Die Eigentümer eines 50 Jahre alten Hochhauses stritten über die Erforderlichkeit einer Generalsanierung in der WEG, da kleinere Reparaturen gegen die massiven Feuchtigkeitsschäden scheiterten. Trotz der massiven Kosten legte das Gericht den Fokus auf die lange Schadenshistorie: Können Eigentümer die Finanzierung trotzdem ablehnen?
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- WEG-Beschluss zur Dachterrassen-Sanierung: Wann ist „teuer“ nicht „unverhältnismäßig“?
- Was war der Auslöser für den Streitfall?
- Welche rechtlichen Maßstäbe legt das Wohnungseigentumsgesetz an?
- Warum war die umfassende Sanierung für das Gericht unumgänglich?
- Die lange Schadenshistorie: Warum eine simple Reparatur nicht mehr ausreichte
- Der entscheidende Faktor: Warum das Gericht eine Leckageortung für überflüssig hielt
- Eine Frage der Sicherheit: Weshalb ein Mangel im Bauzustand die Entscheidung beeinflusste
- Die Kostenfrage: Wieso das Gericht die Finanzierung als ordnungsgemäß bewertete
- Eine prozessuale Feinheit: Wie das Schweigen der Klägerin die Position der WEG stärkte
- Checkliste: Wann ist ein teurer Sanierungsbeschluss in Ihrer WEG unangreifbar?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann muss ich als Eigentümer eine sehr teure WEG Generalsanierung bezahlen?
- Wann gilt ein teurer Sanierungsbeschluss der WEG als unverhältnismäßig und anfechtbar?
- Wie muss die WEG belegen, dass punktuelle Reparaturen nicht mehr ausreichen?
- Wer haftet für Feuchtigkeitsschäden in meiner Wohnung, die vom Dach ausgehen?
- Was macht einen Sanierungsbeschluss in der WEG rechtssicher und gerichtlich unangreifbar?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 218 C 760/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Bad Homburg vor der Höhe
- Datum: 19. Dezember 2024
- Aktenzeichen: 218 C 760/24
- Verfahren: Klage gegen Eigentümerbeschlüsse
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Instandhaltung, Beschlussfassung
- Das Problem: Eine Wohnungseigentümerin klagte gegen ihre Gemeinschaft. Sie hielt die beschlossene, umfassende und teure Komplettsanierung der Dachterrassen für unnötig und unverhältnismäßig.
- Die Rechtsfrage: Musste die Eigentümergemeinschaft die Dachterrassen komplett neu sanieren, obwohl die Eigentümerin günstigere kleine Reparaturen vorschlug?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht sah die Komplettsanierung als notwendig an, weil die gesamte Dämmung durch die wiederholten Schäden feucht und irreparabel geschädigt war.
- Die Bedeutung: Bei wiederholten und gravierenden Feuchtigkeitsschäden muss die Eigentümergemeinschaft umfassende Sanierungen beschließen. Das Gericht hält eine teure Generalsanierung für erforderlich, wenn punktuelle Reparaturen in der Vergangenheit keinen dauerhaften Erfolg brachten.
WEG-Beschluss zur Dachterrassen-Sanierung: Wann ist „teuer“ nicht „unverhältnismäßig“?
Ein Feuchtigkeitsschaden in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist oft nur die Spitze des Eisbergs. Wenn die Verwaltung dann eine umfassende und kostspielige Generalsanierung vorschlägt, stellt sich für viele Eigentümer die Frage: Ist das wirklich nötig oder schießt man hier mit Kanonen auf Spatzen? Genau diesen Konflikt zwischen einer als überzogen empfundenen Maßnahme und einer als unumgänglich dargestellten Notwendigkeit musste das Amtsgericht Bad Homburg in einem Urteil vom 19. Dezember 2024 klären (Az. 218 C 760/24). Es liefert eine präzise Anleitung dafür, wann eine Eigentümergemeinschaft auch gegen den Willen einzelner Mitglieder eine teure Komplettsanierung durchsetzen darf.
Was war der Auslöser für den Streitfall?

Die Geschichte spielt in einem 14-stöckigen Hochhaus aus den 1970er-Jahren. Eine Miteigentümerin einer Maisonette-Wohnung im 13. Stockwerk zog vor Gericht, um zwei Beschlüsse der Eigentümerversammlung für ungültig erklären zu lassen. Diese Beschlüsse sahen eine tiefgreifende Sanierung der Dachterrassen von insgesamt drei Wohnungen vor – finanziert durch eine Sonderumlage, die alle Eigentümer zu tragen hatten.
Der unmittelbare Anlass war ein Feuchtigkeitsschaden aus dem Jahr 2022. Wasser war von einer Terrasse in die darunterliegende Wohnung eingedrungen. Dies war jedoch kein Einzelfall. Seit 2019 kam es in dem rund 50 Jahre alten Gebäude immer wieder zu ähnlichen Problemen an verschiedenen Terrassen und Balkonen. Bislang hatte die WEG auf eine „kleine Lösung“ gesetzt: Eine Dachdeckerfirma wurde beauftragt, das Leck zu orten und die betroffene Stelle punktuell auszubessern. Jede dieser Reparaturen kostete rund 5.000 Euro, löste das Problem aber nie dauerhaft.
Angesichts der wiederkehrenden Schäden entschied die Gemeinschaft, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie beauftragte einen Architekten mit der Erstellung eines Sanierungskonzepts. Dieser legte nach einer Bestandsaufnahme vier verschiedene Sanierungsvarianten vor. Die Verwaltung schrieb daraufhin 15 Fachfirmen an, um Angebote einzuholen. Zwei Unternehmen gaben ein Angebot ab. Auf dieser Grundlage fasste die Eigentümerversammlung in zwei Sitzungen die folgenschweren Beschlüsse: Die Dachterrassen sollten umfassend saniert und der Terrassenbelag komplett ausgetauscht werden.
Die klagende Eigentümerin sah darin eine unverhältnismäßige Maßnahme. Sie argumentierte, die Entscheidung beruhe auf einer unzureichenden Faktenlage. Insbesondere sei keine genaue Leckageortung durchgeführt worden, um die exakte Schadensquelle zu finden. Sie kritisierte die Sanierungskonzepte als fehlerhaft und bemängelte das Fehlen einer klaren Kosten-Nutzen-Analyse. Ihrer Ansicht nach hätte die WEG kostengünstigere Alternativen prüfen müssen, anstatt sich für die teuerste Komplettlösung zu entscheiden.
Welche rechtlichen Maßstäbe legt das Wohnungseigentumsgesetz an?
Im Zentrum eines solchen Streits steht immer der Grundsatz der „ordnungsgemäßen Verwaltung“, der im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verankert ist. Die Eigentümergemeinschaft ist verpflichtet, das Gemeinschaftseigentum instand zu halten und instand zu setzen. Dazu gehört gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG insbesondere die Beseitigung von Schäden, um die Bausubstanz zu erhalten und Folgeschäden zu vermeiden.
Dabei haben die Eigentümer einen Ermessensspielraum. Sie müssen nicht die billigste, sondern die wirtschaftlich vernünftigste und nachhaltigste Lösung wählen. Ein Gericht prüft nicht, ob es selbst die Maßnahme für die beste hält, sondern nur, ob die Entscheidung der WEG den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht. Eine Maßnahme ist dann nicht mehr ordnungsgemäß, wenn sie willkürlich, schikanös oder offensichtlich unvernünftig ist.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist das Bestimmtheitsgebot. Ein Beschluss muss so klar formuliert sein, dass für einen objektiven Betrachter unmissverständlich erkennbar ist, was genau beschlossen wurde. Das betrifft sowohl den Umfang der baulichen Maßnahme als auch deren Finanzierung. Vage Formulierungen können einen Beschluss angreifbar machen.
Warum war die umfassende Sanierung für das Gericht unumgänglich?
Das Amtsgericht wies die Klage der Eigentümerin vollständig ab und erklärte die Beschlüsse für wirksam. Die Richter folgten in ihrer Analyse einer klaren und nachvollziehbaren Argumentationskette, die sich intensiv mit den Einwänden der Klägerin auseinandersetzte.
Die lange Schadenshistorie: Warum eine simple Reparatur nicht mehr ausreichte
Das Gericht stellte zunächst auf das Alter des Gebäudes und die Art des Schadens ab. Ein Flachdach hat, auch bei guter Ausführung, eine durchschnittliche Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren. Mit rund 50 Jahren hatte die Bausubstanz hier das Ende ihrer erwarteten Lebenszeit erreicht.
Viel wichtiger war jedoch die Schadenshistorie. Die Beklagte – die WEG – hatte detailliert und mit Fotos belegt, dass es seit Jahren immer wieder zu massiven Wassereinbrüchen in den Wohnungen unter den Terrassen gekommen war. Die Rede war von Pfützenbildung, Schimmel und Salpeterausblühungen. Eine Wohnung war deswegen seit Dezember 2021 unbewohnbar. Für das Gericht war dies der entscheidende Beleg dafür, dass es sich nicht um einzelne, isolierte Undichtigkeiten handelte. Die logische Schlussfolgerung war, dass die gesamte Dämmschicht unter den Terrassen durchfeuchtet und ihre Funktion als Wärmedämmung und Schutzschicht verloren hatte. Die bisherigen punktuellen Reparaturen waren deshalb wie das Anbringen eines Pflasters auf einer großflächigen Wunde – sie konnten das systemische Problem nicht lösen.
Der entscheidende Faktor: Warum das Gericht eine Leckageortung für überflüssig hielt
Das Hauptargument der Klägerin war das Fehlen einer spezifischen Leckageortung. Das Gericht wertete diesen Punkt jedoch als nicht entscheidungsrelevant. Eine Leckageortung dient dazu, eine einzelne undichte Stelle zu finden. Angesichts der erdrückenden Beweislage für eine flächige Durchfeuchtung der Dämmung wäre die Suche nach einem einzelnen Loch nach Ansicht des Gerichts sinnlos gewesen. Der Schaden war offensichtlich systemischer Natur. Die Kette wiederholter Wasserschäden an verschiedenen Stellen war ein stärkerer Beweis für einen grundlegenden Mangel des gesamten Dachaufbaus als es eine einzelne Leckortung je hätte sein können.
Eine Frage der Sicherheit: Weshalb ein Mangel im Bauzustand die Entscheidung beeinflusste
Ein weiteres gewichtiges Argument, das die WEG vorbrachte, war ein bautechnischer Mangel: Jede der großen Terrassen verfügte nur über einen einzigen Bodenablauf. Dies widerspricht den heutigen baurechtlichen Anforderungen und stellt insbesondere bei Starkregenereignissen ein erhebliches Risiko dar. Eine Überflutung mit weiteren massiven Schäden am Gemeinschafts- und Sondereigentum war eine reale Gefahr. Die beschlossene Sanierungsvariante sah vor, dieses Abflussproblem zu beheben. Allein dieser Sicherheitsaspekt rechtfertigte laut Gericht eine umfassende Maßnahme, da eine reine Reparatur den Konstruktionsfehler nicht beseitigt hätte. Ein weiteres Zuwarten wäre unverantwortlich gewesen.
Die Kostenfrage: Wieso das Gericht die Finanzierung als ordnungsgemäß bewertete
Auch die formalen Rügen der Klägerin zur Kostenplanung ließ das Gericht nicht gelten. Zwar enthielt das Angebot der ausführenden Firma nicht für jede einzelne Position exakte Preise. Der von der WEG beauftragte Architekt hatte diese Posten jedoch geprüft, die Kosten geschätzt und zusätzlich eine Position für „Unvorhergesehenes“ eingeplant. Das Gericht befand dies für ausreichend. Bei der Sanierung eines Altbaus seien exakte Kostenvorhersagen kaum möglich, und Schwankungen seien die Regel. Der Beschluss war somit hinreichend bestimmt, da er auf einem geprüften Angebot basierte und die Finanzierung durch die Sonderumlage klar geregelt war. Auch das Ausschreibungsverfahren – 15 Anfragen, zwei Angebote – wurde als ausreichend und sachgerecht bewertet. Es gibt keine gesetzliche Pflicht, eine bestimmte Mindestanzahl von Angeboten einzuholen.
Eine prozessuale Feinheit: Wie das Schweigen der Klägerin die Position der WEG stärkte
Schließlich kam ein prozessualer Grundsatz zum Tragen, der für das Ergebnis mitentscheidend war: § 138 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieser Paragraph besagt vereinfacht, dass Tatsachen, die eine Partei vorträgt, als zugestanden gelten, wenn die Gegenseite sie nicht ausdrücklich bestreitet. Die WEG hatte sehr detailliert die Historie und das Ausmaß der Wasserschäden geschildert. Die Klägerin bestritt in ihrer Klage zwar die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Sanierung, sie bestritt aber nicht die von der WEG vorgetragenen Fakten über die konkreten Schäden. Damit musste das Gericht von der Richtigkeit dieser Schilderungen ausgehen, was die Argumentation für eine unumgängliche Generalsanierung massiv stützte.
Checkliste: Wann ist ein teurer Sanierungsbeschluss in Ihrer WEG unangreifbar?
Das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg bietet eine wertvolle Orientierung für Wohnungseigentümer auf beiden Seiten eines solchen Konflikts. Wenn Ihre WEG eine umfassende Sanierung plant, können Sie anhand der folgenden Punkte prüfen, ob der Beschluss voraussichtlich einer gerichtlichen Überprüfung standhalten wird.
- ✔ Lückenlose Dokumentation der Schäden: Liegt eine detaillierte Chronik vergangener Schäden vor? Sind diese durch Fotos, Protokolle oder Rechnungen früherer Reparaturversuche belegt? Eine starke Faktenbasis ist die beste Absicherung.
- ✔ Nachweis der Erfolglosigkeit kleinerer Reparaturen: Kann die Verwaltung belegen, dass günstigere, punktuelle Maßnahmen in der Vergangenheit versucht wurden, aber keinen dauerhaften Erfolg brachten? Dies entkräftet den Vorwurf, es sei nicht die wirtschaftlichste Lösung gewählt worden.
- ✔ Einholung von externem Sachverstand: Wurde ein unabhängiger Architekt, Ingenieur oder Gutachter beauftragt, den Schaden zu analysieren und Sanierungskonzepte zu erarbeiten? Die Einschätzung eines Experten verleiht der Entscheidung der WEG erhebliches Gewicht.
- ✔ Ganzheitliche Ursachenanalyse statt reiner Symptombekämpfung: Beruht die Entscheidung auf einer Analyse, die das Alter der Bausubstanz, Konstruktionsmängel und die gesamte Schadenshistorie berücksichtigt? Wenn klar wird, dass das Problem systemischer Natur ist, rechtfertigt dies eine umfassende Lösung.
- ✔ Nachvollziehbares Ausschreibungs- und Auswahlverfahren: Auch wenn nur wenige Angebote eingehen, ist es wichtig, dass die Verwaltung nachweisen kann, eine angemessene Anzahl von Fachfirmen angefragt zu haben. Die Auswahl sollte sachlich begründet sein.
- ✔ Ausreichend bestimmter und finanzierbarer Beschluss: Ist der Beschluss klar formuliert? Verweist er auf ein konkretes Angebot oder ein Sanierungskonzept? Ist die Finanzierung (z. B. durch eine Sonderumlage) eindeutig geregelt und für die Eigentümer nachvollziehbar?
- ✔ Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten: Werden durch die Sanierung auch Gefahren beseitigt oder baurechtliche Mängel behoben? Dieser Aspekt kann den Ermessensspielraum der WEG zugunsten einer umfassenden Maßnahme erheblich erweitern.
Die Urteilslogik
Die ordnungsgemäße Verwaltung verpflichtet eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die langfristig wirtschaftlichste und nachhaltigste Lösung zu wählen, auch wenn diese anfänglich die kostspieligste ist.
- Versagen der Teilsanierung: Eine Eigentümergemeinschaft muss eine umfassende Generalsanierung durchführen, sobald die Akten belegen, dass wiederholte, punktuelle Ausbesserungen die systemische Durchfeuchtung oder Altersschwäche der gesamten Bausubstanz nicht beheben können.
- Beweis durch die Schadenshistorie: Die Notwendigkeit einer Generalsanierung gilt als nachgewiesen, wenn die Chronologie wiederholter Wasserschäden an unterschiedlichen Stellen auf einen grundlegenden Mangel im Bauaufbau hindeutet, wodurch die Durchführung einer isolierten Leckageortung überflüssig wird.
- Zulässigkeit von Kostenschätzungen: Ein Beschluss zur Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen bleibt hinreichend bestimmt, selbst wenn das zugrunde liegende Angebot Schätzungen und eine Pauschale für „Unvorhergesehenes“ beinhaltet, da die exakte Kostenvorhersage bei Altbausanierungen oft unmöglich ist.
Nur die lückenlose Dokumentation von Schäden und der nachgewiesene Fehlschlag kleinerer Maßnahmen sichern die weitreichenden Ermessensentscheidungen der Eigentümergemeinschaft gegen juristische Anfechtung ab.
Benötigen Sie Hilfe?
Muss Ihre Eigentümergemeinschaft ebenfalls über die Erforderlichkeit einer Generalsanierung entscheiden? Kontaktieren Sie uns für eine fundierte rechtliche Einschätzung Ihres Sachverhalts.
Experten Kommentar
Wer bei seiner WEG immer wieder versucht, mit Flicken und Flickzeug einen Schaden zu reparieren, läuft am Ende vor Gericht ins Verderben. Dieses Urteil bestätigt knallhart: Eine lange, gut dokumentierte Historie gescheiterter Kleinstreparaturen ist der stärkste Beweis dafür, dass nur noch die Komplettsanierung wirtschaftlich und angemessen ist. Für Eigentümer und Verwaltungen heißt das: Wer die wiederkehrenden Schäden konsequent protokolliert, erhält die juristische Rückendeckung, die teure, aber nachhaltige Lösung durchzusetzen. Entscheidend ist, dass das Gericht damit klargestellt hat: Das systemische Problem zählt mehr als die überflüssige Suche nach einem einzelnen Loch, wenn die Dämmung bereits flächig durchfeuchtet ist.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann muss ich als Eigentümer eine sehr teure WEG Generalsanierung bezahlen?
Sie sind zur Zahlung der Generalsanierung verpflichtet, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Systematik des Schadens belegen kann. Die WEG muss nachweisen, dass frühere punktuelle Reparaturen fehlschlugen und die umfassende Sanierung der einzig wirtschaftlich vernünftige Weg zur langfristigen Schadensbeseitigung ist. Die Regel: Die WEG muss nicht die billigste, sondern die wirtschaftlich vernünftigste und nachhaltige Lösung wählen.
Die Notwendigkeit einer teuren Generalsanierung entsteht oft, wenn die Mängel nicht lokal, sondern flächendeckend sind. Wiederkehrende Wassereinbrüche an verschiedenen Stellen belegen beispielsweise, dass das Problem in der gesamten Bausubstanz liegt, etwa einer flächendeckend durchfeuchteten Dämmung. Bei älteren Gebäuden, die das Ende ihrer erwarteten Lebensdauer erreicht haben, rechtfertigt die WEG fast immer eine Komplettsanierung, um die Bausubstanz langfristig zu erhalten und weitere, teure Folgeschäden zu vermeiden.
Für die Zahlungspflicht ist die lückenlose Dokumentation der WEG entscheidend. Die Verwaltung muss detailliert belegen, dass mehrere Einzelreparaturen (zum Beispiel zu je 5.000 Euro) ohne dauerhaften Erfolg blieben. Diese Chronologie des Scheiterns macht die Generalsanierung kaum angreifbar, da sie die Unwirtschaftlichkeit der kleinen Lösung beweist. Kritiker machen oft den Fehler, nur die Höhe der Kosten anzugreifen, ohne selbst einen fundierten Gegenvorschlag vorzulegen, der das systemische Problem ebenfalls löst.
Fordern Sie bei der Verwaltung Einsicht in die gesamte Schadenshistorie inklusive aller Rechnungen gescheiterter Reparaturversuche an, um die behauptete Systematik des Schadens selbst zu prüfen.
Wann gilt ein teurer Sanierungsbeschluss der WEG als unverhältnismäßig und anfechtbar?
Ein Sanierungsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist nicht allein wegen seiner hohen Kosten unverhältnismäßig oder anfechtbar. Entscheidend ist vielmehr, ob die Eigentümer die Entscheidung willkürlich, offensichtlich unvernünftig oder formal fehlerhaft getroffen haben. Die Anfechtbarkeit ergibt sich, wenn die WEG die teuerste Lösung wählte, ohne Alternativen sachlich zu begründen und ernsthaft geprüft zu haben.
Gerichte prüfen, ob die Gemeinschaft ihren Ermessensspielraum missbraucht hat. Ein entscheidender Angriffspunkt ist die mangelnde Sachkunde der WEG-Verwaltung. Wenn die Entscheidung für eine Komplettsanierung auf einer unzureichenden Faktenbasis beruht, wird der Beschluss angreifbar. Bei komplexen Schäden müssen Sie die Einholung eines unabhängigen Sachverständigen, wie eines Architekten oder Gutachters, fordern. Ohne ein fundiertes Expertenurteil, das die Notwendigkeit der teuren Maßnahme belegt, steht die Entscheidung auf wackeligen Füßen.
Achten Sie besonders auf formale Fehler im Wortlaut des Beschlusses selbst. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot macht ihn oft unwirksam. Dies bedeutet, dass der genaue Umfang der baulichen Maßnahme sowie die exakte Finanzierung, beispielsweise die Höhe der Sonderumlage, für alle Eigentümer klar und unmissverständlich erkennbar sein müssen. Obwohl keine Mindestanzahl an Angeboten vorgeschrieben ist, ist der Beschluss angreifbar, wenn die Verwaltung nicht belegen kann, dass sie eine angemessene Anzahl von Fachfirmen angefragt hat.
Prüfen Sie den Wortlaut des Beschlusses sofort nach Zugang auf das Bestimmtheitsgebot und notieren Sie, ob explizit auf ein konkretes Architektenkonzept und ein verbindliches Angebot verwiesen wird.
Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Wie muss die WEG belegen, dass punktuelle Reparaturen nicht mehr ausreichen?
Die WEG muss die Notwendigkeit einer Generalsanierung lückenlos dokumentieren. Sie beweist damit, dass der Schaden nicht lokal, sondern systemisch ist. Dies geschieht primär durch die Vorlage einer detaillierten Schadenshistorie. Die Verwaltung muss nachweisen, dass frühere, günstigere Reparaturversuche fehlschlugen und nur temporäre Erfolge brachten.
Gerichte verlangen klare Beweise dafür, dass die kostspielige Generalsanierung die einzig wirtschaftlich vernünftige Lösung darstellt. Die Gemeinschaft legt dafür alle Rechnungen und Protokolle früherer Instandhaltungsmaßnahmen vor, um die „Chronologie des Scheiterns“ zu belegen. Ein Beispiel: Die WEG zahlte mehrfach 5.000 Euro für punktuelle Reparaturen an verschiedenen Stellen. Diese wiederholten, wirkungslosen Kosten dienen als Beleg für den systemischen Mangel, der über die bloße Symptombekämpfung hinausgeht.
Zusätzlich muss die WEG externes Fachwissen einholen. Ein Architekt oder Gutachter muss die wiederholten Schäden analysieren und daraus die logische Schlussfolgerung ziehen. Diese Expertenschlussfolgerung bestätigt, dass die gesamte Bausubstanz, beispielsweise die Dämmschicht, flächig durchfeuchtet ist. Visuelle Beweise wie Fotos von Schimmelbildung, Pfützen oder detaillierten Sachstandsberichten verstärken die Dringlichkeit und Systematik des Problems vor Gericht erheblich.
Suchen Sie in den Protokollen nach den Beschlüssen und Rechnungen für frühere, gescheiterte Einzelreparaturen, um die behauptete Kette der vergeblichen Reparaturen zu verifizieren oder zu widerlegen.
Wer haftet für Feuchtigkeitsschäden in meiner Wohnung, die vom Dach ausgehen?
Wenn Wasser durch das Dach eindringt und in die Wohnung läuft, trägt die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Verantwortung für die Ursache. Die WEG ist verpflichtet, das Dach als Gemeinschaftseigentum instand zu setzen. Dies ist notwendig, um die Bausubstanz zu erhalten und Folgeschäden an den Wohnungen zu vermeiden.
Die Kostenverteilung für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden in Ihrem Sondereigentum gestaltet sich komplizierter. Die WEG haftet für diese Folgeschäden (wie nasse Wände, Böden oder Schimmel) nur, wenn ihr ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Ein Verschulden liegt vor, wenn die WEG die notwendige Sanierung trotz akuter Kenntnis des Problems verzögert oder notwendige Beschlüsse zur Instandsetzung über einen längeren Zeitraum unterlässt.
Hat die Verwaltung oder die WEG die dringende Sanierung des Daches bewusst ignoriert, handeln sie schuldhaft. Sie können dann als geschädigter Eigentümer Schadensersatz für die entstandenen Schäden in Ihrer Wohnung geltend machen. Gerichte beurteilen die Untätigkeit der WEG besonders streng, wenn der Schaden wegen Konstruktionsmängeln oder Sicherheitsrisiken eine umfassende Maßnahme erforderte und die Wohnung unbewohnbar wurde.
Dokumentieren Sie alle Feuchtigkeitsschäden umgehend mit Fotos und fordern Sie die Verwaltung schriftlich und unter Fristsetzung zur Einleitung von Sofortmaßnahmen auf.
Was macht einen Sanierungsbeschluss in der WEG rechtssicher und gerichtlich unangreifbar?
Ein Sanierungsbeschluss gilt als gerichtlich unangreifbar, wenn die Eigentümergemeinschaft ihre Entscheidung auf ein fundiertes Sachverständigenkonzept stützt. Die WEG muss belegen, dass die vorgeschlagene Maßnahme die wirtschaftlich vernünftigste und nachhaltigste Lösung darstellt. Zudem ist eine klare und detaillierte Kostenplanung entscheidend, um das Bestimmtheitsgebot einzuhalten.
Die Entscheidung muss auf einer umfassenden Ursachenanalyse eines unabhängigen Gutachters oder Architekten basieren. Nur wenn die Analyse das Alter der Bausubstanz, etwaige Konstruktionsmängel und die gesamte Schadenshistorie berücksichtigt, wird die Notwendigkeit einer Generalsanierung plausibel. Gerichte akzeptieren eine teure Komplettlösung nur, wenn klar dokumentiert ist, dass frühere punktuelle Reparaturen das systemische Problem nicht dauerhaft beheben konnten.
Ein rechtssicherer Beschluss muss stets den konkreten Umfang der Arbeiten definieren und die Finanzierung eindeutig regeln. Bei Sanierungen von Altbauten sollten die Kosten geschätzt und zusätzlich eine Position für Unvorhergesehenes eingeplant werden. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Priorität der Sicherheit: Behebt der Beschluss gleichzeitig baurechtliche Mängel oder beseitigt er akute Sicherheitsrisiken, erweitert dieser Aspekt den Ermessensspielraum der WEG erheblich zugunsten der umfassenden Maßnahme.
Überprüfen Sie die Beschlussvorlage kritisch darauf, ob die Dokumentation, der Sachverstand und die klare Wirtschaftlichkeit des Vorhabens lückenlos belegt sind.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bestimmtheitsgebot
Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass jeder Beschluss einer Eigentümerversammlung so klar und präzise formuliert sein muss, dass jeder Eigentümer den Umfang der Maßnahme und die Finanzierung unmissverständlich erkennen kann. Dieses formale Gebot dient der Rechtssicherheit, indem es willkürliche Interpretationen oder nachträgliche Änderungen verhindert. Nur ein exakt formulierter Beschluss erfüllt die Transparenzanforderungen des Wohnungseigentumsgesetzes.
Beispiel: Obwohl das Angebot der ausführenden Firma nicht jede einzelne Position exakt bepreiste, befand das Gericht den Beschluss als hinreichend bestimmt, weil er auf einem geprüften Architektenkonzept und der klaren Regelung der Sonderumlage basierte.
Ermessensspielraum
Juristen nennen den Ermessensspielraum den Entscheidungsfreiraum, den die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bei der Wahl der konkreten Instandsetzungsmaßnahme besitzt. Das Gesetz räumt der Gemeinschaft diesen Spielraum ein, da die Eigentümer am besten beurteilen können, welche Lösung vor Ort wirtschaftlich und langfristig vernünftig ist. Gerichte prüfen nur, ob die WEG-Entscheidung willkürlich oder offensichtlich unvernünftig getroffen wurde, nicht aber, ob es die absolut beste Lösung war.
Beispiel: Die klagende Eigentümerin sah in der Komplettsanierung eine unverhältnismäßige Maßnahme, doch das Amtsgericht bestätigte, dass die WEG ihren Ermessensspielraum nicht überschritten hatte, da sie die nachhaltigste Lösung zur Beseitigung der systemischen Mängel wählte.
Gemeinschaftseigentum
Als Gemeinschaftseigentum gelten alle Teile des Gebäudes und des Grundstücks, die nicht zum Sondereigentum erklärt wurden und für den Bestand und die Sicherheit des Hauses notwendig sind, wie das Dach, die Fundamente oder die Fassade. Da diese Bereiche allen Eigentümern gemeinsam gehören, sind auch alle Mitglieder der WEG gemeinsam für deren Instandhaltung und Instandsetzung verantwortlich und müssen die Kosten entsprechend ihres Anteils tragen, um die Bausubstanz zu erhalten.
Beispiel: Die Sanierung der Dachterrassen galt als eine zwingende Instandsetzungsmaßnahme am Gemeinschaftseigentum, da wiederkehrende Wasserschäden die darunterliegenden Wohnungen und die gesamte Konstruktion des Hochhauses bedrohten.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Die ordnungsgemäße Verwaltung ist der zentrale Maßstab im Wohnungseigentumsrecht und besagt, dass die WEG verpflichtet ist, das Gemeinschaftseigentum nachhaltig zu pflegen, instand zu halten und instand zu setzen. Dieser Grundsatz stellt sicher, dass die Eigentümer wichtige Reparaturen nicht unterlassen, was zu Folgeschäden oder Wertverlust führen könnte. Die WEG muss dabei die wirtschaftlich vernünftigste Lösung wählen, nicht zwangsläufig die billigste.
Beispiel: Da die wiederholten punktuellen Reparaturen keinen dauerhaften Erfolg brachten, sah das Gericht in der umfassenden Generalsanierung die einzig notwendige und somit ordnungsgemäße Verwaltung der Dachterrassenanlagen.
Sonderumlage
Eine Sonderumlage ist eine einmalige Zahlung, welche die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) beschließt, um einen unvorhergesehenen oder besonders großen Finanzbedarf zu decken, der nicht durch die reguläre monatliche Hausgeldzahlung abgedeckt ist. Diese Umlage ermöglicht es der Gemeinschaft, dringende Instandsetzungsmaßnahmen sofort durchzuführen, ohne die angesparte Instandhaltungsrücklage zu belasten.
Beispiel: Die umfassende Sanierung der drei Dachterrassen wurde durch eine Sonderumlage finanziert, deren Höhe im Beschluss klar geregelt war und die alle Eigentümer zu tragen hatten.
§ 138 Abs. 3 ZPO
Dieser Paragraph der Zivilprozessordnung (ZPO) regelt eine prozessuale Feinheit: Tatsachen, die eine Partei vor Gericht detailliert vorträgt, gelten als zugestanden, wenn die Gegenseite sie nicht ausdrücklich und substantiiert bestreitet. Das Gesetz zielt darauf ab, den Prozess zu beschleunigen und zu vereinfachen, indem es nur um die strittigen Punkte geht. Eine Partei kann sich nicht darauf beschränken, die Schlussfolgerung des Gegners anzugreifen, ohne die zugrundeliegenden Fakten zu bestreiten.
Beispiel: Die Klägerin bestritt die Verhältnismäßigkeit der Generalsanierung, doch da sie die von der WEG vorgetragene detaillierte Schadenshistorie nicht bestritt, musste das Gericht von der Richtigkeit der massiven Wasserschäden ausgehen.
Das vorliegende Urteil
AG Bad Homburg – Az.: 218 C 760/24 – Urteil vom 19.12.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.


