des Fensters, die die äußere Gestalt des Gebäudes prägen, dessen Stabilität beeinflussen oder dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen. Dazu zählen beispielsweise das Glas, der Fensterrahmen selbst, die äußere Verglasung und die Dichtungen.
Das bedeutet für Sie:
- Die Kosten für Reparaturen und Instandhaltung an Fenstern und Fensterrahmen trägt die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG).
- Diese Kosten werden von der Gemeinschaft als gemeinsame Ausgabe behandelt und auf alle Eigentümer verteilt. Die Verteilung erfolgt in der Regel nach den Miteigentumsanteilen jedes Eigentümers, es sei denn, die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung legt einen anderen Verteilungsschlüssel fest.
- Auch wenn ein Fenster Ihrer Wohnung zugeordnet ist, bleibt es im rechtlichen Sinne Gemeinschaftseigentum, weil es ein wesentlicher Bestandteil der gesamten Gebäudehülle und Fassade ist.
Rollläden: Meistens Gemeinschaftseigentum
Auch bei Rollläden ist die Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum die Regel. Dies liegt daran, dass Rollläden und insbesondere ihre Kästen und Führungsschienen fest mit dem Gebäude verbunden sind und das äußere Erscheinungsbild der Fassade prägen. Eine einheitliche Optik und Funktionsweise ist für die gesamte Immobilie wichtig.
Dies hat folgende praktische Auswirkungen:
- Reparaturen und der Austausch von Rollläden – insbesondere der äußeren Bestandteile wie Lamellen, Führungsschienen und der Rolladenkasten selbst – sind Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft.
- Die entstehenden Kosten werden ebenfalls von der gesamten Gemeinschaft getragen und nach dem festgelegten Verteilungsschlüssel (meist Miteigentumsanteile) auf die einzelnen Eigentümer umgelegt.
- Selbst wenn der Motor oder ein innenliegender Gurtwickler eines Rollladens kaputtgeht, wird dies oft als Gemeinschaftsangelegenheit betrachtet, da die Funktion des Rollladens als Einheit, die das Gebäude schützt und sein Erscheinungsbild beeinflusst, im Vordergrund steht.
Bedeutung für Sanierungsplanung und Umlagen
Die Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum hat weitreichende Konsequenzen für die Sanierungsplanung und die damit verbundenen Kosten:
- Entscheidungen über Sanierungen und größere Reparaturen an Fenstern oder Rollläden werden von der Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Eigentümerversammlung getroffen. Ein einzelner Eigentümer kann nicht eigenmächtig entscheiden, diese Bauteile auszutauschen oder zu reparieren und die Kosten der Gemeinschaft belasten.
- Für die Finanzierung solcher Maßnahmen werden in der Regel Sonderumlagen beschlossen oder die Kosten aus der Instandhaltungsrücklage (dem „Sparbuch“ der Gemeinschaft für zukünftige Reparaturen) beglichen. Die Höhe der Umlage richtet sich nach Ihrem Miteigentumsanteil oder dem vereinbarten Verteilungsschlüssel.
- Diese klare Zuordnung trägt dazu bei, Streitigkeiten vorzubeugen, da nicht mehr diskutiert werden muss, ob ein einzelner Eigentümer für Schäden an seinen Fenstern oder Rollläden zuständig ist. Die Gemeinschaft trägt die Verantwortung für die Erhaltung des äußeren Erscheinungsbildes und der Substanz des Gebäudes als Ganzes.
Ein Blick in Ihre Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung kann ergänzende Regelungen enthalten, die beispielsweise die Kostentragung für bestimmte, nicht tragende Bauteile innerhalb einer Wohnung definieren. Die grundsätzliche Einordnung von Fenstern und Rollläden als Gemeinschaftseigentum und die daraus folgende Kostentragung durch die WEG kann aber durch die Teilungserklärung in der Regel nicht zu Ungunsten des Eigentümers abgeändert werden, da es sich um wesentliche Bestandteile des Gebäudes handelt.
Kann die Teilungserklärung in einer Eigentümergemeinschaft festlegen, dass ein eigentlich gemeinschaftliches Bauteil Sondereigentum ist?
Nein, nicht uneingeschränkt. Eine Teilungserklärung regelt zwar die Aufteilung eines Gebäudes in Sondereigentum (Ihre Wohnung) und Gemeinschaftseigentum (Teile, die allen gehören). Allerdings kann die Teilungserklärung nicht beliebig von den zwingenden gesetzlichen Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) abweichen.
Der Unterschied zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
- Sondereigentum umfasst in der Regel Ihre Wohnung und die Räume, die nur Ihnen gehören und die Sie selbstständig nutzen und verändern können, wie zum Beispiel nicht tragende Innenwände oder der Belag Ihres Fußbodens.
- Gemeinschaftseigentum sind alle Teile des Gebäudes und des Grundstücks, die für dessen Bestand, Sicherheit, äußeres Erscheinungsbild oder die gemeinsame Nutzung unerlässlich sind. Dazu gehören das Grundstück selbst, das Dach, das Treppenhaus, die Außenwände, tragende Mauern, aber auch Fenster, Balkone (ihre tragenden Teile und die Brüstung) sowie Leitungen, die mehrere Wohnungen versorgen.
Zwingendes Gemeinschaftseigentum: Grenzen der Gestaltungsfreiheit
Das Wohnungseigentumsgesetz legt in § 5 Abs. 2 WEG fest, welche Bauteile zwingend Gemeinschaftseigentum sein müssen. Das bedeutet, dass selbst wenn in der Teilungserklärung etwas anderes steht, diese Bauteile rechtlich immer Gemeinschaftseigentum bleiben. Ein entsprechender Passus in der Teilungserklärung ist dann unwirksam.
Zu diesen zwingend gemeinschaftlichen Bauteilen gehören alle wesentlichen Bestandteile des Gebäudes, die für seine Stabilität, seine Sicherheit oder sein äußeres Erscheinungsbild notwendig sind. Dazu zählen insbesondere auch Fenster und Rollläden, da sie die Fassade bilden und zum äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes gehören. Auch wenn die Teilungserklärung eine andere Zuordnung vorsieht, sind solche Elemente aufgrund ihrer Funktion und ihrer Verbindung zum Gesamtgebäude als zwingendes Gemeinschaftseigentum anzusehen.
Praktische Auswirkungen am Beispiel der Rollläden
Stellen Sie sich vor, Ihre Teilungserklärung besagt, Rollläden seien Sondereigentum. Wenn nun, wie im geschilderten Fall, ein Rollladen demontiert und entsorgt wird, könnten Sie als Eigentümer zunächst denken, Sie seien allein für den Ersatz zuständig. Doch da Rollläden als Teil der Gebäudehülle und des äußeren Erscheinungsbildes des Gebäudes in der Regel zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören, ist diese Regelung in der Teilungserklärung unwirksam.
Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass die Eigentümergemeinschaft insgesamt für die Instandhaltung, Reparatur und den Ersatz von Rollläden zuständig ist und die damit verbundenen Kosten trägt. Der Grundsatz des zwingenden Gemeinschaftseigentums stellt sicher, dass grundlegende und für alle wichtige Gebäudeteile stets durch die Gemeinschaft erhalten und erneuert werden, unabhängig davon, was fälschlicherweise in der Teilungserklärung stehen mag. Das Gesetz schützt so die Integrität und den Wert des gesamten Wohnungseigentums.
Was sollte ich tun, wenn ein von mir angebrachtes Bauteil, das sich als Gemeinschaftseigentum herausstellt, während einer Sanierung beschädigt wird?
Die Zuordnung von Bauteilen: Gemeinschaftseigentum
Wenn Sie als Eigentümer ein Bauteil an Ihrem Mehrfamilienhaus angebracht haben, ist die rechtliche Einordnung entscheidend. Oftmals gelten Komponenten, die das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen oder dessen statische Sicherheit betreffen, als Gemeinschaftseigentum. Dies ist beispielsweise bei Rollläden der Fall, auch wenn ein einzelner Eigentümer sie finanziert und montiert hat. Gemeinschaftseigentum gehört nicht einem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern allen Eigentümern zusammen als Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Es ist der Teil des Gebäudes, der dem gemeinschaftlichen Gebrauch dient oder für die Erhaltung und Sicherheit des Gebäudes erforderlich ist.
Wer kann Ansprüche geltend machen?
Da das beschädigte Bauteil Gemeinschaftseigentum ist, liegt die Verantwortung für dessen Erhaltung und Instandsetzung bei der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Ganzes. Das bedeutet, dass die WEG die primäre Instanz ist, die bei einer Beschädigung durch Dritte (wie eine Sanierungsfirma) Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Der einzelne Eigentümer, der das Bauteil ursprünglich angebracht hat und dessen Funktion oder Wert nun beeinträchtigt ist, hat seine Interessen im Rahmen der WEG zu vertreten. Ihr Anliegen ist es, dass die WEG als Eigentümerin des beschädigten Gemeinschaftseigentums eine Lösung findet, die auch Ihren ursprünglichen Investitionen und Bedürfnissen gerecht wird. Die WEG ist im Rahmen ihrer Pflichten zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums angehalten, eine Entscheidung über den Umgang mit dem Schaden zu treffen.
Kommunikation und Vorgehen innerhalb der Eigentümergemeinschaft
Stellen Sie fest, dass ein solches Bauteil beschädigt wurde, ist die unverzügliche und schriftliche Mitteilung an die Hausverwaltung der wichtigste erste Schritt. Schildern Sie den Sachverhalt präzise: Welches Bauteil wurde beschädigt? Wann und wie genau ist der Schaden entstanden? Nützlich ist es, wenn Sie die ursprüngliche Anbringung des Bauteils dokumentieren können (z.B. durch Rechnungen oder Fotos).
Die Hausverwaltung agiert als Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie wird Ihre Meldung aufnehmen und in der Regel mit dem Verwaltungsbeirat und den weiteren Eigentümern besprechen. Entscheidungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, werden von der WEG getroffen, üblicherweise durch Beschluss auf einer Eigentümerversammlung oder im Umlaufverfahren. Für Sie als betroffenen Eigentümer bedeutet dies, dass Sie Ihre Position und Ihr Interesse an einer angemessenen Lösung (z.B. Reparatur, Ersatz oder eine andere Form des Ausgleichs) innerhalb der Gemeinschaft deutlich machen sollten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Aktivlegitimation
Die Aktivlegitimation bestimmt, wer das Recht hat, einen Anspruch vor Gericht geltend zu machen. Sie klärt also, ob eine Person oder Gruppe überhaupt berechtigt ist, eine Klage einzureichen und ein bestimmtes Recht einzufordern. Wenn die Aktivlegitimation fehlt, kann die Klage als unzulässig abgewiesen werden, selbst wenn der geltend gemachte Anspruch eigentlich besteht. Im vorliegenden Fall war entscheidend, ob Herr W. oder die Eigentümergemeinschaft als Ganzes aktivlegitimiert war, Schadensersatz zu fordern.
Beispiel: Wenn der gemeinschaftliche Rasen eines Mehrfamilienhauses beschädigt wird, kann nicht ein einzelner Bewohner allein Schadensersatz verlangen, da die Aktivlegitimation hierfür bei der Eigentümergemeinschaft als Ganzes liegt.
Berufung
Die Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine Entscheidung eines Gerichts überprüfen lässt. Sie dient dazu, ein Urteil der ersten Instanz (z.B. des Amtsgerichts) von einem höheren Gericht (z.B. dem Landgericht) auf Fehler in der Rechtsanwendung oder der Tatsachenfeststellung hin überprüfen zu lassen. Durch die Einlegung einer Berufung wird der Fall in der nächsthöheren Instanz erneut verhandelt. Herr W. nutzte dieses Rechtsmittel, um die Abweisung seiner Klage durch das Amtsgericht durch das Landgericht überprüfen zu lassen.
Gemeinschaftseigentum
Gemeinschaftseigentum sind alle Teile eines Gebäudes, die für dessen Bestand, Sicherheit oder äußere Gestaltung zwingend erforderlich sind und allen Eigentümern gemeinsam gehören. Dazu zählen tragende Wände, das Dach, das Treppenhaus, die Fassade und in der Regel auch Fenster und von außen sichtbare Rollläden. Über Gemeinschaftseigentum kann ein einzelner Eigentümer nicht alleine verfügen; Entscheidungen darüber werden von der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft getroffen. Im Artikel wurde der Rollladen als Gemeinschaftseigentum eingestuft, da er die äußere Fassade prägt.
Präklusion
Präklusion bedeutet, dass eine Partei im Gerichtsverfahren bestimmte neue Tatsachen oder Beweismittel nicht mehr vorbringen darf, wenn sie diese schon früher hätte vortragen können. Diese Regelung dient dazu, Gerichtsverfahren zu beschleunigen und zu verhindern, dass Parteien ihre Argumente und Beweise über mehrere Instanzen hinweg „portionsweise“ vorbringen. Wenn eine Partei in der ersten Instanz die Gelegenheit hatte, eine Behauptung vorzubringen, diese aber versäumt hat, kann sie diese in der Berufung oft nicht mehr nachreichen. Dies betraf Herrn W., der seine detaillierten Argumente zur Befestigung des Rollladens zu spät vorbrachte.
Sondereigentum
Sondereigentum bezeichnet die Teile eines Gebäudes, die einem einzelnen Wohnungseigentümer zur alleinigen Nutzung und Verfügung stehen. Typischerweise umfasst dies die Innenräume der Wohnung selbst, nicht-tragende Wände, Tapeten oder Bodenbeläge. Der Eigentümer kann über sein Sondereigentum weitgehend frei bestimmen. Im Fall glaubte Herr W., der Rollladen sei sein Sondereigentum, was ihm das Recht gegeben hätte, Schadensersatz zu fordern.
Teilungserklärung
Die Teilungserklärung ist ein notariell beurkundetes Dokument, das rechtlich verbindlich festlegt, welche Teile eines Gebäudes Sondereigentum und welche Gemeinschaftseigentum sind. Sie wird im Grundbuch eingetragen und ist die zentrale rechtliche Grundlage für die Eigentumsverhältnisse in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Die Teilungserklärung beinhaltet oft auch den Aufteilungsplan und Regelungen zur Nutzung des Eigentums sowie zur Lasten- und Kostenverteilung. Sie ist das erste Dokument, das bei Unklarheiten über die Zuordnung eines Bauteils geprüft werden sollte.
Wesentlicher Bestandteil
Ein wesentlicher Bestandteil ist eine Sache, die so eng mit einer Hauptsache verbunden ist, dass sie von dieser nicht getrennt werden kann, ohne dass einer von beiden zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Diese rechtliche Definition (§ 94 BGB) entscheidet darüber, ob etwas als eigenständige Sache oder als untrennbarer Teil einer anderen Sache betrachtet wird. Ist etwas ein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes, gehört es automatisch dem Eigentümer des Gebäudes. Das Gericht prüfte, ob der Rollladen ein solcher Bestandteil des Hauses war.
Beispiel: Ein fest eingebautes Fenster ist ein wesentlicher Bestandteil eines Hauses, da es nicht ohne Zerstörung oder wesentliche Veränderung des Hauses entfernt werden kann. Ein an die Wand gehängtes Bild hingegen ist kein wesentlicher Bestandteil.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG), § 5 Abs. 1 WEG: Dieser Paragraph regelt die Abgrenzung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sondereigentum sind die Teile einer Wohnung, die für sich allein genutzt werden können, wie die Innenräume. Gemeinschaftseigentum sind hingegen alle Gebäudeteile, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind, dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen oder das äußere Erscheinungsbild prägen. Diese Unterscheidung ist von großer Bedeutung, da sie die Rechte und Pflichten der einzelnen Eigentümer und der Gemeinschaft festlegt.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der außen angebrachte Rollladen das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes prägt und somit zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehört, unabhängig davon, wer ihn bezahlt oder angebracht hat.
- Aktivlegitimation / Wohnungseigentumsgesetz (WEG), § 9a Abs. 2 WEG: Aktivlegitimation bezeichnet die Berechtigung, einen Anspruch gerichtlich geltend zu machen und als Kläger aufzutreten. Im Wohnungseigentumsrecht ist dies entscheidend: Wenn ein Schaden das Gemeinschaftseigentum betrifft, kann in der Regel nur die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft – vertreten durch den Verwalter – Klage erheben. Ein einzelner Eigentümer ist dafür nicht aktivlegitimiert, es sei denn, der Schaden betrifft ausschließlich sein Sondereigentum.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Rollladen als Gemeinschaftseigentum eingestuft wurde, war Herr W. als einzelner Eigentümer nicht aktivlegitimiert, den Schadensersatz für sich zu fordern, was zur Abweisung seiner Klage führte.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 94 BGB (Wesentliche Bestandteile): Dieser Paragraph definiert, was als „wesentlicher Bestandteil“ einer Sache oder, im Kontext von Immobilien, eines Gebäudes gilt. Wesentliche Bestandteile sind solche, die so fest mit einer Hauptsache verbunden sind, dass sie nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Dinge, die zu wesentlichen Bestandteilen werden, verlieren ihre rechtliche Eigenständigkeit und gehören fortan zur Hauptsache.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob der Rollladen als wesentlicher Bestandteil des Gebäudesusehen war, was seine dauerhafte Verbindung mit der Bausubstanz unterstrich und die Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum stützte.
- Zivilprozessordnung (ZPO), § 531 ZPO (Präklusion im Berufungsverfahren): Dieser Paragraph regelt die sogenannte Präklusion, also den Ausschluss von neuen Argumenten oder Beweismitteln in einem Berufungsverfahren vor Gericht. Er besagt, dass eine Partei in der zweiten Gerichtsinstanz (Berufung) grundsätzlich keine neuen Tatsachen oder Beweismittel mehr vorbringen darf, die sie bereits in der ersten Instanz hätte geltend machen können. Dies dient der Beschleunigung des Verfahrens und der Konzentration des Sachvortrags auf die erste Instanz.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr W. konnte neue, detailliertere Behauptungen zur Art der Befestigung des Rollladens im Berufungsverfahren nicht mehr wirksam vorbringen, da diese vom Gericht aufgrund der Präklusionsregeln als verspätet abgewiesen wurden.
Das vorliegende Urteil
LG Hamburg – Az.: 318 S 49/23 – Urteil vom 06.11.2024
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