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WEG – Bestimmung des Verfahrenswertes bei unwirksamer Verwalterbestellung

AG Hechingen – Az.: 2 C 415/11 – Beschluss vom 22.03.2012

Die Festsetzung des Streitwertes im Beschluss vom 29.12.11 (Bl. 39 f. d.A) wird von Amts wegen gem. § 63 III GKG wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 11778 € festgesetzt.

Gründe

I.

In der Eigentümerversammlung vom 4.8.05 wurde Frau O. bis zum 30.6.11 als Verwalterin der WEG L. Gasse 19-21, … G. bestellt. Mit Schreiben vom 23.8.11 lud die Verwalterin dennoch zu einer Eigentümerversammlung am 6.9.11 ein. Im Rahmen dieser Eigentümerversammlung wurde unter Top 2 beschlossen, dass Frau O. erneut für die Dauer von 5 Jahren zur Verwalterin bestellt werden sollte (Vergütung entsprechend des Verwaltervertrages 19,63 € pro Wohnungseinheit und Monat, vgl. Bl. 57 d.A.).Die Klägerin hat diesen Beschluss zu Top 2 angefochten. Die Klägerin ist Eigentümerin von 5 von 20 Wohnungen der WEG.

II.

Eine Änderung der Streitwertfestsetzung ist von Amts wegen gem. § 63 II GKG innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung möglich. Sie muss von Amts wegen erfolgen, wenn das Gericht wesentliche Punkte bei der Festsetzung nicht berücksichtigt hat bzw. konnte und es erkennt, dass die Streitwertfestsetzung unrichtig ist (vgl. BGH NJW 1962, 584). Nach Vorlage des abgeschlossenen Verwaltervertrages musste der Streitwert wie folgt festgesetzt werden:

Gem. § 49a I GKG war der Streitwert auf 11778 € festzusetzen. Nach § 49a I S. 1 GKG ist zunächst das hälftige Gesamtinteresse zu bestimmen (I.). Anschließend ist das Einzelinteresse des Klägers gem. § 49a I S.2 GKG zu bestimmen, welches den Streitwert nach oben und unten begrenzen kann (II.).

I. Das Gesamtinteresse der Beteiligten bemisst sich nach der Höhe der Verwaltervergütung für den Zeitraum, für den die Verwalterin bestellt werden sollte (vgl. LG Nürnberg-Führt ZWE 2010, 281-282; OLG München NJW-RR 09, 1616 ff.). Im Verwaltervertrag von den Parteien unterzeichnet am 12.12.11 (als Anlage beigefügt) sollte die Vergütung 19,63 € pro Wohnungseinheit und Monat betragen. Bei 20 Wohnungseinheiten ergibt sich eine jährliche Vergütung von 4711,20 €. Auf 5 Jahre gerechnet, besteht damit ein finanzielles Gesamtinteresse von 23556 €. 50% hiervon sind: 11778 €.

II. Das Einzelinteresse der Klägerin beträgt hier 5889 €.

1. In der Rechtsprechung ist umstritten, wie das Einzelinteresse einer Partei in Bezug auf die Verwaltervergütung zu bestimmen ist.

a) Eine Ansicht geht davon aus, dass das Einzelinteresse 10% der Verwaltervergütung beträgt (LG Nürnberg-Fürth a.a.O; LG Lüneburg ZMR 2010, 228). Das entspräche einem Betrag von 2355,60 €.

b) Eine andere Ansicht geht demgegenüber davon aus, dass nicht pauschal 10% veranschlagt werden können, sondern vielmehr die Beteiligung des Kläger an den Auswirkungen des Handelns eines unerwünschten Verwalters in den Blick zu nehmen ist und damit im Ergebnis der Anteil maßgeblich ist, der vom Kläger an der Verwaltervergütung zu zahlen ist (LG Nürnberg-Fürth Beschluss vom 13. April 2010 – 14 T 2469/100 WEG). Von 20 Wohnungen ist die Klägerin Inhaberin von 5 Stück. Damit müsste davon ausgegangen werden, dass die Klägerin, die wenigstens ¼ der Verwalterkosten tragen muss, ihr Interesse auf 25% anzusetzen wäre.

c) Eine weitere Meinung setzt den zweifachen Betrag des anteiligen Verwalterhonorars an (LG Karlsruhe ZWE 2010, 409). Als Ausgangspunkt wird vom entscheidenden Gericht angegeben, dass das „Interesse des Klägers, für einen ungeeigneten Verwalter nicht noch Entgelt zahlen zu müssen, […] angereichert [wird] durch sein Interesse an der Schaffung der Voraussetzungen einer ordnungsgemäß funktionierenden Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Der Verwalter ist nicht in erster Linie ein Kostenfaktor der Gemeinschaft, sondern nach der Eigentümerversammlung das wichtigste Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Wendet sich der Anfechtende – wie hier – gegen die Verwalterbestellung, weil sie eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht erwarten lasse, kann das Interesse des Klägers daher nicht auf seinen Anteil am Verwalterhonorar reduziert werden“ (LG Karlsruhe ZWE 2010, 409).

d) Das KG Berlin (Beschluss vom 21.10.11 – 9 W 22/11) schließlich möchte im Einzelfall auf das hinter der Anfechtung des Verwalterbeschlusses stehende Interesse des Klägers zurückgreifen. In dem vom KG Berlin entschiedenen Fall sei es der Klägerin nicht darum gegangen, die Zahlung der Verwaltervergütung abzuwenden. Bei einem anderen Verwalter müsse sie ebenfalls ein entsprechendes Honorar bezahlen. „Die Klägerin wendet sich demgegenüber allein gegen die Person der Beigeladenen als Verwalterin und gegen deren Eignung, Fähigkeiten, Erfahrungen und Leistungen, die Verwaltung für die Eigentümergemeinschaft ordnungsgemäß durchzuführen.“ Es müsse daher dieses Interesse in den Blick genommen werden. Da in dem vom KG Berlin entschiedenen Fall konkrete finanzielle Gefahren aus Sicht der Klägerin mit der Verwaltung nicht verbunden waren, zog das entscheidende Gericht eine Parallele zur Verwalterentlastung und nahm im Ergebnis ein Interesse von 1000 € an.

e) Wieder eine andere Ansicht geht davon aus, dass der „die Abberufung eines Wohnungsverwalters betreibende Kläger […] nicht in erster Linie das Rechtsschutzziel [hat], seinen Anteil am Verwalterhonorar nicht zu zahlen. Er ist vielmehr mit dem tätigen Verwalter nicht einverstanden und will ihn gegen einen anderen austauschen. Diesem hat er im Übrigen genauso wie dem gegenwärtigen Verwalter Vergütung zu zahlen. Das Interesse der Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Verwalter wird deshalb in der Regel geringer als das ausstehende restliche Honorar des Verwalters und höher als der Beitrag des Klägers als einzelner Wohnungseigentümer sein“ (OLG Celle NJW 2010, 1154; vgl. auch LG München NZM 2009, 625).

2. Das erkennende Gericht schließt sich hier der Meinung an, nach der es entscheidend auf den an der Verwaltervergütung zu zahlenden Anteil des Eigentümers ankommt. Hintergrund sind folgende Überlegungen:

a) Ausgangspunkt ist zunächst, dass § 49a GKG, wie alle Normen bzgl. der Streitwertfestsetzung vom festsetzenden Gericht eine nachprüfbare Entscheidung verlangen, die sich am konkreten Interesse, hier des Klägers, orientiert. Nicht entscheidend können daher nicht begründbare Prozentsätze des Vergütungshonorars des Verwalters sein. Vielmehr muss der konkret gewählte Betrag sich objektiv nachvollziehbar begründen lassen.

b) Eine weitere Eingrenzung ergibt sich aus einer Auslegung des § 49a I S. 2 GKG. Der Wortlaut, insbesondere die Verwendung des Begriffes „Interesse des Klägers“ im Gegensatz zum sonst üblichen Wert des Streitgegenstandes legt nahe, dass hier nicht allein der geldmäßige Betrag, den ein angefochtener Beschluss hat, maßgeblich ist, sondern individueller auf die Interessen des Klägers an der Anfechtung abzustellen ist. Des Weiteren hat § 49a I S. 2 GKG eine streitwertbegrenzende Funktion, sowohl nach unten als auch nach oben. Auch insofern verbieten sich pauschale Schätzungen unabhängig vom konkreten Einzelfall. Allerdings legt gerade die nach oben begrenzende Funktion des § 49a I S: 2 GKG auch eine restriktive Bestimmung des Interesses nahe.

c) Maßgeblich für das Interesse ist hier dennoch der anteilig auf den Kläger entfallende Anteil der Verwaltervergütung:

(1) Ein direkter Rückgriff auf die anteilig zu zahlende Verwaltervergütung ist zwar eigentlich nicht möglich, wenn die Anfechtung der Verwalterbestellung lediglich wegen der konkreten Person des Verwalters erfolgt. Dem Kläger geht es hier nämlich dann nicht um die Nichtzahlung der Verwaltervergütung, da diese auch bei einem ihm genehmen Verwalter angefallen wäre. Vielmehr geht es ihm, worauf das KG Berlin zu Recht verweist, um die konkrete Eignung und die Fähigkeiten des Verwalters. Das Interesse des Klägers ist daher im Kern die Ermöglichung einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

(2) Allerdings lässt sich der Wert einer ordnungsgemäßen Verwaltung nur über die Verwaltervergütung betragsmäßig fixieren. Eine ordnungsgemäße Verwaltung ist nämlich (nur bzw. jedenfalls) das wert, was hierfür von den Wohnungseigentümer zu zahlen ist. Letztlich entspricht damit die anteilig vom Kläger zu zahlende Verwaltervergütung seinem Einzelinteresse.

d) Im Ergebnis beträgt damit das Einzelinteresse der Klägerin ¼ (die Klägerin ist Eigentümerin von 5 von 20 Wohnungen der WEG) des Gesamtinteresses, somit 5889 €.

III. Nachdem das Gesamtinteresse das Einzelinteresse des Klägers nicht unterschreitet und das 5fache Klägerinteresse nicht überschreitet, ist der Betrag von 11778 € als Streitwert anzusetzen.

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