Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Auswirkungen nachträglicher Änderungen auf Baumaßnahmen im WEG: Ein klarer Fall?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann sind Änderungen an einer schon beschlossenen Baumaßnahme überhaupt erlaubt?
- Was muss ich als Eigentümer tun, wenn eine Änderung an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme geplant ist?
- Was passiert, wenn eine beschlossene Maßnahme später nicht mehr den Bedürfnissen entspricht?
- Gibt es bestimmte Kriterien, anhand derer man beurteilen kann, ob eine Änderung rechtmäßig ist?
- Wie kann ich sicherstellen, dass eine geplante Änderung an einer Baumaßnahme rechtmäßig ist und keine Folgen für den ursprünglichen Beschluss hat?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht hat entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rückbau der Solarkollektoren hat.
- Es wurde festgestellt, dass der Beklagte einen Anspruch auf die Anbringung der Solarkollektoren hat, da die bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes gerechtfertigt ist.
- Die Sichtbarkeit der Solarkollektoren nach Entfernung der Pflanzen beeinflusst nicht den Anspruch des Beklagten, da zum Zeitpunkt der Errichtung die Kollektoren nicht sichtbar waren.
- Ein Rückbau der Solarkollektoren ist nicht erforderlich, da sie die Rechte der anderen Wohnungseigentümer nicht übermäßig beeinträchtigen.
- Die Entscheidung des Gerichts betont, dass bei baulichen Veränderungen der Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme entscheidend ist, nicht spätere Veränderungen durch die Wohnungseigentümer.
- Der Beseitigungsanspruch der Klägerin scheitert auch daran, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Maßnahme einen rechtlichen Gestattungsanspruch hatte.
- Die Klärung der Rechtsfragen durch die Revision ist notwendig, da diese Aspekte höchstrichterlich noch nicht entschieden wurden.
Auswirkungen nachträglicher Änderungen auf Baumaßnahmen im WEG: Ein klarer Fall?
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die Rechte und Pflichten von Eigentümern in einem Gebäude mit mehreren Wohneinheiten. Ein wichtiges Element des WEG ist das Recht der Eigentümergemeinschaft, Baumaßnahmen zu beschließen. Doch welche Auswirkungen haben nachträgliche Änderungen an einer Baumaßnahme auf deren Rechtmäßigkeit? Diese Frage stellt sich immer wieder im Zusammenhang mit Bauvorhaben in WEG-Gemeinschaften.
Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage, ob die ursprünglichen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft durch die Änderungen so sehr verändert wurden, dass sie als völlig neue Beschlüsse betrachtet werden müssen. In diesem Fall müssten die Änderungen erneut von der Eigentümergemeinschaft beschlossen werden. Liegen nur geringfügige Änderungen vor, kann die ursprüngliche Beschlussfassung jedoch weiterhin als Grundlage gelten. Um diese Frage zu klären, ist es notwendig, die einzelnen Änderungen genau zu betrachten und im Kontext des Gesamtprojekts zu betrachten.
Im Folgenden wollen wir einen konkreten Fall näher beleuchten, der viele dieser Fragen aufgeworfen hat:
Streit um bauliche Veränderungen in der Eigentümergemeinschaft? Wir helfen Ihnen.
Sie fühlen sich in Ihren Eigentümerrechten eingeschränkt oder haben Fragen zu baulichen Veränderungen? Unsere Experten für Wohnungseigentumsrecht stehen Ihnen zur Seite. Vereinbaren Sie eine unverbindliche Ersteinschätzung und erfahren Sie, wie wir Ihnen helfen können, Ihre Rechte durchzusetzen.
Der Fall vor Gericht
Sonnenkollektoren auf dem Balkon: Streit in einer Berliner Wohnungseigentümergemeinschaft
Im Mittelpunkt eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Berlin stand die Frage, ob ein Wohnungseigentümer seine auf dem Balkon installierten Sonnenkollektoren entfernen muss. Der Fall begann, als die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Eigentümer klagte, der ohne vorherige Genehmigung Sonnenkollektoren an seiner Balkonbrüstung angebracht hatte. Diese waren zunächst durch Bepflanzungen verdeckt, wurden jedoch nach deren Entfernung sichtbar.
Der Weg durch die Instanzen
Zunächst gab das Amtsgericht Wedding der Klage statt und verpflichtete den Beklagten zum Rückbau der Sonnenkollektoren. Der Eigentümer legte daraufhin Berufung beim Landgericht Berlin ein. Er argumentierte, die Klage sei unzulässig, da über den Anspruch bereits in einem früheren Verfahren entschieden worden sei. Zudem seien die Kollektoren vor der Entfernung der Pflanzen nicht sichtbar gewesen und würden auch dem Einbruchsschutz dienen.
Entscheidung des Landgerichts Berlin
Das Landgericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Klage ab. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass die Klage zwar zulässig sei, da sich der Sachverhalt durch die Entfernung der Pflanzen geändert habe, jedoch unbegründet. Das Gericht erkannte an, dass die Sonnenkollektoren eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum darstellen und nach der Entfernung der Bepflanzung auch sichtbar seien.
Gestattungsanspruch des Eigentümers
Ein zentraler Punkt in der Urteilsbegründung war der Gestattungsanspruch des Eigentümers nach § 20 Abs. 3 WEG. Das Gericht argumentierte, dass zum Zeitpunkt der Installation der Sonnenkollektoren kein Nachteil für die anderen Eigentümer bestand, da die Anlage durch die Bepflanzung verdeckt war. Die spätere Entfernung der Pflanzen durch die Eigentümergemeinschaft könne nicht zu Lasten des Beklagten gehen. Das Gericht betonte, dass bei der Beurteilung einer Beeinträchtigung auf den Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme abzustellen sei, nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
Bedeutung für die Rechtsprechung
Das Landgericht Berlin sah in diesem Fall grundsätzliche rechtliche Fragen berührt, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind. Daher wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob ein bestehender Gestattungsanspruch eines Wohnungseigentümers durch spätere Maßnahmen der Eigentümergemeinschaft entfallen kann. Zudem ist zu klären, ob bei einem abgeschlossenen Sachverhalt ein Gestattungsanspruch einem Beseitigungsanspruch entgegenstehen kann, wenn keine Beschlussfassung vorliegt.
Konsequenzen für die Parteien
Für den beklagten Eigentümer bedeutet das Urteil, dass er seine Sonnenkollektoren vorerst nicht entfernen muss. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann. Die endgültige Entscheidung in dieser Sache könnte jedoch vom Bundesgerichtshof getroffen werden, sollte die zugelassene Revision eingelegt werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Landgerichts Berlin unterstreicht die Bedeutung des Zeitpunkts der baulichen Veränderung für die Beurteilung eines Gestattungsanspruchs nach § 20 Abs. 3 WEG. Es zeigt, dass nachträgliche Veränderungen durch die Eigentümergemeinschaft, die eine zuvor nicht sichtbare Maßnahme sichtbar machen, nicht automatisch zu einem Wegfall des Gestattungsanspruchs führen. Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen für ähnliche Fälle in Wohnungseigentümergemeinschaften haben und bedarf einer höchstrichterlichen Klärung.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer sollten Sie beachten, dass der Zeitpunkt der Durchführung einer baulichen Maßnahme entscheidend für deren rechtliche Beurteilung sein kann. Wenn Sie Veränderungen an Ihrem Eigentum vornehmen, die zunächst nicht sichtbar oder störend für andere Eigentümer sind, könnte Ihnen ein Gestattungsanspruch zustehen – selbst wenn die Maßnahme später durch Veränderungen am Gemeinschaftseigentum sichtbar wird. Dies bedeutet, dass nachträgliche Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft, die Ihre Maßnahme beeinflussen, nicht automatisch zu einem Rückbauzwang führen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und eine abschließende Klärung durch den Bundesgerichtshof steht aus. Es empfiehlt sich daher, bei geplanten baulichen Veränderungen stets die Gemeinschaft frühzeitig einzubeziehen und eine klare Dokumentation des ursprünglichen Zustands vorzunehmen.
Weiterführende Informationen
Ihr Haus, Ihre Wohnung, Ihre Rechte: Rechte und Pflichten im WEG können kompliziert sein – doch mit unserer FAQ-Sektion werden Sie schnell und sicher Antworten auf Ihre Fragen finden.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Wann sind Änderungen an einer schon beschlossenen Baumaßnahme überhaupt erlaubt?
- Was muss ich als Eigentümer tun, wenn eine Änderung an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme geplant ist?
- Was passiert, wenn eine beschlossene Maßnahme später nicht mehr den Bedürfnissen entspricht?
- Gibt es bestimmte Kriterien, anhand derer man beurteilen kann, ob eine Änderung rechtmäßig ist?
- Wie kann ich sicherstellen, dass eine geplante Änderung an einer Baumaßnahme rechtmäßig ist und keine Folgen für den ursprünglichen Beschluss hat?
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann sind Änderungen an einer schon beschlossenen Baumaßnahme überhaupt erlaubt?
Änderungen an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme sind unter bestimmten Bedingungen möglich und rechtlich zulässig. Hier sind die wichtigsten Aspekte, die Sie beachten sollten:
Erlaubte Änderungen
- Geringfügige Änderungen: Kleinere Anpassungen, die den Charakter und die wesentlichen Merkmale der Maßnahme nicht verändern, sind oft erlaubt. Ein Beispiel wäre die Änderung von Materialien, die keine Auswirkungen auf die Statik oder das Erscheinungsbild haben.
- Notwendige Anpassungen: Änderungen, die zur Einhaltung neuer gesetzlicher Vorschriften oder Sicherheitsstandards erforderlich sind, können ebenfalls vorgenommen werden. Dies könnte zum Beispiel eine Anpassung an neue Brandschutzvorschriften sein.
- Zustimmung der Eigentümergemeinschaft: Bei Maßnahmen im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) kann eine Änderung durch einen neuen Beschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgen, sofern die erforderliche Mehrheit zustimmt. Die WEG-Reform von 2020 hat die Zustimmung zu Modernisierungen und Sanierungen erleichtert, indem sie nun mit einfacher Mehrheit möglich ist.
Unterschied zwischen Änderung und neuer Maßnahme
- Änderung: Eine Änderung bezieht sich auf Anpassungen innerhalb des Rahmens der ursprünglichen Maßnahme. Sie verändert nicht den grundlegenden Zweck oder das Ziel des Projekts. Zum Beispiel könnte der Austausch eines Bodenbelags als Änderung gelten, solange die Funktion des Raumes gleich bleibt.
- Neue Maßnahme: Eine Maßnahme wird als neu betrachtet, wenn sie den ursprünglichen Plan erheblich verändert oder erweitert. Dies könnte der Fall sein, wenn ein zusätzlicher Gebäudeteil geplant wird, der nicht im ursprünglichen Beschluss enthalten war.
Gesetzliche Grenzen
Es gibt gesetzliche Grenzen für Änderungen, die eingehalten werden müssen:
- Baurechtliche Vorschriften: Jede Änderung muss den geltenden baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Dies umfasst unter anderem die Einhaltung von Bebauungsplänen und Bauordnungen.
- Genehmigungspflicht: Größere Änderungen können eine neue Baugenehmigung erforderlich machen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Änderung die Nutzung oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich beeinflusst.
- Rechte Dritter: Änderungen dürfen nicht die Rechte Dritter, wie Nachbarn oder andere Eigentümer, unzulässig beeinträchtigen.
Wenn Sie in einer Eigentümergemeinschaft leben und eine Änderung an einer beschlossenen Baumaßnahme in Betracht ziehen, ist es ratsam, sich im Vorfeld mit den anderen Eigentümern abzustimmen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen und internen Regelungen eingehalten werden.
Was muss ich als Eigentümer tun, wenn eine Änderung an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme geplant ist?
Wenn Sie als Teil einer Eigentümergemeinschaft eine Änderung an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme planen, gibt es einige wichtige Schritte und Rechte, die Sie beachten sollten:
Müssen wir als Eigentümergemeinschaft die Änderung erneut abstimmen?
Ja, in der Regel muss eine Änderung einer bereits beschlossenen Baumaßnahme erneut von der Eigentümergemeinschaft abgestimmt werden. Dies liegt daran, dass jede Änderung, die über die ursprüngliche Beschlussfassung hinausgeht, eine neue Entscheidung der Gemeinschaft erfordert. Ein solcher Beschluss sollte in einer Eigentümerversammlung gefasst werden, bei der alle relevanten Informationen zur geplanten Änderung bereitgestellt werden.
Welche Rechte habe ich als Eigentümer bei geplanten Änderungen?
Als Eigentümer haben Sie das Recht, über geplante Änderungen informiert zu werden und an der Abstimmung teilzunehmen. Sie können Ihre Stimme abgeben und Ihre Meinung äußern. Sollten Sie der Meinung sein, dass die Änderung Ihre Rechte unbillig benachteiligt, haben Sie das Recht, den Beschluss anzufechten. Eine Anfechtung kann erfolgreich sein, wenn die Maßnahme zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führt oder Sie als Eigentümer unbillig benachteiligt werden.
Was muss ich tun, um mein Recht auf Mitbestimmung wahrzunehmen?
Um Ihr Mitbestimmungsrecht wahrzunehmen, sollten Sie:
- An der Eigentümerversammlung teilnehmen: Stellen Sie sicher, dass Sie über den Termin und die Tagesordnung informiert sind. Die Einladung erfolgt in der Regel mindestens drei Wochen vor dem Termin.
- Informiert bleiben: Lesen Sie die Unterlagen zur geplanten Änderung sorgfältig durch und bereiten Sie sich auf die Diskussion vor.
- Ihre Stimme abgeben: Nutzen Sie Ihr Stimmrecht, um Ihre Position zur geplanten Änderung zu vertreten.
- Beschlüsse anfechten: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre Rechte verletzt werden, können Sie den Beschluss innerhalb eines Monats nach der Versammlung anfechten. Dies geschieht in der Regel durch eine Klage beim zuständigen Amtsgericht.
Indem Sie diese Schritte befolgen, können Sie sicherstellen, dass Ihre Rechte als Eigentümer gewahrt bleiben und Sie aktiv an Entscheidungen über bauliche Veränderungen in Ihrer Gemeinschaft beteiligt sind.
Was passiert, wenn eine beschlossene Maßnahme später nicht mehr den Bedürfnissen entspricht?
Wenn sich die Bedürfnisse im Laufe der Zeit ändern und eine ursprünglich beschlossene Baumaßnahme nicht mehr sinnvoll erscheint, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um auf diese veränderten Umstände zu reagieren.
Anpassung oder Entfernung der Maßnahme
- Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen: Zunächst sollten Sie prüfen, ob die Maßnahme aufgrund veränderter Umstände rechtlich angepasst oder entfernt werden kann. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bietet hier verschiedene Ansätze, um Beschlüsse zu ändern oder aufzuheben, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
- Einberufung einer Eigentümerversammlung: Eine Möglichkeit, auf veränderte Bedürfnisse zu reagieren, besteht darin, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Hier können die Eigentümer gemeinsam über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Anpassung oder Entfernung der Maßnahme diskutieren.
- Beschlussfassung: In der Versammlung kann ein neuer Beschluss gefasst werden, der die Anpassung oder Entfernung der Maßnahme zum Ziel hat. Es ist wichtig, dass dieser Beschluss den gesetzlichen Anforderungen entspricht und mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wird.
- Rechtliche Beratung: Es kann sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle Schritte korrekt durchgeführt werden und die Interessen aller Eigentümer gewahrt bleiben.
Beispiel aus der Praxis
Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einer Wohnanlage, in der vor einigen Jahren eine teure Solaranlage installiert wurde. Ursprünglich war diese Maßnahme sinnvoll, um Energiekosten zu sparen. Aufgrund technischer Fortschritte oder geänderter Energiepreise könnte die Anlage jedoch nicht mehr wirtschaftlich sein. In einem solchen Fall könnten die Eigentümer beschließen, die Anlage zu modernisieren oder durch eine effizientere Lösung zu ersetzen.
Es ist wichtig zu beachten, dass selbst wenn eine Maßnahme nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen entspricht, sie rechtlich weiterhin gültig sein kann, solange kein neuer Beschluss gefasst wurde. Daher ist es entscheidend, die rechtlichen Möglichkeiten zur Anpassung oder Entfernung sorgfältig zu prüfen und im Rahmen der Eigentümerversammlung zu diskutieren.
Gibt es bestimmte Kriterien, anhand derer man beurteilen kann, ob eine Änderung rechtmäßig ist?
Um festzustellen, ob eine geplante Änderung an einer bereits beschlossenen Baumaßnahme noch zulässig ist, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Diese Faktoren helfen zu beurteilen, ob eine Änderung als „wesentlich“ gilt und welche Rechte die Eigentümer in einer solchen Situation haben.
Kriterien zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Änderungen
- Wesentlichkeit der Änderung: Eine Änderung gilt als wesentlich, wenn sie die ursprüngliche Genehmigung oder den Charakter des Bauprojekts erheblich beeinflusst. Beispiele hierfür sind Änderungen, die die Nutzung des Gebäudes betreffen oder die bauliche Struktur erheblich verändern.
- Rechtliche Rahmenbedingungen: Änderungen müssen im Einklang mit bestehenden Gesetzen und Verordnungen stehen. Dazu gehören Bauvorschriften, Umweltauflagen und andere relevante gesetzliche Bestimmungen.
- Genehmigungsverfahren: Für wesentliche Änderungen ist in der Regel ein neues Genehmigungsverfahren erforderlich. Dies bedeutet, dass die Änderung von der zuständigen Behörde geprüft und genehmigt werden muss.
- Einwilligung der Eigentümer: Bei gemeinschaftlich genutzten Immobilien, wie z.B. in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), ist oft die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich. Diese Zustimmung kann in Form eines Beschlusses in einer Eigentümerversammlung eingeholt werden.
Rechte der Eigentümer
- Informationsrecht: Eigentümer haben das Recht, über geplante Änderungen informiert zu werden. Dies schließt die Einsicht in die Pläne und die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.
- Mitbestimmungsrecht: In einer WEG haben Eigentümer das Recht, über wesentliche Änderungen abzustimmen. Ohne ihre Zustimmung kann eine wesentliche Änderung in der Regel nicht durchgeführt werden.
- Rechtsschutz: Eigentümer können rechtliche Schritte einleiten, wenn sie der Meinung sind, dass eine Änderung unrechtmäßig ist oder ihre Rechte verletzt.
Beispiel aus der Praxis
Stellen Sie sich vor, Sie sind Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft und es wird vorgeschlagen, eine Dachterrasse zu errichten. Eine solche Maßnahme könnte als wesentliche Änderung angesehen werden, da sie die Nutzung und das Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich verändert. In diesem Fall wäre die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft erforderlich, und möglicherweise müsste ein neues Genehmigungsverfahren durchlaufen werden.
Wenn Sie als Eigentümer in einer solchen Situation sind, ist es wichtig, sich über Ihre Rechte zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen gewahrt bleiben.
Wie kann ich sicherstellen, dass eine geplante Änderung an einer Baumaßnahme rechtmäßig ist und keine Folgen für den ursprünglichen Beschluss hat?
Um sicherzustellen, dass eine geplante Änderung an einer Baumaßnahme rechtlich einwandfrei ist und keine negativen Folgen für den ursprünglichen Beschluss hat, sollten Sie als Eigentümer folgende Schritte unternehmen:
Schritte zur Sicherstellung der Rechtmäßigkeit
- Prüfung der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung: Überprüfen Sie die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Diese Dokumente enthalten oft spezifische Regelungen zu baulichen Veränderungen und deren Genehmigung.
- Einholung der Zustimmung: Für bauliche Veränderungen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, ist in der Regel die Zustimmung aller betroffenen Eigentümer erforderlich. Bei Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung hinausgehen, ist eine Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 WEG notwendig.
- Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung: Lassen Sie die geplante Änderung in einer Eigentümerversammlung beschließen. Hierbei sollten Sie sicherstellen, dass der Beschluss ordnungsgemäß gefasst wird, um spätere Anfechtungen zu vermeiden. Ein Beschluss ist in der Regel erforderlich, wenn die Maßnahme das Gemeinschaftseigentum substanziell verändert.
- Rechtsberatung und Gutachten: Ziehen Sie bei komplexen oder umstrittenen Änderungen einen Rechtsanwalt oder einen Gutachter hinzu, um die rechtliche Situation zu klären und sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.
- Anmeldung bei der Bauaufsichtsbehörde: Je nach Art der Änderung kann es erforderlich sein, diese bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde anzumelden oder eine Baugenehmigung einzuholen.
Rechte und Pflichten als Eigentümer
- Recht auf bauliche Veränderung: Als Eigentümer haben Sie das Recht, bauliche Veränderungen vorzunehmen, sofern diese nicht das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen oder die Zustimmung der anderen Eigentümer vorliegt.
- Pflicht zur Rücksichtnahme: Sie müssen sicherstellen, dass Ihre Maßnahmen die Rechte der anderen Eigentümer nicht unbillig beeinträchtigen. Dies umfasst Aspekte wie das äußere Erscheinungsbild, Lärmbelästigung und Emissionen.
- Kostentragung: In der Regel tragen Sie als initiierender Eigentümer die Kosten für die bauliche Veränderung, es sei denn, es wurde eine andere Regelung getroffen oder die Maßnahme wurde von der Gemeinschaft beschlossen.
Durch die Beachtung dieser Schritte und Rechte können Sie sicherstellen, dass Ihre geplante Änderung rechtlich einwandfrei ist und keine negativen Auswirkungen auf den ursprünglichen Beschluss hat.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Aliud: Ein Aliud bezeichnet in der juristischen Fachsprache einen neuen, anderen Anspruch oder Streitgegenstand im Vergleich zu einem bereits entschiedenen Fall. Es geht darum, ob die aktuelle Klage sich von einer früheren unterscheidet oder ob es sich im Wesentlichen um dieselbe Angelegenheit handelt.
- Bauliche Veränderung: Eine bauliche Veränderung bezieht sich auf jegliche Art von Umbau, Anbau oder Veränderung an einem Gebäude oder Grundstück, die über reine Instandhaltung oder Reparatur hinausgeht. Im Kontext des Wohnungseigentumsrechts sind bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum besonders relevant, da sie die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft erfordern können.
- Gestattungsanspruch: Ein Gestattungsanspruch gibt einem Wohnungseigentümer das Recht, von der Eigentümergemeinschaft die Erlaubnis für eine bestimmte Maßnahme zu verlangen, beispielsweise eine bauliche Veränderung. Dieser Anspruch besteht, wenn die Maßnahme keine anderen Eigentümer beeinträchtigt oder wenn alle betroffenen Eigentümer zustimmen.
- Beseitigungsanspruch: Der Beseitigungsanspruch ermöglicht es einem Eigentümer, die Beseitigung einer Beeinträchtigung seines Eigentums zu verlangen. Im Kontext des Wohnungseigentumsrechts kann dies beispielsweise die Entfernung einer baulichen Veränderung bedeuten, die das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt oder gegen die Gemeinschaftsordnung verstößt.
- Revision: Die Revision ist ein Rechtsmittel, das gegen Urteile von Oberlandesgerichten oder anderen höheren Gerichten eingelegt werden kann. Sie dient der Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler und kann dazu führen, dass das Urteil aufgehoben oder geändert wird. Die Revision wird in der Regel beim Bundesgerichtshof eingelegt.
- Vorläufig vollstreckbar: Ein Urteil, das vorläufig vollstreckbar ist, kann trotz eines laufenden Rechtsmittelverfahrens (z.B. Berufung oder Revision) bereits vollstreckt werden. Das bedeutet, dass die im Urteil festgelegten Ansprüche oder Pflichten vorerst durchgesetzt werden können, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 3 WEG (Gestattungsanspruch): Dieser Paragraph regelt das Recht eines Eigentümers, bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum vorzunehmen, wenn dadurch keine anderen Eigentümer beeinträchtigt werden. Im konkreten Fall beruft sich der Beklagte auf diesen Anspruch, da die Sonnenkollektoren zum Zeitpunkt der Installation durch Bepflanzung verdeckt und somit nicht sichtbar waren.
- § 1004 Abs. 1 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch): Dieser Paragraph gewährt Eigentümern das Recht, die Beseitigung von Störungen ihres Eigentums zu verlangen. Die Klägerin (Eigentümergemeinschaft) stützt ihren Anspruch auf Beseitigung der Sonnenkollektoren auf diesen Paragraphen.
- §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 WEG (Bauliche Veränderungen): Diese Paragraphen definieren, was unter baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum zu verstehen ist und legen fest, dass solche Veränderungen grundsätzlich der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft bedürfen. Die Sonnenkollektoren auf dem Balkon stellen eine solche bauliche Veränderung dar.
- § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO (Bezugnahme auf tatsächliche Feststellungen): Diese Vorschrift erlaubt es dem Berufungsgericht, auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts Bezug zu nehmen, um den Verfahrensaufwand zu reduzieren. Im vorliegenden Fall bezieht sich das Landgericht Berlin auf die Feststellungen des Amtsgerichts Wedding.
- Art. 20a GG (Staatsziel Umweltschutz): Dieser Artikel verpflichtet den Staat, den Umweltschutz als Staatsziel zu fördern. Obwohl nicht direkt im Urteil genannt, könnte der Beklagte argumentiert haben, dass die Sonnenkollektoren dem Umweltschutz dienen und daher bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden sollten.
Das vorliegende Urteil
LG Berlin II – Az.: 85 S 11/23 WEG – Urteil vom 16.01.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 06.01.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding – 11 C 261/22 – geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Wegen des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1. ZPO zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Mit dem Beklagten am 12.01.2023 zustellten Urteil vom 06.01.2023 ist er verurteilt worden, die auf dem Balkon bzw. der Balkonbrüstung der Wohneinheit Nummer … der Wohnungseigentumsanlage … in … Berlin angebauten Sonnenkollektoren zurückzubauen, dass sie von außen nicht mehr sichtbar sind. Im Übrigen sind die Klage und die Widerklage abgewiesen worden.
Der Beklagte hat mit am 22.01.2023 beim Landgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Er hält die Klage für unzulässig, da über den Anspruch bereits im Verfahren 70 II 115/04 rechtskräftig entschieden ist.
Ferner meint er, dass die Klage unbegründet sei, weil die Solarkollektoren vor der Entfernung der Pflanzen nicht sichtbar gewesen seien. Bei der Beurteilung, ob ein Nachteil vorliege, seien auch die Wertungen des Grundgesetzes zu beachten, hier Art. 20a GG.
Er habe ferner einen Anspruch auf Genehmigung der Anlage, da diese auch dem Einbruchsschutz diene. Es sei erforderlich, diese abzubauen, um von außen auf den Balkon zu steigen.
Der Beklagtge beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Wedding vom 06.01.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, ein Anspruch auf Errichtung einer Photovoltaikanlage bestehe nicht.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache auch Erfolg.
1. Die Klage ist zunächst jedoch zulässig. Unabhängig davon, ob der jetzige Antrag der Klägerin ein aliud zu dem im Verfahren 70 II 115/04 entschiedenen Antrag darstellt, folgt die Zulässigkeit der Klage daraus, dass sich der Sachverhalt geändert hat. Zum einen hat der Beklagte nach eigenen Ausführungen Änderungen an der Solaranlage vorgenommen. Zum anderen hat sich durch die Entfernung der Pflanzen durch die Klägerin eine Änderung hinsichtlich der Sichtbarkeit der Solarkollektoren des Beklagten ergeben.
2. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten nicht gem. § 1004 Abs. 1 BGB, §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 WEG ein Anspruch auf Rückbau der auf dem Balkon installierten Sonnenkollektoren zu.
a) Der Anspruch scheitert jedoch nicht zunächst daran, dass der Beklagte einen Anspruch auf Gestattung der Anbringung von Sonnenkollektoren gem. § 20 Abs. 2 Nr. 3 WEG hat. Denn die Anlage dient nicht dem Einbruchsschutz. Es ist zwar dem Beklagten darin zu folgen, dass es bereits ausreichend wäre, wenn die Sonnenkollektoren u.a. dem Einbruchschutz dienen würden. Hiervon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden. Die Wohnung des Beklagten liegt nicht im Erdgeschoss, sondern in der ersten Etage.
Es ist somit nicht möglich, ohne ein Hilfsmittel auf den Balkon des Beklagten zu steigen. Aus diesem Grunde ist es nicht erforderlich, die Sonnenkollektoren abzubauen, sondern es genügt bereits, ein höheres Hilfsmittel zu benutzen und über die Sonnenkollektoren auf den Balkon hinüberzusteigen. Ferner ist bereits nicht dargetan und nicht ersichtlich, dass überhaupt eine Einbruchsgefahr über einen Balkon in der ersten Etage besteht.
b) Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, ist für den geltend gemachten Beseitigungsanspruch das neue Recht anzuwenden. Denn der Sachverhalt war zum Zeitpunkt der Änderung des WEG zum 01.12.2020 im Hinblick auf die erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte Entfernung der Bepflanzung noch nicht abgeschlossen (vgl. auch BGH, Urteil vom 17.03.2023 zu V ZR 140/22 und BGH, Urteil vom 10.12.2021 zu V ZR 32/21).
Auch hat der Beklagte eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum vorgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
c) Dem Beklagten steht jedoch nach Auffassung der Kammer ein Anspruch auf Gestattung der baulichen Maßnahme gem. § 20 Abs. 3 WEG zu. Dieser Anspruch hindert nach den Grundsätzen von Treu und Glauben den Beseitigungsanspruch der Klägerin. Die Entscheidung des BGH zu V ZR 140/22 steht dem nicht entgegen. Denn diese betrifft gemäß den Entscheidungsgründen lediglich noch nicht abgeschlossene Sachverhalte. Hinsichtlich abgeschlossener Sachverhalte hat der BGH Feststellungen noch nicht getroffen, sondern ausdrücklich offen gelassen. So liegt es hier. Die Umbaumaßnahmen auf dem Balkon und die Beseitigung der Pflanzen, die die Umbauarbeiten sichtbar machen, sind bereits abgeschlossen.
Gemäß § 20 Abs. 3 WEG besteht ein Gestattungsanspruch, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen:
Wären die Bepflanzungen des Gartens, die zum Zeitpunkt der Durchführung der baulichen Maßnahme bestanden haben, nicht entfernt worden, würde dem Beklagten ein Gestattungsanspruch zustehen, da die errichteten Sonnenkollektoren auf dem Balkon des Beklagten durch die Bepflanzung nicht zu erkennen gewesen wären. Eine Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer hat vor der Entfernung der Pflanzen nicht bestanden.
Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ist die Bepflanzung vor dem Balkon aufgrund einer Entscheidung der Wohnungseigentümer nicht mehr vorhanden gewesen. Die Sonnenkollektoren sind somit nunmehr sichtbar und stellen auch eine Benachteiligung dar. Abzustellen ist bei der Beurteilung einer Benachteiligung auf den Einzelfall. Aus dem eingereichten Foto 6 zum Schriftsatz des Beklagten vom 13.08.2022 (Bl. 70 d.A.) ergibt sich, dass diese deutlich sichtbar sind und sich erheblich von der Gestaltung der anderen Balkone abheben.
Sie bedecken einen erheblichen Teil des Balkongeländers über die gesamte Länge und reichen seitlich auch zur Hälfte nach oben. Unerheblich ist insoweit, dass das AG München in seiner Entscheidung vom 04.10.1990 zu 214 C 24821/90 und das AG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 30.03.2021 zu 37 C 2283/20 nicht von einer störenden Beeinflussung ausgegangen sind, da es auf den konkreten Gesamteindruck ankommt.
Bei der Frage der Beeinträchtigung kann nach Auffassung der Kammer nicht auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abgestellt werden, sondern entscheidend ist insoweit der Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahmen durch den Beklagten. Denn der dem Beklagten unter Berücksichtigung dieser Begebenheiten zustehende Gestattungsanspruch wäre durch eine Entscheidung der Wohnungseigentümer und eine durch sie erfolgte Veränderung des Gemeinschaftseigentums entfallen, ohne dass der Beklagte eine weitere bauliche Maßnahme vorgenommen hätte. Eine solche durch die Wohnungseigentümer vorgenommene Veränderung kann nicht zu Lasten des Beklagten gehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
4. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Die Fragen, – ob bei fehlender Beschlussfassung ein bestehender Gestattungsanspruch bei einem abgeschlossenen Sachverhalt einem Beseitigungsanspruch entgegensteht sowie – ob ein bestehender Gestattungsanspruch eines Wohnungseigentümers aufgrund der Durchführung einer Maßnahme durch die Wohnungseigentümer wieder entfallen kann, sind – soweit ersichtlich – höchstrichterlich noch nicht entschieden.