AG Pinneberg – Az.: 60 C 10/18 – Urteil vom 27.11.2018
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung TOP 10 wird für unwirksam erklärt.
Der Beschluss vom 11.04.2018 zu TOP 10 wird durch folgenden Beschluss ersetzt:
Es ist beschlossen, dass die erdberührende Außenwand des Hobbyraums des Wohnungseigentums 2 der Wohnungseigentumsanlage … außenseitig mit einer Perimeterdämmung einschließlich der Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung versehen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Nebenintervenientin trägt ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft.
Zum Sondereigentum der Klägerin gehört auch ein im Kellergeschoss belegener, im Aufteilungsplan so bezeichneter Hobbyraum, der allein durch ihre Wohnung zugänglich ist. In diesem beheizbaren Raum traten im Sommer 2016 innen im Bereich der Außenwand Durchleuchtungserscheinungen mit Schimmelpilzbefall auf. Die Wohnungseigentumsanlage wurde von der Nebenintervenientin errichtet, deren Geschäftsführer zugleich auch Geschäftsführer der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.
Der genannte Raum wurde von der Nebenintervenientin mit Teppichboden und Raufasertapete ausgestattet. Wurde von der Klägerin seit 1998 mit Unterbrechungen auch zu Wohnzwecken genutzt, ohne dass es bis zum Sommer 2016 Durchleuchtungserscheinungen gegeben hätte. Inzwischen findet nur noch eine Nutzung als Arbeitszimmer und Abstellraum statt.
Der Aufteilungsplan enthält in der Darstellung des Kellergeschosses an der Außenwand, die teilweise in der Erde liegt auch die Beschriftung „Perimeterdämmung, bzw. Verblend.“, vergleiche Teilungserklärung Anlage K5 nebst Aufteilungsplan Anlage K4, Blatt 24 der Akte bzw. Blatt 146 der Akte (Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2018, größere Kopie des Dokuments mit besserer Lesbarkeit der Beschriftung).
Ein durch die Verwaltung in Auftrag gegebenes schriftliches Gutachten vom 22.03.2017 nahm zum Thema Feuchtigkeit/Schimmelpilzbefall in diversen Räumen im Kellergeschoss Stellung, wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K3, Blatt 22 ff. d. Akte verwiesen.
Im Gutachten heißt es unter anderem: „Feuchtigkeitsmessungen zeigen nur in einem derzeit bewohnten Keilerraum (WE …, Kinderzimmer) im Bereich der Sohle leichte feuchtigkeitstechnische Auffälligkeiten (…). Sollte der Kellerraum (…) weiter als Wohnraum (hochwertige Nutzung) genutzt werden, sollte er wärmeschutztechnisch technisch auf den Stand der Technik gebracht werden (Dämmung der Außen- und der Innenwände). Hierzu sollten in erster Priorität die Außenwände gedämmt werden. Aus bauphysikalischer Sicht ist hier die Dämmung auf der kalten Seite im erdberührten Bereich sinnvoll (Aufgraben, Aufbringen einer Perimeterdämmung) ….“
Der Beschlussantrag der Klägerin mit dem Inhalt
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass die Außenwand des Hobbyraums des Wohnungseigentums 2 außenseitig mit einer Perimeterdämmung einschließlich der Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung versehen wird. Die Planung, Ausschreibung und Beaufsichtigung der Maßnahme erfolgt durch einen von der Industrie- und Handelskammer zu benennenden öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen. Dessen Kosten werden aus der Instandhaltungsrücklage finanziert. Über die Auftragsvergabe und Finanzierung der Maßnahme beschließen die Eigentümer nach Vorlage von mindestens 3 Angeboten in einer von der Verwaltung einzuberufen außerordentlichen Eigentümerversammlung.“
wurde auf der Eigentümerversammlung vom 11.04.2018 mehrheitlich abgelehnt.
Die Klägerin behauptet, dass eine Perimeterdämmung entgegen der Beschriftung des Aufteilungsplans von der Nebenintervenientin nicht hergestellt wurde. Ein Ermessen der Wohnungseigentümer zur Ablehnung der von ihr mit dem Beschlussantrag begehrten Maßnahmen bestehe nicht. Auch eine ordnungsgemäße Abdichtung gemäß der Baubeschreibung mittels einer Sperrschicht gemäß DIN 18195 liege nicht vor. Die Feuchtigkeitserscheinungen seien auf bauliche Mängel zurückzuführen.
Die Klägerin beantragt, den Beschluss der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.04.2018 zum Tagesordnungspunkt 10 (Außenwanddämmung und-Abdichtung) für unwirksam zu erklären sowie die Beklagten zu verpflichten, einen Beschluss folgenden Inhalts zuzustimmen:
Es ist beschlossen, dass die erdberührende Außenwand des Hobbyraums des Wohnungseigentums 2 der Wohnungseigentumsanlage … außenseitig mit einer Perimeterdämmung einschließlich der Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Abdichtung versehen wird. Die Planung, Ausschreibung und Beaufsichtigung der Maßnahme erfolgt durch einen von der Industrie- und Handelskammer zu benennenden, öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen. Dessen Kosten werden aus der Instandhaltungsrücklage finanziert. Über die Auftrags vergäbe und Finanzierung der Maßnahme beschließen die Eigentümer nach Vorlage von mindestens drei Angeboten in einer von der Verwaltung einzuberufenden außerordentlichen Eigentümerversammlung.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Eine Wohnnutzung des Hobbyraums sei nicht zulässig. Die Wohnnutzung sei der Grund für das Auftreten der Feuchtigkeitserscheinungen. In Baubeschreibung und Kaufvertrag würde der Raum lediglich als Hobbyraum bezeichnet, er sei zu Wohnzwecken nicht geeignet. Zur Nutzung eines Hobbyraums sei die kaufvertraglich geschuldete Ausführung der Außenwände mit senkrechten Sperrschichten gemäß DIN 18195 jedenfalls ausreichend.
Die Geltendmachung des Anspruchs könne auch insofern nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, als dass die Klägerin den von ihr behaupteten Anspruch gegen die Nebenintervenientin als Individualanspruch durchsetzen könnte, der durch die Inanspruchnahme der übrigen Wohnungseigentümer im Ergebnis jedenfalls faktisch zunichte gemacht werde.
Nach Kenntnis der Beklagten bzw. deren Hausverwaltung hätten weitere Recherchen ergeben, dass tatsächlich eine Perimeterdämmung installiert wurde.
Die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Streitverkündung lägen nicht vor, da ein Abhängigkeitsverhältnis der behaupteten Ansprüche nicht gegeben sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, und begründet.
Der Negativbeschluss der Wohnungseigentümer betreffend eine Außenwanddämmung im Bereich ihres Wohnungseigentums mittels einer Perimeterdämmung war für ungültig zu erklären.
Zudem waren die Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 8 WEG zu verpflichten, einen entsprechenden Beschluss zu fassen.
Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört auch die ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die erstmalige Herstellung eines plangerechten Zustandes (§ 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG). Da der Aufteilungsplan, auf den die Teilungserklärung Bezug nimmt, in der Darstellung des Kellergeschosses bei der Wohnung der Kläger so wie der weiteren Wohneinheit 9 an der Außenwand des jeweiligen Hobbyraums die Beschriftung „Perimeterdämmung bzw. Verblend.“ enthält, haben die Kläger einen Anspruch auf Vorhandensein dieses (mangelfreien) baulichen Zustandes. Der Aufteilungsplan hat zwar in erster Linie eine sachenrechtliche Abgrenzungsfunktion, aber auch weitere dort enthaltene Angaben sind verbindlich. Da die Teile des Gebäudes, in denen innen die Hobbyräume des Wohnungseigentums der Kläger und des Wohnungseigentums Nummer .. belegen sind, teils Erdberührung haben und teils aus dem Erdreich herausragen, ist die zitierte Bestimmung des Aufteilungsplans dahingehend auszulegen, dass die Außenmauer in diesem Bereich mit einer Perimeterdämmung im erdberührenden Teil versehen sein soll, während der freiliegende Teil der Außenmauer dann mit Verblendsteinen verkleidet wird.
Ob eine hochwertige Isolierung in Form einer Perimeterdämmung auch notwendig wäre zur Vermeidung von Feuchtigkeitsproblemen, wenn der Hobbyraum anders als von den Klägern genutzt würde, kann vorliegend ebenso dahinstehen wie die Frage, ob eine Perimeterdämmung gar nicht erst aufgebracht wurde oder ob sie zwar errichtet wurde, jedoch inzwischen nicht mehr mangelfrei vorhanden ist. Das von der Verwaltung eingeholte Gutachten geht offenbar vom Fehlen einer Perimeterdämmung aus, weil es deren Aufbringen als beste Lösung ausdrücklich empfiehlt. Die Kläger haben einen Anspruch auf Vorhandensein der im Aufteilungsplan genannten hochwertigen Dämmung (im funktionsfähigen Zustand) nicht allein zur Vermeidung von Feuchtigkeitsproblemen, sondern allein aufgrund der entsprechenden Festschreibung des Aufteilungsplans. Auch wenn die Beklagten mit Schriftsatz vom 15.11.2018 am Ende mitgeteilt haben, dass nach ihren Recherchen eine Perimeterdämmung installiert worden sei, ergibt sich aus den gesamten Umständen, dass diese dann jedenfalls nicht mehr in unversehrtem Zustand vorhanden ist und ihre Isolierungsfunktion nicht mehr erfüllt. Dass die durch Privatgutachten festgestellten Wärmebrücken nicht vorhanden seien oder das Gutachten sonst unzutreffend sei, behaupten auch die Beklagten nicht. Auch im Falle einer bestehenden, aber nicht funktionstüchtigen Perimeterdämmung besteht ein Anspruch der Kläger gemäß § 21 Abs. 4 WEG auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes des Gemeinschaftseigentums durch Instandsetzung. Einer Beweisaufnahme bedurfte es daher nicht.
Aus den von Beklagtenseite zitierten Urteilen des Bundesgerichtshofs V ZR 203/17 und V ZR 56/17 ergibt sich insoweit nichts anderes.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt, da der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung wie auch der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes grundsätzlich unverjährbar ist, vergleiche BGH V ZR 177/11, ZWE 2012, 325; Bärmann-Merle, 14. Aufl., § 21 Rn. 68.
Im Rahmen der ebenfalls beantragten Beschlussersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG waren die Beklagten nur insoweit zu der konkreten Maßnahme der Errichtung der (funktionsfähigen) Perimeterdämmung zu verurteilen, als sich das Ermessen der Wohnungseigentümer auf diese Maßnahme reduziert hat. Aufgrund dessen waren nähere Bestimmungen hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Maßnahme, etwa ob sie durch einen Bausachverständigen beaufsichtigt wird und wie dieser gegebenenfalls ausgewählt wird sowie hinsichtlich der Finanzierung der Maßnahme nicht zu treffen. Eine Ermessensreduzierung der Wohnungseigentümer dahingehend, dass die von der Klägerin diesbezüglich beantragte Vorgehensweise allein ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, liegt nicht vor.
Über die Zulässigkeit der Nebenintervention ist in einem eventuellen Folgeprozess zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO, § 49 Abs. 1 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, auch hinsichtlich der beschlussersetzenden Billigkeitsentscheidung gemäß § 21 Abs. 8 WEG den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, auch wenn hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung des Beschlusses der Klageantrag zurückzuweisen war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 49a festgesetzt.