AG Hamburg-Blankenese – Az.: 539 C 6/20 – Urteil vom 24.11.2021
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die auf der vor der in der Teilungserklärung vom 08.08.1990 unter § 2 Ziff. 3 und im nachfolgend abgebildeten Aufteilungsplan mit Nr. 9 b) bezeichneten und farblich violett angelegten Teileigentumseinheit belegenen Gemeinschaftsfläche des Anwesens W. L.straße …, … H., abgestellten Holzfässer zu entfernen und das Abstellen von Gegenständen auf der Gemeinschaftsfläche der Klägerin ohne deren Zustimmung zukünftig zu unterlassen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreit hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 75.000,00 Euro festgesetzt (Unterlassen der gastronomischen Nutzung der Teileigentumseinheit: 50.000,00 Euro; Unterlassen der gastronomischen Nutzung der Außenfläche: 20.000,00 Euro; Unterlassen des Abstellens von Gegenständen auf der Gemeinschaftsfläche: 5.000,00 Euro).
Tatbestand
Die Parteien streiten nach Teil-Anerkenntnis und Teil-Vergleich noch über die Frage, ob in der Teileigentumseinheit des Beklagten zu 1) vom Beklagten zu 2) ein Bistro betrieben werden darf.
Die Teilungserklärung der – inzwischen verstorbenen – Frau B. und der H. E.-Bauträger GmbH vom 02.12.1987 (Anlage K 2) enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
„Teil III Begründung von Wohnungseigentum
§ 1 Grundstück
1. Frau B. und die Firma H. E.-Bauträger GmbH
– nachstehend „Eigentümer“ genannt –
werden gem. Teil II dieser Urkunde zu 1/3 bzw. 2/3 Miteigentümer der Grundstücke A und B gem. Präambel Ziffer 1) und 2),
– nachstehend Grundstück genannt –
2. Auf diesem Grundstück befinden sich bzw. werden folgende Baulichkeiten errichtet, wobei auf die als Bestandteil und Anlage beigefügte Lageskizze vom 21.10.1987 (Maßstab 1:100) Bezug genommen wird:
a) auf der blau umrandeten Teilfläche des Grundstücks befindet sich ein Wohnhaus
– künftig „Altbau“ genannt –
b) auf der rot umrandeten Teilfläche des Grundstücks errichte die Firma H. auf eigene Rechnung und Verantwortung ein Wohn- und Geschäftshaus mit insgesamt 8 Wohnungen, einer (noch zu unterteilenden) gewerblichen Einheit und einer Tiefgarage mit 15 Kfz-Stellplätzen
– künftig „Neubau“ genannt –
[…]
§ 2 Teilung
Die Miteigentümer des vorbezeichneten Grundstücks räumen sich gem. § 3 WEG Sondereigentum in der Weise ein, daß mit jedem Miteigentumsanteil am Grundstück das Sondereigentum an einer in sich abgeschlossenen Wohnung (Wohnungseigentum) bzw. nicht zu Wohnzwecken dienenden Einheiten (Teileigentum) verbunden wird, wie folgt:
[…]
9. Miteigentumsanteil von
2.206/15.000
am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Neubau im EG gelegenen gewerblichen Einheit (drei Läden), 223 m2 Nutzfläche, nebst (drei) Nutzflächen im Keller, sämtlich im Aufteilungsplan mit Nr. 9 bezeichnet und farblich hellgrün angelegt,
künftiger Eigentümer: H.
[…]
25. Miteigentumsanteil von
5.000/15.000
am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumen des auf dem Grundstück befindlichen Altbaugebäudes, im Aufteilungsplan mit Nr. 25 bezeichnet, farblich gelb gekennzeichnet,
künftiger Eigentümer: Frau B.
Die Wohnungen, die Läden, die Keller und die Tiefgaragenstellplätze sind in sich abgeschlossen im Sinne des § 3 Abs. 2 WEG. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung und der Aufteilungsplan des Bezirksamtes Altona, Ortsamt Blankenese vom 23.10.87 (BPA 773/37, wah-ka) liegen vor. In ihm sind die vorstehenden Sondereigentumseinheiten mit den genannten Nummern gezählt kennzeichnet und entsprechend farblich angelegt.
§ 3 Gegenstand des Wohnungs(Teil-)eigentums
[…]
5. Den Sondereigentümern
a) der gewerblich genutzten Einheit Nr. 9 einerseits und
b) der „Altbau“-Einheit Nr. 25 andererseits
bleibt jeweils das Recht vorbehalten, ohne Mitwirkung der übrigen Sondereigentümer die bauliche Planung und Gestaltung dieser Einheiten (auch soweit dadurch Gemeinschaftseigentum betroffen wird) zu ändern, sie in weitere Unter-Einheiten aufzuteilen und diesen eigene Miteigentumsanteile zuzuordnen und insoweit auch diese Teilungserklärung zu ergänzen und abzuändern. […]
§ 5 Nutzung
1. Der Wohnungs- bzw. Teileigentümer hat das Recht der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Erklärung ergeben. Er hat ferner das Recht der Mitbenutzung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Räume, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und der gemeinschaftlichen Grundstücksflächen, soweit im folgenden keine Einschränkung vereinbart wird.
2. Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in einer Wohnung des „Neubaus“ ist der Wohnungseigentümer nur mit (widerruflicher) Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt. Die Einwilligung kann nur aus einem wichtigen Grund verweigert werden. Sie kann auch von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder des Berufs eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer des „Neubaus“ oder Hausbewohner befürchten läßt.
3. Das Betreiben einer Gaststätte oder Restaurationsbetriebes in der gewerblich genutzten Einheit Nr. 9 darf zu Lebzeiten von Frau B. nur mit deren Genehmigung erfolgen.
[…]“
Wegen des weiteren Inhalts der Teilungserklärung vom 02.12.1987 wird auf Anlage K 2 Bezug genommen.
Die dem Sondereigentümer gemäß § 3 Nr. 5 a) der Teilungserklärung vorbehaltene Aufteilung der gewerblichen Einheit Nr. 9 in Untereinheiten erfolgte mit Erklärung vom 08.08.1990 (Anlage K 3).
Die Erklärung enthält unter anderem folgende Regelungen:
„§ 2 Unterteilung
Der Eigentümer teilt das Eigentum an dem vorbezeichneten Teileigentum Nr. 9 gemäß § 8 WEG in weitere Miteigentumsanteile in der Weise, daß mit jedem Miteigentumsanteil am Grundstück das Sondereigentum an einer in sich abgeschlossene nicht zu Wohnzwecken dienenden Einheit (Teileigentum) verbunden wird, wie folgt:
1. Miteigentumsanteil von
822/15.000
am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im EG hinten belegenen gewerblichen Einheit zur Größe von ca. 83 m2 nebst ca. 10 m2 Lagerraum im Keller, sämtlich im Aufteilungsplan mit Nr. 9a bezeichnet und farblich grün angelegt;
2. Miteigentumsanteil von
436/15.000
am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im EG Mitte belegenen gewerblichen Einheit zur Größe von ca. 44 m2 nebst ca. 9 m2 Lagerraum im Keller, sämtlich im Aufteilungsplan mit Nr. 9b bezeichnet und farblich violett angelegt;
3. Miteigentumsanteil von
948/15.000
am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im EG vorn belegenen gewerblichen Einheit zur Größe von ca. 96 m2 nebst ca. 27 m2 Lagerraum im Keller, sämtlich im Aufteilungsplan mit Nr. 9c bezeichnet und farblich gelb angelegt.
Die gewerblichen Einheiten nebst Lagerräumen im Keller sind in sich abgeschlossen im Sinne des § 3 Abs. 2 WEG. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung des Bezirksamtes Hamburg-Altona (B1/BA 3/867/89) vom 26.7.1990 liegt vor.
§ 3 Teilungserklärung
Für die drei neu zu bildenden Teileigentumseinheiten gelten die Bestimmungen der Teilungserklärung vom 2.12.1987, die im Übrigen unverändert bleibt.
[…]“
Wegen des weiteren Inhalts der Erklärung vom 08.08.1990 wird auf Anlage K 3 Bezug genommen.
Der Beklagte zu 1) ist Eigentümer der gewerblichen Teileigentumseinheit Nr. 9b), in der der Beklagte zu 2) aufgrund eines mit dem Beklagten zu 1) geschlossenen Überlassungsvertrages ein Bistro betreibt. Die vor dem Bistro belegene (Außen-) Gemeinschaftsfläche wurde dem Beklagten zu 2) nicht zur Nutzung überlassen. Die für die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 9b) als Bistro erforderliche Genehmigung wurde von der Freien und H.stadt H. am 13.06.2019 erteilt (Anlage K 8). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens war eine Brandschutzprüfung durch ein renommiertes Brandschutzbüro vorausgegangen. Das Bistro verfügt, abgesehen von einer kleinen Luke oberhalb der Eingangstür, über kein Fenster; zur natürlichen Belüftung wird die Eingangstür benutzt, die während des Bistrobetriebs offensteht. Zwischen dem Bistro und dem Treppenhaus zu den anderen Einheiten gibt es eine innenliegende Verbindungstür, durch die Gerüche eindringen können. Bei der Trennwand zwischen dem Bistro und der angrenzenden, als Arztpraxis genutzten Einheit handelt es sich um eine Leichtbetonwand, deren Brandschutzklassifizierung der Klägerin nicht bekannt ist. Die Teileigentumseinheit Nr. 9b) bietet Platz für eine durchgehende Theke, eine Küchenzeile sowie Steh- und Sitzgelegenheiten für Publikum. Die Fläche des Gastraums ist 30 m2 groß. Es befindet sich eine Toilette im Bistro. Eine behindertengerechte Toilette ist nicht erforderlich; das Bezirksamt verzichtete auf ein barrierefreies WC. Der Betrieb einer Außengastronomie wurde behördlicherseits nicht genehmigt.
Mit der Nutzung der Einheit als Bistro gehen Lärm- und Geruchsemissionen einher, deren Intensität zwischen den Parteien streitig ist. Am 27.01.2020 wurde vom Beklagten zu 2) eine Abluftanlage mit Kohlefilter eingebaut, wodurch sich die Geruchsemissionen verringerten. Weitere von den Beklagten angebotene Maßnahmen zur Verringerung der Geruchsemissionen wurden von den übrigen Wohnungseigentümern abgelehnt. Im Bistro darf nicht geraucht werden. Die Gäste gehen zum Rauchen nach draußen, durchaus auch einmal mit einem Getränk in der Hand, und führen dort auch Gespräche. Der Zigarettenrauch zieht über die Balkone in die übrigen Wohnungen.
Die Klägerin meint, dass die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 9b) als Bistro gegen die Teilungserklärung verstoße. Sie behauptet, dass es durch diese Nutzung zu ganz erheblichen Beeinträchtigungen der übrigen Miteigentümer komme. Es gingen vom Bistro extreme Gerüche (Brat- und Frittiergerüche, Essensgerüche) aus, die durch das Treppenhaus in sämtliche Wohnungen und Geschäftsräume zögen. Bereits vor Öffnung des Bistros drängten durch die Vorbereitung des Gästebetriebs Geruchs- und Lärmemissionen aus dem Bistro. Der Behandlungsraum der angrenzenden Arztpraxis sei deshalb de facto nicht nutzbar. Der Lärmpegel steige mit zunehmendem Gästeaufkommen durch laute, durchdringende Konversation und Musik. Das Gemeinschaftseigentum vor der Teileigentumseinheit werde vom Beklagten zu 2) zudem unberechtigt als Außengastronomiefläche genutzt. Die Fläche werde im Sommer und Herbst mit Stühlen und Tischen versehen. Hierdurch komme es zusätzlich zu Ruhestörungen. Die Klägerin behauptet schließlich, dass die Teileigentumseinheit Nr. 9b) bereits von ihrer Bauart und Bauweise für den Betrieb einer Gaststätte oder eines Bistros keinesfalls geeignet sei, und bestreitet mit Nichtwissen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorgaben für den Betrieb des Bistros eingehalten werden.
Die Klägerin hat am 20.03.2020 Klage eingereicht mit den Begehren, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Teileigentumseinheit einen Gastronomie-/Bistrobetrieb auszuüben oder durch Dritte ausüben zu lassen und die vor der Teileigentumseinheit belegene Außenfläche als Außengastronomie zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 17.03.2020 Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 06.05.2020 ist die Fassung der Anträge aus der Klageschrift korrigiert und die Klage darüber hinaus um das Begehren erweitert worden, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die auf der vor der Teileigentumseinheit belegenen Außenfläche abgestellten Holzfässer zu entfernen und das Abstellen von Gegenständen auf der Fläche ohne Zustimmung der Klägerin zu unterlassen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 06.05.2020 Bezug genommen. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 08.06.2020 erklärt, den wegen der abgestellten Holzfässer verfolgten Unterlassungsanspruch anzuerkennen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 08.06.2020 Bezug genommen. Die Parteien haben den Rechtsstreit im Termin vom 22.09.2021 hinsichtlich des Begehrens, Außengastronomie zu unterlassen, durch Teilvergleich erledigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die über den Termin vom 22.09.2021 errichtete Niederschrift Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt daher noch, den Beklagten zu 1) zu verurteilen, es zu unterlassen, in seiner in dem Anwesen W. L.straße … in … H. im Erdgeschoss des Neubaus belegenen Teileigentumseinheit, in der Teilungserklärung vom 08.08.1990 unter § 2 Ziffer 3 und in dem als Anlage K 11 beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. 9b bezeichnet und dort farblich blau/violett umrandet, einen Gastronomie-/Bistrobetrieb auszuüben oder diese Räume durch Dritte als Gastronomie-/Bistrobetrieb nutzen zu lassen;
den Beklagten zu 2) zu verurteilen, es zu unterlassen, in der in dem Anwesen W. L.straße … in … H. im Erdgeschoss des Neubaus belegenen, in der Teilungserklärung vom 08.08.1990 unter § 2 Ziffer 3 und in dem als Anlage K 11 beigefügten Aufteilungsplan mit Nr. 9b bezeichneten, dort farblich blau/violett umrandeten Teileigentumseinheit ein Gastronomie-/Bistrobetrieb auszuüben oder durch Dritte als Gastronomie-/Bistrobetrieb ausüben zu lassen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, dass die Teileigentumseinheit Nr. 9b) nach dem Inhalt der Teilungserklärung als Bistro genutzt werden dürfe und die übrigen Wohnungseigentümer die durch den Betrieb eines Bistros typischerweise entstehenden Lärm- und Geruchsemissionen hinzunehmen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die bis zum Termin am 22.09.2021 eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der über die Termine vom 28.10.2020 und 22.09.2021 errichteten Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich der nicht durch Teil-Vergleich erledigten Begehren zulässig (I.). In der Sache hat sie jedoch nur hinsichtlich des anerkannten Anspruchs Erfolg; hinsichtlich des darüber hinaus noch verfolgten Unterlassungsbegehrens ist sie unbegründet (II.).
I.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere gemäß § 9a Abs. 2 WEG (n.F.) prozessführungsbefugt. Auf die Frage, ob ein Vergemeinschaftungsbeschluss vorlag, kommt es nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes für die Prozessführungsbefugnis nicht mehr an (vgl. hierzu BGH, BeckRS 2021, 23748).
II.
Die Beklagten waren gemäß ihrem Anerkenntnis zu verurteilen (§ 307 ZPO); von einer näheren Begründung wird gemäß § 313b ZPO abgesehen.
Hinsichtlich des darüber hinaus noch verfolgten Unterlassungsbegehrens ist die Klage unbegründet. Die Klägerin ist nicht berechtigt, von den Beklagten zu fordern, es zu unterlassen, in der Teileigentumseinheit Nr. 9b) einen Gastronomiebetrieb auszuüben oder ausüben zu lassen. Ein entsprechender Anspruch steht der Klägerin gegenüber den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Er folgt insbesondere nicht aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 1004 BGB. Die zur Nutzung der Einheit als Bistro erforderliche behördliche Genehmigung liegt unstreitig vor. Die Nutzung der Einheit als Bistro verstößt auch nicht gegen die – insoweit maßgebliche – Teilungserklärung vom 02.12.1987.
1.
Die Teilungserklärung vom 02.12.1987 ist maßgeblich. Sie gestattet dem Sondereigentümer der gewerblichen Einheit, die bauliche Planung und Gestaltung der Einheit zu ändern, sie in weitere Untereinheiten aufzuteilen und diesen eigene Miteigentumsanteile zuzuordnen und die Teilungserklärung insoweit, d.h. nicht auch hinsichtlich der Regelungen über die Nutzung der Einheit, zu ändern.
2.
Der Teilungserklärung vom 02.12.1987 ist eine die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 9b) als Bistro untersagende Zweckbestimmung nicht zu entnehmen.
Bei der Auslegung der – im Grundbuch in Bezug genommenen (Anlage B 1, Bl. 96 d.A.) – Teilungserklärung ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung können nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH ZWE 2015, 402, Rn. 19; ZWE 2020, 180, Rn. 7). Die Nutzung des Sondereigentums wird über die mit der Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum verbundene Zweckbestimmung hinaus nur dann auf bestimmte Zwecke beschränkt, wenn dies aus der Teilungserklärung klar und eindeutig hervorgeht (vgl. BGH ZWE 2020, 180, Rn. 7). Hierbei kann bei nächstliegender Auslegung auch schon eine schlichte Bezeichnung in der Teilungserklärung als Zweckbestimmung zu verstehen sein (vgl. BGH ZWE 2020, 180, Rn. 7).
Gemessen hieran kann der Teilungserklärung vom 02.12.1987 bei nächstliegender Auslegung eine die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 9b) als Bistro untersagende Zweckbestimmung nicht mit der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit entnommen werden.
Der Bezeichnung „(3 Läden)“ in § 2 über die Teilung ist eine solche Zweckbestimmung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit und Klarheit zu entnehmen. Zwar ist der Betrieb einer Gaststätte von einer Zweckbestimmung als „Laden“ regelmäßig – nicht: zwingend – nicht umfasst (vgl. BGH ZWE 2015, 402, Rn. 20). Vorliegend ist die Teileigentumseinheit dort jedoch nicht allein als „Laden“, sondern als „gewerbliche Einheit“ mit dem Klammerzusatz „(3 Läden)“ bezeichnet. Der Begriff „gewerbliche Einheit“ stellt auf einen umfassenden Zweck ab und ist dementsprechend in dem Sinne zu verstehen, dass grundsätzlich jede gesetzlich zulässige gewerbliche Nutzung einer Teileigentumseinheit gestattet ist, eine Nutzung als Restaurant eingeschlossen (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, § 10 WEG Rn. 105, Stichwort: „Gewerbliche Nutzung“).
Hinzukommt, dass in § 5 ausdrückliche Regelungen über die Nutzung getroffen worden sind, die nach ihrem Wortlaut und Sinn die von der Klägerin vorgenommene Auslegung nicht als nächstliegend erscheinen lassen. Sie lassen die Annahme einer die Nutzung der Einheit als Bistro untersagende Zweckbestimmung – ganz im Gegenteil – fernliegend erscheinen. Jedenfalls ist der Teilungserklärung unter Berücksichtigung dieser Regeln eine solche Zweckbestimmung nicht mit der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen.
Soweit es in § 5 Abs. 1 Satz 1 heißt, dass der Wohnungs- und Teileigentümer das Recht der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums hat, soweit sich nicht Beschränkungen aus dem Gesetz oder dieser Erklärung ergeben, nimmt die Teilungserklärung ihren regulativen Ausgangspunkt am gesetzlichen Grundfall, dass an Wohnungen Wohnungseigentum und an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen Teileigentum begründet werden kann (§ 1 WEG). Dem Gesetz ist ein Verbot, die Einheit, wie hier, mit der erforderlichen behördlichen Genehmigung als Bistro zu nutzen, nicht zu entnehmen. Eine Einschränkung i.S.d. § 5 Abs. 1 („aus dieser Erklärung“) findet sich in der in § 5 Abs. 3 getroffenen Regelung, dass das „Betreiben einer Gaststätte oder [eines] Restaurationsbetriebs in der gewerblich genutzten Einheit Nr. 9“ zu Lebzeiten von Frau B. nur mit deren Genehmigung erfolgen darf. Die Bezeichnung der Einheit als „gewerblich genutzte Einheit“ spricht auch hier zunächst dafür, dass die Einheit grundsätzlich auch als Bistro, Gaststätte oder Restaurationsbetrieb genutzt werden darf. Der Wortlaut der Regelung („darf zu Lebzeiten von Frau B. nur mit deren Genehmigung erfolgen“), lässt die Auslegung der Beklagten, dass die Nutzung der Einheit als Gaststätte oder Restaurationsbetrieb nach dem Tode Frau B. ohne weiteres gestattet sein soll, als nächstliegend erscheinen. Hierfür spricht auch der offensichtliche Zweck der Regelung, der Sondereigentümerin Frau B. die Rechtsmacht einzuräumen, ihr Sondereigentum zu ihren Lebzeiten vor den mit dem Betrieb einer Gaststätte typischerweise einhergehenden Beeinträchtigungen durch Immissionen zu schützen.
Die Auslegung der Klägerin, dass die Regelung auch dahin verstanden werden könne, dass ein Betrieb als Gastronomie überhaupt nur zu Lebzeiten von Frau B. bei Erteilung ihrer Genehmigung möglich sein sollte, liegt demgegenüber fern. Es hätte dann nahegelegen, statt: „darf zu Lebzeiten von Frau B. nur mit deren Genehmigung erfolgen“ zu formulieren: „darf nur zu Lebzeiten von Frau B. mit deren Genehmigung erfolgen“. Die Klägerin zeigt auch nicht überzeugend auf, dass eine solche Regelung einen Sinn haben könnte, der diese Auslegung als nächstliegend erscheinen ließe. Wie sich aus der notariellen Urkunde ergibt, war Frau B. im Zeitpunkt der Beurkundung der Erklärung 86 Jahre alt. Dass eine Nutzung der Einheit als Gaststätte nur zu ihren Lebzeiten und mit ihrer Genehmigung gestattet sein, macht keinen rechten Sinn. Sie selbst sollte nicht Sondereigentümerin der Teileinheit werden, hätte also keinen ersichtlichen Vorteil. Auch für den Sondereigentümer der Teileinheit brächte eine solche Regelung keinen Vorteil. Das Risiko, dass die mit der Einrichtung einer Gaststätte in der Teileinheit verbundenen Anfangsinvestitionen sich aufgrund des Todes der hochbetagten Frau B. nicht amortisieren könnten, erscheint zu groß.
Die Behauptung der Klägerin, dass die Teileigentumseinheit Nr. 9b) bereits von ihrer Bauart und Bauweise für den Betrieb einer Gaststätte oder eines Bistros keinesfalls geeignet sei, vermag diese Auslegung nicht in ihrem Sinne zu beeinflussen. Denn zum einen war der „Neubau“ im Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht errichtet. Zum anderen ist die Nutzung der Einheit als Bistro unstreitig genehmigt worden, so dass nicht angenommen werden kann, dass nach den Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar wäre, dass eine Nutzung als Bistro aus baulichen Gründen keinesfalls in Betracht kommt. Dies wäre aber erforderlich, um diesen Gesichtspunkt bei der Auslegung überhaupt berücksichtigen zu können (vgl. BGH ZWE 2015, 402, Rn. 19; ZWE 2020, 180, Rn. 7).
3.
Auf die Fragen, ob die für den Bistrobetrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Auflagen beachtet werden und ob der Betrieb des Bistros Emissionen verursacht, die durch geeignete Maßnahmen vermieden oder verringert werden könnten, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Denn selbst wenn die Fragen im Sinne der Klägerin zu beantworten wären, könnte dies ihre Forderung, den Betrieb als Bistro insgesamt zu unterlassen, nicht rechtfertigen, sondern allenfalls die Forderung, die öffentlich-rechtlichen Auflagen einzuhalten und/oder geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen zu ergreifen, und damit ein Begehren, das die Klägerin mit der vorliegenden Klage nicht, auch nicht hilfsweise, verfolgt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit sie auf § 91a ZPO beruht, berücksichtigt sie zunächst, dass eine Nutzung der Außenfläche durch den Beklagten zu 2) als Außengastronomie im Sinne einer planmäßigen, systematischen Einbindung in dessen Bistrobetrieb voraussichtlich nicht feststellbar gewesen wäre. Darüber hinaus wäre der Beklagte zu 1), der dem Beklagten zu 2) die Teileigentumseinheit zur Nutzung als Bistro überlassen durfte und ihm die Außenfläche unstreitig nicht überlassen hat, für deren Nutzung als Außengastronomie unter keinem Gesichtspunkt in die rechtliche Verantwortung zu nehmen.