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WEG-Beschlussanfechtung – Verschließen Hauseingangstür wegen Einbruchsschutz

AG Kassel – Az.:  803 C 3011/11 – Urteil vom 31.07.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft …. In der Eigentümerversammlung vom 21.5.2011 haben die Parteien unter Top 10.0 mehrheitlich beschlossen, dass § 4.7 der Hausordnung dahingehend geändert wird, dass die Hauseingangstür in der Zeit von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verschlossen zu halten ist, d.h. abzuschließen ist. Bis zur Beschlussfassung bestand seit August 2008 die Regelung, dass die Haustür nur geschlossen zu halten ist.

Die Kläger sind der Ansicht, ein Abschließen der Haustür sei aus Brandschutzgesichts punkten nicht zulässig, denn so sei ein Rettungsweg nicht gegeben. Die Haustür lasse sich im Brandfall nur mittels eines Schlüssels öffnen. Hierbei bestehe aber die Gefahr, dass dieser in der Panik nicht zur Verfügung stehe. Der Beschluss verstoße gegen § 134 BGB i. V. m. der bauordnungsrechtlichen Generalklausel.

Die Kläger beantragen, den Beschluss zu Top 10 der Eigentümerversammlung vom 21.5.2011 für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, eine baurechtliche Anforderung oder brandschutzrechtliche Regelung würde bei dem hiesigen Wohngebäude nicht bestehen. Zudem habe das Wohnhaus drei Ausgänge. Über die Garage bestehe ein von innen nicht abgeschlossenen Weg nach draußen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen amtlichen Auskunft der Stadt Kassel. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Auskunft vom 22.3.2011, BI. 74 d.A. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

WEG-Beschlussanfechtung - Verschließen Hauseingangstür wegen Einbruchsschutz
Symbolfoto:Von Titikul_B /Shutterstock.com

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage wurde fristgerecht gemäß § 46 WEG erhoben und begründet.

Der angefochtene Beschluss leidet aber weder unter Anfechtungs- noch unter Nichtigkeitsgründen. Insbesondere ist der Beschluss zu Top 10.0 nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. der bauordnungsrechtlichen Generalklausel unwirksam. Nach den Ausführungen der amtlichen Auskunft des Herrn … der Stadt Kassel ist nur für den gewerblichen Bereich zwingend vorgeschrieben, dass Türen nicht verschlossen werden dürfen. Für den privaten Bereich gibt es eine solche Regelung nicht. Die Hess. Bauordnung enthält ebenfalls keine klaren Vorgaben hierzu. Gemäß der Hess. Bauordnung besteht damit keine zwingende Verpflichtung für eine unverschlossene Hauseingangstür. Damit ist der Beschluss mangels Bestehens besonderer bauordnungsrechtlicher Brandschutzvorschriften nicht gemäß § 134 BGB unwirksam. Ob es in der Wohnungseigentumsanlage noch weitere Fluchtwege gibt, kann somit dahinstehen.

Grundsätzlich kann eine bestehende Hausordnung durch Mehrheitsbeschluss abgeändert werden.

Ein richterlicher Eingriff in die Regelungen der Wohnungseigentümer kommt nur dann in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen, vgl. OLG Frankfurt, NZM 2009, 440. Ein Beschluss kann daher nur dann für unwirksam erklärt werden, wenn er nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Ob ein Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist im Einzelfall unter Abwägung der für und gegen den Beschluss sprechenden Umstände zu entscheiden, wobei im Vordergrund das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer steht. Der für dle mit dem Beschluss verbundenen Nutzen für die Eigentümer ist gegen die damit verbundenen Risiken abzuwägen, vgl. Rieke/Schmid-Drabek, 3. Aufl. § 21 Rn 121.

Damit sind die Interessen der Beklagten an einem Verschließen der Hauseingangstür aus Einbruchsicherungsgründen und das Interesse der Kläger an einem erleichterten Fluchtweg abzuwägen. Die Beklagten haben ihr Interesse an einer verschlossenen Tür in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr damit begründet, dass es in der Vergangenheit unstreitig bereits zu einem nächtlichen Einbruch gekommen ist, bei dem die Hauseingangstür beschädigt wurde und Gegenstände aus Boden, Kellerraum und Waschküche entwendet wurde. Das Verschließen der Hauseingangstür ist geeignet, der Gefahr eines weiteren Einbruches vorzubeugen bzw. zu mindern. Demgegenüber steht das Interesse der Kläger, in einem Brandfall möglichst schnell das Haus verlassen zu können. Beide Interessen stehen sich gleichwertig gegenüber. Das Interesse der Kläger an einem schnellmöglichsten Verlassen des Hauses in einem Brandfall ist kein Vorrang vor dem Interesse der Beklagten an einem höheren Schutz vor Einbrüchen in der Nacht einzuräumen, vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.1.989, Aktenzeichen 15 W 512/88 (Beck-Online, BeckRS 1989, 30995353). Beide Gefahren stehen gleichrangig gegenüber. So ist das Risiko eines Brandes nicht höher zu bemessen, als das Risiko eines Einbruches.

Kommen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung jedoch mehrere Maßnahmen in Betracht, so ist es Sache der Wohnungseigentümer, durch Stimmenmehrheit eine Auswahl zu treffen, vgl. Bärmann-Merle, 10. Aufl. § 21 Rn 28. Vorliegend haben sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich für das Verschließen der Hauseingangstür und damit für die Sicherung gegen Einbruch ausgesprochen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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