AG Wuppertal – Az.: 95b C 161/15 – Urteil vom 25.04.2016
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.11.2015 zu TOP 2 wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerseite jedoch nur gegen Sicherheitsleistung n Höhe von 110 % des jeweiligen zu vollstreckenden Betrages.
Sicherheit kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse geleistet werden
Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagten bilden die X-Straße in Wuppertal. Die Klägerin ficht den auf der Eigentümerversammlung vom 25.11.2015 gefassten Beschluss zu TOP 2 über die Abrechnung 2014 an.
Die Klägerin macht geltend:
Die Abrechnung enthalte Fehler und sei nicht nachvollziehbar. Die Positionen Versicherungsschäden und Kaution Teldafax seien unverständlich, Veränderungen seien nicht erläutert. Die Bankkontenstände wiesen Guthaben von 78.412,38 EUR auf, demgegenüber sei die Ist-Rücklage mit 98.753,13 EUR ausgewiesen. Dies sei nicht möglich, es würden Forderungen und Verbindlichkeiten mit eingestellt. Der Vermögensstatus sei rechtswidrig mitbeschlossen worden. Die Position Kasse in der Kontenentwicklung sei unrichtig, als dort eine Bankverrechnung zum Jahresende aufgeführt sei. Der Betrag sei jedoch erst 2015 bezahlt worden. Die Heizkostenabrechnung entspreche nicht der BGH-Rechtsprechung. Eine Differenz von 1892,86 EUR sei insoweit ungeklärt. Hinsichtlich der Unterlagen Rechtsanwaltskosten und Versicherungsschäden sei der Klägerin keine Einsicht in die Unterlagen gewährt worden.
Die Klägerin beantragt, wie erkannt.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten machen geltend:
Die Positionen Versicherungsschäden und Kaution Teldafax hätten sich durch Teilleistungen verändert. Eine Erläuterung dieser Veränderungen gehöre nicht in die Abrechnung. Die Ist-Rücklage ergebe sich aus den Bankkontenbeständen zuzüglich Forderungen abzüglich Verbindlichkeiten und nicht gezahlter Beiträge zur Rücklage. Zudem sei am 30.06.2008 beschlossen worden, dass der Verwalter zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen auf die Rücklage zurückgreifen könne.
Der Vermögensstatus ermögliche erst die Verprobung der Abrechnung, die Eigentümer dürften hierüber beschließen. Die Position Kasse betreffe die Barauslagen des Hausmeisters, die nicht über das Konto gelaufen seien und 2015 erstattet worden seien. Es seien umlagefähige und umlagepflichtige Beträge, die durch die Bankverrechnung liquiditätsmäßig neutralisiert worden seien. Hinsichtlich der Heizkosten habe die Klägerin Beträge aus der Heizkostenabrechnung offensichtlich unberücksichtigt gelassen, weshalb es zu der behaupteten Differenz gekommen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 28 Abs. 3 WEG hat der Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahrs eine Abrechnung aufzustellen. Aus der Vorschrift über den Mindestinhalt des Wirtschaftsplans in § 28 Abs. 1 Satz 2 WEG und aus den Grundsätzen, die Rechtsprechung und Lehre zur Rechenschaftspflicht des Beauftragten nach § 666 BGB entwickelt haben, wird abgeleitet, welchen Anforderungen eine Jahresabrechnung genügen muss. Danach muss die Jahresabrechnung alle Einnahmen und Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft im betreffenden Rechnungsjahr enthalten, weiter erkennen lassen, wofür die Ausgaben getätigt wurden, ferner den Stand der für die Wohnungseigentümer geführten Bankkonten zu Anfang und Ende des Rechnungsjahrs mitteilen und schließlich die Entwicklung des Vermögens der Wohnungseigentümer, also insbesondere der Instandhaltungsrücklage, darstellen. Nur tatsächliche Einnahmen und Ausgaben in dem betreffenden Abrechnungsjahr dürfen in die Abrechnung aufgenommen werden. Forderungen und Verbindlichkeiten dürfen ebenso wenig erscheinen wie Zahlungen, die im Vorjahr eingegangen sind oder im nächsten Jahr erwartet werden. Die Jahresabrechnung ist keine Gewinn- und Verlustrechnung und keine Bilanz, sondern eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung, die die tatsächlichen Beträge einander gegenüberzustellen hat …
Diesen Voraussetzungen wird die Abrechnung nicht gerecht. Was die Ausweisung des Bestands der Rücklage angeht, ist dieser nicht zutreffend dargestellt. Soweit die Beklagten auf die Entscheidung des BGH zur Darstellung der Zuflüsse zur Rücklage abstellen, verkennt das Gericht nicht, dass diese Entscheidung nur die Ausweisungen der jährlichen Zahlungen auf die Rücklage betrifft und deren Darstellung nach Soll und Ist, wonach die Ist-Rücklagenzuführung die im Jahr tatsächlich auf die Rücklage gezahlten Beträge beinhaltet.
Nach den oben zitierten Grundsätzen muss die Entwicklung des Vermögens der Wohnungseigentümer, also insbesondere die Instandhaltungsrücklage, so übersichtlich und verständlich dargestellt werden, dass die Wohnungseigentümer sie ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe verstehen können.
Für die Darstellung der Instandhaltungsrücklage geht es darum, welche Information die Wohnungseigentümer hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage benötigen, damit sie die Vermögenslage der Gemeinschaft erkennen können und die Jahresabrechnung auf Plausibilität überprüfen können.
Dazu ist es jedoch erforderlich, dass die Darstellung der Instandhaltungsrücklage die tatsächlich vorhandenen Gelder, also die „Ist-Werte“ ausweist.
Dies ist zu verlangen, damit ein Vergleich mit den aufgeführten Kontenständen in sinnvoller Weise vorgenommen werden kann. Die Wohnungseigentümer können dann erkennen, ob auf den Konten zumindest ein solches Guthaben vorhanden ist, wie es das Buchhaltungskonto der Instandhaltungsrücklage aufweist. Dadurch ist eine Plausibilitätsprüfung möglich, ob die Instandhaltungsrücklage nicht in unberechtigter Weise geschmälert wurde.
Auch wenn dem Verwalter vorliegend die Ermächtigung erteilt wurde, die Instandhaltungsrücklage zur Deckung von Liquiditätslücken heranzuziehen, ist die Plausibilitätskontrolle nicht gegeben, wenn keine Ist-Werte angegeben werden (vgl. OLG Saarbrücken, NZM 2006, 228). Eine Rücklage ist im Rahmen der Abrechnung grundsätzlich so auszuweisen, wie sie tatsächlich und materiell rechtlich vorhanden ist (vgl. Landgericht Düsseldorf, 25 S 105/12). Die Rücklage muss stets in Gestalt von Kontoguthaben vorhanden sein (vgl. BayObLG, WuM 1994,230). …
Da nach dem ausdrücklichen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft der Vermögensstatus als Teil der Abrechnung mit beschlossen wurde, der gleichfalls die Ist-Rücklage mit 89.962,77 EUR ausweist und insoweit eine bilanzielle Darstellung der Rücklage mit zum Teil der Abrechnung macht, ist der Beschluss über die Abrechnung insgesamt für ungültig zu erklären (vgl. OLG Frankfurt, NJOZ 2007, 3562).
Hinsichtlich der Darstellung der Konten bezüglich des Kontos Kasse ist die Abrechnung ebenfalls nicht nachvollziehbar. Soweit dort ein Negativbetrag von 1193,57 EUR ausgegeben wird, den der Hausmeister vorgelegt hat und dem eine Bankverrechnung in gleicher Höhe gegenübergestellt wird, obwohl die Auslagen dem Hausmeister erst in 2015 erstattet wurden, ist auch dieser Rechenschritt nicht nachvollziehbar und verstößt gegen die Grundsätze einer reinen Einnahmen- und Ausgabenabrechnung, da die Ausgabe nicht im Jahr 2014 erfolgte.
Im Übrigen ist die Abrechnung auch deshalb insgesamt anfechtbar, da der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag keine vollständige Einsicht in die Unterlagen zu Versicherungsschäden und Rechtsanwaltskosten gewährt wurde zwecks Prüfung der Abrechnung, was gleichfalls die Anfechtung der angefochtenen Beschlüsse rechtfertigt (vgl. LG Frankfurt, 2-13 S 35/13).
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert 14 500,00 EUR
(15 % des Gesamtabrechnungsbetrages).