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WEG –  Eigentümerversammlung – Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei mit Rechtsgutachten?

AG Lichtenberg – Az.: 19 C 58/18 – Urteil vom 25.02.2020

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Lichtenberg t aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2020 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand:

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger zu 1) und 2) sind die Sondereigentümer einer selbstgenutzten Eigentumswohnung, dies ist ebenso der Fall hinsichtlich der Klägerin zu 3).

In der Eigentümerversammlung vom 1. November 2018 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich folgendes:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Beauftragung eines Fachanwaltes für Wohnungseigentumsrecht zur Klärung der Verantwortlichkeit über die Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum mit und ohne Sondernutzungsrecht, sowie von Sondereigentum, basierend auf den Kaufverträgen und der Teilungserklärung sowie der Beschlusssammlung und der Grundbucheinträge gemäß dem Angebot der Kanzlei … für 250,-Euro/h. Es werden maximal 4 Stunden veranschlagt, die Abrechnung erfolgt minutengenau.“

Die Klage der Kläger zu 1) und 2) ist am 14. November 2018 bei Gericht als Fax eingegangen und am 6. Dezember 2018 zugestellt worden. Ihre Klagebegründung vom 30. November 2018 ist am 7. Dezember 2018 per Fax bei Gericht eingegangen. Die Klage der Klägerin zu 3) vom 14. Januar 2019 ist am 15. Januar 2019 bei Gericht eingegangen. Diese Klage ist zunächst hilfsweise erhoben worden für den Fall, dass die von der Klägerin zu 3) erklärte Nebenintervention nicht zugelassen werde. Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 16. Oktober 2019, Az. 55 T 32/19 WEG, ist die Nebenintervention der Klägerin zu 3) rechtskräftig zurückgewiesen worden. Die Klage der Klägerin zu 3) war zunächst gerichtet auf Anfechtung eines Beschlusses unter „TOP …“, mit Schriftsatz März 2019 hat die Klägerin zu 3) angegeben, ebenfalls den oben genannten Beschluss anfechten zu wollen.

Die Kläger meinen, der angefochtene Beschluss sei nichtig, denn es fehle an einer Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für die Klärung abstrakter Rechtsfragen und der Beschluss sei zu unbestimmt. Sie sind der Ansicht, eine Interessenkollision sei zu befürchten, weil die Kanzlei xx bereits in den Verfahren 19 C 35/17, 19 C 22/18 und 19 C 29/18 als Prozessbevollmächtigte der hiesigen Prozessgegner der Kläger aufgetreten sei.

Die Kläger beantragen, den folgenden in der Eigentümerversammlung vom 01.11.2018 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären:

Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Beauftragung eines Fachanwaltes für Wohnungseigentumsrecht zur Klärung der Verantwortlichkeit über die Instandhaltung und Intstandsetzung von Gemeinschaftseigentum mit und ohne Sondernutzungsrecht sowie von Sondereigentum basierend auf den Kaufverträgen und der Teilungserklärung sowie der Beschlusssammlung und der Grundbucheinträge gemäß dem Angebot der Kanzlei … für 250 Euro je Stunde. Es werden maximal 4 Stunden veranschlagt, die Abrechnung erfolgt minutengenau.

Die Beklagten Herr …, Frau …, Frau … und Frau … haben die Klage anerkannt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie meinen, die Klage sei unbegründet, weil eine Interessenkollision von vornherein ausscheide, denn nach dem Beschluss solle die Anwaltskanzlei für die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband tätig werden und nicht für einzelne Wohnungseigentümer. Zudem hafte die Anwaltskanzlei der Wohnungseigentümergemeinschaft im Falle einer fehlerhaften rechtlichen Stellungnahme auf Schadensersatz. Bei dem beschlossenen Auftrag gehe es nicht um die Interessen einzelner Wohnungseigentümer, sondern um die Erstellung eines Rechtsgutachtens für die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Diejenigen Beklagten, die die Klageforderung anerkannt haben, waren nicht gemäß § 307 ZPO ihrem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, weil sämtliche Beklagte notwendige Streitgenossen gemäß § 62 Abs. 1 PO sind, so dass das Anerkenntnis nur einzelner beklagter Wohnungseigentümer nicht wirksam ist (s. Niedenführ in Niedenführ u.a. WEG, 13. Aufl., § 46, Rn. 42 und Rn. 45).

Die Klage ist insgesamt unbegründet und war dem entsprechend abzuweisen.

Die Klage der Klägerin zu 3) wahrt nicht die Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG. Dies macht ihre Klage unbegründet (vgl. BGH, V ZR 196/08, NJW 2009, 2132, 2134, Rn. 21; Roth in Bärmann, WEG, 14. Aufl., § 46, Rn. 115; Niedenführ, a.a.O., § 46, Rn. 88). Auf die Fristwahrung käme es nur dann nicht an, wenn der angefochtene Beschluss nicht nur begründet anfechtbar, sondern nichtig wäre. Dies war vorliegend aber nicht der Fall. Der angefochtene Beschluss ist nicht zu unbestimmt. Die zu beauftragende Rechtsanwaltskanzlei ist benannt, die Aufgabe, mit der sie betraut werden soll, zumindest umrissen und die maximal aufzuwendenden Kosten sind ausdrücklich beziffert. Die Unbestimmtheit eines Beschlusses führt zudem nur dann zur Nichtigkeit desselben, wenn er eine durchführbare Regelung nicht mehr erkennen lässt oder in sich widersprüchlich ist (siehe Merle in Bärmann, a.a.O., § 23, Rn. 163). Solches ist nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht dargetan. Der Beschluss ist ebenfalls nicht nichtig wegen fehlender Beschlusskompetenz, die, so die Auffassung der Kläger, für eine Klärung abstrakter Rechtsfragen fehle. Der Beschluss klärt nicht abstrakte Rechtsfragen und dient auch nicht der Klärung solcher Rechtsfragen, sondern bestimmt die Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei, definierte Rechtsfragen für die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu untersuchen und dies darüber hinaus auch nicht abstrakt, sondern anhand der in dem Beschluss genannten tatsächlichen Verhältnisse und Urkunden. Damit werden nützliche Gemeinschaftsinteressen verfolgt, weswegen es an der Beschlusskompetenz nicht fehlt (s. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, ZMR 2003, 449 ff.).

Der Beschluss war nicht auf die Klage der Kläger zu 1) und 2) für ungültig zu erklären wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 und 4 WEG. Innerhalb der Klagebegründungsfrist haben die Kläger zu 1) und 2) insoweit ausschließlich gerügt, dass eine Interessenkollision zu befürchten sei wegen früherer Prozesse zwischen den hiesigen Parteien, in denen die Rechtsanwaltskanzlei jeweils auf Beklagtenseite tätig gewesen sei. Eine solche Interessenkollision war jedoch nicht festzustellen, denn, wie die Beklagten zutreffend einwenden, hat die Kanzlei nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband vertreten, sondern einzelne Wohnungseigentümer. Nach dem angefochtenen Beschluss soll sie aber ein Rechtsgutachten nicht für einzelne Wohnungseigentümer, sondern für den Verband erstellen. Wird sie mit einem Rechtsgutachten betraut, so kommt es zwischen dem Verband und der Rechtsanwaltskanzlei zu dem Abschluss eines Werkvertrages. Anders als ein Dienstvertrag setzt ein derartiger Werkvertrag ein besonderes Vertrauensverhältnis nicht voraus (s. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, a.a.O.). Im Falle einer unzutreffenden, unvollständigen oder sonst fehlerhaften Leistung der Rechtsanwaltskanzlei stehen dem Verband Schadensersatzansprüche zu. Dies bietet dem Verband hinreichende Gewähr, nicht nur ein „Gefälligkeitsgutachten“, sondern ein unparteiisches Gutachten zu erhalten. Es entspricht auch gerade den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, einen Fachanwalt für Wohnungseigentumsrecht mit einem Rechtsgutachten zu beauftragen, der – wie hier – darüber hinaus aufgrund der vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern untereinander bereits mit der Sachlage und einschlägigen Urkunden, insbesondere der Teilungserklärung, vertraut ist. Eine fehlerhafte Ermessensausübung der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung lag deswegen nicht vor.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1,100 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Sollte die Berufung unzulässig sein mangels hinreichender Beschwer, so wird diese nicht zugelassen, denn die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO lagen nicht vor.

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