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WEG – Beschlussersetzungsklage –  Barrierereduzierung erstreckt sich auf alle Maßnahmen

LG München I – Az.: 36 S 3944/22 WEG – Urteil vom 08.12.2022

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 10.02.2022, Az. 1294 C 13970/21 WEG, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es ist auf Verlangen der Miteigentümer … und … beschlossen, am Hinterhaus der WEG … auf der zum Innenhof belegenen Seite einen Personenaufzug zu errichten.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist, soweit es nicht abgeändert wurde, im Kostenpunkt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger sind Mitglieder der Beklagten.

Das Anwesen … besteht aus einem zur Straße gelegenen mehrgeschossigen Vorderhaus und einem ebenfalls mehrgeschossigen Hinterhaus. Zwischen den beiden Gebäuden befindet sich ein ca. 100 m2 großer Innenhof, in dem Asche- und Mülltonnen, Fahrräder, Motorräder und Kinderwagen abgestellt sind. Die Gebäude wurden 1911/1912 im Jugendstil errichtet und stehen unter Denkmalschutz. Das Vorderhaus erhielt im Jahr 1983 den Fassadenpreis der Landeshauptstadt München, das Hinterhaus (ehemaliges „Gesindehaus“) hat eine schlicht gehaltene Fassade. Auch die Treppenhäuser sind unterschiedlich gestaltet; während das Treppenhaus des Vorderhauses breite Marmortreppen, Jugenstilelemente und Stuck aufweist, ist das Treppenhaus des Hinterhauses schmucklos gehalten. Die Treppenbreite beträgt dort im Bereich zwischen dem Erdgeschoss und dem 1. Stock weniger als 1 m. Vorderhaus und Hinterhaus wurden vor mehreren Jahren auf der Ebene des Hochparterres mit einem Durchgang mit einer Breite von 2,70 m und einer Länge von 7,40 m miteinander verbunden. Das Vorderhaus verfügt über einen Personenaufzug, das Hinterhaus nicht.

Die Einheiten der Klageparteien liegen im 3. und 4. OG des Hinterhauses. Die Kläger haben den Wunsch, dass auch am Hinterhaus ein Lift errichtet wird. In der Eigentümerversammlung vom 26.07.2021, zu der mit Einladung vom 01.07.2021 geladen worden war, wurde diese Thematik unter TOP 9.1 („Errichtung allgemein zugänglicher Lift am Hinterhaus“) und TOP 9.2 („Errichtung eines Lifts am Hinterhaus für Menschen mit Behinderung“) behandelt. Die Verwaltung hatte dem Ladungsschreiben als Anlage von den Klägern zur Verfügung gestellt Unterlagen beigefügt, die beispielhaft verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für einen Lift in Wort und Bild darstellten („Variante A“ und „Variante B“) sowie die ungefähren Kosten benannten (ca. Euro 210.000).

Ausweislich des Protokolls (Anl. K 1) wurde „nach ausgiebiger Diskussion“ zunächst zu TOP 9.1 über folgenden Beschlussantrag abgestimmt:

TOP 9.1:

„Es wird der Antrag gestellt, dass gemäß den Vorschlägen der Antragsteller die Verwaltung beauftragt und bevollmächtigt wird, im Namen der Eigentümergemeinschaft ein geeignetes Planungsbüro damit zu beauftragen, einen allgemein zugänglichen Lift im Hinterhaus zu planen und ein Leistungsverzeichnis zu erstellen, um Angebote von Fachfirmen einholen zu können. Die Kosten dieser Maßnahme werden über die Erhaltungsrücklage finanziert.“

Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Sodann heißt es im Protokoll unter der Überschrift „TOP 9.2 Errichtung eines Lifts am Hinterhaus für Menschen mit Behinderung“:

Falls der Antrag unter 9.1 nicht die nötige Zustimmung erhält:

Hiermit beantragen die Wohnungseigentümer … und mH (…) im Rahmen des § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen Lift im Hinterhaus des Anwesens … , der dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dient. Behördliche Genehmigungen sind zu erbringen. Die Kostentragung erfolgt nach § 21 Abs. 1 WEG, wonach die Wohnungseigentümer … und … die Kosten zu tragen haben. Gleichermaßen gebührt auch nur ihnen die Nutzung des Aufzugs, § 21 Abs. 1, S. 2 WEG.

Diskussion und Beschlussfassung (sämtliche Hervorhebungen durch Unterzeichner)

Nach einem ausgiebigen Meinungsaustausch bezüglich der neuen Gesetzgebung im Wohnungseigentumsgesetz und der damit verbundenen Frage, ob eine derartige bauliche Änderung damit erfasst und abgedeckt ist, ergeht folgender Beschluss:

TOP 9.2:

„Es wird der Antrag gestellt, dass den Eigentümern … und … gestattet wird, auf eigene Kosten einen Lift außen am Treppenhaus des Hinterhauses im Hof so zu errichten, dass die Wohnungen für Menschen mit Behinderung erschlossen werden. Als Bedingungen hierfür werden festgelegt, dass sämtliche notwendigen behördlichen Genehmigungen, insbesondere der Denkmalschutzbehörde, von den Antragstellern selbst vorher eingeholt werden. Der Lift muss durch ein geeignetes Planungsbüro geplant und dessen Errichtung überwacht werden. Statische Nachweise müssen erbracht werden. Sämtliche Kosten und Folgekosten müssen von den Antragstellern getragen werden.“

Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Mit der vorliegenden Klage wenden sich die Kläger gegen die beiden NegltivbescIlüsse und beantragen eine gerichtliche Beschlussersetzung mit dem RecItsscIutzziel der Errichtung eines Aufzugs für das Hinterhaus.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der in 1. Instanz gestellten Anträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des amtsgerichtHden Urteils vom 10.02.2022 (Bl. 44/54 d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat mit Endurteil vom 10.02.2022 die Klage insgesamt abgewiesen.

Gegen dieses, dem Klägervertreter am 02.03.2022 zugestellte Urteil hat der Klägervertreter mit 36 s 3944/22 weg – Seite 4 – Schriftsatz vom 31.03.2022 (Bl. 64/65 d.A.), eingegangen beim Berufungsgericht am selben Tag, Berufung eingelegt und die Berufung sodann mit Schriftsatz vom 01.06.2022 (Bl. 72/83 d.A.) begründet.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger die erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Sie begründen ihre Berufung im wesentlichen – neben der umfassenden Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen – wie folgt:

Mit der Errichtung eines Personenlifts sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keine grundlegende Umgestaltung der Anlage verbunden. Es werde nicht berücksichtigt, dass eine grundlegende Umgestaltung nur im Ausnahmefall und bei den nach § 20 Abs. 2 WEG privilegierten Maßnahmen „zumindest typischerweise“ gar nicht anzunehmen sei. Eine „einfache“ Veränderung des Gebäudes sei mit einem Liftanbau denknotwendig verbunden. Ein Wohngebäude verfolge jedenfalls keinen ästhetischen Selbstzweck, und das Kriterium der „grundlegenden Veränderung“ müsse auch mit Blick auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft bestimmt werden. Das Amtsgericht habe hier schon die Tatsachen unrichtig und unvollständig dargestellt und streitige Darstellungen der Beklagtenpartei unter Übergehen von Beweisanträgen der Klagepartei seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Ob eine grundlegende Umgestaltung vorliege, sei zwar eine reine Rechtsfrage, dafür müsse aber eine ausreichende Sachverhalts- und Tatsachenermittlung stattfinden. Fälschlicherweise werde eine denkmalgeschützte Innenfassade des hinterliegenden ehemaligen Gesindehauses unterstellt, (nur vermeintlich) alte Tür- und Betonteile betont und diese dann zu schützenswertem Jugendstilambiente erklärt. Dabei urteile das Erstgericht nach rein subjektiven Kriterien („Bauchgefühl“), seine Aussagen seien weder kunsthistorisch noch architektonisch belegt. Die Expertise des Landesamts für Denkmalschutz habe das Gericht trotz des klägerischen Beweisangebots nicht eingeholt. Die Landeshauptstadt München habe in einer Voranfrage den Einbau des Aufzugs in Form einer harmonischen Erweiterung des Treppenhauses in der Tiefe für genehmigungsfähig erachtet, was doch zumindest zeige, dass fachlich kompetente Gutachter keine unerträgliche Umgestaltung erkennen könnten. Außerdem werde der falsche Bezugspunkt gewählt, nämlich nicht die WEG-Anlage als Ganzes, sondern nur der bauliche Teilkörper Zugang zum „Gesindehaus“, und nicht zwischen dem Vorderhaus mit der denkmalgeschützten straßenseitigen Fassade und dem Hinterhaus, das als ehemaliges „Gesindehaus“ schmucklos und ein reines Funktionsgebäude sei, unterschieden. Übersehen werde, dass die planerische und gestalterische Ausführung und die Bauausführung im klägerischen Antrag in das Ermessen des Gerichts gestellt worden seien und die angestrebte Beschlussfassung erst der Startschuss für die auf den Bauantrag gerichteten Vorarbeiten wäre. Außerdem werde der Innenhof nicht durch den beabsichtigten Aufzug, sondern schon durch den nachträglich gebauten wuchtigen Übergang grundlegend umgestaltet. Der Personenlift führe auch nicht zu einer unbilligen Benachteiligung oder einem Sonderopfer eines Wohnungseigentümers. Aufgrund des Ausmaßes des Innenhofs und der Gebäudehöhe würden von einer nennenswerten Verschattung nur die Kläger selbst betroffen sein. Alle an den Personenaufzug angrenzenden Fenster würden zudem gemäß der historischen Pläne zu Nichtaufenthaltsräume (Bäder, Dielen, Flure, Küchen) gehören.

Die Kläger beantragen

Das am 10.02.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts München, Az. 1294 C 13970/21, wird aufgehoben und die Beklagte wie folgt verurteilt:

a) Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.07.2021 unter TOP 9.1 (Errichtung allgemein zugänglicher Lift Hinterhaus) und 9.2 (Errichtung eines Lifts am Hinterhaus für Menschen mit Behinderung) werden für unwirksam erklärt.

b) Das Gericht soll im Wege der Beschlussersetzungsklage einen Grundlagenbeschluss über die Errichtung eines Lifts/Personenaufzugs am Hinterhaus auf Verlangen der Kläger fassen, beispielhaft mit folgendem Inhalt:

aa) Die Verwaltung der Beklagten wird beauftragt und bevollmächtigt, gemäß den Vorschlägen der Kläger ein geeignetes Planungsbüro damit zu beauftragen, einen allgemein zugänglichen Lift am Hinterhaus zu planen und ein Leistungsverzeichnis zu erstellen, um Angebote von Fachfirmen einholen zu können.

Die Kosten für diese Maßnahmen werden über die Erhaltungsrücklage finanziert.

oder bb) Den Klägern wird gestattet, auf eigene Kosten einen Lift außen am Treppenhaus des Hinterhauses im Hof so zu errichten, dass die Wohnungen für Menschen mit Behinderung erschlossen werden. Als Bedingung hierfür wird festgelegt, dass sämtliche notwendigen behördlichen Genehmigungen, insbesondere der Denkmalschutzbehörde, von den Klägern selbst vorher eingeholt werden. Der Lift muss durch ein geeignetes Planungsbüro geplant und dessen Errichtung überwacht werden. Statische Nachweise müssen erbracht werden. Sämtliche Kosten und Folgekosten müssen von den Klägern getragen werden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt im wesentlichen folgendes aus: die Berufung der Kläger sei bereits unzulässig, da nur pauschale rechtliche Ausführungen erfolgten und keine konkreten Fehler gerügt würden. Das Amtsgericht habe sich durch die Inaugenscheinnahme der Fotos ein eigenes Bild gemacht. Ein Sachverständigengutachten sei unbehelflich, da die Frage, ob die Wohnanlage grundlegend umgestaltet werde, eine reine Rechtsfrage sei. Um eine grundlegende Umgestaltung anzunehmen, seien weder kunsthistorische noch architektonische Aussagen erforderlich. Die richterliche Beweiswürdigung sei auch nur in engen Grenzen angreifbar. Die klägerischen Ausführungen, die nur die öffentlichrechtliche Genehmigungsfähigkeit beträfen, würden materiellrechtlich vorliegend auch keine Rolle spielen. Der neue Vorschlag bzgl. der Integration des Lifts ins Treppenhaus würde dazu führen, dass der Innenhof durch das zusätzliche Mauerwerk noch schattiger werde.

Die Kammer hat zur Sache am 24.11.2022 mündlich verhandelt und den Parteien Hinweise erteilt. wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2022 verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2022.

II.

Die Berufung der Klagepartei ist zulässig und teilweise begründet.

1. Die Berufung wurde form- und fristgerecht sowie unter Beachtung der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen eingelegt. Insbesondere genügt auch die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

1.1. Gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und im einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Es ist klar anzugeben, gegen welche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH Beschluss vom 5.3.2007 – II ZB 4/06, BeckRS 2007, 6171 Rn. 6, 7, beckonline).

1.2. Die entscheidungserhebliche Erwägung für die angefochtene Entscheidung war, dass der Anbau eines Außenaufzugs die wohnanlage grundlegend umgestaltet. Die Klagepartei argumentiert in der Berufungsbegründung, dass sich das Erstgericht zum einen wegen vermeintlich eigener Sachkunde über die klägerischen Beweisangebote (Augenschein, Sachverständigengutachten, Fachaussagen der Denkmalschutz- und Baubehörden) hinweggesetzt und eine grundlegende Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG angenommen habe, sowie zum anderen bei der Beurteilung der Frage, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliege, fälschlicherweise nicht auf die WEG-Anlage als Ganzes, sondern nur auf das Gesindehaus als Bezugspunkt abgestellt habe. Damit setzt sich die Berufung der Kläger also (auch) mit der maßgeblichen Frage auseinander, ob vorliegend die Schranke des § 20 Abs. 4 WEG verletzt wird und einer der dort genannten Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Die Klagepartei teilt mit, warum die insoweit vom Amtsgericht vertretene Rechtsansicht ihrer Meinung nach fehlerhaft ist und mithin eine für die Entscheidung des Amtsgerichts erhebliche Rechtsverletzung vorliegen soll. Den Anforderungen an die Berufungsbegründung wird damit genügt.

1.3. Das Begründungserfordernis ist rein formaler Natur; Schlüssigkeit oder auch nur rechtliche Vertretbarkeit der Berufungsgründe ist nicht erforderlich (Musielak/Voit/Ball, 19. Aufl. 2022, ZPO § 520 Rn. 28).

2. Die zulässige Berufung ist auch teilweise begründet.

Die Beschlussersetzungsklage ist zulässig und begründet, die Anfechtungsklage zwar zulässig, aber nicht begründet.

2.1. Die Beschlussersetzungsklage ist zulässig und begründet.

a) Die Beschlussersetzungsklage ist zulässig.

aa) Die Beschlussersetzungsklage ist statthaft, wenn die Klage – wie hier – auf einen Beschluss abzielt (BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 44 Rn. 192).

bb) Richtiger Beklagter ist nach neuem Recht die GdWE, § 44 Abs. 2 S. 1 WEG.

cc) Der Entscheidung des Gerichts muss ein entsprechender Klageantrag (§ 253 Abs. 1 ZPO) vorausgehen, denn in einem zivilprozessrechtlichen Verfahren darf einer Partei nichts zugesprochen werden, was von ihr nicht beantragt wurde, § 308 ZPO.

§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG hebt dabei den Grundsatz der Antragsbindung nicht auf, gewährt aber eine gewisse Lockerung, da der Kläger nur sein Rechtsschutzziel angeben muss. Er muss in der Regel keinen konkreten Klageantrag stellen, ausreichend ist vielmehr auch ein unbestimmter Klageantrag. Erforderlich ist lediglich, dass der Kläger zur Klarstellung des Streitgegenstandes den aufgetretenen Regelungsbedarf beschreibt und in der Klagebegründung Angaben dazu macht, aus welchen Gründen eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer unterblieben ist (vgl. Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 44 WEG, Rn. 131). Der Kläger kann den angestrebten Beschluss allerdings auch beispielhaft nennen und ausformulieren, sollte dabei aber klarstellen, dass die Ausformulierung exemplarisch ist. Jede Ausformulierung ist grundsätzlich so verstehen; ggf. ist vom Gericht nachzufragen (§ 139 ZPO; vgl. BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 44). Vorliegend ist das Rechtsschutzziel der Kläger die Errichtung (irgend-) eines Aufzugs für das Hinterhaus, der (mindestens) von den Klägern genutzt werden kann. Es geht ihnen also um das „ob“ bzw. das „ja“ zum Aufzug an sich als 1. Stufe; die weiteren konkret formulierten Anträge, die jedenfalls Teilaspekte der Ausführungsgestaltung bzw. des „wie“ als 2. Stufe betreffen, sind lediglich als Anregung zu verstehen. Dies wurde von den Klägern in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich so klargestellt.

dd) Eine besondere Sachurteilsvoraussetzung der Beschlussersetzungsklage besteht darin, dass der Kläger vor ihrer Erhebung versucht haben muss, eine Entscheidung der Wohnungseigentümer über den nach seiner Behauptung notwendigen Beschluss selbst herbeizuführen (BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 44 Rn. 193). Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Konkret abgestimmt wurde zwar nur über die Anträge „Allgemein zugänglicher Aufzug am Hinterhaus, Finanzierung durch die Erhaltungsrücklage“ (TOP 9.1) und „Erlaubnis für die Kläger, einen Lift nur zur eigenen Nutzung zu errichten, Finanzierung nur durch die Kläger“ (TOP 9.2). Diskutiert wurde aber ausweislich des Protokolls jedenfalls zu TOP 9.2 anfangs „breiter“. Es ging zunächst ganz generell und allgemein um den Antrag der Klagepartei auf „einen Lift im Hinterhaus“ bei Kostentragung der Kläger und alleiniger Nutzungsberechtigung für die Kläger. Eine Festlegung darauf, wer bauen soll – die GdWE oder die Kläger – war noch nicht erfolgt. Die Beschränkung des Antrags auf die Alternative „Gestattung der Kläger“ erfolgte erst „nach ausgiebigem Meinungsaustausch“.

b) Die Beschlussersetzungsklage ist auch begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf einen Grundlagenbeschluss über das „ob“ der baulichen Maßnahme „Anbau eines Personenaufzugs“.

aa) Das Gericht gibt einer zulässigen Beschlussersetzungsklage statt, wenn der vom Kläger begehrte Beschluss im Sinne des Gesetzes „notwendig“ ist. Ein Beschluss ist notwendig, wenn der Kläger im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf den Beschluss hat (vgl. BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 44 Rn. 200).

bb) Ein solcher Anspruch auf die Errichtung eines Personenaufzugs am Hinterhaus steht den Klägern aus § 20 Abs. 2, S. 1 Nr. 1 WEG zu.

(1) Das WEMoG hat in den §§ 20 und 21 WEG ein neues System der baulichen Veränderungen geschaffen. Eine der gesetzgeberischen Wertentscheidungen dabei war es, bestimmte bauliche Veränderungen zu privilegieren (§ 20 Abs. 2 WEG). Für Maßnahmen der Barrierereduzierung, der Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und des Glasfaserausbaus braucht es nicht einmal den Willen der Mehrheit. Jeder Eigentümer kann sie auf seine Kosten verlangen. Derartige Maßnahmen liegen nach Ansicht des Gesetzgebers nicht nur im besonderen Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern im gesamtgesellschaftlichen Interesse (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 11 Rz. 967). Das WEMoG schafft damit erstmals geschriebene Individualansprüche auf bestimmte Baumaßnahmen.

(2) Bei der Beurteilung, ob die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, d.h. ob ein Privilegierungsfall i.S.v. § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 4 WEG gegeben und die begehrte Maßnahme angemessen i.S.v. § 20 Abs. 1, S. 1 a.E. WEG ist sowie ob die Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 WEG gewahrt wird, steht dem Gericht im Rahmen der Beschlussersetzungsklage ebenso wenig ein Ermessenspielraum zu, wie ihn die Versammlung hätte (Lehmann-Richter/Wobst, aaO § 11 Rz. 1195 f). Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, hat der Einzelne einen unbedingten Anspruch auf Fassung eines zustimmenden Beschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG; damit ist das „ob“ der Maßnahme klar. Die Übrigen haben (nur) hinsichtlich der „Durchführung“, also des „Wie“ einen – ebenfalls durch Beschlussfassung auszufüllenden – Entscheidungsspielraum, was § 20 Abs. 2 S. 2 WEG klarstellt. Es besteht also kein Anspruch auf eine „bestimmte Durchführung der baulichen Veränderung“ und schon gar nicht auf die günstigste oder subjektiv schönste Maßnahme (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rz. 68).

(3) Das Gericht ermittelt die Grundlage seiner Entscheidung dabei nicht von Amts wegen. Der klagende Wohnungseigentümer ist für die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 S. 1 WEG darlegungs- und beweisbelastet. Etwas anderes gilt für die Angemessenheit. Die Unangemessenheit muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darlegen und beweisen (Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 20 Rn. 119).

(4) Hier ist ein Privilegierungsfall i.S.v. § 20 Abs. 1, S.1 Nr. 1 WEG gegeben, also eine bauliche Veränderung, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient.

(a) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem nicht entgegen, dass durch die Errichtung eines Personenaufzugs vorliegend (unstreitig) keine völlige Barrierefreiheit erreicht werden kann. § 20 Abs. 2, S. 1 Nr. 1 WEG ist weit zu verstehen und erstreckt sich auf alle Maßnahmen, die für eine Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Personen auch nur förderlich sind (BeckOGK/Kempfle, 1.9.2022, WEG § 20 Rn. 141). Dies ist bei dem Anbau eines Aufzugs der Fall.

(b) Auch auf die individuelle Betroffenheit des Wohnungseigentümers, seiner Angehörigen oder Mieter kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an. Barrierereduzierende Maßnahmen können anlasslos verlangt werden. Damit soll einerseits Streitigkeiten über die Notwendigkeit im Einzelfall vermieden und andererseits dem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis nach barriereduziertem Wohnraum Rechnung getragen werden (Lehmann-Richter/Wobst, aaO Rz. 1166 ff).

(5) Die Maßnahme ist auch angemessen i.S.v. § 20 Abs. 1, S. 1 a.E. WEG.

(a) Der Anspruch auf privilegierte Maßnahmen ist nach dem einleitenden Satzteil des § 20 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf „angemessene“ bauliche Veränderungen beschränkt. Dieses Merkmal hat die Funktion, im Einzelfall unangemessene Forderungen zurückweisen zu können; was unangemessen ist, soll nach der Gesetzesbegründung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden. Es handelt sich um einen unbestimmten, aber voll – Seite 11 – justiziablen Rechtsbegriff, der den Wohnungseigentümern kein Entscheidungsermessen und keinen Einschätzungsspielraum einräumt. Die Angemessenheit darf nicht mit dem Durchführungsermessen vermengt werden. Beide Instrumente erlauben es zwar, dem konkreten Baubegehren Schranken zu setzen. Dogmatisch haben sie gleichwohl nichts gemein: das Angemessenheitskriterium beschränkt den Anspruch auf die bauliche Veränderung, das Durchführungsermessen eröffnet einen Entscheidungsspielraum im Hinblick auf deren Durchführung (Lehmann-Richter/Wobst, aaO Rz. 1183 ff).

(b) (c) Für das Merkmal der „Angemessenheit“ kommt es nicht auf etwaige Nachteile für einen einzelnen Wohnungseigentümer, sondern auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer an. Denn der einzelne Wohnungseigentümer ist bereits über § 20 Abs. 4 WEG vor individuellen unbilligen Benachteiligungen geschützt (BeckOGK/Kempfle, 1.9.2022, WEG § 20 Rn. 138).

Im Ausgangspunkt wird man sagen können, dass eine Maßnahme angemessen ist, wenn ihre negativen Folgen bei wertender Betrachtung nicht außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck stehen. Diese wertende Betrachtung wird jedoch wesentlich durch die Entscheidung des Gesetzgebers vorgezeichnet, bestimmte Maßnahmen in § 20 Abs. 2, S. 1 WEG zu privilegieren und zwar unabhängig von individuellen Bedürfnissen des Bauwilligen. Es kommt deshalb nur in atypischen Fällen in Betracht, Maßnahmen unter Berufung auf deren Unangemessenheit vollständig zu versagen. Solche atypischen Fälle können sich aus außergewöhnlichen baulichen Gegebenheiten oder außergewöhnlichen Begehren ergeben. In der Regel kann es nur darum gehen, den Bauwilligen auf Alternativen zu verweisen, mit denen er den erfolgten Zweck in ähnlicher Weise erreichen kann. Am ehesten ist die Unangemessenheit bei Maßnahmen des Einbruchsschutzes anzunehmen, – Seite 12 – deren Bandbreite sehr weit ist.

Bei Maßnahmen der Barrierereduzierung hingegen ist die Unangemessenheit im Grundsatz kaum denkbar. Etwa der Ein- oder Anbau eines Aufzugs ist nicht deshalb unangemessen, weil – wie hier – weder der Bauwillige noch einer seiner Angehörigen gehbehindert ist. Allerdings kann statt eines verlangten Außenaufzugs lediglich ein Innenaufzug angemessen sein, wenn die Unversehrtheit des optischen Gesamteindrucks etwaige Mehrkosten aufwiegt (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, aaO). Ggf. könnte statt eines verlangten Personenaufzugs wohl auch nur ein Treppenlift angemessen sein. Hier scheidet dies aber von vorneherein deswegen aus, weil die Breite des Treppenhauses jedenfalls im Bereich zwischen der Ebene „Innenhof“ und dem nächsten Stock unstreitig weniger als 1 m beträgt.

(d) Vorliegend ist kein atypischer Ausnahmefall gegeben.

Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagtenpartei hatte die Angemessenheit insbesondere wegen Nutzungseinschränkungen im Hof, Durchgang und Treppenhaus, erheblichen optischen Veränderungen und erheblichen finanziellen Belastungen verneint. Diese Gesichtspunkte vermögen aber keinen atypischen Ausnahmefall zu begründen.

(aa) Die Höhe der Kosten spielt bei der Beurteilung grundsätzlich keine Rolle, da sie der Bauwillige allein zu tragen hat, § 21 Abs. 1 WEG (Lehmann-Richter/Wobst, § 11 Rz. 1185).

(bb) Die vorgetragene Einschränkung der Nutzbarkeit des Hofes zum Abstellen von Fahrrädern, Motorrädern und Kinderwagen, die behaupteten Erschwernisse beim Herausholen der Mülltonnen aus dem Innenhof und das eventuelle Versetzen der Zugangstreppe, des Eingangs oder der Treppenhausfenster und die damit verbundene Störung der Symmetrie des Gebäudes betreffen die „zweite Stufe“ der Maßnahme, das „wie“. Vorliegend geht es jedoch noch nicht um dieses „wie“, sondern um die Grundlagenentscheidung „(irgend-)ein Aufzug ja oder nein“. Es gibt eine Vielzahl möglicher Gestaltungsvarianten, bei denen die unterschiedlichen Belange in der 2. Stufe berücksichtigt werden können. Über das „wie“ entscheiden die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßen Ermessens, § 20 Abs. 2, S. 2 WEG.

(cc) Dieselben Erwägungen gelten, soweit die beklagte Partei die feuerpolizeiliche und statische Unzulässigkeit der (nur beispielhaft vorgeschlagenen) „Steglösung“ und die Problematik des zweiten baulichen Rettungswegs ins Feld führt, also die Befürchtung, dass nicht mehr gewährleistet sein könnte, dass Flüchtende von der Feuerwehr mit der Leiter durch den Hof gerettet werden können. Ausbauvarianten für (Treppen-)Lifte usw. müssen den baurechtlichen Vorgaben (auch: Brandschutz, Fluchtwege usw.) genügen, und Maßnahmen dürfen auch nicht zu Verkehrsweggefährdungen führen. Eine begehrte Veränderung wird aber selten an diesen Problemen scheitern, im Rahmen des weiten Spielraums aus § 20 Abs. 2, S. 2 WEG sind die Eigentümer vielmehr gehalten, die widerstreitenden Interessen zum schonenden Ausgleich zu bringen, und auch die öffentlichrechtlichen Vorgaben und Verkehrssicherheitspflichten zu beachten (D/S/Z, Kap. 6 Rz. 73). Etwas anderes könnte gelten, wenn die Beklagtenpartei substantiiert vortragen und ggf. beweisen könnte, dass in jedem Fall und bei jeder denkbaren Aufzugsvariante am/im Hinterhaus öffentlichrechtliche Vorgaben verletzt werden würden. Das wird aber nicht vorgetragen. Die Beklagtenpartei moniert die statische und baurechtliche Unzulässigkeit (nur) der „Stegvariante“, die aber eben auch nur eine mögliche Variante ist, und befürchtet, dass der 2. Rettungsweg „nicht mehr gewährleistet“ sein könnte. Dies hat die Klagepartei bestritten, zutreffend darauf verwiesen, dass sich in dem betreffenden Bereich des Innenhofes ein überdachter Fahrradabstellplatz befindet, der den Zugang für die Feuerwehr erschwert und weiter innerhalb der in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatzfrist vorgetragen, dass eine Voranfrage bei der Branddirektion ergeben habe, dass keine räumliche Beeinträchtigung beim Anleitern der Notleiteranlagen bestehe.

(dd) Die weiter zur Begründung der Unangemessenheit der Maßnahme „(irgend-) ein Aufzug an sich“ vorgetragenen negativen Folgen, dass nämlich eventuell ein (noch gar nicht beschlossener oder sonst konkretisierter) etwaiger späterer Einbau einer Tiefgarage „schwieriger“ sein könnte und der Ein-/Anbau eines Aufzugs „Schmutz und Lärm“ mache, stehen bei wertender Betrachtung nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck der Barrierereduzierung. Außerdem sind der Schmutz und Lärm der Baumaßnahme lediglich temporär und bis zu einem gewissen Grad steuerbar, und es ist völlig offen, ob eine Tiefgarage überhaupt jemals gebaut werden soll.

(ee) Für die Frage der Angemessenheit der Maßnahme kann weder auf die mit dem Aufzugsbetrieb verbundenen Licht- und Lärmbelästigungen noch auf eine stärkere Verschattung der Wohnungen „insbesondere in der nordwestlichen Ecke des Hinterhofs“ abgestellt werden, weil dies nicht die Gesamtheit der Wohnungseigentümer betrifft, sondern nur die Wohnungseigentümer des Hinterhauses. Diese Aspekte sind also im Rahmen des § 20 Abs. 4 WEG zu prüfen, der die einzelnen Wohnungseigentümer vor individuellen unbilligen Benachteiligungen schützt (vgl. BeckOGK/ Kempfle, 1.9.2022, WEG § 20 Rn. 138).

(e) Die Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 WEG wird gewahrt. Die Wohnanlage wird weder grundlegend umgestaltet, noch werden Wohnungseigentümer ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt.

(aa) Hinter dem Verbot der grundlegenden Umgestaltung liegt der Gedanke, dass der Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums wegen der Beschlusskompetenz des § 20 Abs. 1 WEG zwar nicht mehrheitsfest ist, es aber einen Kernbereich gibt, den jeder Wohnungseigentümer auch gegen den Willen der Mehrheit verteidigen kann (vgl. Lehmann-Richter/Wobst, § 11 Rz. 1009). Wann eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage vorliegt, wird im Gesetz nicht definiert. Die Materialien ergeben entsprechend der gesetzlichen Absicht, Versteinerungen aufzubrechen, zahlreiche Beispiele, wann keine grundlegende Umgestaltung vorliegt. Im Ausgangspunkt kann es nur um einen (objektiven) „Vorher-Nachher-Abgleich“ gehen. Die von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG a. F. („Eigenart“) abweichende Formulierung „Umgestaltung“ mit dem Bezug auf die (gesamte) Wohnanlage bringt dabei zum Ausdruck, dass das frühere enge Verständnis, dass etwa den Ausbau, die Aufstockung oder untergeordnete Anbauten ausschloss, nicht mehr gelten, sondern überwunden werden soll (Hogenschurz, ZfIR 2021, 419, 420). Von einer grundlegenden Umgestaltung wird man nur selten ausgehen können. Der Begriff ist eng zu verstehen. Da in jeder baulichen Veränderung eine „Umgestaltung“ liegt, lautet die zentrale Frage: Hat die bauliche Veränderung so starke Auswirkungen, dass sie die Wohnanlage „grundlegend“ umgestaltet, ihr also ein neues Gepräge gibt? Im Einzelfall ist zwar nicht ausgeschlossen, dass auch eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks das Gewicht einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage haben kann. Dabei ist aber ein strenger Maßstab anzulegen. Bloße architektonische Disharmonien, wie sie häufig durch den Anbau von Balkonen oder Außenaufzügen entstehen, genügen dafür nicht (Lehmann-Richter, aaO Rz. 1010 ff). „Grundlegend“ ist die Umgestaltung, wenn sie der Wohnungseigentumsanlage als Ganzes unter Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls ein neues „Gepräge“ gibt. Das Kriterium „als Ganzes“ wird insbesondere bei Umbauten, die – wie hier – nur Teilbereiche der Anlage betreffen, im Regelfall nicht erfüllt sein. Deshalb soll auch eine Nachverdichtung durch zusätzliche Bebauung nicht stets grundlegend sein und auch nicht der Abriss von Gebäudeteilen oder Nebengebäuden von untergeordneter, nicht prägender Bedeutung, schon gar nicht jede Veränderung des optischen Gesamteindrucks. Als Beispiele für eine grundlegende Umgestaltung werden die Umwandlung eines Garagenhofs in einen Park genannt oder – weil es auf Sichtbarkeit nicht ankommt – die Umgestaltung der Haustechnik. Aufgrund der Wertung des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG soll eine grundlegende Umgestaltung in den dort genannten Fällen regelmäßig fehlen (vgl. Hogenschurz, ZfIR 2021, 419, 420).

(bb) Unter den Begriff der grundlegenden Umgestaltung kann zwar u.U. auch der Anbau eines Außenaufzugs dann subsumiert werden, wenn dadurch die Fassade eines Stuckaltbaus zerstört oder erheblich umgestaltet wird (vgl. BeckOGK/Kempfle, 1.9.2022, WEG § 20 Rn. 217).

Dies ist hier aber nicht der Fall.

Das Hinterhaus mit seiner einfachen Fassade ist – im Gegensatz zum herrschaftlichen Vorderhaus – bereits kein „Stuckaltbau“. Bezugspunkt für die Beurteilung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, ist außerdem – anders als vom Amtsgericht angenommen – nicht nur das Hinterhaus, an das der Lift angebaut werden soll, sondern die Wohnanlage insgesamt, also mitsamt dem tatsächlichen „Stuckaltbau“ Vorderhaus, der den Charakter der Gesamtanlage deutlich stärker „prägt“. Ebenfalls muss hier in die Betrachtung einfließen, dass sich bereits der massive Übergang in dem betroffenen Bereich im Innenhof befindet, der das „Gesicht“ der Anlage ebenfalls „mitgestaltet“. Abzustellen ist außerdem nicht auf die von der Klagepartei beispielhaft vorgelegten Pläne möglicher Aufzugsvarianten. Vorliegend geht es (noch) um das „ob“ (irgend-)eines Aufzugs. Maßgeblich ist daher, ob der Anbau eines/jedes denkbaren Aufzugs nur im Teilbereich „Hinterhaus“ ein krasser Eingriff in die äußere Gestalt der maßgeblich vom Vorderhaus geprägten Gesamtanlage wäre, der unweigerlich deren charakteristisches Aussehen insgesamt maßgeblich umgestalten würde. Davon kann nicht zuletzt angesichts der Vielzahl denkbarer Varianten, die etwa auch in Anlehnung an den Jugendstil ausgeführt werden könnten und über die die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßen Ermessens auf der zweiten Stufe („wie“) zu entscheiden haben, nicht ausgegangen werden.

(f) Auch eine unbillige Benachteiligung ist nicht gegeben.

(aa) Eine bauliche Veränderung benachteiligt einen Wohnungseigentümer gegenüber anderen, wenn sie ihn in stärkerem Maße als andere beeinträchtigt, ihm also ein Sonderopfer auferlegt. Die Beeinträchtigung kann sich – wie schon nach § 22 Abs. 2, s. 1 WEG a.F. – aus allen wohnungseigentumsrechtlich relevanten Rechtspositionen des Wohnungseigentümers ergeben.

(bb) Eine Benachteiligung scheidet begrifflich von vorneherein aus, soweit alle Wohnungseigentümer gleichermaßen beeinträchtigt werden. Die Benachteiligung muss sich aus der baulichen Veränderung selbst ergeben, also der Neu-Definition des Soll-Zustands des Gemeinschaftseigentums (hier: mit (irgend-) einem Lift; nicht: mit einer bestimmten Liftvariante). Denn § 20 Abs. 4 WEG betrifft nur die Kontrolle der nach § 20 Abs. 1 WEG gefassten Beschlüsse über bauliche Veränderungen. Ergibt sich die Benachteiligung dagegen allein aus der Art und Weise ihrer Durchführung, ist der nach § 19 Abs. 1 WEG gefasste Durchführungsbeschluss nach den allgemeinen Kriterien zu überprüfen (Lehmann-Richter/ Wobst, § 11 Rz. 1020).

(cc) Steht eine Benachteiligung fest, stellt sich die Frage, ob sie auch unbillig ist. Unbilligkeit darf nicht mit Unangemessenheit gleichgesetzt werden: Unangemessen ist eine Benachteiligung schon dann, wenn sie außer Verhältnis zu den zu erwartenden Vorteilen steht. Die Unbilligkeit verlangt zusätzlich die Überschreitung einer Erheblichkeitsschwelle. Das führt zu einer verschärften Verhältnismäßigkeitskontrolle: die Schwere der Benachteiligung muss das Gewicht der Vorteile deutlich überwiegen. Dies hängt vom Einzelfall ab, aber es gibt Leitlinien: In die Abwägung ist nur das Sonderopfer des Benachteiligten einzustellen, also seine gegenüber dem Durchschnitt erhöhte

Beeinträchtigung. Von vorneherein irrelevant sind unerhebliche Sonderopfer, und zwar auch dann, wenn ihnen keine oder keine nennenswerten Vorteile gegenüberstehen. Bei der Gewichtung der Vorteile ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; der Gesetzgeber hat mit dem Katalog der privilegierten Maßnahmen eine eigene Bewertung getroffen. Deren Vorteile können deshalb nur durch besonders schwere Benachteiligungen aufgewogen werden (Lehmann-Richter/ Wobst, § 11 Rz. 1031). Im Lichte des Art. 3 Abs. 3 GG sind die Belange Behinderter besonders zu beachten (D/S/Z, Kap. 6 Rz. 59).

(dd) Die von der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Partei vorgetragenen „Sonderopfer“ genügen diesen Anforderungen nicht.

Die mit dem Aufzugsbetrieb verbundenen Licht- und Lärmstörungen stellen gerade im Lichte des Art. 3 Abs. 3 GG nur ein unerhebliches Sonderopfer dar. Abgesehen davon sind sie in ihrer Intensität in der 2. Stufe, also bei der Ermessensentscheidung über das „wie“, bis zu einem bestimmten Grad steuerbar.

Der Einwand, dass die Wohnungen „insbesondere in der nordwestlichen Ecke des Innenhofs“ bei einem Aufzugseinbau weniger Licht erhalten, bedingt ebenfalls kein unbilliges Sonderopfer der betroffenen Miteigentümer. Es handelt sich um Wohnungen, die in einem unstreitig „beengten“ Innenhof zwischen zwei mehrstöckigen Gebäuden liegen. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten wirkt sich die mit einem Außenaufzug verbundene „Verschattung“ v.a. bei den oberen Wohnungen aus, die aber den Klägern selbst gehören. Die Wohnungen im EG und 1. OG liegen zudem neben bzw. unter dem „Übergang“, und die im 2. OG belegene Wohnung erstreckt sich auf 300 m 2 vom Vorderbis ins Hintergebäude und verfügt über einen (weiteren) großen Balkon zum Englischen Garten hin. Eine zusätzliche Verschattung der in dem betroffenen Bereich ohnehin schattigen Wohnung stellt zwar eine Beeinträchtigung dar, die aber bei der Abwägung mit den mit der Maßnahme verbundenen Vorteilen und unter Berücksichtigung von Art.3 Abs. 3 GG nicht die Qualität einer unangemessenen Benachteiligung bzw. eines unbilligen Sonderopfers erreicht.

c) Die gerichtliche Beschlussersetzung bedeutet einen unmittelbaren Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Privatautonomie (Art. 2 GG) und in das durch Art. 14 GG geschützte Eigentumsrecht der Wohnungseigentümer. Daher darf eine gerichtliche Ermessensentscheidung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in dem Maße getroffen werden, wie sie – auch i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 2 – „notwendig“ ist. Wegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben darf die Entscheidung des Gerichts das Selbstbestimmungsrecht der Wohnungseigentümer nur insoweit beschränken, wie dies aufgrund der zu regelnden Angelegenheit und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unbedingt nötig ist. Das Gericht hat deshalb immer vorrangig zu prüfen, ob und auf welche Weise es den Wohnungseigentümern – unter Beachtung der Rechtsschutzinteressen des Klägers – ermöglicht werden kann, noch selbst und in eigener Verantwortung eine Entscheidung zu treffen (vgl. Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 44 WEG, Rn. 145).

d) Wenn der Eigentümer den im Rahmen der Beschlussersetzungsklage geltend gemachten Anspruch ausschließlich auf § 20 Abs. 2 S. 1 WEG stützt, hat das Gericht im Rahmen der Beschlussersetzungsklage daher zunächst lediglich einen Grundsatzbeschluss dahingehend zu fassen, dass die von dem Wohnungseigentümer beantragte privilegierte Maßnahme dem Grunde nach gestattet ist (vgl. MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl. 2021, WEG § 20 Rn. 53, 54), d.h. zunächst nur über das „ob“ entscheiden und die Entscheidung über die Durchführung der Maßnahme an die Eigentümer zurückzugeben (vgl. Zschieschack, ZWE 2021, 68, beckonline). Auf der zweiten Stufe muss die Gemeinschaft die in § 20 Abs. 2, S. 2 WEG geregelte Entscheidung über die „Durchführung“ der Maßnahme, das „Wie“, im Rahmen ihrer – anders als beim „Ob“ gegebenen – Ermessensspielräume treffen und zunächst überlegen, ob man dem Einzelnen nur die eigene Durchführung (auf eigene Rechnung und Kosten) „gestatten“ will, also der einzelne selbst bauen soll oder ob die Gemeinschaft (auf eigene Rechnung und zunächst eigene Kosten) „für ihn“ bauen soll und dann nach § 21 Abs. 1 WEG die Kosten (spätestens) in der Jahresabrechnung (§ 28 WEG) an ihn weiterreicht. Neben dieser ganz grundlegenden Weichenstellung („Wer baut“?) wird man – wie schon aus dem Bereich der Parabolantennen-Rechtsprechung und der Barrierefreiheit (leidlich) bekannt ist – der Gemeinschaft einen weiten Ermessensspielraum bei der Frage nach den konkreten Details der Maßnahme zubilligen („Wie wird gebaut?“). Auch § 20 Abs. 2 WEG gibt dem Einzelnen keinen Anspruch auf die für ihn beste und billigste Lösung. Der Begriff der „Durchführung“ bezieht sich auf alle baulichen Details: Die Wohnungseigentümer können so im Rahmen ihres Ermessensspielraums Vorgaben für die Durchführung machen, die der Bauwillige dann entsprechend bei gestatteten eigenen Maßnahmen zu berücksichtigen hat (zum Beispiel die Verwendung bestimmter Materialien, Systeme oder auch nur die Vorgabe, Kabel unter Putz zu verlegen); erst recht gilt dies bei Entscheidungen über eine Durchführung durch den Verband. Durch solche Vorgaben kann etwa zugleich sichergestellt werden, dass bauliche Veränderungen mehrerer Wohnungseigentümer technisch kompatibel bleiben. Auch hier ist die Entscheidungsmacht der Wohnungseigentümer natürlich jeweils nicht schrankenlos, sondern wird durch die Vorgaben ordnungsmäßiger Verwaltung beschränkt, kann also zur Anfechtbarkeit führen (Dötsch, ZWE 2020, 215, beckonline).

e) Erst wenn die Wohnungseigentümerversammlung nach Vorliegen des vom Gericht gefassten Grundsatzbeschlusses auch im 2. Schritt keine Entscheidung über das „Wie“, d.h. über die Art und Weise der Vornahme oder Durchführung der privilegierten Maßnahme treffen sollte, wäre – anders als zum jetzigen Zeitpunkt – eine entsprechende gerichtliche Entscheidung nach eigenem Ermessen gem. § 20 Abs. 2 S. 2 WEG treffen (MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl. 2021, WEG § 20 Rn. 53, 54).

2.2. Die zulässige Anfechtungsklage ist hingegen nicht begründet, die streitgegenständlichen Negativbeschlüsse widersprechen nicht aus den insoweit fristgerecht vorgetragenen Gründe den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Negativbeschlüsse wurden zu den zwei konkret gestellten Anträgen zu TOP 9.1 „Ein Lift für alle auf Kosten aller“ und TOP 9.2 „Ein Lift nur für die Kläger und nur auf Kosten der Kläger, gebaut von den Klägern“ gefasst. Entgegen der Auffassung der Klagepartei stehen den Klägern keine entsprechenden Ansprüche zu.

a) Ein Anspruch auf eine privilegierte Maßnahme i.S.v. § 20 Abs. 2, S. 1 Nr. 1 WEG auf Kosten aller (TOP 9.1) besteht nicht. Die Kosten der baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Abs. 2 WEG durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat nach § 21 Abs. 1 S. 1 WEG der Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren auch die Nutzungen (BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 20 Rn. 117).

b) Auch ein Anspruch auf Gestattung der eigenen Durchführung einer privilegierten baulichen Maßnahme i.S.v. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WEG besteht nicht. § 20 Abs. 2 S. 2 WEG schränkt den Anspruch aus Abs. 2 S. 1 insoweit ein, als dass der Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der baulichen Veränderung hat. Sein Anspruch beschränkt sich auf das „Ob“, erstreckt sich hingegen nicht auf das „Wie“. Dieses liegt vielmehr im Ermessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Begriff der Durchführung bezieht sich sowohl auf die baulichen Details als auch auf die Frage, wer Bauherr sein wird; dies ergibt sich mittelbar auch aus der Kostentragungsregelung des § 21 Abs. 1 WEG (vgl. MüKoBGB/Rüscher, 8. Aufl. 2021, WEG § 20 Rn. 122). Dass hinsichtlich der Frage „Wer baut?“ eine Ermessenreduzierung auf Null vorliegen würde, ergibt sich nicht.

3. Die Kostenentscheidung erfolgte gemäß §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Der Streitwert wurde gem. § 49 GKG festgelegt.

4.1. Bei Beschlussklagen ist danach das „Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung“, mithin nicht das (subjektive) Angreiferinteresse, sondern das (objektive) Gesamtinteresse der (selbst nicht als Partei am Verfahren beteiligten, § 44 Abs. 2 S. 1 WEG) Wohnungseigentümer an der gerichtlichen Entscheidung über den Beschluss maßgeblich. Abzustellen ist dabei nicht auf den Umfang der Urteilswirkungen nach § 44 Abs. 3 WEG, sondern darauf, was im konkreten Fall wirklich im Streit ist (BVerfGE 85, 337 (351) = BVerfG NJW 1992, 1673 (1674)). Es ist daher keine Addition der durch die Urteilswirkungen der Entscheidung betroffenen Einzelinteressen vorzunehmen, sondern es sind die konkret betroffenen Interessen festzustellen (dabei ist nicht vom Wortlaut der Anträge, sondern vom wirklichen Willen der Beteiligten auszugehen, vgl. LG Saarbrücken ZWE 2009, 416). Hierfür sind im Grundsatz die Auswirkungen des Beschlusses auf den Anfechtenden und die Gemeinschaft zu bestimmen (vgl. BeckOK KostR/Toussaint, 39. Ed. 1.10.2022, GKG § 49 Rn. 10, 11).

4.2. Die Bewertung des Interesses richtet sich nach den allgemeinen Regelungen, zunächst also nach § 48 GKG und im Übrigen nach den allgemeinen Wertvorschriften der §§ 39-47 GKG. Sie erfolgt daher grundsätzlich gem. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO, § 48 Abs. 2 nach (freiem) Ermessen in Verbindung mit den anerkannten Grundsätzen der Bewertung. Eine Halbierung des Betrages wie nach § 49a Abs. 1 S. 2 a.F. findet nicht mehr statt (BeckOK KostR/Toussaint, 3 aaO Rn. 12).

4.3. Wird – wie hier – ein negativer Beschluss angefochten und will der Kläger mit der gleichzeitig erhobenen Beschlussersetzungsklage erreichen, dass der abgelehnte Beschlussantrag in Geltung gesetzt wird, so handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt, der eine Zusammenrechnung der Streitwerte der Anträge nicht rechtfertigt (Suilmann in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2021, § 49 GKG, Rz. 28). So liegt es hier. Die Kläger verfolgen mit der Anfechtung der Negativbeschlüsse und der Beschlussersetzungsklage dasselbe Rechtsschutzziel, nämlich die Errichtung eines Aufzugs am Hinterhaus.

4.4. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis zutreffend. Die Bewertung des Interesses der Wohnungseigentümer am Einbau/Nichteinbau des Lifts erscheint mit Euro 30.000 im Wege der Schätzung ausreichend, aber auch angemessen.

5. Die Revision war zuzulassen. Die vorliegend inmitten stehenden Rechtsfragen haben wegen der durch das WEMoG eingetretenen Rechtsunsicherheiten grundsätzliche Bedeutung, so dass die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

 

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