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WEG – Beschlussanfechtungklage – Streitwert bei Klägermehrheit

LG Frankfurt, Az.:  2-9 T 335/14, Beschluss vom 15.04.2015

1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger zu 1)-5) vom 25.10.2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H. vom 10.10.2013, 2 C 1099/11 (22), abgeändert und der Streitwert auf 231.090 EUR festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wenden sich die Kläger gegen den Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H., mit dem der Streitwert auf 450.000 EUR festgesetzt wurde.

Die Kläger sind Miteigentümer in der Eigentumswohnanlage K-Straße… in H.. Die Beklagte sind die übrigen Eigentümer der WEG K-Straße …. Mit ihrer Klage vor dem Amtsgericht Bad Homburg begehrten die Kläger die u.a. die Aufhebung eines Beschlusses, der auf der Eigentümerversammlung am 31.05.2010 gefasst wurde. Der Beschluss betraf die Erhebung von Sonderumlagen für die Fassadensanierung. Auf Grundlage des Beschlusses haben die Kläger Sonderumlagen, abhängig von der Größe ihrer Wohneinheiten, an die Beklagte zu zahlen: Die Kläger zu 1) und 2) für eine Wohnung mit einer Größe von 68,78 m2 samt Tiefgaragenstellplatz insgesamt 19.783,67 EUR; die Kläger zu 3) und 4) für drei Wohnungen mit einer Größe von 39,22 m2, 57,42 m2 und 57,42 m2 samt (jeweils) Tiefgaragenstellplatz insgesamt 46.568 EUR; die Klägerin zu 5) für eine Wohnung mit einer Größe von 68,78 m2 samt Tiefgaragenstellplatz i.H.v. insgesamt 19.783,67 EUR.

Der Gesamtbetrag der zu erhebenden Sonderumlagen beträgt 2.141.088,60 EUR.

Die Verkehrswerte der Wohnungen sind nach unstreitig gestelltem Vortrag der Beklagten mit einem Verkehrswert von 1.500 EUR/m2 zu berechnen. Auf diese Weise ergibt sich für die Wohnung der Kläger zu 1) und 2) ein Verkehrswert von 103.170 EUR, für die Wohnungen der Kläger zu 3) und 4) ein Verkehrswert von 231.090 EUR und für die Wohnung der Klägerin zu 5) ebenfalls ein Verkehrswert von 103.170 EUR.

Das Amtsgericht hat den Streitwert ursprünglich auf 140.000 EUR festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hin wurde der Streitwert mit Beschluss vom 10.10.2013, den Klägern zugestellt am 14.10.2013, auf 450.000 EUR erhöht.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die sofortige Beschwerde der Kläger zu 1) bis 5) vom 25.10.2013. Sie sind der Ansicht, dass der Streitwert den von den Klägern insgesamt zu zahlenden Sonderumlagen entsprechen müsse, d.h. 19.783,67 EUR + 46.568 EUR + 19.783,67 EUR = 86.135,34 EUR; auf Bl. 179 ff. der Akte wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 09.07.2014 hat das Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 68 Abs. 1; 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR.

Die Beschwerde ist auch in dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet: Der Streitwert war von 450.000 EUR auf 231.090 EUR abzusenken.

Die Berechnung des Streitwertes richtet sich nach § 49 a Abs. 1 GKG:

Danach ist der Streitwert grundsätzlich auf 50 % des Interesses aller Parteien an der Entscheidung festzusetzen (Satz 1). Der Gesamtbetrag der zu erhebenden Sonderumlagen, was dem Gesamtinteresse entspricht, beträgt 2.141.088,60 EUR; die Hälfte hiervon beläuft sich auf 1.070.544,30 EUR.

Dieser Wert darf jedoch das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten (Satz 2).

Zwischen den Parteien streitig und in der Rechtsprechung nach Ansicht der Kammer weitgehend ungeklärt ist, ob das „Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Bei getretenen“ durch Addition der Einzelinteressen aller Kläger berechnet wird oder der Wert des höchsten Einzelinteresses zugrunde zu legen ist (so Niedenführ, WEG, 2012, § 49a Rn. 26). Für eine Addition der Streitwerte spräche, dass es nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut jedenfalls zu einer Addition der Einzelinteressen kommen muss, wenn Beigeladene oder Streitverkündete einem Kläger auf dessen Seite beitreten. Dann aber läge es nahe, die Einzelinteressen erst recht zu addieren, wenn mehrere Kläger auf einer Seite stehen (so auch OLG Bamberg, Beschl. v. 29.06.2010, 3 W 94/10 und 3 W 105/10, Rn. 32).

Die Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, da sowohl wenn die Einzelinteressen aller Kläger addiert würden, als auch wenn auf den Wert des höchsten Einzelinteresses abgestellt würde, der Streitwert die Verkehrswertgrenze des § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG überstiege: Das höchste Einzelinteresse beläuft sich vorliegend auf 46.568 EUR (Kläger zu 3) und 4)); das Fünffache hiervon entspräche einem Betrag in Höhe von 232.840 EUR. Das addierte Einzelinteresse der Kläger 1) – 5) betrüge 86.135,34 EUR; das Fünffache hiervon wären 430.676,70 EUR. Der höchste (Einzel-) Verkehrswert (Verkehrswert der Wohnungen der Kläger zu 3) und 4)) kommt indes nur auf einen Betrag in Höhe 231.090 EUR.

Dieser Verkehrswert bildet die Grenze des § 49a GKG, eine Addition der Verkehrswerte findet nicht statt. Zwar ist dieses aus dem Wortlaut des § 49a Abs. 1 S. 2 GKG, der als Obergrenze den Verkehrswert „des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen“ vorsieht, nicht zwingend zu entnehmen, ergibt sich aber aus dem Sinn des Gesetzes.

Denn die Verkehrswertgrenze in § 49a Satz 3 GKG soll den Kläger davor schützen, dass der Streitwert so hoch ausfällt, dass ein zu dem wirtschaftlichen Interesse an dem Verfahren unverhältnismäßig hohes Kostenrisiko entstünde (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 54). Dem Sinn und Zweck dieser Schutzvorschrift wird aber nur Genüge getan, wenn jedenfalls im Rahmen von § 49a Satz 3 GKG eine Addition der (Einzel-) Verkehrswerte der verschiedenen Kläger unterbleibt, da sich anderenfalls durch die Addition der Verkehrswerte Streitwerte ergeben könnten, die zu dem wirtschaftlichen Interesse des Anfechtungsklägers außer Verhältnis stünden.

Auf der anderen Seite ist es für einen effektiven Schutz des einzelnen Klägers nicht erforderlich, auf den niedrigsten Verkehrswert abzustellen.

Insoweit unterscheidet sich die Situation verschiedener Anfechtungskläger nicht von der von Streitgenossen in anderen Konstellationen. Werden insoweit Verfahren mit verschiedenen Streitgegenständen gemeinsam geführt, setzt sich der Streitwert aus der Summe der Einzelstreitwerten zusammen (§§ 39 Abs. 1 GKG, 5 ZPO; vgl. OLG Stuttgart DB 2001, 1549). Betreffen die verbundenen Verfahren demgegenüber denselben Streitgegenstand, werden die Werte nicht zusammengerechnet, dabei bestimmt sich der Streitwert nach dem höheren der Einzelstreitwerte (arg. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG). Dafür dass der Gesetzgeber in Abweichung von diesen Grundsätzen mit § 49a Abs. 1 S. 3 GKG generell den Streitwert auf den niedrigsten Verkehrswert begrenzen wollte, findet sich im Gesetz kein Anhalt. Denn das Gesetz stellt nicht auf den niedrigsten Verkehrswert auf der Seite der Kläger, sondern auf den Verkehrswert „des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen“ ab.

Auch in der Sache ist ein weitergehender Schutz der Anfechtungskläger nicht erforderlich. Denn die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Kläger müssen in der Kostengrundentscheidung Berücksichtigung finden. Insoweit ein Anfechtungskläger aufgrund eines geringeren Verkehrswertes gegenüber einem anderen Anfechtungskläger nur ein geringeres wirtschaftliches Interesse an der Ungültigkeitserklärung des angefochtenen Beschlusses hat, ist dies gemäß § 100 Abs. 2 ZPO bei der Kostenentscheidung dadurch zu berücksichtigen, dass ihm nur eine geringe Kostenquote auferlegt wird. Bereits hierdurch ist sichergestellt, dass der Anfechtungskläger keinem unverhältnismäßigen Kostenrisiko ausgesetzt ist, so dass es einer weiteren Einschränkung bei der Streitwertfestsetzung nicht bedarf.

In der Folge war der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1 Satz 3 GKG auf 231.090 EUR festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Die weitere Beschwerde war gemäß § 66 Abs. 4 GKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen. Die im Rahmen von § 49a GKG aufgeworfenen Fragen wurden bisher nicht abschließend entschieden.

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