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WEG: Beschluss über Sanierungsmaßnahmen – Zutrittsrecht der Handwerker

LG Hamburg, Az.: 318 S 34/13

Urteil vom 27.11.2013

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Schlussurteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 27.02.2013, Az. 539 C 26/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Parteien haben ursprünglich um die Zutrittsgewährung wegen der Durchführung von Sanierungsarbeiten im Bereich des Sondereigentums der Beklagten für die WEG-Verwaltung und die von ihr beauftragten Handwerker gestritten und streiten, nachdem die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Beklagten der Erledigungserklärung widersprochen haben, um die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des vor dem Amtsgericht Hamburg-Blankenese zum Az. 539 H 1/10 geführten selbständigen Beweisverfahrens.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Schlussurteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

WEG: Beschluss über Sanierungsmaßnahmen – Zutrittsrecht der Handwerker
Foto: digitalista/Bigstock

Das Amtsgericht hat die Klage mit Schlussurteil vom 27.02.2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass es auf Klägerseite von einem gewillkürten Parteiwechsel von der ursprünglichen WEG-Verwaltung auf die jetzige Klägerin gekommen sei und kein Fall der Rubrumsberichtigung vorgelegen habe. Die Klage sei derzeit unbegründet. Der Klägerin stehe derzeit kein Duldungsanspruch gem. § 14 Ziff. 4 WEG zwecks Umsetzung des Beschlusses zu TOP 3 vom 13.12.2011 gegenüber den Beklagten zu. Daraus, dass der Sanierungsbeauftragte H… bereits am 20.08.2012 die als Anlage B 1 eingereichte gutachterliche Stellungnahme nach Durchführung des Ortstermins vom 20.07.2012 habe erstellen können und erstellt habe und auch bereits ein erstes Gebot für die nachträglich Außenabdichtung durch die Fa. B… Bauausführungen aus R… vom 01.09.2012 (Anl. B 2) vorliege, ergebe sich, dass weder der Sanierungsbeauftragte noch die WEG-Verwaltung derzeit ein umfassendes Betretungsrecht im Zusammenhang mit der Schwammsanierung hinsichtlich des Sondereigentums der Beklagten geltend machen könnten.

Ein umfassendes Zutrittsrecht für „beauftragte Handwerker für die Durchführung von Sanierungsarbeiten einschließlich erforderlicher vorbereitender Maßnahmen“ bestehe derzeit nicht. Bisher seien von der WEG-Verwaltung noch keine Handwerkeraufträge vergeben worden. Da lediglich ein Angebot vorliege, stehe noch gar nicht fest, welche Handwerker welche Arbeiten durchführen sollten. Der Antrag sei auch nicht auf Besichtigungen zwecks Angebotsabgabe beschränkt, sondern solle die Beklagten zeitlich unbefristet an sechs Tagen in der Woche von 7.00 bis 18.00 Uhr zur Duldung des Zutritts verpflichten. Obendrein beanspruche die Klägerin auch noch ein Zutrittsrecht ohne vorherige Ankündigung. Die klägerseits hier geltend gemachte Maßnahme sei nicht nur verfrüht, sondern auch unverhältnismäßig. Für die Beklagten sei es von Bedeutung zu wissen, wer im Einzelnen ihre Wohnung betrete, insbesondere weil sie die Wohnung nicht selbst nutzten. Im Übrigen seien zu TOP 3 am 13.12.2011 mehrere Beschlüsse gefasst worden (Anl. K 6). Soweit nicht die Beauftragung eines Sanierungsplaners in Rede stehe, handele es sich um Grundbeschlüsse, da noch keine konkreten Handwerksunternehmen genannt worden seien. Vor der Beauftragung der einzelnen Unternehmen bedürfe es nach ständiger Rechtsprechung der Einholung verschiedener Angebote (mindestens drei). Vor diesem Hintergrund könne dahingestellt bleiben, ob § 16 Ziff. 2 sowie Ziff. 4a TE eine ausreichende Ermächtigung für die Inanspruchnahme der Beklagten im Klagewege darstelle. Zur Ermächtigung durch Beschluss zur Geltendmachung des Duldungsanspruchs im Wege des Gerichtsverfahrens sei zwar nichts vorgetragen, aber insoweit genüge auch eine Vereinbarung in der Teilungserklärung, was vorliegend der Fall sei.

Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens (539 H 1/10) sei nicht zu entscheiden, da die vormalige Antragstellerin (U… E… OHG) nicht Partei des Rechtsstreits gewesen sei oder sei.

Gegen das ihr am 04.03.2013 zugestellte Schlussurteil hat die Klägerin mit einem am 22.03.2013 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.06.2013 mit einem am 06.06.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin hat den Klagantrag zu 1) für erledigt erklärt und trägt vor, dass es sich bei dem Übergang der Klägerrolle von der WEG-Verwaltung auf sie um einen Fall der Rubrumsberichtigung handele, da die WEG-Verwaltung als Prozessstandschafterin aufgetreten sei (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.03.2007, Az.: 15 W 89/06). Unabhängig davon seien die Beklagten verpflichtet, die Sanierungsmaßnahme, die auf der Eigentümerversammlung vom 13.12.2011 unter TOP 3 näher spezifiziert worden sei, zu dulden. Die Beklagten lehnten das Sanierungskonzept des Sanierungsbeauftragten H… nach wie vor ab, was bereits daraus folge, dass diese erstinstanzlich Klagabweisung beantragt hätten. Zudem hätten die Beklagten in Abrede gestellt, dass die Sanierungsmaßnahmen des Sanierungsbeauftragten H… geeignet seien, um die streitbefangenen Schäden zu beseitigen. Das Sanierungskonzept beruhe auf den Gutachten des Sachverständigen V… vom 01.04. und 23.07.2011 aus dem selbständigen Beweisverfahren. Für die Beklagten bestehe eine Duldungspflicht schon deshalb, weil die Beschlüsse der der Eigentümerversammlung vom 13.12.2011 unter TOP 3 bestandskräftig geworden seien. Da es ihr lediglich darum gehe, dass die Beschlüsse umgehend umgesetzt werden könnten, versuche sie nicht „quasi prophylaktisch“ schon im Vorwege einen umfassenden Duldungstitel zu erlangen. Die von ihr geltend gemachte Maßnahme sei weder verfrüht noch unverhältnismäßig. Die Begründung des Urteils des Amtsgerichts befasse sich nicht mit der von ihr geltend gemachten Duldungsverpflichtung der Beklagten hinsichtlich der Sanierungsarbeiten einschließlich der hierfür vorbereitenden Maßnahmen. Unzutreffend sei, dass die Wohnungseigentümer bisher lediglich über das „Ob“ der Sanierungsmaßnahme beschlossen hätten. Vielmehr habe die Gemeinschaft die genauen Modalitäten eines Sanierungskonzepts festgelegt. Es bedürfe nicht zunächst der Einholung von Vergleichsangeboten, da es ihr vornehmlich darum gehe, dass die Beklagten die Sanierungsmaßnahmen, die sich aus dem Sanierungskonzept H… ergebe, duldeten und nicht systematisch Einwände erheben würden.

Die Beklagten hätten den Klaganspruch dadurch anerkannt, dass sie den von ihr vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen auf der Eigentümerversammlung vom 24.04.2013 zu TOP 6 zugestimmt hätten. Der Vorwurf der Beklagten, sie wolle die Sanierungsmaßnahmen in die Länge ziehen, treffe nicht zu. Bereits kurz nach der Beschlussfassung hätten die Beklagten die Beschlüsse in Frage gestellt und Ergänzungen verlangt. Dies zeige, dass die Beklagten augenscheinlich die Umsetzung des Beschlusses systematisch verhindern wollten.

Unzutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht zu entscheiden sei, da die vormalige Antragstellerin (U… E… OHG) nicht Partei des Rechtsstreits gewesen sei oder sei. Sowohl im selbständigen Beweisverfahren als auch in diesem Rechtsstreit sei sie – die Klägerin – wegen der gewillkürten Prozessstandschaft als Rechteinhaberin aufgetreten. Daher bestehe zwischen dem selbständigen Beweisverfahren und dem Hauptsacheverfahren Parteiidentität. Darüber hinaus hätten die Beklagten gem. § 6 TE die Kosten der Mängelbeseitigung zu tragen. Zudem hätten die Rechtsvorgänger der Beklagten erhebliche Veränderungen an dem Gemeinschaftseigentum vorgenommen und damit maßgeblich zu dem Eintritt der bestehenden Feuchtigkeit beigetragen. Weiter habe es das Amtsgericht schuldhaft unterlassen, auf etwaige Folgen einer Rubrumsberichtigung im Hinblick auf die Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens hinzuweisen.

Nachdem die Wohnungseigentümer auf der Eigentümerversammlung vom 24.04.2013 unter TOP 6 einstimmig beschlossen hatten, dass eine Sanierung unter der Leitung von Herrn H… durchgeführt werden solle (Anl. Bk 6), auf der Eigentümerversammlung vom 28.08.2013 (Anl. Bk 5) die Auftragserteilung für die Sanierungsarbeiten an die Fa. J…B… und auf der Eigentümerversammlung vom 09.10.2013 (Anl. Bk 4) die Innensanierung des Sondereigentums der Beklagten beschlossen wurde, hat die Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 30.10.2013 in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, dass es der Klägerin lediglich darum gehe, die Sanierungsarbeiten zu verzögern und sie dadurch „weichzukochen“. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt ein Interesse daran gehabt, die notwendige Trockenlegung zwecks Bewohnbarkeit ihrer Wohnung in irgendeiner Weise zu verhindern. Dies ergebe sich aus den Beschlüssen der Eigentümerversammlung vom 24.04.2013. Sie hätten sogar schon die entsprechenden Schlüssel zur Verfügung gestellt.

Die Berufung sei ohne Beschwer erfolgt. Bereits mit der Berufungsbegründung sei die Erledigung der Hauptsache erklärt worden. Tatsächlich habe nie ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin bestanden. Die Berufung sei offensichtlich nur aus Kostengründen erhoben worden, was unzulässig sei. Sie widersprächen der Klagerweiterung in der Berufungsbegründung. Ein Zutrittsrecht bestehe lediglich ab der Erteilung von Aufträgen. Das Sanierungskonzept des Herrn H… entspreche nicht dem Beweisergebnis des selbständigen Beweisverfahrens, da dieses eine Horizontalsperre vorsehe.

Eine Erledigung des Rechtsstreits sei nicht eingetreten, da die Berufung von Anfang erfolglos gewesen wäre. Zudem habe keine ausreichende Ermächtigung zur Durchführung des Verfahrens vorgelegen. Die Teilungserklärung stelle keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage dar, da es sich bei einer Prozessführung auf Aktivseite nicht um eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung im Sinne von Ziff. 4a TE handele. Ohne einen ermächtigenden Beschluss könne eine hinreichende Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht nachgewiesen werden. Der Beschluss zu TOP 6 der Eigentümerversammlung vom 11.06.2012 habe sich lediglich auf den Zugang zu ihrer Wohnung bezogen. Die Bedingung, dass kein Zutritt gewährt worden sei, sei niemals eingetreten.

Zur Ergänzung des Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere verfügt diese über die erforderliche Beschwer, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtsstreit hat sich nicht in der Hauptsache erledigt. Das vorliegende Verfahren stellt nicht das Hauptsacheverfahren zu dem selbständigen Beweisverfahren Az. 539 H 1/10 dar, so dass über dessen Kosten nicht zu entscheiden ist.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Auch verfügt die Klägerin über die erforderliche Beschwer. Dazu ist es ausreichend, dass die Klägerin (vor Abgabe der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 30.10.2013) einen Teil des erstinstanzlich von ihr verfolgten Duldungsanspruchs in der Berufungsinstanz weiterverfolgt und den zweiten Teil des Anspruchs lediglich noch als Hilfsantrag in der Form eines Feststellungsantrags geltend macht.

Die Beschwer muss im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung vorliegen und darf nicht vor der Entscheidung entfallen. Sie kann nicht durch Klagerweiterung in II. Rechtszug geschaffen werden, wenn nicht wenigstens ein Teilstück des ursprünglichen Begehrens mit dem Rechtsmittel weiterverfolgt wird; denn die Erweiterung setzt ebenso wie die Klagänderung ein zulässiges Rechtsmittel voraus, also die Weiterverfolgung eines vorinstanzlich aberkannten Anspruchs oder Anspruchsteils, denn die Beschwer kann sich nur in Bezug auf den Streitgegenstand der I. Instanz ergeben (BGH NJW-RR 2012, 516, Rn. 17, zitiert nach juris; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage, Vor § 511 Rdnr. 10a). Ausreichend ist es aber, den abgewiesenen Hauptantrag der I. Instanz als Hilfsantrag in der Berufungsinstanz weiterzuverfolgen (BGH NJW 2001, 226; Zöller/Heßler, a.a.O.).

Dies zugrunde gelegt, begegnet das Vorgehen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Beschwer keinen Bedenken, nur einen Teil des erstinstanzlichen Antrags in der Berufung weiterzuverfolgen und den zweiten Teil des erstinstanzlichen Klagantrags – als Feststellungsantrag – lediglich noch als Hilfsantrag geltend zu machen.

In dem Übergang von einem Leistungs- in einen Feststellungsantrag liegt eine auch im Berufungsverfahren zulässige Klageänderung (§§ 533, 264 Ziff. 2 ZPO). Die Zulässigkeit einer derartigen Klageänderung (Feststellung statt Leistung) ist weder an die Voraussetzung der Sachdienlichkeit noch an die Einwilligung des Gegners gebunden (Zöller/Heßler, a.a.O., § 533 Rdnr. 3). Daher ist der Widerspruch der Beklagten gegen die Klageänderung unerheblich.

Ob die Aufspaltung des einheitlichen auf Duldung gerichteten Klagantrags in zwei Teile – wie in der Berufungsbegründung durch Haupt- und Hilfsantrag geschehen – materiell berechtigt ist, stellt eine Frage der Begründetheit dar.

2.

Die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin vom 30.10.2013 ist als zulässige Klageänderung dahingehend auszulegen, dass sie beantragt, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Die Berufung hätte in der Sache nur Erfolg, wenn die bis dahin zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches Ereignis gegenstandslos geworden wäre. Hieran fehlt es, weswegen die Berufung unbegründet ist.

Das erledigende Ereignis besteht nach dem Vortrag der Klägerin in den Beschlussfassungen der Eigentümerversammlungen vom 28.08. und 09.10.2013. Die Wohnungseigentümer haben auf der Eigentümerversammlung vom 28.08.2013 (Anl. Bk 5) beschlossen, die Fa. J…B… gemäß deren Angeboten vom 11.08.2013 und 27.08.2013 mit der Durchführung der Sanierungsarbeiten zu beauftragen. Zudem sollten die neu aufgetretenen Durchfeuchtungserscheinungen im Bereich des Sondereigentums der Beklagten von Herrn H… untersucht und Vorschläge zur Beseitigung und Kostenvorschläge bei der Verwaltung eingereicht werden. Die Finanzierung sollte durch die Rücklage erfolgen. Die Wohnungseigentümerversammlung wies darauf hin, dass sie erwarte, dass die Beklagten die zugesagte Kostenbeteiligung gemäß dem „Einigungsbeschluss vom 24.04.2013 TOP 6“ leisteten. Mit Ausnahme dieses Einigungsbeschlusses seien alle anderen in der Vergangenheit hinsichtlich der Sanierungsarbeiten im Zusammenhang mit Wohnung 2 gefassten Beschlüsse in Bezug auf die Sanierungsarbeiten außer Kraft gesetzt. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst, wobei sich die Beklagten der Stimme enthalten haben. Die Beklagten haben den Beschluss jedoch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin zwischenzeitlich gerichtlich angefochten (Amtsgericht Hamburg-Blankenese, Az. 539 C 27/13).

Auf der Eigentümerversammlung vom 09.10.2013 (Anl. Bk 4) haben die Eigentümer gegen die Stimmen der Beklagten einen Beschluss über die Gesamtmaßnahme und die Finanzierung (€ 126.000,00) gefasst. Gegenanträge der Beklagten (vgl. Anl. 1 zum Protokoll und TOP 4) wurden mehrheitlich abgelehnt. Ob die Beklagten auch diese Beschlüsse angefochten haben, ist unklar. Die Monatsfrist gem. § 46 Abs. 1 WEG war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch nicht abgelaufen.

Dass und warum die auf den Eigentümerversammlungen vom 28.08. und 09.10.2013 gefassten Beschlüsse über die Sanierung und Auftragsvergabe die ursprüngliche Klage der Klägerin auf Duldung des Betretens und der Inanspruchnahme der im Sondereigentum der Beklagten stehenden Gebäudeteile gegenstandslos (d.h. unzulässig oder unbegründet) gemacht haben sollten, ist nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als die Beklagten – nachdem sie den Beschlüssen der Eigentümerversammlung vom 24.04.2013 zugestimmt hatten – zumindest den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.08.2013 gerichtlich angefochten haben und es nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich auch den Beschluss vom 09.10.2013 anfechten werden, da sie gegen den Beschlussantrag gestimmt haben und mit ihrem Gegenantrag nicht durchdringen konnten. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten ihren nach dem Vortrag der Klägerin „systematischen Widerstand“ gegen die beschlossenen Sanierungsmaßnahmen im Bereich ihres Sondereigentum „aufgegeben“ oder gar den Duldungsanspruch der Klägerin „anerkannt“ hätten. Dass die Beschlüsse vom 28.08. und 09.10.2013 ein erledigendes Ereignis in Bezug auf den Duldungsanspruch darstellen sollen, überzeugt umso weniger, als die Wohnungseigentümer damit erst die vom Amtsgericht zur Annahme eines Duldungsanspruchs gem. § 14 Ziff. 4 WEG vermissten konkreten Ausführungsbeschlüsse gefasst haben.

Unabhängig davon war die Duldungsklage der Klägerin gegen die Beklagten zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen vom 28.08. und 09.10.2013 auch nicht zulässig und begründet. Die Annahme einer Duldungspflicht gem. § 14 Ziff. 4 WEG für das Betreten des Sondereigentums (und erst recht für dessen Benutzung) ist im Lichte des Art. 13 GG zumindest von einem sachlichen Grund abhängig zu machen, wobei letztlich eine umfassende Einzelfallabwägung geboten ist (BeckOK WEG/Timme/Dötsch, Stand: 31.07.2013, Edition 17, § 14 Rdnr. 154). Ist eine Instandsetzungsmaßnahme und deren Durchführung bestandskräftig beschlossen, muss das Betreten des Sondereigentums zu deren Durchführung geduldet werden (OLG Celle, ZMR 2002, 293; Jennißen/Hogenschurz, WEG, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 25). Nichts anderes soll nach Auffassung des LG Berlin (ZMR 2010, 978) gelten, wenn der Sanierungsbeschluss zwar angefochten, aber noch nicht rechtskräftig für ungültig erklärt oder seine Vollziehung durch einstweilige Verfügung vom Gericht ausgesetzt worden ist (Jennißen/Hogenschurz, a.a.O.).

Allerdings besteht für die Duldungsklage aus § 14 Ziff. 4 WEG unabhängig von der Beschlussgrundlage für die Sanierungsmaßnahmen stets nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn entweder der betroffene Sondereigentümer den Zutritt zu seinem Sondereigentum unberechtigt verweigert hat – was hier nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts nicht der Fall gewesen sein dürfte – oder dies zumindest bereits angekündigt hat, so dass es der Klägerin nicht zuzumuten ist abzuwarten, bis der WEG-Verwalter oder Handwerker tatsächlich nicht in das Sondereigentum des betreffenden Wohnungseigentümers hineingelassen werden.

Zwar streiten die Beklagten mit den übrigen Eigentümern offenbar nach wie vor darüber, ob das Sanierungskonzept des Sanierungsbeauftragten H… den Feststellungen des Sachverständigen E…V… aus dem selbständigen Beweisverfahren Az. 539 H 1/10 entspricht. Die Beklagten lehnen das Sanierungskonzept des Sanierungsbeauftragten H… ab und favorisieren die Abdichtung der Wände im Wege der Ausführung einer Horizontalabdichtung durch Edelstahlbleche. Dies allein reicht aber nicht dafür aus, dass die Klägerin ohne sonstige konkrete Umstände davon ausgehen kann, dass die Beklagten der WEG-Verwaltung und den Mitarbeitern der beauftragten Firma J…B… den Zutritt zu ihrem Sondereigentum verweigern werden. Insbesondere konnte die Klägerin nicht über die Geltendmachung des Duldungsanspruchs „dem Grunde nach“ erreichen, dass die Beklagten ihren Widerstand gegen das Sanierungskonzept des Sanierungsberaters H… aufgeben. Sollten die Beklagten das Betreten und die Inanspruchnahme ihres Sondereigentums zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums trotz konkreter Sanierungs- und Ausführungsbeschlüsse und trotz bereits erteilter Handwerkeraufträge gleichwohl verweigern, hätte die Klägerin die Möglichkeit, die Gewährung des Zutritts im Wege einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagten durchzusetzen.

Daher stimmt die Kammer dem Amtsgericht im Ergebnis zu, dass ein Duldungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten gem. § 14 Ziff. 4 1. HS WEG nicht besteht, wobei die Kammer den maßgebenden Gesichtspunkt nicht in erster Linie darin sieht, dass die Wohnungseigentümer noch nicht konkrete Beschlüsse über die Beauftragung von Handwerksunternehmen zur Ausführung der Sanierungsmaßnahmen gefasst hatten, sondern dass nicht ersichtlich war, dass die Beklagten dem WEG-Verwalter und den beauftragten Handwerkern den Zutritt zu ihrem Sondereigentum verweigern würden.

Auf die weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, ob die Teilungserklärung in § 16 Ziff. 2 und 4 a) eine hinreichende Ermächtigung für die Verwaltung zur gerichtlichen Verfolgung des Duldungsanspruchs gegen die Beklagten und zur Beauftragung eines Rechtsanwalts enthält und ob die Beklagten gem. § 6 der Teilungserklärung verpflichtet sind, die Kosten der Sanierung des Gemeinschaftseigentums im Bereich ihres Sondereigentums selbst zu tragen, kommt es nicht.

Schließlich kann auch dahinstehen, ob ein Duldungsanspruch asu § 14 Ziff. 4 WEG in der von der Klägerin mit der Berufungsbegründung zunächst geltend gemachten Weise „dem Grunde nach“ beantragt werden kann, ohne dass die konkreten Umstände (an welchen Tagen? zu welchen Zeiten?) und Personen genannt werden, denen der Zutritt zum Sondereigentum der Beklagten gewährt werden soll. Jedenfalls kann die Duldungsklage nicht dazu dienen, den zwischen den Parteien bestehenden Streit über den „richtigen“ Sanierungsweg zu klären.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und erfasst nicht auch die Kosten des vor dem Amtsgericht Hamburg-Blankenese zum Az. 539 H 1/10 geführten selbständigen Beweisverfahrens.

Dabei kann die Kammer ausdrücklich offen lassen, ob die vom Amtsgericht verneinte Identität zwischen den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens (damalige WEG-Verwaltung gegen die Beklagten) und des vorliegenden Rechtsstreits (zuletzt: Klägerin gegen die Beklagten) hier anzunehmen wäre, weil die Antragstellerin im selbständigen Beweisverfahren als damalige WEG-Verwalterin der Klägerin als gewillkürte Prozessstandschafterin der Klägerin aufgetreten ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.03.2007 – 15 W 89/06, Rn. 17, zitiert nach juris). Dagegen spricht, dass die gewillkürte Prozessstandschaft zu einer Verschiebung der Prozessrechtsverhältnisse und damit der Parteirollen führt mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für Zeugenstellung, Prozesskostentragungspflicht, PKH, Rechtshängigkeit, Vollstreckbarkeit und Rechtskraft (Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 50 Rdnr. 53). Vor diesem Hintergrund erscheint es zumindest zweifelhaft, warum bei der Entscheidung über die Kosten eines vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens dieser Grundsatz durchbrochen werden sollte. Im Übrigen trifft die Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu, dass der Übergang der Klägerrolle im vorliegenden Rechtsstreit von der WEG-Verwaltung auf sie lediglich einen Fall der Rubrumsberichtigung darstellte. Endet die gewillkürte Prozessstandschaft während des laufenden Verfahrens und setzt der Rechtsinhaber das Verfahren fort, richtet sich dies nach den Regeln über den gewillkürten Parteiwechsel, der nach ständiger Rechtsprechung als Klageänderung (§ 263 ZPO) behandelt wird (vgl. BGH, Urteil vom 07.07.1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132 = NJW 1993, 3072, Rn. 13, zitiert nach juris).

Jedenfalls fehlt es hier aber an der erforderlichen Identität des Streitgegenstandes zwischen selbständigem Beweisverfahren und dem vorliegenden Hauptsacheverfahren (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 09.02.2006 – VII ZB 59/05, NJW-RR 2006, 810; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rdnr. 13 „Selbständiges Beweisverfahren“). Zwar bedarf es – wie oben ausgeführt – eines sachlichen Grundes für den Duldungsanspruch aus § 14 Ziff. 4 1. HS WEG. Allerdings ist im Rahmen des Duldungsanspruchs nicht zu prüfen, ob der (wirksame) Beschluss über die Sanierung des Gemeinschaftseigentums im Bereich des Sondereigentums ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Der bestandskräftige bzw. jedenfalls nicht rechtskräftig für ungültig erklärte Sanierungsausführungsbeschluss reicht für den Duldungsanspruch aus, ohne dass zu prüfen wäre, ob dieser ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht bzw. sich dem im selbständigen Beweisverfahren gutachterlich beschriebenen Sanierungsweg deckt.

4.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision gegen dieses Urteil nicht zulässt und die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 62 Abs. 2 WEG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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