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WEG – Beseitigungsanspruch der Mitwohnungseigentümer bei störendem Außenrollladen

LG Hamburg – Az.: 318 S 176/11 – Urteil vom 30.05.2012

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 24. August 2011 – Az. 539 C 8/11 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger und die Beklagte sind Mitglieder der WEG A. K. …, … H. (B.) und sie streiten um den Rückbau eines Außenrollladens nebst Kasten an der Fassade.

Ursprünglich hatte der Kläger in erster Instanz noch sämtliche Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft – darunter auch die Beklagte – in Anspruch genommen, „den auf der Eigentümerversammlung vom 9. März 2011 zu TOP 6 gefassten Beschluss für unwirksam zu erklären und die Beklagten zu verpflichten, eine Fachfirma zu beauftragen, damit der an dem Balkonfenster-/türelement von der Wohnungseigentümerin H. angebrachte Außenrollladen nebst Kasten entfernt wird“. Im Berufungsrechtszug ist nur noch die Beklagte H. am Prozess beteiligt.

Dem Streit liegt zugrunde, dass die Beklagte an dem zu ihrer im Erdgeschoss belegenen Wohnung zugehörigen Balkon-Fenster einen Außenrollladen nebst Kasten anbringen ließ. Wegen der Örtlichkeiten wird Bezug genommen auf die Lichtbilder gemäß Anlage B1 (Bl. 110 d.A.) und BBk 8 (Bl. 198 d.A.). Ein Antrag des Klägers, die Beseitigung dieses Rollladens von der Beklagten zu verlangen, fand auf der Versammlung vom 9. März 2011 mit Beschluss zu TOP 6 keine Mehrheit.

Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), die keiner Ergänzung bedürfen.

Das Amtsgericht hat die Beklagte mit seinem Urteil vom 24. August 2011 (Bl. 74 d.A.) „verpflichtet, fachgerecht den Außenrollladen, der an dem Balkonfenster-Türelement in ihrem Auftrag angebracht wurde, nebst Kasten zu entfernen“ und die Klage im Übrigen abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es dazu ausgeführt, dass die Beklagte gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 22 WEG verpflichtet sei, den Rollladen nebst Kasten zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Die Beklagte habe eine Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer nicht nachgewiesen; ferner fehle die nach § 22 Abs. 1 WEG zwingend vorgeschriebene Beschlussfassung. Auch nachträglich sei der Einbau nicht durch Beschluss genehmigt worden. Es bedürfe – anders als nach alter Rechtslage – jedenfalls eines Mehrheitsbeschlusses, um eine solche bauliche Veränderung zu legalisieren. Die Beklagte könne dem Verlangen des Klägers auch nicht entgegen halten, dass dieses treuwidrig sei, weil eine erhebliche Einbruchsgefahr für ihre Wohnung bestehe. Insoweit gebe es optisch weniger auffällige Möglichkeiten, Einbrüche zu verhindern wie etwa einbruchssichere Fensterscheiben. Eine solche Verstärkung des Glases wäre auch für keinen Eigentümer nachteilig. Die von der Beklagten gewählte Möglichkeit sei nicht die einzig in Betracht kommende zur Zielerreichung.

Gegen dieses Urteil, der Beklagten über ihre Prozessbevollmächtigte zugestellt am 30. August 2011 (Bl. 83 d.A.), hat diese mit Schriftsatz vom 21. September 2011 – Eingang bei Gericht am Folgetag (Bl. 95 d.A.) – Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungfrist bis zum 28. November 2011 (Bl. 103 d.A.) auf Antrag vom 5. Oktober 2011 (Bl. 101 d.A.) mit Schriftsatz vom 22. November 2011 – Eingang bei Gericht am Folgetag (Bl. 136 d.A.) – begründet.

Die Beklagte macht mit ihrer Berufung geltend, dass das Amtsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Kläger der Anbringung des Rollladens nebst Kasten nicht zugestimmt habe. Auf einer früheren Eigentümerversammlung sei darüber gesprochen worden und alle Eigentümer seien mit der Anbringung von Rollläden einverstanden gewesen, auch der Kläger. In der sehr kleinen Gemeinschaft sei es auch durchaus üblich, die Zustimmung der übrigen Eigentümer einzuholen, ohne dass ein förmlicher Beschluss gefasst werde. Dies gelte etwa auch für Markisen, die an den Wohnzimmerfenstern angebracht worden seien. Vieles sei bisher durch „informelle Abstimmung“ geregelt worden. Sie, die Beklagte, habe sich darauf verlassen, dass das auch in Bezug auf den Rollladen so gehandhabt werde. Die strenge Ansicht des Amtsgerichts, wonach auch in kleinen Gemeinschaften eine Zustimmung durch formalen Beschluss erfolgen müsse, sei unzutreffend. Eines solchen habe es daher hier nicht bedurft.

Ferner werde, so die Beklagte weiter, der optische Gesamteindruck des Hauses durch den Rollladen nicht erheblich beeinträchtigt. Das Amtsgericht habe sich für diese Beurteilung lediglich auf die zur Akte gereichten Lichtbilder gestützt, aber keine Inaugenscheinnahme durchgeführt. Der Kasten sei kaum sichtbar und ohnehin biete die Fassade kein einheitliches Erscheinungsbild. Die bereits vorhandenen Markisen seien in unterschiedlichsten Farben ausgestaltet. Auch nachts vermittle der Rollladen keine erhebliche Beeinträchtigung der Fassadengestaltung. Der Anspruch des Klägers sei auch nur dann gegeben, wenn er einen erheblichen Nachteil erleide.

Außerdem verletze das Beseitigungsverlangen des Klägers das Rücksichtnahmegebot. Ihre schutzwürdigen Belange würden dadurch beeinträchtigt. Die insoweit angeführten Erwägungen des Amtsgerichts überzeugten nicht. Dickeres Fensterglas bringe ihr nichts; sie habe keine Angst davor, erschossen zu werden. Sie habe vielmehr Einbruchsdiebstähle zu gewärtigen, die in der Gegend massiv zugenommen hätten; dagegen sei kugelsicheres Glas völlig wirkungslos. Ein Rollladen erfülle auch die Funktion, einen potentiellen Einbrecher schon der Optik wegen von seiner Tat abzuhalten. Eine Interessenabwägung habe das Amtsgericht nicht vorgenommen. Sie, die Beklagte, sei – was unstreitig ist – 80 Jahre alt und lebe alleine. Als Frau könne sie vom Kläger, der durch den Rollladen nicht erheblich beeinträchtigt sei, Rücksicht verlangen. Außerdem sei die Anbringung eines solchen Einbruchsschutzes mittlerweile auch ortsüblich. Im Übrigen verhindere eine Alarmanlage, so die Beklagte weiter, auch keinen Einbruch in ihre Wohnung. Selbst die Anbringung eines Fenstergitters sei gerichtlich schon toleriert worden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 24. August 2011 – Az. 539 C 8/11 – abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht ergänzend geltend, dass er sein Einverständnis zur Anbringung des Rollladens zu keinem Zeitpunkt erteilt habe. Die Beklagte habe sich zwar anlässlich der Versammlung vom 27. März 2008 mit der Thematik „Rollladen“ an den Verwalter gewandt, um von diesem eine Einschätzung zu erlangen, aber nicht im Rahmen der Tagesordnung, sondern nach deren Ende; mit allen Eigentümern sei das nicht erörtert worden. Die Anbringung des Rollladens bedürfe einer formalen Beschlussfassung, an der es hier fehle. Der optische Gesamteindruck werde durch den Rollladen nebst Kasten nachteilig verändert, insbesondere dann, wenn der weiße Rollladen vor der roten Fassade heruntergelassen werde. Die Einbruchshäufigkeit, so der Kläger, habe sich im örtlichen Umfeld der Gemeinschaft in den vergangenen Jahren nicht verändert. Deswegen sei das Beseitigungsverlangen auch nicht treuwidrig. Zudem könne die Beklagte einen Einbruch auch mit anderen Mitteln wirkungsvoll erschweren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat die Örtlichkeiten gemäß Beschluss vom 21. Dezember 2011 (Bl. 136) durch den vorbereitenden Einzelrichter in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll vom 23. Januar 2012 (Bl. 163 d.A.).

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Voraussetzungen zur Zulässigkeit der Berufung sind erfüllt. Die Beklagte hat ihre statthafte Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 Abs. 2 ZPO. Auch der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO notwendige Wert der Beschwer der Beklagten von über € 600,- ist überschritten. Schon die Beseitigung des Rollladens würde nach den von der Beklagten als Anlagen 1 und 2 (Bl. 123 d.A.) vorgelegten Angeboten Kosten von durchschnittlich etwa € 634,- brutto verursachen. Neben den Kosten für die Beseitigung der baulichen Veränderung wäre vorliegend auch noch ein weiteres Bestandserhaltungsinteresse der Beklagten mit zu berücksichtigen gewesen.

2. Die Berufung ist aber unbegründet.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, die von ihr im Jahr 2010 veranlasste Anbringung eines Rollladens nebst Kasten am Balkonfenster fachgerecht zurückbauen zu lassen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Beseitigung und Wiederherstellung zu.

Die rechtliche Grundlage für diesen Anspruch findet sich in § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. §§ 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG, wobei der Beseitigungsanspruch auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands beinhaltet, wenn – wie hier – nur auf diese Art und Weise die Beeinträchtigung beseitigt werden kann (Hügel, in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, § 22 WEG, Rn. 24).

a) Dass es sich bei der Anbringung des Rollladens nebst Kasten um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG gehandelt hat, ist unzweifelhaft und steht auch nicht im Streit.

b) Dahinstehen kann die Frage, ob eine einen anderen Miteigentümer beeinträchtigende bauliche Veränderung dann zulässig und legitimiert ist, wenn zwar – wie hier – kein förmlicher Beschluss darüber in einer Eigentümerversammlung gefasst worden ist, aber der Beeinträchtigte gegenüber dem bauausführenden Eigentümer (hier: der Beklagten) seine Zustimmung dazu erteilt hat (vgl. zum Meinungsstand etwa die Nachweise bei Elzer, in: Timme, BeckOK-WEG, § 22, Rn. 66).

Die Beklagte hat dazu in erster Instanz vorgetragen, dass „auf einer früheren Eigentümerversammlung das Thema Rolladen unter den Eigentümern besprochen“ worden sei und „damals (&) niemand etwas gegen die Anbringung“ gehabt habe; auch „der Kläger (&) [sei] bei diesen Gesprächen dabei [gewesen] und hatte keine Einwände (Beweis: Zeugnis NN).“ (vgl. dazu Schriftsatz vom 11. Mai 2011, dort S. 2 f. (Bl. 36 d.A.). Daraus ergibt sich jedoch noch keine Zustimmung des Klägers; solches Schweigen ist mangels Vereinbarung der Parteien als Erklärungszeichen (vgl. Wendtland, in: Bamberger/Roth, a.a.O., § 133 BGB, Rn. 10) gem. § 133 BGB nicht als Willenserklärung auszulegen. Und wodurch der Kläger dem Anbau des Rollladens konkludent, also durch schlüssiges Verhalten zugestimmt haben soll, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Dazu wäre ein Verhalten des Klägers erforderlich gewesen, das zwar für sich allein keinen unmittelbaren Erklärungsgehalt besitzt, unter Berücksichtigung der Begleitumstände mittelbar aber einen bestimmten Geschäftswillen zum Ausdruck bringt (Wendtland, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.). Und unabhängig davon hat der Kläger seine behauptete Zustimmung in erster Instanz bestritten.

Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung nunmehr unter Benennung der Zeugin V. vorbringt, dass nach Besprechung der Angelegenheit „auf einer früheren Eigentümerversammlung (&) alle Eigentümer mit der Anbringung von Rolläden einverstanden“ gewesen seien, und zwar auch der Kläger, handelt es sich um neues Vorbringen. Damit ist die Beklagte aber nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist, sofern sie damit geltend machen will, dass der Kläger seinerzeit der Anbringung des Rollladens nicht nur nicht widersprochen, sondern sich dazu ausdrücklich im Sinne einer Zustimmung einverstanden erklärt hat; auch dies bestreitet der Kläger. Ferner rechtfertigte dieses Vorbringen der Beklagten ohnehin nicht, in eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung einzutreten, weil die Beklagte nichts dazu dargetan hat, wann, wodurch und gegenüber wem sich der Kläger mit der Anbringung des Rollladens einverstanden erklärt haben soll.

c) Mit der Anbringung des Rollladens nebst Kasten an die Fassade des Objekts A. K. … ist für den Kläger ein nicht hinnehmbarer Nachteil im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG verbunden.

aa) Nach § 14 Ziff. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Unter einem Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen; nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil, wobei entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (std. Rspr.; vgl. etwa nur BGH, NZM 2011, 512 m.w.N.). Daraus folgt, dass es – entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht – nicht darauf ankommt, ob einem anderen Eigentümer durch die Vornahme einer Maßnahme ein erheblicher Nachteil erwächst. Bei der Bewertung, ob eine Beeinträchtigung erheblich ist, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, und zwar auch der grundrechtlich geschützten Positionen, wobei die Schwelle für das Vorliegen eines Nachteils im Lichte von Art. 14 GG insgesamt eher niedrig anzusetzen ist (BVerfG, NZM 2005, 182, 183). Es bedarf dazu jeweils der Bewertung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. dazu nur OLG München, NZM 2005, 509, 510). Bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs des „Nachteils“ ist allerdings auch Art. 13 Abs. 1 GG zu beachten, der die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht schützt und Schutz gegen Eingriffe in die Entscheidung über das Zutrittsrecht im Einzelnen gewährt (s. dazu nur BVerfG, NZM 2010, 44, 45, Tz. 19 m.w.N.).

Ein Nachteil im o.g. Sinne, der die Zustimmungspflicht des dadurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers auslöst, kann auch bei einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks gegeben sein (vgl. nur BGH, NZM 2012, 27, 28, Tz. 14 m.w.N.). Aufgrund der anzulegenden objektiven Maßstäbe kommt es auf ästhetische Wertmaßstäbe des Tatgerichts indes nicht an (so KG, NJW-RR 1992, 1232 unter Hinweis auf OLG Zweibrücken, OLGZ 1989, 181).

bb) Unter Anwendung der vorgenannten Maßstäbe ist die Kammer aufgrund der von ihr selbst durchgeführten Beweisaufnahme hier zu der Überzeugung gelangt, dass von dem streitbehafteten Außenrollladen nebst Kasten eine benachteiligende Wirkung im Sinne des § 14 Ziff. 1 WEG ausgeht, und zwar auch unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Beklagten.

Durch die Anbringung von Rollladen, Kasten und Seitenführungsschienen an bzw. vor das Balkonfenster in der Erdgeschosseinheit der Beklagten – von der Straße aus gesehen links gelegen – wird der optische Gesamteindruck der Fassade des Hauses nachteilig verändert. Wie die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten, die sich überwiegend mit den Inhalten der erst in zweiter Instanz eingereichten Lichtbilder decken, ergeben hat, bietet die Fassade – die streitbehafteten Installationen hinweggedacht – kein uneinheitliches Bild, und zwar von allen Seiten des quaderförmig errichteten Gebäudes. Die Farbgestaltung der Fassade wird geprägt durch die Verwendung einheitlichen, roten Backsteins. Die Fenster sind durchweg dunkel gestrichen und einige Zwischenbereiche zwischen den Fenstern sind in vertikaler Ausrichtung weiß ausgeführt, ebenso auch die Unterseiten der jeweils rechts und links außen angebrachten Balkone. Zwar trifft es zu, dass an der Fassade bereits auch Markisen angebracht worden sind, die keine vollständig einheitliche Ausführung aufweisen. Aufgrund ihres jeweiligen Standortes, also im oberen Bereich der nach innen gezogenen, loggiaartigen Balkonflächen fallen die Markisen jedoch nicht prägend ins Auge; sie fügen sich dadurch ohne besondere Auffälligkeit in die klare Form der Fassade ein.

Dem ist hinsichtlich der streitbehafteten Rollladen-Installation zur Überzeugung der Kammer indes nicht so. Sowohl im geöffneten als auch im geschlossenen Zustand fällt diese insbesondere aufgrund ihrer Farbgebung derart ins Auge eines vor dem Haus stehenden Betrachters, dass sie störend wirkt. Diese Störung wird nicht dadurch abgeschwächt, dass es an der Fassade – wie ausgeführt – noch andere „weiße Flächen“ gibt. Diese sind als architektonisches Stilmittel eingesetzt und symmetrisch angeordnet worden. Dagegen fallen der Rollladenkasten und die Seitenführungsschienen des Ladens schon in dessen geöffneten Zustand prägend ins Auge, weil sie sich von der sonstigen äußeren Gestaltung des Gebäudes deutlich abheben. Dieser Eindruck wird erheblich verstärkt, wenn der Rollladen – wie es seinem bestimmungsgemäßen Zweck entspricht – geschlossen wird. Dann ergibt sich eine geschlossene, weiße Front, die vor der roten Backsteinfassade und den dunkel ausgeführten Fenstern und Balkonbrüstungen als Fremdkörper wirkt. Insoweit teilt die Kammer die Einschätzung des Klägers, der diesen optischen Eindruck mit einem „verschlossenen Auge“ verglichen hat; die sonst offene Fassade nebst Fenstern ist „zu“. Insoweit ist eine beeinträchtigende Wirkung, die tagsüber zu verzeichnen ist, schon ausreichend, so dass auf die von den Parteien erörterten Nachteile in der Nachtzeit nicht ankommt.

Von dieser Würdigung ist nicht deshalb abzuweichen, weil die Interessen der Beklagten ihrerseits derart von Gewicht sind, dass sie die Rechte des Klägers dahinter zurücktreten lassen oder zumindest deren Durchsetzung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen.

Die Beklagte führt zwar im Ansatz zutreffend aus, dass auch die Anbringung von Gittern vor Fenstern einer Erdgeschosswohnung schon Gegenstand gerichtlicher Überprüfung gewesen ist. Allerdings hat das OLG Düsseldorf, auf dessen Entscheidung sich die Beklagte stützt, (wie schon die Vorinstanz) im entschiedenen Fall aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung keine Pflicht der übrigen Eigentümer angenommen, ein solche Sicherungsmaßnahme zu dulden (vgl. Beschl. v. 25.06.2004 – 3 Wx 148/04, abrufbar unter BeckRS 2004, 08942). Vielmehr hat das Gericht erwogen, dass die dortige Eigentümerin die Durchführung von Einbrüchen über die streitbehafteten Fenster nicht dargetan hatte und auch andere – weniger störende – Mittel, die die übrigen Eigentümer deutlich weniger und gar nicht beeinträchtigten, in Betracht kämen.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Beklagte aufgrund der Belegenheit ihrer Einheit im Erdgeschoss und ihrer persönlichen Umstände, insbesondere ihres gesteigerten Lebensalters, ggfs. ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis hat, welches sie auch im Rahmen einer grundrechtlichen Abwägung der Interessen anzuführen berechtigt ist. Allerdings ist die Kammer anders als die Beklagte nicht der Auffassung, dass dieses Interesse, welches sich ebenfalls in den Art. 13 und 14 GG verorten lässt, dasjenige des Klägers weitgehend überwiegt. Vorgetragen ist zwar, dass in die Einheit der Beklagten vor ihrem Erwerb zumindest ein Einbruchsversuch stattgefunden habe. Auf eine nähere Würdigung der von den Parteien diskutierten Entwicklung der Kriminalitätsstatistik im örtlichen Umfeld des Objekts kommt es in diesem Zusammenhang jedoch nicht an, weil sich daraus ohnehin nichts Konkretes für die zukünftige Betroffenheit der Einheit der Beklagten ableiten ließe. Und das andere – deutlich weniger nach außen sichtbare – Mittel, die einen Einbruch in ihre Einheit unterbinden oder zumindest erschweren könnten, aufgrund ihrer Ungeeignetheit von vornherein nicht in Betracht zu ziehen sind, hat die Beklagte nicht dargetan. Soweit sie selbst ein Angebot für die Installation einer Alarmanlage vorlegt (s. Anlage 4, Bl. 129 d.A.), behauptet sie zwar, dass eine solche Anlage keinen Einbruch verhindere; weshalb dies so sei und weshalb eine solche nicht einmal dafür geeignet sei, einen Einbruch zu erschweren, teilt sie indes nicht mit. Das ergibt sich auch nicht von selbst. Und dass, wie der Kläger vorträgt, der bisher installierte Rollladen überhaupt über eine ausreichende Sicherheitsklasse verfügt, um Einbrüche abzuwehren, hat die Beklagte auch nicht dargetan. Letztlich ist sie dem Einwand des Klägers, sie könne auch ein besonders gesichertes Balkonfenster einsetzen lassen, nicht entgegen getreten, wobei insoweit nicht nur die Verwendung von Sicherheitsglas, sondern insbesondere auch einbruchshemmende Befestigungssysteme in Betracht zu ziehen gewesen wären. Der Einsatz milderer, auch den Kläger weniger beeinträchtigender Mittel ist danach jedenfalls nicht undenkbar.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision nicht zugelassen hat und die Nichtzulassungsbeschwerde von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist, vgl. § 62 Abs. 2 WEG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 WEG nicht erfüllt sind. Die Kammer wendet lediglich die gefestigte und gesicherte Rechtsprechung des BVerfG wie auch des BGH zur Bestimmung eines Nachteils im Sinne von § 14 Ziff. 1 WEG und der zu berücksichtigenden Interessen auf den Einzelfall an, ohne aber davon abzuweichen.

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