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WEG – Beschlussanfechtung – getrennte Verbrauchserfassung bei Fußbodenheizung

AG Altötting – Az.: 2 C 567/20 – Urteil vom 25.02.2021

1. Der Beschluss der Beklagten in der Eigentümerversammlung vom 14.10.2020 zu TOP 6 (Wärmezähler) wird für ungültig erklärt.

2. Es ist Folgendes beschlossen: Wärmezähler zur getrennten Erfassung der Fußbodenheizung (getrennte Nutzergruppe)

Der Verwalter wird beauftragt, möglichst zeitnah einen neuen Mietvertrag mit der Firma T. für die Wärmezähler zur getrennten Erfassung des Verbrauchs der Fußbodenheizung zu dem angebotenen Preis von 468,56 € abzuschließen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens ist eine Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der seit 01.12.2020 geltenden Fassung des Wohnungseigentumsgesetzes.

Die Klägerin ist zur Hälfte Miteigentümerin der Wohnung Nr. 11 der Wohnungseigentumsgemeinschaft ….

Auf die Eigentümerliste vom 14.12.2020 (Bl. 20) wird verwiesen.

Die Wohnungseigentümer haben am 14.10.2020 die jährliche Eigentümerversammlung unter der Leitung ihres Verwalters R. durchgeführt.

Auf die Tagesordnung (Bl. 2) sowie das Versammlungsprotokoll (Bl. 3 bis 5) wird verwiesen.

Die Tagesordnung enthielt folgenden TOP 6:

„Wärmezähler zur getrennten Erfassung der Fußbodenheizung (getrennte Nutzergruppe).

Die drei Zähler sind geeicht bis 31.12.2020, der Vertrag endet ebenso. Es ist zu entscheiden, ob wieder ein Mietvertrag abgeschlossen werden soll. Angebot T. 468,56 EUR pro Jahr“.

Unter TOP 6 wurde folgender Beschluss zur Abstimmung gestellt:

„Der Verwalter wird ermächtigt, den Vertrag wie angeboten zur Miete für die Wärmezähler zur Messung der Stränge für die Fußbodenheizung mit der Fa. T. abzuschließen.“

Die Abstimmung endete mit folgendem Ergebnis:

Ja-Stimmen 412,49

Nein-Stimmen 508,35

Enthaltungen: keine

Beschlussergebnis: Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

In der Wohnanlage befinden sich insgesamt 12 Wohneinheiten.

Die Bäder in den 12 Wohneinheiten besitzen dieselbe Größe und sind mit Fußbodenheizung ausgestattet. Eine technische Erfassung des Einzelverbrauchs bezüglich der Fußbodenheizungen in den 12 Einheiten war seit der Gründung der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nie möglich, da entsprechende Zähler in jeder einzelnen Einheit nicht angebracht sind und nur mit umfangreichen baulichen Maßnahmen angebracht werden könnten.

Bis Ende 2020 wurde der Gesamtverbrauch aller 12 Fußbodenheizungen in den Bädern durch einen Wärmezähler erfasst, dessen Eichung zum 31.12.2020 ebenso endete, wie der zugrundeliegende Mietvertrag mit der Fa. T. Bis zum Auslauf des Vertrages wurde also der Gesamtverbrauch aller Fußbodenheizungen erfasst und zu gleichen Teilen auf alle 12 Wohnungen umgelegt.

Nachdem die Mehrheit der Wohnungseigentümer die Verlängerung des Vertrages abgelehnt hat, kann aktuell der Verbrauch der Fußbodenheizungen nicht mehr erfasst werden.

Hinsichtlich dieser Beschlussfassung zu TOP 6 erhob die Klägerin am 29.10.2020 Beschlussanfechtungsklage gegen die Beklagte, welche am 05.11.2020 bei Gericht einging und am 26.11.2020 nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses auf entsprechende Anforderung zugestellt wurde.

Die Klägerin hat ausgeführt, der Beschluss zu TOP 6 sei ein Verstoß gegen die Vorschriften der Heizkostenabrechnung. Sie hat erklärt, sie begehre, dass soweit wie möglich der Verbrauch verbrauchsabhängig erfasst werde. Ob die Verbrauchserfassung für die Fußbodenheizung durch die Fa. T oder eine andere Firma erfolge, sei für sie nicht ausschlaggebend. Nach ihrer Information sei das Angebot T aber durchaus günstig.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

I. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 14.10.2020 zu TOP 6 Wärmezähler, Vertrag zur Miete, wird für ungültig erklärt.

II. Ich beantrage, dass beschlossen wird, dass wieder Wärmezähler zur getrennten Erfassung der Fußbodenheizung angebracht werden und ein entsprechender Vertrag mit einer Firma abgeschlossen wird, wobei ich die Firma T. präferieren würde, da diese das Haus umfassend kennt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, da diese nur zur Hälfte Miteigentümerin einer Einheit sei.

Die Beklagte hat weiterhin darauf hingewiesen, dass die Klage nach der bis zum 01.12.2020 geltenden Gesetzeslage noch gegen die übrigen Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft zu richten gewesen wäre, § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG alter Fassung.

In der Sache hat die Beklagte vorgetragen, eine verbrauchsabhängige Messung des Anteils Fußbodenheizung bedinge Kosten, welche die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht hätten aufbringen wollen, zumal die jeweiligen Badezimmer dieselbe Größe aufweisen würden. An eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 b Heizkostenverordnung sei zu denken, zumal Einsparungen die Anschaffungskosten nicht innerhalb von 10 Jahren amortisieren würden.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat mündlich verhandelt am 04.02.2021.

Auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 26/27) wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage erwies sich als zulässig und im Ergebnis auch begründet.

I. Aktivlegitimation

WEG – Beschlussanfechtung - getrennte Verbrauchserfassung bei Fußbodenheizung
(Symbolfoto: vipman/Shutterstock.com)

Die Klägerin als Miteigentümerin der Wohnung Nr. 11 war allein klagebefugt in gesetzlicher Prozessstandschaft. Sie ist deshalb aktivlegitimiert. Der Miteigentümer, ihr Ehemann, hat die Klägerin auch ausdrücklich zur Prozessführung bevollmächtigt mit Erklärung vom 10.01.2021 (Anlage nach Bl. 18).

II. Wahrung der Anfechtungsfrist

Die Klage wurde innerhalb der Monatsfrist des § 45 WEG erhoben. Die Eigentümerversammlung fand statt am 14.10.2020. Die Klage ging am 05.11.2020 bei Gericht ein. Die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses erfolgte auf Anforderung vom 10.11.2020 am 18.11.2020. Die Zustellung der Klage wiederum erfolgte am 26.11.2020, also noch alsbald nach Klageerhebung.

Dass die Klage vor der Gesetzesänderung zum 01.12.2020 gegen die übrigen Miteigentümer zu erheben gewesen wäre, ist unschädlich. Im Hinblick auf die bereits beschlossene und zeitnah anstehende Gesetzesänderung hat das Gericht die Bezeichnung der Beklagten in der Beschlussanfechtung dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin die Klage gegen den „richtigen“ Passivlegitimierten erheben wollte und erhoben hat.

III. Passivlegitimation

Die Beklagte ist nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung passivlegitimiert. Eine Änderung des Passiv-Rubrums war deshalb nicht veranlasst.

IV. Ungültigkeit des Beschlusses zu TOP 6 der Eigentümerversammlung

Die Beschlussfassung entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Die Heizkosten sind nach den Bestimmungen der Heizkostenverordnung zu verteilen. Nach § 6 Abs. 1 der Heizkostenverordnung besteht die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Kostenverteilung auf die Nutzer auf der Grundlage der Verbrauchserfassung nach Maßgabe der §§ 7 bis 9. Eine Ausnahme lässt § 11 Abs. 1 Nr. 1b zu für Räume, bei denen das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärmeverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs, nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist; unverhältnismäßig hohe Kosten liegen vor, wenn diese nicht durch die Einsparungen, die in der Regel innerhalb von 10 Jahren erzielt werden können, erwirtschaftet werden können.

Der Grundsatz ist, dass der Verbrauch soweit wie möglich verbrauchsabhängig erfasst werden soll, um eine möglichst hohe Verteilungsgerechtigkeit der Heizkosten zu erreichen.

Vorliegend konnte bis Ende 2020 zwar nicht der Einzelverbrauch bezüglich der Fußbodenheizungen in den 12 Bädern erfasst werden, allerdings der Gesamtverbrauch der Fußbodenheizung als getrennte Nutzergruppe. Dies hat es ermöglicht, beim Gesamtverbrauch der 12 Einheiten zu unterscheiden zwischen dem Verbrauch über die Heizkörper und dem Verbrauch über die Fußbodenheizung. Wie der Verwalter R. in dem Termin vom 04.02.2021 ausführte, fielen bei der Abrechnung 2018 Heizkosten in Höhe von 12.134.00 EUR an, wobei ein Teilbetrag in Höhe von 1.380,00 EUR auf die Fußbodenheizung entfiel. In der Abrechnung 2019 betrugen die gesamten Heizkosten 14.900,00 EUR und auf die Fußbodenheizungen entfiel hiervon ein Betrag von 992,00 EUR. So konnte der Verbrauch über die Fußbodenheizungen aus dem restlichen Verbrauch herausgerechnet werden und der restliche Verbrauch nach dem Schlüssel verteilt werden, der sich aus dem unterschiedlichen Verbrauch im Hinblick auf die an den Heizkörpern gemessenen Verbrauchsmengen ergab. Wenn man nunmehr dem Beschluss zu TOP 6 folgend den Verbrauch der Fußbodenheizung nicht mehr als getrennte Nutzergruppe erfasst, muss der Gesamtverbrauch letztlich nach dem Schlüssel verteilt werden, der sich aus dem unterschiedlichen Verbrauch im Hinblick auf die an den Heizkörpern gemessenen Verbrauchsmengen ergibt. Dies würde zu einer Benachteiligung derjenigen Nutzer führen, die die Fußbodenheizung im Bad kaum nutzen, um zu einer Bevorzugung derjenigen Nutzer, die mit der Fußbodenheizung durchheizen, um über die Heizkörper weniger Energie beziehen zu müssen. Dass hier ein höchst unterschiedliches Nutzerverhalten im Haus nicht von der Hand zu weisen ist, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass, wie der Verwalter R. bestätigt hat, es Wohneinheiten gibt, in denen Heizkörper abgebaut worden sind. Es sei zutreffend, dass mehrere Wohnungen keinen Heizkörper mehr in dem Bad haben. Das Gleiche gelte für die Heizkörper in der Gästetoilette.

Um eine möglichst hohe Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, entspricht allein die weitere Erfassung der Fußbodenheizung als getrennte Nutzergruppe ordnungsgemäßer Verwaltung. Die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 b vorgesehene Ausnahme greift vorliegend nicht. Die jährlichen Kosten der Erfassung der Fußbodenheizung als getrennte Nutzergruppe belaufen sich nach dem Angebot der Fa. T. auf 468,56 EUR. Legt man einen Gesamtverbrauch zugrunde, der wie im Jahr 2018 Gesamtheizkosten in Höhe von 12.134,00 EUR verursacht hat, so lägen die zu erwirtschaftenden Einsparungen nach der Berechnung gemäß § 12 Abs. 1 Heizkostenverordnung schon bei 1.820,10 EUR, was knapp dem vierfachen der jährlichen Kosten für die getrennte Erfassung der Fußbodenheizung entspricht. Von unverhältnismäßig hohen Kosten kann deshalb nicht die Rede sein.

Die Beschlussfassung zu TOP 6, mit welcher die weitere getrennte Erfassung der Fußbodenheizungen abgelehnt wurde, war deshalb für ungültig zu erklären.

V. Beschlussersetzung

Nachdem in der Eigentümerversammlung die notwendige Beschlusserfassung zu der auch künftig getrennten Erfassung des Verbrauchs der Fußbodenheizungen unterblieben ist, konnte das Gericht nach § 44 Abs. 1 WEG auf die Klage der Klägerin den Beschluss fassen. Grundsätzlich stand es der Eigentümergemeinschaft zwar frei, den Mietvertrag über die Wärmezähler auch mit einer anderen Firma abzuschließen. Der Verwalter R. erklärte allerdings im Termin vom 04.02.2021, dass er schon auch das Angebot einer anderen Firma eingeholt habe und die Betragsunterschiede da marginal gewesen seien. Für die Fa. T. spreche grundsätzlich, dass diese auch alle übrigen Zähler im Haus gesetzt habe und die Abrechnung entsprechend vornehme.

Das Gericht hat deshalb im Wege der Beschlussersetzung beschlossen, den Verwalter zu beauftragen, möglichst zeitnah einen neuen Mietvertrag mit der Fa. T. für die Wärmezähler zur getrennten Erfassung des Verbrauchs der Fußbodenheizung zu dem angebotenen Preis von 468,56 EUR abzuschließen.

VI. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziffer 11 und 711 ZPO.

VII. Streitwert

Der Streitwert war nach § 49 WEG am Interesse aller Wohnungseigentümer in der Entscheidung zu bemessen, wobei der Streitwert das 5fache des Wertes des Interesses der Klägerin nicht übersteigen durfte. Die Streitwertfestsetzung in Höhe von 1.500,00 EUR entspricht diesen Vorgaben.

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