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WEG – Beschlussfassung über angemessene Instandhaltungsrücklage bei einem achtstöckigen Altbau

AG München – Az.: 482 C 14164/11 WEG – Urteil vom 11.01.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien bilden die oben näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der … verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung am 04.05.2011 haben die Wohnungseigentümer einstimmig beschlossen, die Erhöhung der Rücklagenansparung rückwirkend ab dem 01.01.2011 von bisher monatlich € 1,00 pro Miteigentumsanteil auf € 3,00 pro Miteigentumsanteil zu erhöhen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer fristgerecht eingegangenen Anfechtungsklage.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, da der Beschlussgegenstand bei der Einberufung im Einladungsschreiben nicht bezeichnet war. Als Beschlussgegenstand sei dabei keine Erhöhung der Instandhaltungsrücklage bzw. Instandhaltungszuführung erwähnt. Des Weiteren sei in den mit der Einladung verbundenen Erläuterungen zu den Tagesordnungspunkten ausgeführt, dass nach heutigem Stand für 2011 keine größeren Maßnahmen geplant seien, langfristig eine außenliegende Fassadendämmung zu empfehlen sei. Auch der entsprechend unter TOP 4 beschlossene Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr 2011 sehe keine Erhöhung der Rücklagenzuführung vor. Diese Beschlussfassung sei da- her für die Kläger überraschend gewesen.

In der Instandhaltungsrücklage würden sich zudem ausreichende Mittel befinden, um Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren. Solange noch kein Beschluss über das ob und wann einer Fassadenaußendämmung gefasst worden sei, nicht einmal vorbereitende Beschlüsse, sei die bislang vorhandene Rücklage und Rücklagenzuführung unter Beachtung der Reparaturanfälligkeit der Anlage und deren Alter angemessen. Die nunmehr beschlossene Erhöhung sei daher überhöht. Die Erhöhung könnte auch nicht auf die Mieter umgelegt werden, sodass die Rentabilität der Eigentumswohnung in Frage stünde.

Die Kläger beantragen: Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.05.2011 unter TOP Instandhaltungsrücklage gefasste Beschluss, die Eigentümer beschließen, die Rücklagenansparung rückwirkend ab dem 01.01.2011 von dieser monatlich € 1,00 pro Miteigentumsanteil auf € 3,00 pro Miteigentumsanteil zu erhöhen wird für ungültig erklärt.

Die Beklagten beantragen: Klageabweisung.

Sie sind der Auffassung, dass die Beschlussfassung nicht überraschend gewesen sei. Unter TOP 4 sollte über das Wirtschaftsjahr Beschluss gefasst werden, damit sei klar, dass über die zu leistenden Hausgeldvorauszahlungen Beschluss gefasst werden sollte. Dies beinhalte auch die Beschlussfassung über die Instandhaltungsrücklage.

Zwar sei über die Durchführung der außenliegenden Fassadendämmung lediglich eine allgemeine Diskussion geführt worden, die vorhandene Rücklage sei unter Beachtung der Reparaturanfälligkeit und des Alters der Anlage gerade nicht angemessen. Müsse die Fassade saniert werden, was wohl in den nächsten drei bis fünf Jahren anstehe, könnten ohne weiteres Kosten von € 450.000,00 entstehen, da es sich bei dem Gebäude um ein Haus mit acht Stockwerken aus dem Baujahr 1960 handle. Es sei daher der Wille der Eigentümer gewesen, die Instandhaltungsrücklage anzuheben, um für diese Maßnahme sukzessive anzusparen und nicht zu einem späteren Zeitpunkt mit hohen Sonderumlagen und möglicherweise sogar dem Ausfall einiger Miteigentümer belastet zu werden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 11.01.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der gefasste Beschluss ist ausreichend angekündigt in der Einladung, sodass ein Verstoß gegen § 23 Abs. 2 WEG nicht vorliegt. Mit der Bezeichnung des Beschlussgegenstandes „Wirtschaftsplan“ in der Einladung zur Eigentümerversammlung ist grundsätzlich auch die Beschlussfassung über die jährliche Zuführung zur Instandhaltungsrücklage und auch deren Erhöhung erfasst.

Der angefochtene Beschluss über die rückwirkende Erhöhung der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage 2011 entspricht ferner ordnungsgemäßer Verwaltung.

Nur die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wobei jedoch das WEG selbst keine Vorgabe enthält, welche Höhe der Instandhaltungsrücklage angemessen ist.

Die Angemessenheit ist vielmehr nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (so u.a. OLG Düsseldorf, NZM 2002,959).

Bei der Bemessung der Instandhaltungsrücklage und des jährlichen Beitrages dazu haben die Wohnungseigentümer zwar einen weiten Ermessensspielraum ((vgl. z.B. OLG Hamm, ZMR 2006,879), wesentlich überhöhte Ansätze können allerdings gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßen.

Von überhöhten Ansätzen ist in vorliegendem Fall jedoch nicht auszugehen.

Aus der Mitteilung der Verwaltung, dass für 2011 keine größeren Sanierungsmaßnahmen geplant sind, kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine verstärkte Ansparung für die Zukunft auch nicht erforderlich ist.

In Anbetracht der Tatsache, dass das Gebäude im Jahr 1960 erbaut wurde und derzeit die Instandhaltungsrücklage einen Betrag von ca. € 130.000,00 enthält, ist in die Beurteilung, ob die Eigentümer ihren weiten Ermessensspielraum überschritten haben, mit einzubeziehen, dass nicht nur eine mögliche Fassadendämmung nach entsprechender Beschlussfassung zu finanzieren sein könnte, sondern auch, dass schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass bei einem älteren Gebäude immer wieder Sanierungsmaßnahmen anstehen werden. Diese fallen in der streitgegenständlichen Wohnungseigentümergemeinschaft schon deswegen vom finanziellen Umfang her größer aus, da es sich um ein achtstöckiges Gebäude handelt. Abgesteift auf den Einzelfall ist die Erhöhung von € 1,00 auf € 3,00 pro Miteigentumsanteil für das Jahr 2011 nicht derart überhöht, dass von einer Überschreitung des weiten Ermessensspielraums auszugehen ist. Ob innerhalb dieses Ermessensspielraums die beschlossene Erhöhung erforderlich ist oder nicht, war daher für das Gericht in rechtlicher Hinsicht nicht zu prüfen.

Auch die beschlossene Rückwirkung ist, wie bei den Hausgeldvorauszahlungen, nicht zu beanstanden. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2010 endete am 31.12.2010. Die Kläger mussten daher davon ausgehen, dass ein Beschluss gefasst werden wird, der zum 01.01.2011 zurückwirkt. Dies umfasst auch die Zuführung zur Instandhaltungsrücklage.

Die Frage, ob die Erhöhung auch auf den Mieter umgelegt werden kann oder nicht, spielt bei der Beurteilung der Angemessenheit im wohnungseigentumsrechtlichen Sinn keine Rolle.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Danach tragen die Kläger die Kosten des Rechtsstreits, weil sie unterlegen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde bereits in der mündlichen Verhandlung auf € 2.000,00 festgesetzt.

 

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