Skip to content
Menü

WEG-Beschluss – bei Nichtladung keine Nichtigkeit des Beschlusses

LG Köln entscheidet über Nichtigkeit von Wohnungseigentümerbeschlüssen

In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln wurde die Nichtigkeit von Beschlüssen, die auf Eigentümerversammlungen gefasst wurden, geprüft. Im vorliegenden Fall ging es um einen Kläger, der Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist und die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen begehrt, die auf Eigentümerversammlungen im Juli 2020 gefasst wurden.

Direkt zum Urteil: Az.: 29 S 69/22 springen.

Grund für die Klage

Der Kläger befand sich im Sommer 2020 in Estland und konnte aufgrund von Covid-19-Reisebeschränkungen nicht nach Deutschland einreisen. Während seiner Abwesenheit passte eine Zeugin auf seine Wohnung und seine Post auf. Der Kläger behauptet, er sei nicht ordnungsgemäß zu den Eigentümerversammlungen eingeladen worden.

Entscheidung des Amtsgerichts Düren

Das Amtsgericht Düren hatte die Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse festgestellt und begründet, dass der Kläger in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme an den Wohnungseigentümerversammlungen ausgeschlossen worden sei. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein.

Urteil des Landgerichts Köln

Das Landgericht Köln hob das Urteil des Amtsgerichts Düren auf und wies die Klage ab. Die Kammer stellte fest, dass allein die Nichtladung nicht ausreiche, um von einer böswilligen Absicht oder einem zielgerichteten Verhalten auszugehen. Es konnte keine böswillige Absicht der Nichteinladung des Klägers aus dem Inhalt des Schreibens vom 21.06.2020 hergeleitet werden.

Benötigen Sie Hilfe in einem ähnlichen Fall? Jetzt Ersteinschätzung anfragen oder Beratungstermin vereinbaren: 02732 791079.


Das vorliegende Urteil

LG Köln – Az.: 29 S 69/22 – Urteil vom 17.11.2022

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.03.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düren, 48 C 7/21, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und begehrt mit der vorliegenden Klage die Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen, die auf Eigentümerversammlungen vom 07.07.2020 und 13.07.2020 gefasst wurden.

Der Kläger befand sich im Sommer 2020 in Estland. Auf seine Wohnung passte während seiner Abwesenheit die Zeugin ### auf; die Zeugin schaute dabei auch nach der Post des Klägers. Auf eine schriftliche Mitteilung der Miteigentümerin ### vom 19.05.2020, dass ein Verwalter für die bis dahin verwalterlose Gemeinschaft gefunden worden sei, antwortete der Kläger mit Schreiben vom 28.05.2020, dass er in Estland sei, sein Flug nach Deutschland wegen Covid 19 ausgefallen sei und für ihn und seine Ehefrau keine Möglichkeit bestünde, nach Deutschland zu reisen. Er schlug vor, die Frage der Verwaltung und der Rücklagen in einer Versammlung im Herbst zu beschließen.

Mit Schreiben vom 21.06.2020 (Bl. 139 d. erstinstanzlichen GA) lud der Miteigentümer ### zu einer Eigentümerversammlung am 07.07.2020 ein. Ob auch der Kläger das Schreiben erhielt, ist zwischen den Parteien streitig. Auf der Eigentümerversammlung am 07.07.2020 wurde unter TOP 1 die Anlage eines Rücklagenkontos sowie die Zahlungspflichten der Miteigentümer beschlossen. Zudem wurde auf dieser Versammlung als Termin für die nächste Eigentümerversammlung der 13.07.2020 festgelegt. Auf der Eigentümerversammlung vom 13.07.2020 wurde die Bestellung der Fa. HZ Immobilien als Verwalter sowie die Eröffnung von WEG-Eigenkonten beschlossen. Wegen der Einzelheiten der Beschlussfassung wird auf die vorgelegten Protokolle verwiesen (Bl. 14 ff und 16 der erstinstanzlichen GA). Der Kläger war bei keiner der Versammlungen anwesend.

Für die weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat antragsgemäß die Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass davon ausgegangen werden müsse, dass der Kläger durch Nichtladung zu den Wohnungseigentümerversammlungen in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen worden sei. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stünde fest, dass die Zeugin ### nur am 27.01.2020 an einem Treffen in der Wohnung der Zeugin ### teilgenommen habe und weder das Einladungsschreiben vom 21.06.2020 noch das Protokoll der Versammlung vom 07.07.2020 im Briefkasten des Klägers vorgefunden habe. Dies folge aus den überzeugenden Angaben der Zeugin ###.

Darüber hinaus müsse nach dem Wortlaut der Einladung vom 21.06.2020 davon ausgegangen werden, dass der Kläger in böswilliger Absicht nicht zu den Versammlungen eingeladen worden sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerechten Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Schlussantrag auf Klageabweisung weiter verfolgt.

Sie meint, die angefochtene Entscheidung treffe nach der Beweisaufnahme lediglich Feststellungen, die die Annahme zuließen, dass der Kläger zu den jeweiligen Versammlungen nicht eingeladen worden sei.

Erforderlich zur Klagestattgabe wäre aber die Feststellung gewesen, dass der Kläger vorsätzlich und gezielt nicht eingeladen worden sei. Das Gericht hätte aufgrund der vorliegenden Tatsachenfeststellungen nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass der Kläger vorsätzlich und gezielt zu den Versammlungen nicht eingeladen worden sei. Die Feststellungen in dem Urteil böten keinerlei Anhaltspunkt auf ein „vorsätzliches und zielgerichtetes“ Nichteinladen. Auch in Bezug auf das Schreiben vom 21.06.2020 habe das Gericht wesentliche Passagen nicht zitiert oder gewürdigt. In dem Schreiben zeige sich, dass einerseits eine umfangreiche Information des Klägers sowie der übrigen Eigentümer beabsichtigt gewesen sei, und weiterhin auch Möglichkeiten aufgezeigt worden seien, bei der Willensbildung z. B. durch Vertretung mitzuwirken. Es leuchte nicht ein, warum solche Hinweise ergehen sollten, wenn vorsätzlich und zielgerichtet beabsichtigt gewesen sein sollte, den Kläger nicht zur Versammlung zu laden. Ferner sei zu beachten, dass der Kläger nach eigener Aussage Estland ohnehin bis Oktober/November nicht habe verlassen können. Eine Teilnahme an den Versammlungen wäre daher auch bei ordnungsgemäßer Einladung nicht erfolgt.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er verweist darauf, dass sich aus dem Inhalt der Einladung vom 21.06.2020 gerade nicht ergebe, dass er zu der Versammlung geladen werden solle, sondern vielmehr, dass er bewusst, zur Vermeidung von weiteren vorangegangenen Streitigkeiten und Auseinandersetzungen nicht beteiligt worden sei. Er habe lediglich über den Inhalt der Beschlüsse informiert werden sollen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 04.10.2022 auf seine vorläufige Rechtsansicht hingewiesen. Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.10.2022 Stellung genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 04.10.2022 ausgeführt hat, liegen Gründe, die die Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse zur Folge haben, nicht vor.

Dabei teilt die Kammer zwar die Einschätzung des Amtsgerichts, nach der nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger ordnungsgemäß zu den Eigentümerversammlungen am 07.07.2020 und 13.07.2020 geladen worden ist. Allein die Nichtladung reicht aber nicht aus, um von einer böswilligen Absicht des einladenden Miteigentümers oder einem zielgerichteten Verhalten auszugehen.

Gegen die Annahme, der Kläger sei gezielt und in böswilliger Absicht nicht zu der Versammlung am 07.07.2020 geladen, spricht bereits der Umstand, dass der Klägers sich im fraglichen Zeitraum unstreitig in Estland befunden hat und wegen der Einschränkungen im Reiseverkehr durch die Corona Pandemie keine Möglichkeit hatte, im Juli 2020 nach Deutschland einzureisen. Dies ist den übrigen Wohnungseigentümern und insbesondere dem Miteigentümer ###, der die Einladung vom 21.06.2020 verfasst hat, bekannt gewesen. Es hat damit gar keine Veranlassung oder Notwendigkeit gegeben, den Kläger zu der Eigentümerversammlung am 07.07.2020 gezielt und in böswilliger Absicht nicht einzuladen. Denn er hätte ohnehin nicht erscheinen können. Soweit der Kläger in seiner Stellungnahme vom 27.10.2022 darauf verweist, dass die Annahme der Unmöglichkeit seiner Teilnahme an der Versammlung aufgrund der Pandemie und der Kenntnis der anderen Wohnungseigentümer hiervon völlig verfehlt und reine Spekulation sei, ist dem entgegenzuhalten, dass sich diese Annahme aus dem eigenen Schreiben des Klägers an die Miteigentümer ### vom 28.05.2020 ergibt, in dem der Kläger selbst eine Rückkehr nach Deutschland erst für den Herbst 2020 (Oktober/November) in Aussicht gestellt hat. Dass der Miteigentümer ### von dieser Situation Kenntnis hatte, folgt aus dem Einladungsschreiben vom 21.06.2020, in dem die Möglichkeit eines Zuwartens auf eine Rückkehr des Klägers angesprochen, aber letztlich abgelehnt worden ist. Eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Kläger auf den streitgegenständlichen Eigentümerversammlungen hätte demnach auch bei einer ordnungsgemäßen Ladung nicht stattfinden können.

Darüber hinaus kann eine böswillige Absicht der Nichteinladung des Klägers auch nicht mit Erfolg aus dem Inhalt des Schreibens vom 21.06.2020 hergeleitet werden. Denn aus den vom Amtsgericht herangezogenen Formulierungen folgt nur, dass der Miteigentümer ### als Verfasser der Einladung die Ansicht vertreten hat, dass eine Eigentümerversammlung trotz der Abwesenheit des Klägers durchgeführt werden könne.

Dass der Kläger gezielt oder böswillig nicht eingeladen werden sollte, ergibt sich aus dem Schreiben jedoch nicht mit hinreichender Deutlichkeit.

Die Kammer verkennt ferner nicht, dass der Kläger bei ordnungsgemäßen Ladung einen Vertreter zu der Versammlung hätte versenden können, der den anderen Miteigentümern seine Auffassung zu den einzelnen TOPs hätte mitteilen können. Dass ihm diese Möglichkeit vorliegend genommen worden ist, hat aber nur die Anfechtbarkeit der klagegegenständlichen Beschlüsse zur Folge. Eine Nichtigkeit ist hingegen nur unter der weiteren Voraussetzung gegeben, dass die Nichtladung gezielt und in böswilliger Absicht erfolgt ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Der weitere Einwand des Klägers, dass die Kammer zu überhöhte Anforderungen an das Merkmal der böswilligen Absicht stellt, ist ebenfalls nicht durchgreifend. Denn es bedarf zumindest einer bewussten Vereitelung der Teilnahmerechte des nicht eingeladenen Wohnungseigentümers. Diese innere Haltung des Einladenden ist gegebenenfalls durch Indizien festzustellen. Hieran fehlt es jedoch aus den bereits angeführten Gründen. Aus der von dem Kläger herangezogenen Entscheidung des LG Karlsruhe, 11 S 46/15, folgt nichts anderes.

Der weitere Hinweis des Klägers in seiner Stellungnahme, dass Gründe für die Unaufschiebbarkeit der zu treffenden Entscheidungen auf Herbst 2020 nicht vorgelegen hätten, kann eine abweichende Entscheidung ebenfalls nicht begründen. Denn es ist dem persönlichen Risikobereich des Klägers zurechnen, dass er aufgrund der Corona Pandemie nicht von Estland nach Deutschland zurückkehren konnte. Die übrigen Wohnungseigentümer waren nicht gehalten, den Termin für eine Eigentümerversammlung auf einen Zeitpunkt zu verschieben, zu dem der Kläger möglicherweise wieder aus Estland zurückkehren könnte, zumal im Sommer 2020 nicht klar war, wann genau für den Kläger eine Einreise wieder möglich sein würde. Hinzu kommt, dass die Gemeinschaft zum damaligen Zeitpunkt verwalterlos war und die Versammlungen der Neuwahl einer Verwaltung dienen sollten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Berufungsstreitwert: 5.000,00 Euro (entsprechend der nichtangegriffenen Festsetzung durch das Amtsgericht).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!