Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Urteil definiert Kontrollpflichten des WEG-Beirats bei Jahresabrechnung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Pflichten hat der WEG-Beirat bei der Prüfung der Jahresabrechnung?
- Welche Fehler in der Jahresabrechnung kann der WEG-Beirat erkennen und melden?
- In welchen Fällen kann die Entlastung der Hausverwaltung angefochten werden?
- Welche Rolle spielt der WEG-Beirat bei der Belegprüfung?
- Was können Wohnungseigentümer tun, wenn sie Unregelmäßigkeiten in der Jahresabrechnung vermuten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht erklärte den Beschluss zur Entlastung der Hausverwaltung für 2019-2021 für ungültig.
- Die Kläger mussten die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Die Kläger rügten formelle Mängel, wie das Fehlen einer Teilnehmerliste und unklare Abstimmungsergebnisse.
- Sie argumentierten, dass die Jahresabrechnungen 2019-2021 fehlerhaft seien, da keine neue Abrechnung für 2018 vorlag.
- Die Kläger bemängelten fehlerhafte Zuordnungen von Einnahmen und nicht genehmigte Kosten in den Abrechnungen.
- Das Gericht befand, dass die Klage zulässig, aber überwiegend unbegründet sei.
- Die Entscheidung wurde unter Berücksichtigung der formellen Anforderungen und Fristen getroffen.
- Die Eigentümerversammlung hatte keine ordnungsgemäßen Entscheidungsgrundlagen.
- Die Entlastung der Verwaltung war aufgrund der genannten Fehler nicht ordnungsgemäß.
- Die Anfechtungsklage richtete sich gegen mehrere Beschlüsse der Eigentümerversammlung.
Urteil definiert Kontrollpflichten des WEG-Beirats bei Jahresabrechnung
Die Verwaltung von Eigentumswohnungen ist ein komplexes Unterfangen. Dabei spielen die Eigentümergemeinschaft und der WEG-Beirat eine wichtige Rolle. Eine der zentralen Aufgaben des Beirats ist die Kontrolle der Hausverwaltung. Diese Kontrolle umfasst insbesondere die Überprüfung der Jahresabrechnung. Doch wie weit reicht die Kontrollpflicht des Beirats? Muss er sich mit allen Details der Abrechnung auseinandersetzen oder genügt es, die rechnerische Richtigkeit zu überprüfen?
Das Thema der Kontrollpflichten des WEG-Beirats ist im deutschen Recht nicht einheitlich geregelt. Die Rechtsprechung beschäftigt sich seit Jahren mit dieser Frage. In jüngster Zeit hat ein Urteil eines deutschen Oberlandesgerichts neue Erkenntnisse zu den Kontrollpflichten des Beirats gebracht. Dieses Urteil verdeutlicht, welche Aufgaben dem Beirat bei der Überprüfung der Jahresabrechnung zukommen und welche Grenzen er dabei beachten muss. Es gibt viele weitere Fragen, die sich im Kontext der WEG-Verwaltung stellen, wie etwa die Verteilung von Kosten oder die Rechte und Pflichten der Eigentümer. Das folgende Urteil liefert spannende Hinweise und zeigt auf, wie das deutsche Recht die Aufgaben und Kompetenzen des WEG-Beirats definiert.
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Der Fall vor Gericht
Ungültigkeitserklärung für Entlastungsbeschluss der Hausverwaltung nach WEG-Streit
Im Zentrum des Falls stand die Anfechtung mehrerer Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), insbesondere zur Genehmigung von Jahresabrechnungen und zur Entlastung von Hausverwaltung und Verwaltungsbeirat. Die Kläger, Eigentümer einer Wohnung in der betroffenen WEG, sahen in den Beschlüssen verschiedene formelle und materielle Mängel und zweifelten an der ordnungsgemäßen Verwaltung durch die Hausverwaltung.
Gerichtliche Prüfung der Beschlussanfechtung
Das Amtsgericht München hatte über die Gültigkeit der angefochtenen Beschlüsse zu entscheiden. Dabei prüfte es sowohl formelle Aspekte wie die Einhaltung von Fristen und die ordnungsgemäße Durchführung der Eigentümerversammlung als auch materielle Fragen zur inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Beschlüsse.
Ein zentraler Punkt war die Beurteilung des Entlastungsbeschlusses für die Hausverwaltung. Das Gericht erklärte diesen Beschluss für ungültig, da er nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprach. Begründet wurde dies damit, dass Haftungsansprüche gegen den Verwalter wegen möglicherweise rechtswidriger Zahlungen in Betracht kamen. Solche potenziellen Ansprüche betrafen unter anderem Sondervergütungen, Hausmeisterkosten und Ausgaben für Spielplatzschilder, die laut Kläger ohne ausreichende Rechtsgrundlage getätigt wurden.
Bewertung der Jahresabrechnungen und Kostenverteilung
Bei der Prüfung der Beschlüsse zu den Jahresabrechnungen 2019 bis 2021 stellte das Gericht klar, dass nach aktuellem Recht die Wohnungseigentümer nur noch über Nachschüsse oder die Anpassung von Vorschüssen beschließen, nicht aber über die Jahresabrechnung als Ganzes. Fehler in der Abrechnung führen demnach nur dann zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses, wenn sie sich auf die konkreten Zahlungsverpflichtungen der Eigentümer auswirken.
Das Gericht wies mehrere Rügen der Kläger zurück, etwa bezüglich der Zuordnung von Mieteinnahmen oder der Verbuchung bestimmter Kosten. Es betonte, dass nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip alle tatsächlichen Ausgaben in der Abrechnung aufzuführen sind, auch wenn sie möglicherweise unberechtigt waren.
Entlastung des Verwaltungsbeirats bestätigt
Im Gegensatz zur Hausverwaltung sah das Gericht die Entlastung des Verwaltungsbeirats als rechtmäßig an. Es betonte, dass für den Beirat nicht dieselben Maßstäbe gelten wie für den Verwalter. Die Aufgabe des Beirats beschränke sich auf die Prüfung der rechnerischen Richtigkeit von Abrechnungen, nicht aber auf die rechtliche Bewertung von Kostenzuordnungen oder die Verfolgung aktueller Rechtsprechung.
Für Wohnungseigentümer ergibt sich aus diesem Urteil die wichtige Erkenntnis, dass sie bei der Anfechtung von Beschlüssen zu Jahresabrechnungen konkret darlegen müssen, wie sich ein behaupteter Fehler auf ihre persönliche Zahlungspflicht auswirkt. Allgemeine Rügen zur Richtigkeit der Abrechnung reichen dafür nicht aus.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht die unterschiedlichen Maßstäbe für Hausverwaltung und Verwaltungsbeirat in Wohnungseigentümergemeinschaften. Während die Entlastung der Hausverwaltung bei potenziellen Haftungsansprüchen ungültig sein kann, genügt für den Beirat die Prüfung der rechnerischen Richtigkeit. Für Eigentümer ist bei Anfechtungen von Abrechnungsbeschlüssen entscheidend, konkret darzulegen, wie sich ein behaupteter Fehler auf ihre individuelle Zahlungspflicht auswirkt. Dies stärkt die Rechtssicherheit und Effizienz in WEG-Verfahren.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Eigentümer einer Eigentumswohnung haben Sie nach diesem Urteil klarere Richtlinien für Ihre Kontrollrechte und -pflichten. Die Entlastung der Hausverwaltung sollten Sie kritisch prüfen, besonders wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ausgaben bestehen. Bei der Anfechtung von Abrechnungsbeschlüssen müssen Sie konkret darlegen, wie sich ein Fehler auf Ihre Zahlungspflicht auswirkt. Die Prüfung der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung durch den Verwaltungsbeirat ist ausreichend; eine rechtliche Bewertung wird von ihm nicht erwartet. Diese Klarstellungen helfen Ihnen, Ihre Rechte gezielt wahrzunehmen und realistische Erwartungen an die Kontrollmechanismen in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft zu haben.
FAQ – Häufige Fragen
Als Mitglied eines WEG-Beirats tragen Sie eine große Verantwortung. Kontrollpflichten des WEG-Beirats sind dabei ein sensibles Thema, das viele Fragen aufwirft. Mit dieser FAQ-Rubrik möchten wir Ihnen wichtige Informationen und hilfreiche Antworten zu diesem Bereich liefern, damit Sie Ihre Aufgaben im Beirat souverän und rechtssicher erfüllen können.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Pflichten hat der WEG-Beirat bei der Prüfung der Jahresabrechnung?
- Welche Fehler in der Jahresabrechnung kann der WEG-Beirat erkennen und melden?
- In welchen Fällen kann die Entlastung der Hausverwaltung angefochten werden?
- Welche Rolle spielt der WEG-Beirat bei der Belegprüfung?
- Was können Wohnungseigentümer tun, wenn sie Unregelmäßigkeiten in der Jahresabrechnung vermuten?
Welche Pflichten hat der WEG-Beirat bei der Prüfung der Jahresabrechnung?
Der WEG-Beirat hat bei der Prüfung der Jahresabrechnung eine wichtige Kontrollfunktion. Seine Pflichten umfassen mehrere Aspekte, die sorgfältig beachtet werden müssen.
Grundsätzlich soll der Verwaltungsbeirat den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung prüfen. Diese Aufgabe ist in § 29 Abs. 2 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) verankert. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Prüfungspflicht den anderen Wohnungseigentümern nicht ihr Recht nimmt, selbst die Verwaltung zu kontrollieren.
Die Prüfung sollte in der Regel am Geschäftssitz des Verwalters stattfinden. Dabei erstreckt sich die Kontrolle nicht nur auf die Jahresabrechnung selbst, sondern auch auf weitere relevante Unterlagen. Hierzu gehören Belege wie Rechnungen, Quittungen, Kontoauszüge, die Heizkostenabrechnung, Buchungsbelege und der zugehörige Schriftverkehr. Auch Buchhaltungsunterlagen wie Buchungskonten, Buchungslisten und Saldenaufstellungen sind Gegenstand der Prüfung.
Ein wesentlicher Teil der Prüfungspflicht besteht in der Kontrolle der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung. Der Beirat muss sicherstellen, dass die Zahlen korrekt addiert und subtrahiert wurden und dass die Umlageschlüssel richtig angewandt wurden. Hierbei ist besonders auf etwaige Änderungen des Umlageschlüssels zu achten, die per Beschluss festgelegt wurden.
Bei der Heizkostenabrechnung gilt es, besonders aufmerksam zu sein. Der Beirat muss prüfen, ob das Ableseunternehmen die gesetzlichen Vorgaben eingehalten hat. Bei Altanlagen müssen mindestens 50% und maximal 70% nach Verbrauch abgerechnet werden, bei Neuanlagen in der Regel 70%.
Die Prüfung umfasst auch eine inhaltliche Kontrolle. Der Beirat sollte hinterfragen, ob die in der Abrechnung aufgeführten Ausgaben und Einnahmen der Sache und der Höhe nach plausibel sind. Dabei ist es wichtig, die Belege sorgfältig zu prüfen und bei Unklarheiten nachzufragen.
Es ist ratsam, dass mindestens zwei Beiratsmitglieder die Prüfung gemeinsam vornehmen. Dies gewährleistet das Vier-Augen-Prinzip und erhöht die Genauigkeit der Kontrolle. In größeren Wohnungseigentümergemeinschaften mit vielen Kostenpositionen ist die Prüfung besonders anspruchsvoll und zeitintensiv.
Der Beirat sollte sich bewusst sein, dass er stellvertretend für alle Eigentümer handelt. Jeder Wohnungseigentümer hat grundsätzlich das Recht auf Einsicht und Prüfung der Verwaltungsunterlagen. Der Beirat nimmt diese Aufgabe stellvertretend wahr, was seine Verantwortung unterstreicht.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Beirat keine rechtliche Vertretungsfunktion für die Wohnungseigentümer oder die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat. Seine Aufgabe beschränkt sich auf die Prüfung und Unterstützung des Verwalters.
Die Prüfungspflicht des Beirats erstreckt sich auch auf den Vermögensbericht gemäß § 28 Abs. 4 WEG. Dieser Bericht gibt Auskunft über die finanzielle Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft und muss ebenfalls sorgfältig kontrolliert werden.
Angesichts der Komplexität der Aufgabe und der sich ständig ändernden Rechts- und Steuervorschriften ist es für Beiratsmitglieder ratsam, sich regelmäßig fortzubilden. Dies hilft, die Prüfung kompetent und zuverlässig durchzuführen.
Welche Fehler in der Jahresabrechnung kann der WEG-Beirat erkennen und melden?
Der WEG-Beirat spielt eine wichtige Rolle bei der Prüfung der Jahresabrechnung. Er kann verschiedene Arten von Fehlern erkennen und melden, die für die Eigentümergemeinschaft von Bedeutung sind.
Ein zentraler Aspekt, den der Beirat überprüfen kann, ist die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung. Dies umfasst die Kontrolle von Summen, Übertragungen und der korrekten Anwendung von Verteilerschlüsseln. Der Beirat achtet darauf, ob alle Posten korrekt addiert wurden und ob die Gesamtsummen in den verschiedenen Teilen der Abrechnung übereinstimmen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vollständigkeit der Unterlagen. Der Beirat kann prüfen, ob alle notwendigen Dokumente vorliegen, wie etwa Kontoauszüge, Rechnungsbelege und Übersichten zu Einnahmen und Ausgaben. Fehlen wichtige Unterlagen, kann der Beirat dies anmerken und eine Vervollständigung anfordern.
Der Beirat kann auch auf Unstimmigkeiten in der Kostenverteilung aufmerksam machen. Er überprüft, ob die in der Teilungserklärung oder durch Beschlüsse festgelegten Verteilerschlüssel korrekt angewendet wurden. Abweichungen von diesen Vorgaben können vom Beirat identifiziert und gemeldet werden.
Eine weitere Aufgabe des Beirats ist die Kontrolle der Zuordnung von Ausgaben. Er kann prüfen, ob Kosten dem richtigen Abrechnungszeitraum zugeordnet wurden und ob sie tatsächlich die Gemeinschaft betreffen. Ausgaben, die eigentlich Einzeleigentümer betreffen, sollten nicht in der Gemeinschaftsabrechnung auftauchen.
Der Beirat kann auch die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage überprüfen. Er achtet darauf, ob die beschlossenen Zuführungen korrekt erfolgt sind und ob Entnahmen den gefassten Beschlüssen entsprechen. Unregelmäßigkeiten in diesem Bereich können erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Gemeinschaft haben.
Ein oft übersehener Aspekt ist die Berücksichtigung von Sonderumlagen oder Beschlüssen. Der Beirat kann kontrollieren, ob alle von der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse, die finanzielle Auswirkungen haben, korrekt in der Abrechnung umgesetzt wurden.
Der Beirat kann auch auf formale Fehler hinweisen, wie etwa fehlende Unterschriften, falsche Datumsangaben oder unvollständige Eigentümerlisten. Solche Mängel können die Gültigkeit der Abrechnung beeinträchtigen.
Bei der Prüfung der Einzelabrechnungen kann der Beirat darauf achten, ob die individuellen Vorauszahlungen und Nachzahlungen bzw. Guthaben korrekt berechnet wurden. Hierbei spielen sowohl die Gesamtkosten als auch die individuellen Verteilerschlüssel eine Rolle.
Der Beirat kann zudem auf ungewöhnliche Kostensteigerungen oder -senkungen aufmerksam machen. Signifikante Abweichungen von den Vorjahreswerten oder vom Wirtschaftsplan können auf Fehler oder erklärungsbedürftige Umstände hinweisen.
Schließlich kann der Beirat auch die Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben prüfen, etwa ob die Heizkostenabrechnung den Anforderungen der Heizkostenverordnung entspricht oder ob die Trennung zwischen Instandhaltung und Instandsetzung korrekt vorgenommen wurde.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Beirat zwar diese Punkte prüfen und Auffälligkeiten melden kann, die endgültige Verantwortung für die Richtigkeit der Abrechnung jedoch beim Verwalter liegt. Der Beirat fungiert als zusätzliche Kontrollinstanz, um die Interessen der Eigentümergemeinschaft zu wahren und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen.
In welchen Fällen kann die Entlastung der Hausverwaltung angefochten werden?
Die Entlastung der Hausverwaltung kann in verschiedenen Fällen angefochten werden. Grundsätzlich ist eine Anfechtung möglich, da der Entlastungsbeschluss wie jeder andere Wohnungseigentümerbeschluss anfechtbar ist.
Ein wichtiger Grund für eine Anfechtung liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht alle relevanten Informationen zur Verfügung standen. Dies kann der Fall sein, wenn der Verwalter seiner Pflicht zur umfassenden Information der Eigentümer nicht nachgekommen ist oder wichtige Unterlagen nicht vorgelegt hat.
Auch bei Pflichtverletzungen des Verwalters, die den Eigentümern erst nach der Entlastung bekannt werden, kann eine Anfechtung gerechtfertigt sein. Hierzu zählen beispielsweise Veruntreuung von Geldern, grobe Vernachlässigung der Instandhaltung oder eigenmächtige Entscheidungen ohne Rücksprache mit den Eigentümern.
Ein weiterer Anfechtungsgrund kann vorliegen, wenn die Entlastung nicht ordnungsgemäß auf der Tagesordnung der Eigentümerversammlung stand oder wenn bei der Beschlussfassung Formfehler begangen wurden.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden muss. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, da der Beschluss andernfalls bestandskräftig wird.
Bei der Anfechtung der Entlastung ist zu berücksichtigen, dass diese rechtlich als negatives Schuldanerkenntnis wirkt. Das bedeutet, dass mit der Entlastung grundsätzlich auf Ersatzansprüche gegen den Verwalter verzichtet wird, soweit diese den Eigentümern bekannt waren oder bei sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen wären.
Allerdings erstreckt sich die Entlastung nicht auf strafbares Verhalten des Verwalters. Auch individuelle Ansprüche einzelner Eigentümer, die mit deren Sondereigentum zusammenhängen, bleiben von der Entlastung unberührt.
In der Praxis ist es ratsam, vor einer Anfechtung sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich gewichtige Gründe vorliegen. Eine unbegründete Anfechtung kann zu unnötigen Kosten und Konflikten innerhalb der Eigentümergemeinschaft führen. Andererseits kann eine berechtigte Anfechtung dazu beitragen, die Interessen der Eigentümergemeinschaft zu wahren und mögliche Schäden abzuwenden.
Bei kombinierten Beschlüssen, die sowohl die Genehmigung der Jahresabrechnung als auch die Entlastung des Verwalters umfassen, kann die Entlastung auch isoliert angefochten werden. Dies ermöglicht es den Eigentümern, die Jahresabrechnung zu akzeptieren, gleichzeitig aber Vorbehalte gegen die Entlastung des Verwalters geltend zu machen.
Welche Rolle spielt der WEG-Beirat bei der Belegprüfung?
Der WEG-Beirat spielt eine wichtige Rolle bei der Belegprüfung in Wohnungseigentümergemeinschaften. Seine Aufgaben sind im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert und umfassen die Unterstützung und Überwachung des Verwalters bei der Durchführung seiner Aufgaben. Eine zentrale Pflicht des Beirats ist die Prüfung des Wirtschaftsplans, der Jahresabrechnung und von Rechnungslegungen.
Bei der Belegprüfung konzentriert sich der Beirat hauptsächlich auf die rechnerische und sachliche Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen. Er überprüft, ob die Einnahmen und Ausgaben korrekt erfasst und den richtigen Konten zugeordnet wurden. Dabei achtet er besonders auf die Vollständigkeit der Belege, die korrekte Zuordnung zum Abrechnungsjahr und die Übereinstimmung der Buchungen mit den tatsächlichen Kontobewegungen.
Der Beirat hat das Recht, Einsicht in alle relevanten Verwaltungsunterlagen zu nehmen. Dies umfasst Kontoauszüge, Rechnungen, Übersichten der Wohngeldzahlungen und sonstiger Einnahmen sowie die Gesamtaufstellung der Einnahmen und Ausgaben. Die Prüfung findet in der Regel in den Räumlichkeiten des Verwalters statt, da dieser nicht verpflichtet ist, die Originalunterlagen herauszugeben.
Ein wichtiger Aspekt der Belegprüfung ist die Kontrolle der Kontostände zum Jahresende. Der Beirat gleicht die Kontostände laut Buchhaltungssoftware mit den tatsächlichen Bankkontoauszügen ab. Etwaige Differenzen müssen aufgeklärt und gegebenenfalls korrigiert werden. Zudem prüft er die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage und achtet auf ungewöhnliche oder auffällige Zahlungen, insbesondere zum Jahresende.
Der Beirat ist nicht verpflichtet, eine vollständige Prüfung aller Belege vorzunehmen. Eine stichprobenartige Überprüfung ist ausreichend, solange sie repräsentativ und aussagekräftig ist. Bei größeren Sanierungsmaßnahmen oder auffälligen Abweichungen vom Wirtschaftsplan sollte der Beirat jedoch genauer hinschauen und sich die entsprechenden Belege im Detail zeigen lassen.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Beirat keine rechtliche Prüfung der Belege oder Verträge vornehmen muss. Seine Aufgabe beschränkt sich auf die rechnerische und sachliche Richtigkeit. Für komplexe rechtliche oder steuerliche Fragen sollte die Eigentümergemeinschaft bei Bedarf externe Experten hinzuziehen.
Nach Abschluss der Prüfung erstellt der Beirat eine Stellungnahme für die Wohnungseigentümer. Diese sollte idealerweise bereits mit der Einladung zur Eigentümerversammlung versendet werden, damit alle Eigentümer sich vorab informieren können. In der Versammlung selbst kann der Beirat dann Erläuterungen zu seiner Prüfung geben und auf eventuelle Auffälligkeiten hinweisen.
Die Belegprüfung durch den Beirat dient als wichtige Kontrollinstanz und schafft Transparenz für alle Wohnungseigentümer. Sie trägt dazu bei, Fehler oder Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Gleichzeitig entlastet sie die einzelnen Eigentümer, die sonst selbst eine umfangreiche Prüfung vornehmen müssten.
Für eine effektive Belegprüfung ist es ratsam, dass der Beirat sich gut vorbereitet und strukturiert vorgeht. Die Verwendung von Checklisten kann dabei hilfreich sein, um alle relevanten Aspekte systematisch abzuarbeiten. Auch eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation mit dem Verwalter ist entscheidend, um Fragen zeitnah klären zu können.
Der Zeitpunkt der Belegprüfung sollte sorgfältig gewählt werden. Sie sollte nicht zu knapp vor der Eigentümerversammlung stattfinden, damit genügend Zeit bleibt, um eventuelle Korrekturen vorzunehmen oder offene Fragen zu klären. Idealerweise findet die Prüfung statt, bevor die Jahresabrechnung an die Eigentümer versandt wird.
Abschließend ist zu erwähnen, dass die Tätigkeit des Beirats bei der Belegprüfung zwar eine wichtige Kontrollfunktion erfüllt, aber keine Garantie für die absolute Fehlerfreiheit der Abrechnung darstellt. Die letztendliche Verantwortung für die Genehmigung der Jahresabrechnung liegt bei der Eigentümerversammlung.
Was können Wohnungseigentümer tun, wenn sie Unregelmäßigkeiten in der Jahresabrechnung vermuten?
Bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten in der Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stehen den Eigentümern verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Zunächst ist es ratsam, die Jahresabrechnung gründlich zu prüfen. Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen zu nehmen. Dies umfasst alle Abrechnungs- und Buchhaltungsunterlagen, Kontoauszüge sowie die Einzelabrechnungen aller Wohnungseigentümer. Eine sorgfältige Prüfung dieser Unterlagen kann bereits Aufschluss über mögliche Unstimmigkeiten geben.
Werden tatsächlich Unregelmäßigkeiten festgestellt, sollten diese umgehend der Verwaltung mitgeteilt werden. Es empfiehlt sich, dies schriftlich zu tun und eine Frist zur Korrektur oder Erläuterung zu setzen. In vielen Fällen können Missverständnisse oder kleinere Fehler so bereits im Vorfeld der Eigentümerversammlung geklärt werden.
Bleiben Zweifel bestehen, ist es wichtig, diese in der Eigentümerversammlung zur Sprache zu bringen. Hier sollten die fraglichen Punkte detailliert angesprochen und eine Erklärung eingefordert werden. Es ist ratsam, gegen die Genehmigung der Abrechnung zu stimmen, wenn die Unregelmäßigkeiten nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden können.
Der Verwaltungsbeirat spielt eine zentrale Rolle bei der Prüfung der Jahresabrechnung. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) soll der Beirat die Abrechnung vor der Beschlussfassung prüfen und mit einer Stellungnahme versehen. Eigentümer können sich daher auch an den Beirat wenden und um eine genaue Überprüfung der verdächtigen Positionen bitten.
Werden die Bedenken in der Eigentümerversammlung nicht ausgeräumt und die Jahresabrechnung dennoch genehmigt, bleibt als letztes Mittel die Anfechtung des Genehmigungsbeschlusses. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat nach der Beschlussfassung. Die Anfechtungsklage muss beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
Es ist zu beachten, dass die Anfechtung eines Abrechnungsbeschlusses mit Kosten und Risiken verbunden sein kann. Der Streitwert bemisst sich nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung, was zu erheblichen Gerichts- und Anwaltskosten führen kann. Daher sollte dieser Schritt wohlüberlegt sein und nur bei schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten in Betracht gezogen werden.
Eine Alternative zur Anfechtungsklage kann die Aufforderung an die Verwaltung sein, eine korrigierte Jahresabrechnung zu erstellen. Dies kann durch einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgen. Die korrigierte Abrechnung würde dann in einer späteren Versammlung erneut zur Abstimmung gestellt werden.
In jedem Fall ist es wichtig, sachlich und konstruktiv vorzugehen. Viele Unstimmigkeiten lassen sich durch offene Kommunikation und genaue Prüfung klären. Nur wenn ernsthafte Zweifel an der Korrektheit der Abrechnung bestehen bleiben, sollten weitergehende rechtliche Schritte in Erwägung gezogen werden.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Entlastungsbeschluss: Ein Entlastungsbeschluss ist eine Bestätigung durch die Eigentümerversammlung, dass die Hausverwaltung ihre Aufgaben im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ordnungsgemäß erfüllt hat. Durch die Entlastung wird die Verwaltung für diese Zeitperiode von der Haftung für bestimmte Fehler entbunden. Im Fall einer ungültigen Entlastung, wie im vorliegenden Urteil, können jedoch Haftungsansprüche gegen die Verwaltung bestehen bleiben.
- Haftungsansprüche: Haftungsansprüche sind rechtliche Forderungen, die gestellt werden können, wenn jemand durch das Verhalten eines anderen einen Schaden erleidet. Im Kontext der WEG-Verwaltung können Eigentümer Haftungsansprüche gegen die Hausverwaltung geltend machen, wenn diese zum Beispiel durch rechtswidrige Zahlungen einen finanziellen Schaden verursacht hat.
- Jahresabrechnung: Die Jahresabrechnung ist eine Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben einer Wohnungseigentümergemeinschaft für ein Wirtschaftsjahr. Sie zeigt, wie sich die Kosten auf die einzelnen Eigentümer verteilen. Diese Abrechnung muss korrekt und vollständig sein, da sie die Grundlage für die finanziellen Verpflichtungen der Eigentümer bildet.
- Beschlussanfechtung: Eine Beschlussanfechtung ist ein rechtlicher Weg, um gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung vorzugehen. Eigentümer können einen Beschluss anfechten, wenn sie der Meinung sind, dass dieser gegen geltendes Recht verstößt oder ihre Rechte verletzt. Die Anfechtung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen und bedarf einer Begründung.
- Verwaltungsbeirat: Der Verwaltungsbeirat ist ein Gremium innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft, das die Hausverwaltung überwacht und unterstützt. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Prüfung der Jahresabrechnung auf rechnerische Richtigkeit. Er hat jedoch nicht die Pflicht, die rechtliche Korrektheit der Abrechnung zu bewerten.
- Zufluss-Abfluss-Prinzip: Dieses Prinzip besagt, dass alle Einnahmen und Ausgaben in der Jahresabrechnung in dem Jahr verbucht werden müssen, in dem sie tatsächlich anfallen. Das bedeutet, dass auch unberechtigte Zahlungen in der Abrechnung erscheinen müssen, solange sie im betreffenden Jahr getätigt wurden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 4 WEG (Entlastung der Verwaltung): Die Wohnungseigentümer können die Verwaltung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr entlasten. Die Entlastung ist eine Bestätigung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung und schließt Schadenersatzansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwalter für das betreffende Jahr aus. Im vorliegenden Fall wurde der Entlastungsbeschluss für ungültig erklärt, da möglicherweise rechtswidrige Zahlungen getätigt wurden, was Zweifel an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung aufkommen lässt.
- § 28 Abs. 3 WEG (Jahresabrechnung): Die Jahresabrechnung muss eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben des vergangenen Wirtschaftsjahres enthalten und den auf die einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Anteil an den Kosten ausweisen. Im vorliegenden Fall wurden die Jahresabrechnungen angefochten, da sie angeblich fehlerhaft waren und die Kostenverteilung nicht korrekt dargestellt wurde.
- § 43 Abs. 4 WEG (Beschlussanfechtung): Ein Wohnungseigentümer kann gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung Klage erheben, wenn er geltend macht, dass der Beschluss ihn in seinen Rechten verletzt. Im vorliegenden Fall haben die Kläger die Beschlüsse zur Entlastung der Verwaltung und zur Genehmigung der Jahresabrechnungen angefochten.
- § 256 Abs. 1 ZPO (Fristen für die Beschlussanfechtungsklage): Die Klage auf Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, ob die Klagefrist eingehalten wurde, dies wäre jedoch eine wichtige Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage.
- § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG (Aufgaben des Verwaltungsbeirats): Der Verwaltungsbeirat hat die Aufgabe, die Tätigkeit des Verwalters zu unterstützen und zu überwachen. Dazu gehört insbesondere die Prüfung der Jahresabrechnung. Im vorliegenden Fall wurde die Entlastung des Verwaltungsbeirats bestätigt, da er seine Überwachungspflicht nicht verletzt hatte.
Das vorliegende Urteil
AG München – Az.: 1293 C 11654/22 WEG – Urteil vom 31.08.2023
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1. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 5a: Entlastung der Hausverwaltung für das Wirtschaftsjahr 2019, 2020 und 2021 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziff. 2. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
4. Der Streitwert wird auf 87.039,60 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Gegenstand der Klage ist die Anfechtung der zu TOP 4a, 4b, 4c, 5a und 5b der Eigentümerversammlung vom 19.07.2022 gefassten Beschlüsse der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Kläger sind als Sondereigentümer der im EG der gelegenen Wohnung Nr. E-0-2, verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 144/10.000stel, Mitglieder der Beklagten.
Mit Schreiben vom 24.06.2022 lud die Verwalterin der Beklagten unter Beifügung einer Tagesordnung für den 19.07.2022 zur ordentlichen Eigentümerversammlung ein. Bezüglich der Einzelheiten der Einladung und Tagesordnung wird Bezug genommen auf das Schreiben vom 24.06.2022 nebst Tagesordnung, Anlage K 1.
Die Kläger hatten der Verwaltung für die Versammlung eine Vollmacht erteilt, welche die ausdrückliche Weisung enthielt, dass an der Versammlung keine anderen Personen teilnehmen dürfen. Bezüglich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die E-mail der Kläger vom 18.07.2022, Anlage K 5a.
In der Eigentümerversammlung vom 19.07.2022 wurden unter anderem die angegriffenen Beschlüsse gefasst. Bezüglich der Einzelheiten der Beschlussfassung wird Bezug auf das Versammlunsprotokoll vom19.07.2022, Anlage K 5. Als die streitgegenständlichen Beschlüsse gefasst wurden, war Herr nicht mehr auf der Eigentümerversammlung anwesend.
Die Kläger bestreiten mit Nichtwissen, dass alle Eigentümer ordnungsgemäß und rechtzeitig zur ordentlichen Versammlung am 19.07.2022 geladen worden seien und/oder allen Eigentümern eine Teilnahme an der Versammlung unter Beachtung der aktuellen staatlichen Hygiene- und Abstandanforderungen ermöglicht worden sei.
In formeller Hinsicht rügen sie, dass dem Beschlussprotokoll keine Teilnehmerliste beigefügt gewesen sei, so dass unklar sei, welche Miteigentumsanteile anwesend bzw. vertreten waren, ob die Versammlung überhaupt beschlussfähig war und ob die Beschlüsse tatsächlich in der dargestellten Form zustande gekommen oder abgelehnt worden seien. Ferner rügen sie, dass das Protokoll keine Angaben zu den Abstimmungsergebnissen (Anzahl Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Stimmenthaltungen) enthält, so dass auch insoweit unklar sei, ob die Beschlüsse tatsächlich in der dargestellten Form zustande gekommen oder abgelehnt worden seien. Im Hinblick auf die Teilnahme von Herrn an der Versammlung rügen sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit, da der Geschäftsordnungsbeschluss 1 unzulässig gewesen, jedenfalls aber nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Mit Schriftsatz vom 18.01.2020 rügen die Kläger, dass der Termin der Eigentümerversammlung in den Sommerferien gelegen habe und möglicherweise bewusst so gewählt worden sei, dass nicht viele Eigentümer an der Versammlung hätten teilnehmen können.
In materieller Hinsicht rügen sie, dass die Anfangs- und Endbestände der Konten sowie die ordnungsgemäße Verteilung der Instandhaltungsrücklage nicht nachvollzogen werden könnten, da nach rechtskräftiger Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung 2018 noch keine neue Jahresabrechnung 2018 beschlossen worden sei. Hierdurch stehe die Richtigkeit der nunmehr beschlossenen Jahresabrechnungen der Jahre 2019, 2020 und 2021 grundsätzlich infrage. Ferner habe es den Beschlussfassungen an einer ordnungsgemäßen und vollständigen Information der Eigentümer und damit an einer hinreichenden Entscheidungsgrundlage gemangelt, da die Eigentümer von Herrn fehlerhaft über die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen informiert worden seien. Entgegen den Angaben von Herrn habe das Gericht seinerzeit nicht darauf hingewiesen, dass es „aus ihrer Sicht zu einer Kostenverteilung für die Wohnungen und in der Art kommen sollte, dass die jeweiligen Wohnun gen komplett an den Aufzugskosten des jeweiligen Zugangs beteiligt werden“, vielmehr habe sich das Gericht lediglich dahingehend geäußert, dass die von der Hausverwaltung in der Jahresabrechnung 2018 durchgeführte Kostenverteilung fehlerhaft sei, sich jedoch hinsichtlich einer „richtigen“ Verteilung der Aufzugskosten nicht festgelegt.
In den Jahresabrechnungen 2019, 2020 und 2021 seien unter der Position 4) die Einnahmen „Kellermiete“ falsch zugeordnet. Die Mieteinnahmen müssten (rückwirkend seit Beginn der Vermietung) der IHR BA 1 gutgeschrieben werden und kämen somit auch den Klägern zugute.
In der Jahresabrechnung 2019 seien Sonderleistungen im Umfang von Euro 3.251,08 in der Position 3) „Sonstige Kosten n. u. gesamt“ eingebucht worden, welche bereits im Jahr 2018 entstanden sein sollen, jedoch keine Rechtsgrundlage hätten und somit (in 2019) nicht verteilungsrelevant seien, da nach dem bestehenden Verwaltervertrag Sonderhonorare nicht erlaubt seien und der in der Eigentümerversammlung vom 29.11.2019 unter TOP 7 gefasste Beschluss zu Sonderhonoraren für ungültig erklärt worden seien. Ferner seien in der Jahresabrechnung 2019 „Hausmeister- und Reinigungsdienst“-Leistungen im Umfang von Euro 32.032,22 eingebucht, die keine Rechtsgrundlage hatten und somit nicht verteilungsrelevant seien. Der Hausverwalter habe ohne Beschluss bzw. Legitimation der Eigentümergemeinschaft einen neuen Hausmeistervertrag unterschrieben, dessen Jahresbetrag sich um 7,5% – erhöht habe.
In der Abrechnung 2020 seien unter der Position „Sonstige Kosten n.u. BA 1+2“ Kosten für nicht genehmigte Spielplatzschilder im Umfang von Euro 185,87 enthalten, die keine Rechtsgrundlage hätten und somit nicht verteilungsrelevant seien. Obwohl die Eigentümer unter TOP 12 der ETV 2017 keine Hausordnung beschlossen hätten, habe die Verwaltung eigenmächtig Verbotsschilder in Auftrag gegeben und angebracht. Die Schilder dienten überwiegend der Werbung der Verwaltung und enthielten diverse, von der WEG nicht beschlossene Einschränkungen.
Ferner seien in der Abrechnung 2020 in der Position 3) „Rechts- und Beratungskosten BA1+2“ Rechtsanwaltskosten im Umfang von 666,40 Euro eingebucht, die aufgrund des Ergebnisses der Anfechtungsklage nicht den Klägern hätten zugeteilt werden dürfen.
Der unter TOP 5a gefasste Beschluss zur Entlastung der Verwaltung entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da aus den vorgenannten Umständen selbstverständlich Haftungsansprüche gegen den Verwalter in Betracht kämen. Der Verwalter habe zum Teil erhebliche Kosten verursacht, die nicht beschlossen oder genehmigt gewesen seien. Zudem habe der Verwalter eine fehlerhafte Jahresabrechnung erstellt, die sich auf die festzusetzenden Nachschüsse bzw. Beitragsanpassungen auswirke. Darüber hinaus sei der Verwalter verpflichtet, eine korrigierte Jahresabrechnung zu erstellen, die einer weiteren Überprüfung bedürfe. Demnach entspreche es nicht ordnungsgemäßer Verwalter, bereits vorzeitig die Entlastung für die Wirtschaftsjahre 2019, 2020 und 2021 zu erteilen.
Der Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirats widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, da der Verwaltungsbeirat offensichtliche Fehler der Jahresabrechnung im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung nicht erkannt und die Eigentümer nicht ordnungsgemäß informiert habe. Der Verwaltungsbeirat sei bei der Belegprüfung nicht vollständig, sondern nur durch zwei von drei Mitgliedern vertreten gewesen. Ein Ersatzmitglied sei nicht hinzugezogen worden. Nachdem die Jahresabrechnungen 2019, 2020 und 2021 fehlerhaft seien, kämen auch Haftungsansprüche gegen den Verwaltungsbeirat in Betracht. Die Jahresabrechnung enthalte nicht umlagefähige Kosten. Die fehlerhafte Ausgabe der Kosten zu Lasten der WEG und damit die Umlage hätte im Rahmen der Belegprüfung auffallen müssen. Weiterhin seien die Mieteinnahmen falsch zugeordnet.
Mit am 18.08.2022 beim Amtsgericht München eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag haben die Kläger Anfechtungsklage beim Amtsgericht München eingereicht. Mit Beschluss vom 23.08.2023 setzte das Amtsgericht München den Streitwert vorläufig auf 87.039,60 Euro fest. Die Vorschussanforderung wurde dem Klägervertreter am 24.08.2022 zugestellt. Am 25.08.2022 ging den Klägern das Versammlungsprotokoll der Eigentümerversammlung vom 19.07.2022 zu. Die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgte am 26.08.2022.
Mit Verfügung des Amtsgerichts München vom 01.09.2022 wurde die Zustellung der Klage an die in der Klageschrift angegebene Vertreterin der Beklagten, die, veranlasst. Dieser wurde die Klage 03.09.2020 zugestellt. Mit Schreiben vom 05.09.2022 teilte die wird, sie sei seit 01.09.2022 nicht mehr Verwalterin der Beklagten und rügte die ordnungsgemäße Klagezustellung. Neue Verwalterin ab 01.09.2022 sei die. Dies wurde dem Klägervertreter mit gerichtlicher Verfügung vom 06./07.09.2022 mitgeteilt. Mit Schriftsatz vom 14.09.2022, beim Amtsgericht München eingegangen am selben Tag, beantragte der Klägervertreter die Zustellung der Klage an die. Aufgrund Verfügung des Amtsgerichts München vom 14.09.2022 wurde die Klage der am 21.09.2023 zugestellt, die Klagebegründung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 22.09.2022 am 26.09.2022 zugestellt.
Die Kläger beantragen,
I. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 4a: Erläuterung und Genehmigung der Abrechnungsspitze 2019 (Einzel_abrechnungen für das Jahr 2019 vom 30.12.2020) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
II. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 4b: Erläuterung und Genehmigung Abrechnungsspitze 2020 (Einzelab_rechnungen für das Jahr 2020 vom 28.10.2021) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
III. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 4c: Erläuterung und Genehmigung der Abrechnungsspitze 2021 (Einzel_abrechnungen für das Jahr 2021 vom 23.06.2022) gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
IV. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 5a: Entlastung der Hausverwaltung für das Wirtschaftsjahr 2019, 2020 und 2021 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
V. Der am 19.07.2022 in der ordentlichen Eigentümerversammlung der WEG unter TOP 5b: Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2019, 2020 und 2021 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt.
Die Beklagte beantragt, Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte bestreitet eine fehlerhafte Information der Wohnungseigentümer durch. Sie trägt vor, die Rechts- und Beratungskosten in Höhe von EUR 666,40 stünden in keinem Zusammenhang zu einem Anfechtungsverfahren. Die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband habe die damit beauftragt, rechtlich zu prüfen und zu klären, nach welchem Schlüssel die Aufzugskosten zu verteilen seien.
Für diese Tätigkeit habe die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß Anlage K 14 einen Betrag in Höhe von EUR 666,40 in Rechnung gestellt. Diesen Rechnungsbetrag habe die Wohnungseigentümergemeinschaft bezahlt.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klagefrist sei nicht gewahrt, formelle Beschlussmängel lägen nicht vor, die angegriffenen Beschlüsse entsprächen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 20.07.2023.
Beweis wurde nicht erhoben.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist zulässig, jedoch überwiegend unbegründet.
1. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, §§ 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2 c GVG.
2. Sowohl die einmonatige Klage – als auch die zweimonatige Klagebegründungsfrist des § 45 Satz 1 WEG wurden eingehalten.
Zwar wurde die Klage der amtierenden Verwalterin der Beklagten erst am 21.09.2023 und die Klagebegründung deren Prozessbevollmächtigtem erst am 26.09.2022 zugestellt und damit nicht vor Ablauf der am 19.08.2022 bzw. 19.09.2023 abgelaufenen Klage- bzw. Klagebegründungsfrist. Die Zustellung von Klage und Klagebegründung sind jedoch als demnächst im Sinne des § 167 ZPO anzusehen, so dass die Monatsfristen des § 45 S. 1 WEG gewahrt sind.
Geht es um von der klagenden Partei zu vertretende Zustellungsverzögerungen, ist das Merkmal „demnächst“ nur erfüllt, wenn sich die Verzögerung in einem hinnehmbaren Rahmen hält. Dies ist nicht der Fall, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, oder ihr Prozessbevollmächtigter durch nachlässiges, wenn auch nur leicht fahrlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben; als geringfügig sind in der Regel Zustellungsverzögerungen von bis zu 14 Tagen anzusehen (vgl. BGH NJW 2004, 3775, NJW 2009, 999). Einer Partei sind allgemein im Rahmen des § 167 ZPO nur solche Verzögerungen zurechenbar, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Letzteres ist dann nicht der Fall, wenn der Betreiber der Zustellung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände alles ihm für eine alsbaldige Zustellung Zumutbare getan hat (BGH NJW 2004, 3775 NJW 2005, 1194).
Vorliegend wurde die Klage am 18.08.2022 eingereicht, die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgte am 26.08.2022, so dass die Kläger bis zur gegenteiligen Mitteilung des Gerichts vom 06./07.09.2022 davon ausgehen durften, dass eine Klagezustellung noch vor dem 01.09.2023 erfolgen werde. Nach Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 06./07.09.2022 beantragten die Kläger mit Schriftsatz vom 14.09.2022 und damit innerhalb des ihnen zuzugestehenden Zeitraums von zwei Wochen die Zustellung der Klage an die amtierende Verwalterin.
3. Der zu TOP 5 a gefasste Entlastungsbeschluss war für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Im Regelfall billigen die Wohnungseigentümer mit dem Beschluss über die Entlastung des Beirats dessen zurückliegende Amtsführung im jeweils genannten Zeitraum als dem Gesetz, der Gemeinschaftsordnung und seinem vertraglichen Pflichten entsprechend und als zweckmäßig; sie sprechen ihm auf diese Weise gleichzeitig für die künftige Tätigkeit ihr Vertrauen aus und die Folge dieser Vertrauenskundgabe ist der Eintritt der Wirkungen eines negativen Schuldanerkenntnisses (vgl. BGH, NJW 2018, 2550, 2556, Rn. 65 = ZMR 2018, 1015). Die Entlastung der Verwaltung widerspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung und rechtswidrig, wenn (Schadensersatz) Ansprüche gegen die Verwaltung in Betracht kommen und kein Grund ersichtlich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten (vgl. BGH, NJW 2010, 2127, 2129, Tz. 19 = ZMR 2010, 247 zu § 21 Abs. 4 WEG a.F.).
Vorliegend kommen jedenfalls Haftungsansprüche gegen den Verwalter wegen zu Unrecht bzw. rechtsgrundloser Zahlungen (u.a. Sondervergütung / Hausmeisterkosten / Kosten für Spielplatzschilder) in Betracht, so dass die Entlastung der Hausverwaltung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ein Grund, auf diese Ansprüche zu verzichten, ist nicht erkennbar.
4. I, ü. sind die angegriffenen Beschlüsse weder nichtig, noch widersprechen sie aus den innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG vorgetragenen Gründen ordnungsgemäßer Verwaltung.
a) Formelle Beschlussmängel liegen nicht vor bzw. sind nicht schlüssig dargetan.
(1) Soweit die Kläger mit Nichtwissen bestreiten, dass alle Eigentümer ordnungsgemäß und rechtzeitig zur ordentlichen Versammlung am 19.07.2022 geladen worden seien und/oder allen Eigentümern eine Teilnahme an der Versammlung unter Beachtung der aktuellen staatlichen Hygiene- und Abstandanforderungen ermöglicht worden sei, liegt bereits keine substantiierte Beschlussmängelrüge vor, da die Kläger nicht konkret darlegt und unter Beweis gestellt haben, welche Eigentümer nicht ordnungsgemäß oder nicht rechtzeitig geladen worden sein sollen.
(2) Die Beifügung einer Teilnehmerliste zum Beschlussprotokoll ist zum einen weder erforderlich, zum anderen hat sie keinerlei Auswirkungen auf die vorangegangenen Beschlussfassungen.
(3) Entgegen der Rüge der Kläger ergeben sich aus dem als Anlage K 5 vorgelegten Versammlungsprotokoll ergeben die Beschlussergebnisse. Dem Versammlungsprotokoll ist zu entnehmen, dass die hier streitgegenständlichen Beschlüsse jeweils mehrheitlich zustande gekommen sind.
(4) Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit liegt nicht vor. Beschlüsse der Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG, die unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zustande kommen, sind auf Antrag nach § 23 Abs. 4 WEG für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes für die Beschlussfassung nicht ausschließen lässt. Die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung hat den Zweck, diese von sachfremden Einwirkungen freizuhalten. Die Wohnungseigentümer sollen in ihrer Versammlung auftretende Meinungsverschiedenheiten dort grundsätzlich allein unter sich austragen. Außenstehende Dritte sollen nicht auf den Ablauf der Versammlung und dadurch womöglich auf die Meinungsbildung der Wohnungseigentümer Einfluss nehmen können (vgl. OLG Hamm ZMR 2007, 133 ff, 134; BayObLG ZMR 2004, 603f). Formelle Fehler bei der Durchführung der Versammlung begründen aber nur dann die Anfechtung, wenn sich die Mängel auf das Ergebnis der Beschlussfassungen zumindest ausgewirkt haben können. Steht hingegen fest, dass das Ergebnis der Abstimmungen durch den Verfahrensfehler nicht beeinflusst worden ist, reicht der formelle Mangel allein nicht aus, um einen Beschluss für ungültig zu erklären (vgl. KG NJW-RR 1997, 1171f, 1172).
So verhält es sich hier, weil die Versammlung ausweislich des als Anlage K 5 vorgelegten Versammlungsprotokolls bereits vor der Beschlussfassung über die angegriffenen Beschlüsse verlassen hat, so dass ausgeschlossen werden kann, dass sich seine Anwesenheit auf das Beschlussergebnis ausgewirkt haben kann.
(5) Soweit die Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 18.01.2020 rügen, dass der Termin der Eigentümerversammlung in den Sommerferien gelegen habe und möglicherweise bewusst so gewählt worden sei, dass nicht viele Eigentümer an der Versammlung hätten teilnehmen können, erfolgte der Vortrag nach Ablauf der materiellen Ausschlussfristen des § 45 S. 1 WEG und ist daher vom Gericht nicht zu prüfen.
I. ü. waren am 19.07.2022 in Bayern keine Schulferien.
b) Auch leiden die zu TOP 4a, 4b und 4c gefassten Beschlüsse nicht an materiellen Beschlussmängeln.
(1) Soweit die Kläger rügen, dass die Anfangs- und Endbestände der Konten sowie die ordnungsgemäße Verteilung der Instandhaltungsrücklage nicht nachvollzogen werden könne, da nach rechtskräftiger Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung 2018 noch keine neue Jahresabrechnung 2018 beschlossen worden sei, und hierdurch die Richtigkeit der nunmehr beschlossenen Jahresabrechnungen der Jahre 2019, 2020 und 2021 grundsätzlich in Frage stehe, verkennen sie, dass es bereits nach altem Recht keine Abrechnungskontinuität gab und seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres auf der Grundlage der Jahresabrechnung (Einzelabrechnung) nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der zuvor beschlossenen Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 S. 1 WEG) beschließen. Gegenstand der zu TOP 4a, 4b und 4c gefassten Beschlüsse sind jeweils nur die Abrechnungsspitzen aus den Einzelabrechnungen, also die Differenz zwischen den geschuldeten Vorschüssen (Soll-Vorschüsse) und dem Anteil, den der einzelne Wohnungseigentümer an den Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach der Einzelabrechnung zu tragen hat. Die Jahresabrechnung selbst ist als Rechenwerk nicht mehr Gegenstand des Beschlusses (vgl. Bärmann/Becker, 15. Aufl. 2023, WEG § 28 Rn. 218-221), so dass die Beschlussklage nicht allein darauf gestützt werden kann, dass die Jahresabrechnung vom Verwalter nicht ordnungsgemäß aufgestellt worden sei. Vielmehr muss der klagende Wohnungseigentümer geltend machen, dass sich bei ordnungsmäßiger Abrechnung eine andere Abrechnungsspitze ergeben hätte. Eine fehlende Jahresabrechnung 2018 kann sich aber bereits wegen der fehlenden Abrechnungskontinuität nicht auf die Abrechnungsspitzen der Jahre 2019 bis 2021 auswirken.
(2) Soweit sie rügen, die Eigentümer seien von fehlerhaft über die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen informiert worden seien, hat die Beklagte eine fehlerhafte Information durch bestritten, die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger haben für ihre Behauptung keinen Beweis angeboten, sondern sind beweisfällig geblieben.
(3) Auch die Rüge der Kläger, dass in den Jahresabrechnungen 2019, 2020 und 2021 unter der Position 4) die Einnahmen „Kellermiete“ falsch zugeordnet worden seien, da die Mieteinnahmen der IHR BA 1 hätten gutgeschrieben werden müssen, greift nicht.
Gem. § 28 Abs. 2 S. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer nur noch über die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse. Die Jahresabrechnung selbst ist als Rechenwerk nicht mehr Beschlussgegenstand.
Daher führen Fehler der Abrechnung nur dann zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, soweit der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze auswirkt. Die Beschlussanfechtungsklage kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der Verwalter die Abrechnung nicht ordnungsgemäß aufgestellt hat. Der Kläger ist im Rahmen einer Beschlussmängelklage nach § 44 Abs. 1 WEG zur Wahrung der Anfechtungsfrist gehalten, innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist den wesentlichen tatsächlichen Kern der Gründe vorzutragen, auf die er seine Anfechtungsklage stützen will (vgl. BGH v. 27.03.2009 – V ZR 196/08, NJW 2009, 2132, 2133). Betreibt er die Ungültigerklärung eines Beschlusses, mit dem Vorschüsse oder Nachschüsse festgesetzt werden, genügt es nicht, wenn er lediglich pauschal die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels rügt oder die Höhe einer Kostenposition angreift. Vielmehr muss er innerhalb der Begründungsfrist auch vortragen, dass und in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt. Diese Anforderung trägt den Regelungsabsichten des Gesetzgebers Rechnung. Die Neufassung des § 28 WEG zielt darauf ab, dass „die Zahl der in der Praxis häufigen Streitigkeiten über den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung verringert werden“. Um dieses Ziel zu erreichen, soll es – so die Gesetzesbegründung – „für den Erfolg einer Anfechtungsklage nicht mehr genügen, dass lediglich Teile des Wirtschaftsplans oder der Jahresabrechnung fehlerhaft sind, solange sich dieser Fehler nicht auf die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers auswirkt“ (BT-Drucks. 19/18791, S. 76). Daraus ergibt sich unmittelbar, dass der Anfechtungskläger den maßgeblichen Beschlussmangel – die fehlerhafte Ermittlung der ihn treffenden Zahlungspflichten – innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vortragen muss (vgl. LG Berlin, Urteil vom 30. August 2022 – 55 S 7/22 WEG -).
Diesen Anforderungen genügt die Klagebegründung der Kläger, wonach die Mieteinnahmen der IHR BA 1 hätten gutgeschrieben werden müssen, nicht, da weder dargetan noch ersichtlich ist, dass eine Zuordnung der Mieteinnahmen zu einer Instandhaltungsrücklage Auswirkungen auf die Zahllast der Kläger hätte.
(4) Soweit die Kläger rügen, in der Jahresabrechnung 2019 seien Sonderleistungen im Umfang von Euro 3.251,08 in der Position 3) „Sonstige Kosten n. u. gesamt“ sowie „Hausmeister- und Reinigungsdienst“-Leistungen im Umfang von Euro 32.032,22 eingebucht worden, welche keine Rechtsgrundlage hätten und somit (in 2019) nicht verteilungsrelevant seien, in der Abrechnung 2020 seien unter der Position „Sonstige Kosten n.u. BA 1+2“ Kosten für nicht genehmigte Spielplatzschilder im Umfang von Euro 185,87 enthalten, die ebenfalls keine Rechtsgrundlage hätten und somit nicht verteilungsrelevant seien, verkennen sie, dass nach dem weiterhin geltenden Zufluss-Abfluss-Prinzip in der Abrechnung als Ausgaben alle Beträge aufzuführen sind, die für das Gemeinschaftseigentum und seine Verwaltung tatsächlich aufgewandt wurden, also auch solche tatsächlichen Ausgaben, die der Verwalter im abzurechnenden Wirtschaftsjahr ggf. unberechtigt zu Lasten der Gemeinschaft getätigt hat. Dass die Zahlungen nicht in den Wirtschaftsjahren geflossen sind, in denen sie verbucht worden sind, behaupten die Kläger jedoch nicht.
(5) Soweit die Kläger rügen, in der Abrechnung 2020 seien in der Position 3) „Rechts- und Beratungskosten BA1+2“ Rechtsanwaltskosten im Umfang von 666,40 Euro eingebucht, die aufgrund des Ergebnisses der Anfechtungsklage nicht den Klägern hätten zugeteilt werden dürfen, hat die Beklagte bestritten, dass diese Rechts- und Beratungskosten in Höhe von EUR 666,40 in Zusammenhang zu einem Anfechtungsverfahren stehen und vorgetragen, die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband habe die damit beauftragt, rechtlich zu prüfen und zu klären, nach welchem Schlüssel die Aufzugskosten zu verteilen seien.
Für diese Tätigkeit habe die Kanzlei der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß Anlage K 14 einen Betrag in Höhe von EUR 666,40 in Rechnung gestellt, welchen die Wohnungseigentümergemeinschaft bezahlt habe.
Die für ihre gegenteilige Behauptung darlegungs- und beweispflichtigen Kläger haben für ihre Behauptung keinen Beweis angeboten, sondern sind beweisfällig geblieben. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen der Rechtsberatung und dem Anfechtungsverfahren stellt keinen hinreichenden Beweis für die Behauptung der Kläger dar. Somit waren die Kläger an diesen Kosten anteilig zu beteiligen.
c) Der Beschluss über die Entlastung des Verwaltungsbeirats für die Jahre 2019, 2020 und 2021 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für den Beirat nicht dieselben Maßstäbe gelten wie für den Verwalter (vgl. LG Düsseldorf, Urteil v. 2.10.2013 − 25 S 53/13).
Der Beirat hat lediglich eine unterstützende Funktion gemäß § 29 Abs. 2 WEG. Die Prüfung von Abrechnungen durch den Beirat gem. § 29 Abs. 3 WEG bedeutet demgemäß, dass es (lediglich) um die rechnerische Richtigkeit geht, dass nämlich z. B. die Zahlen in der Abrechnung selbst und in zugrunde liegenden Belegen übereinstimmen. Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des Verwaltungsbeirates, die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Kostentragungsbeschlüssen zu verfolgen. Damit wäre der Beirat, der sich in der Regel aus Wohnungseigentümern zusammensetzt, von vornherein überfordert (vgl. LG Düsseldorf a.a.O.).
Zwar führt, wenn dem Verwalter im Zusammenhang mit der Aufstellung der Jahresabrechnung die Entlastung zu verweigern ist, dies im Hinblick auf die Pflicht des Verwaltungsbeirates, die Jahresabrechnung zu überprüfen (§ 29 Abs. 3 WEG) grundsätzlich dazu, dass auch dem Verwaltungsbeirat keine Entlastung erteilt werden kann (vgl. Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 25.6.2003 – 2 Wx 138/99 -; BayObLG NJW-RR 2001, 2131 ff). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur im Hinblick auf die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung. Dagegen ist es nicht Aufgabe des Verwaltungsbeirats, die Abrechnung auf die richtige Zuordnung einzelner Kostenpositionen oder Einnahmen hin zu überprüfen. Hiermit wäre er ebenso überfordert wie mit der oben erwähnten Verfolgung der Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Kostentragungsbeschlüssen.
Der Einwand, die Belegprüfung sei durch den Verwaltungsbeirat nicht in voller Besetzung durchgeführt worden, erfolgtet außerhalb der zweimonatigen Anfechtungsbegründungsfrist. Im Übrigen besteht keine Pflicht, die Belegprüfung „in voller Besetzung“ durchzuführen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 GKG (Einzelstreitwerte TOP 4 a: 28.472,70 Euro, TOP 4 b: 25.679,85 Euro, TOP 4 c: 28.387,05 Euro, TOP 5 a: 3.000,00 Euro, TOP 5 b: 1.500,00 Euro).