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WEG – Einbau einer Ladestation für e-Mobiles

AG Berlin-Mitte – Az.: 26 C 55/17 – Urteil vom 19.03.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gültigkeit von negativen Eigentümerversammlungsbeschlüssen und der Zustimmungsverpflichtung der Beklagten zu verschiedenen Begehren des Klägers.

Die Kläger und die Beklagten bilden die im Rubrum bezeichnete Eigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 stellte der Kläger verschiedene Beschlussanträge.

Zu dem TOP 10 beantragte er, dass (1.) die Eigentümerversammlung beschließt, die Abwasserstränge, welche in die Sondereigentumseinheit Nr. 4 führen, auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erneuern, und (2.) den Verwalter zu ermächtigen, namens und im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft mindestens drei Kostenangebote für die Instandsetzung der Abwasserstränge, welche in die Sondereigentumseinheit Nr. 4 führen, einzuholen. Die Beschlussanträge wurden abgelehnt.

Zu dem TOP 12 beantragte er, dass die Eigentümerversammlung beschließt, dem jeweiligen Sondereigentümer der Wohnungseigentumseinheit Nr. 4 gemäß Aufteilungsplan die Vornahme einer baulichen Veränderung, nämlich der Errichtung einer Ladestation für einen Elektro-PKW zu genehmigen. Der Beschlussantrag wurde abgelehnt.

Zu dem TOP 14 beantragte er, dass die Eigentümerversammlung beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, einen Haustechniker mit der Begutachtung der Dimensionierung der bestehenden Abwassersysteme zu beauftragen. Der Beschlussantrag wurde abgelehnt.

Zu den TOP 15, 16, 18, 20, 21, 23 beantragte er, dass die Eigentümerversammlung beschließt, von dem jeweiligen Sondereigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 9 die Entfernung folgender vorgenommener Veränderungen zu verlangen:

– TOP 15: 2 einbetonierte Sonnenschirme im Bereich der Terrasse,

– TOP 16: Lüftungsrohr im Bereich der Glasfassade,

– TOP 18: gepflanzte Bambushecke,

– TOP 20: Wasserhahn und Steckdose nebst unterirdischem Bewässerungssystem,

– TOP 21: Sitzbank im Bereich der Terrasse,

– TOP 23: Hängeleuchten nebst Kabellage.

Die Beschlussanträge wurden abgelehnt.

WEG - Einbau einer Ladestation für e-Mobiles
(Symbolfoto: Canetti/Shutterstock.com)

Zu dem TOP 25 beantragte er, dass die Eigentümerversammlung beschließt, (1.) eine PKW-Schranke im Bereich der Parkplatzeinfahrt auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu errichten und (2.) beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, drei Kostenangebote einzuholen. Die Beschlussanträge wurden abgelehnt.

Zu dem TOP 26 beantragte er, dass die Eigentümerversammlung beschließt, (1.) im Bereich des Parkplatzes und der übrigen Zuwegung eine Außenbeleuchtung zu installieren/zu errichten und (2.) beschließt, den Verwalter zu ermächtigen, drei Kostenangebote einzuholen. Die Beschlussanträge wurden abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des genauen Wortlauts der Beschlussanträge wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 (Blatt 8 – 13 d.A.) verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Der Kläger meint, es hätte zu den Abwassersträngen ein Sanierungsbeschluss gefasst werden müssen und behauptet hierzu, die Abwässerstränge seien völlig verrostet, stellenweise bereits undicht und es sei schon wiederholt zu Wasserdurchlaufschäden in der Wohnung des Klägers gekommen. Er meint weiter, er habe einen Anspruch auf Errichtung einer Ladestation für ein Elektrofahrzeug, was sich aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG ergäbe. Aufgrund der in der jüngeren Vergangenheit niedergegangenen Starkregenfälle und der – unstreitig – eingetretenen Überflutungen sei zu befürchten, dass das Abwassersystem unterdimensioniert sei, was zu überprüfen ist. Bezüglich der Beseitigungsanträge (TOP 15, 16, 18, 20, 21, 23) meint er, im Wesentlichen, dass es sich um unzulässige bauliche Veränderungen handele und entsprechende Unterlassungsansprüche bestünden. Daher entspreche es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Eigentümergemeinschaft diese an sich ziehe. Er meint weiter, es sei nach § 21 Abs. 8 WEG die beantragte Gebrauchsregelung zum Untersagen von offenem Feuer zu treffen, da er durch offene Feuer in Feuerkörben auf der Terrasse der Teileigentumseinheit Nummer 9 beeinträchtigt werde und eine erhebliche Brandgefahr bestehe. Schließlich haben die Eigentümer bei den Parkplätzen zu der Anlage eine Schranke anzubringen, um das unberechtigte Parken auf dem Grundstück zu untersagen. Es sei zudem eine ausreichende Beleuchtung herzustellen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 zu TOP 10.1 gefasste Beschluss (Beschluss zur Erneuerung der Abwasserstränge) ungültig ist,

2. den Beklagten aufzugeben, der Erneuerung der Abwasserstränge zuzustimmen,

3. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 10.2 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Einholung von drei Kostenangeboten) ungültig ist,

4. den Beklagten aufzugeben, der Ermächtigung der Hausverwaltung zur Einholung von drei Kosten angeboten zuzustimmen,

5. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 12 gefasste Beschluss (Beschluss zur Errichtung einer Ladestation für einen Elektro-PKW) ungültig ist,

6. den Beklagten aufzugeben, der Ermächtigung der Hausverwaltung zur Errichtung einer Ladestation für einen Elektro-PKW zuzustimmen,

7. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 14 gefasste Beschluss (Beschluss zur Begutachtung der Dimensionierung des Abwassersystems) ungültig ist,

8. den Beklagten aufzugeben, der Begutachtung durch zur Prüfung der Dimensionierung des Abwassersystems zuzustimmen,

9. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 15 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung baulicher Veränderungen – hier: zwei einbetonierte Sonnenschirme) ungültig ist,

10. den Beklagten aufzugeben, die Hausverwaltung zu ermächtigen, zur Beseitigung der zwei einbetonierten Sonnenschirme aufzufordern,

11. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 16 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung baulicher Veränderungen – hier: Lüftungsrohr) ungültig ist,

12. den Beklagten aufzugeben, die Hausverwaltung zu ermächtigen, zur Beseitigung des Lüftungsrohrs aufzufordern,

13. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 18 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung baulicher Veränderungen – hier: Entfernung einer Bambushecke) ungültig ist,

14. den Beklagten aufzugeben, die Hausverwaltung zu ermächtigen, zur Beseitigung der Bambushecke aufzufordern,

15. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 20 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung baulicher Veränderungen – hier: Wasserhahn und Steckdose nebst unterirdischem Bewässerungssystem) ungültig ist,

16. den Beklagten aufzugeben, die Hauswartung zu ermächtigen, zur Beseitigung des unterirdischen Bewässerungssystems nebst Wasserhahn und Steckdosen aufzufordern,

17. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 21 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung – hier: Entfernung einer Sitzbank) ungültig ist,

18. den Beklagten aufzugeben, die Ausweitung zu ermächtigen, zur Beseitigung der Sitzbank aufzufordern,

19. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 23 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Beseitigungsaufforderung – hier: Hängeleuchten nebst Kabellage) ungültig ist,

20. den Beklagten aufzugeben, die Ausweitung zu ermächtigen, zur Beseitigung der Hängeleuchten nebst Kabellage aufzufordern,

21. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 24 gefasste Beschluss (Gebrauchsregelung) ungültig ist,

22. den Beklagten aufzugeben, der Gebrauchsregelung, wonach offenes Feuer auf der Gemeinschaftsfläche untersagt wird, zuzustimmen,

23. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 25.1 gefasste Beschluss (Beschluss zur Errichtung einer Schranke an der Parkplatzeinfahrt) ungültig ist,

24. den Beklagten aufzugeben, der Errichtung einer Schranke an der Parkplatzeinfahrt zuzustimmen,

25. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 25.2 gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Einholung von drei Kostenangeboten) ungültig ist,

26. den Beklagten aufzugeben, der Ermächtigung der Hausverwaltung zur Einholung von drei Kosten angeboten zuzustimmen,

27. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 26.1 gefasste Beschluss (Beschluss zur Errichtung einer Parkplatzbeleuchtung) ungültig ist,

28. den Beklagten aufzugeben, der Errichtung einer Parkplatzbeleuchtung zuzustimmen,

29. festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 unter TOP 25.2 (gemeint ist 26.2) gefasste Beschluss (Ermächtigungsbeschluss zur Einholung von drei Kostenangeboten) ungültig ist,

30. den Beklagten aufzugeben, der Ermächtigung der Hausverwaltung zur Einholung von drei Kostenangeboten zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten meinen, es werde zum Teil eine Nichtigkeitsfeststellungsklage und keine Anfechtungsklage erhoben. In der Sache würde hier bezüglich der gerügten Beschlüsse keine Ermessensreduzierung auf Null bestehen. Sie behaupten, die Wohnungseigentümer hätten bereits ein Beschluss über die Instandsetzung der Abwasserrohre gefasst und gegenwärtig würden Untersuchungsmaßnahmen stattfinden. Zunächst einmal müsse der Instandsetzungsbedarf und Instandsetzungsumfang festgestellt werden. Eine „Erneuerung” könne zudem nicht beansprucht werden. Bei dem Anschluss für ein Elektroauto handele es sich um eine bauliche Veränderung, auf die kein Anspruch bestehe. Sie meinen weiter, der Kläger habe hinsichtlich der Überprüfung der Dimensionierung des Abwassersystems – unbestritten: Abwasserleitungen mit einem Durchmesser von mindestens DN 160 – Befürchtungen, für die aber keine Anhaltspunkte bestünden. Bezüglich der Beseitigungsansprüche bestehe kein Anspruch auf Vergemeinschaftung. Bezüglich der Sonnenschirme bestehe schon keine unzulässige bauliche Veränderung, der Entfernung des Lüftungsrohrs und des Bewässerungssystems stehe entgegen, dass diese schon seit 25 Jahren bestehen, die Hecke stelle eine zulässige gärtnerische Bepflanzung aufgrund des eingeräumten Sondernutzungsrecht dar, die Sitzbank sei keine bauliche Veränderung und durch die Hängeleuchten werde niemand beeinträchtigt und das optische Gepräge der Anlage nicht negativ beeinflusst. Zu der beantragten Gebrauchsregelung hinsichtlich des offenen Feuers, sei ein positiver Beschluss unzulässig. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine Gebrauchsregelung bezüglich der Schranke und der Beleuchtung. Insoweit bestünden schon denkmalschutzrechtliche Gründe, die dem entgegenstünden. Auch sei die Parkplatzanlage durch die Straße und die Außenleuchten am Gebäude ausreichend beleuchtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I.

1.

Soweit der Kläger die Feststellung der Ungültigkeit einzelner Beschlüsse begehrt, ist das Klagebegehren als Anfechtungsklage nach §§ 43 Nr. 4, 46 WEG auszulegen. Dabei ist nicht entscheidend auf den Wortlaut der Anträge, sondern vielmehr auf den erklärten Willen, wie er aus der Klagebegründung, den sonstigen Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgeht, abzustellen, wobei im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. BGH, NZM 2016, 523, beck-online). Vorliegend geht es dem Kläger erkennbar um die Beseitigung der (negativen) Beschlüsse und der Zuerkennung des entsprechenden – in den weiteren Anträgen – formulierten positiven Begehrens. Dieses Ziel kann er nur durch eine (negative) Anfechtungsklage und eine entsprechende positive Leistungsklage erreichen. Das für die Anfechtungsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass der Kläger durch die Ablehnung gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt wird (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 02. Oktober 2015 – V ZR 5/15 –, Rn. 8, juris m.w.N.).

2.

Der Kläger hat, soweit er die Anfechtung der negativen Beschlüsse begehrt, die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 HS 1 WEG gewahrt, so dass es nicht darauf ankommt, ob hier ggf. Nichtigkeitsgründe bestehen. Zwar ist die innerhalb der Monatsfrist am 04.12.2017 bei Gericht eingegangene Klage (der 03.12.2017 war ein Sonntag, so dass gemäß § 193 BGB der nächste Werktag maßgeblich war) erst nach Fristablauf zugestellt worden. Dies ist jedoch nach § 167 ZPO unschädlich, weil die Klage „demnächst” zugestellt worden ist. Der Kläger hat den angeforderten Kostenvorschuss zeitnah nach Erhalt der Kostenrechnung vom 22.12.2017 am 04.01.2018 eingezahlt. Die erheblich später veranlasste Zustellung lag allein in der Sphäre des Gerichts begründet und beruhte nicht auf von der Klägerin zu vertretenden Verzögerung.

3.

Die Klage hat indes in der Sache keinen Erfolg.

a) Sofern der Kläger die Anfechtung der Beschlüsse in der Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 begehrt, ist zu berücksichtigen, dass die Anfechtung eines Negativbeschlusses nur begründet ist, wenn der Kläger in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung verletzt ist, § 21 Abs. 4 WEG. Hierbei ist aber weiter zu beachten, dass die Wohnungseigentümer ein aus ihrer Verwaltungsautonomie entspringendes Ermessen haben, was die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Regelung angeht, und dieses Ermessen einer gerichtlichen Nachprüfung weitgehend entzogen ist. Um dieser Verwaltungsautonomie gerecht zu werden, ist die Anfechtungsklage bei negativen Beschlüssen nur dann begründet, wenn der Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Durchführung der beantragten Maßnahme bzw. auf die konkrete, mehrheitlich abgelehnte Beschlussfassung hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Ermessen der Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung insoweit auf Null reduziert war (vgl. etwa: LG Hamburg, Urteil vom 04. September 2015 – 318 S 75/14 –, Rn. 20, juris; AG Charlottenburg, Urteil vom 28. September 2016 – 75 C 44/16 –, Rn. 19, juris; AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28. April 2017 – 980b C 69/16 WEG –, Rn. 48, juris; ). Soweit dies nicht der Fall ist, widerspricht die Ablehnung eines Beschlussantrages nicht ordnungsmäßiger Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG. Dieser Maßstab gilt zudem auch bei der (positiven) Leitungsklage bzgl. der begehrten Maßnahmen, wobei ein Anspruch auf Zustimmung zu einer bestimmten Maßnahme nach § 21 Abs. 4 WEG nur begehrt werden kann, wenn sich sowohl das Entschließungsermessen der Wohnungseigentümer als auch das Auswahlermessen auf Null reduziert haben, also nur die geforderte Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Bei der Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG hat sich demgegenüber lediglich das Entschließungsermessen so verdichtet, dass ein nur Tätigwerden ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, bezüglich des Auswahlermessens hingegen mehrere Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen können. Bei einer solchen Klage dürfen gerichtliche Maßnahmen wegen des mit der Beschlussersetzung verbundenen Eingriffs in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist (vgl. BGH, NZM 2016, 523, beck-online). Demgemäß kommt ein richterlicher Eingriff in die Verwaltungsautonomie der Wohnungseigentümer nur in Betracht, wenn die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund bestehender Kontroversen nicht mehr imstande sind, sich selbst zu organisieren und – trotz Notwendigkeit (das Entschließungsermessen ist reduziert auf Null) – keine Regelung mehr treffen können (vgl. etwa: LG Dortmund, ZWE 2015, 374, beck-online; ähnlich: LG Hamburg, Urteil vom 04.09.2015 – 318 S 75/14 und LG München I, Urteil vom 11. Mai 2017 – 36 S 11050/16 –, Rn. 37, juris, sowie: BeckOK WEG/Elzer WEG § 21 Rn. 410 f., beck-online)

b) An diesen Grundsätzen gemessen, war die Klage abzuweisen.

(1) Soweit der Kläger die Anfechtung der TOP 10.1 und 10.2 sowie die entsprechende positive Beschlussfassung begehrt, besteht kein Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, in welchem Zustand sich die Abwasserstränge tatsächlich befinden. Denn zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört es, dass vor einer größeren Instandsetzungsmaßnahme grundsätzlich der Schadensumfang und die Sanierungsbedürftigkeit festgestellt werden (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 13. August 1998 – 2Z BR 97/98 –, juris). Ob die Wohnungseigentümer dies unter TOP 9 beschlossen haben, was von dem Wortlaut der Fall sein könnte, kann ebenso dahinstehen, wie die Behauptung der Beklagten, bereits Maßnahmen zu dem Instandsetzungsbedarf tatsächlich ergriffen zu haben. Denn jedenfalls hätte der Kläger derzeit möglicherweise einen Anspruch darauf, dass die Wohnungseigentümer einen Beschluss über die Feststellung des Instandsetzungsbedarfs fassen. Dies wurde aber von dem Kläger weder in der Eigentümerversammlung unter TOP 10 noch in dem Klageverfahren beantragt noch ist ersichtlich oder vorgetragen worden, dass die Eigentümer zu einer solchem Beschlussfassung nicht in der Lage seien.

(2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Vornahme einer baulichen Veränderung, nämlich der Errichtung einer Ladestation für einen Elektro-PKW. Dies folgt schon nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG. Nach dieser Vorschrift gehört es zur ordnungsmäßigen Verwaltung, dass die Wohnungseigentümer alle Maßnahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind, dulden. Hierdurch soll ein gewisser Mindeststandard der einzelnen Wohnung entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik ermöglicht werden (vgl. Bärmann/Merle WEG § 21 Rn. 163, beck-online). Lademöglichkeiten für Elektroautos gehören – jedenfalls derzeit – aber gerade (noch) nicht zu einem solchen Mindeststandard (vgl. LG München I, Urteil v. 21.1.2016 – 36 S 2041/15, BeckRS 2016, 103463, beck-online). Demgemäß ist der Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektroauto an § 22 Abs. 1 WEG zu messen. Danach können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Wegen der Betroffenheit des Gemeinschaftseigentums müssen vorliegend alle Wohnungseigentümer zustimmen. Dass aber insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten wäre, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

(3) Soweit der Kläger die Überprüfung der Dimensionierung der Abwasseranlage begehrt, hat er eine entsprechende Ermessensreduzierung nicht vorgetragen. Möglicherweise entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, Maßnahmen zu ergreifen, um den vom Kläger geschilderten „Überflutungen” bei Starkregen zu begegnen. Nach den Angaben des beklagten Eigentümers H… in der mündlichen Verhandlung bestehe ein Rückstau bei starken Regenfällen – und zwar im gesamten Hansaviertel. Es seien hierzu bereits Maßnahmen ergriffen worden. Ob dem so ist und ob die ergriffenen Maßnahmen ausreichend sind, kann dahinstehen. Denn allenfalls hätte der Kläger einen – nicht geltend gemachten – Anspruch darauf, dass die Ursache der Probleme bei Starkregenfällen untersucht wird und die Wohnungseigentümer hierüber beschließen. Dass die Dimensionierung der Abwasserstränge hierfür maßgeblich sei, ist eine bloße Mutmaßung des Klägers ins Blaue hinein. Dem konkret nachzugehen, entspricht sicher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Ob der Klageantrag zu Ziff. 8 auch als Antrag nach § 21 Abs. 8 WEG ausgelegt werden kann, kann im Ergebnis ebenfalls dahinstehen, da hier jedenfalls nicht vorgetragen und ersichtlich ist, dass die Eigentümer nicht mehr in der Lage sind, die erforderlichen Beschlüsse zu fassen. Gerade die Eigentümerversammlung vom 03.11.2017 zeigt deutlich, dass das Gegenteil der Fall ist.

(4) Soweit der Kläger die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 15, 16, 18, 20, 21, 23 sowie die entsprechende positive Beschlussfassung begehrt, ist zu berücksichtigen, der einzelne Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf Vergemeinschaftung von Unterlassungsansprüchen hat, die er als Individualansprüche auch selbst durchsetzen könnte (vgl. etwa: LG Itzehoe, Urteil vom 24. Januar 2012 – 11 S 16/11 –, juris; so auch: Abramenko in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl. 2017, § 10 WEG, Rn. 116; Bärmann/Suilmann WEG § 10 Rn. 253-255, beck-online). Ob die Voraussetzungen entsprechender Ansprüche bestehen, kann dahingestellt bleiben. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist weder ersichtlich noch vorgetragen worden.

(5) Die Klage ist auch unbegründet, soweit der Kläger sich gegen die Beschlussfassung zu seinem Antrag zu TOP 24 wendet und eine entsprechende Gebrauchsregelung – Untersagung von offenem Feuer – nach § 15 Abs. 3 WEG begehrt. Nach dieser Vorschrift kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Der Anspruch auf interessengerechte Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 3 WEG ist – sofern nicht nur eine bestimmte Regelung verlangt werden kann – nach § 21 Abs. 8 WEG durchzusetzen (vgl. BGH, ZWE 2016, 453, beck-online). Im Kern handelt es sich bei § 15 Abs. 3 WEG um einen Verweis auf die richterliche Beschlussersetzungsklage aus § 21 Abs. 8 WEG, soweit Beschlusskompetenz besteht (vgl. BeckOK WEG/Dötsch WEG § 15 Rn. 96-97, beck-online). Unter Beachtung dieser Grundsätze und den o.g. Voraussetzungen war die Klage auch insoweit abzuweisen. Denn es ist erneut keine Ermessensreduzierung auf Null vorgetragen oder ersichtlich. Vorliegend begehrt der Kläger eine konkrete Maßnahme, nämlich die völlige Untersagung von offenem Feuer. Eine solche Regelung würde aber die berechtigten Interessen der übrigen Wohnungseigentümer völlig unberücksichtigt lassen. Dass ein offenes Feuer bei der hier gegebenen Anlage mit dem großen Garten, wie sie auf den eingereichten Bildern bzw. auf entsprechenden Bildern im Internet (allgemein zugängliche Quelle gemäß § 291 ZPO) zu ersehen ist, in jedem Fall einen Nachteil nach § 14 Nr. 1 WEG auslöst oder aufgrund einer Brandgefahr grundsätzlich zu untersagen wäre, ist hier kaum denkbar und auch von dem Kläger nicht vorgetragen worden. Ob offene Feuer zeitlich und/oder örtlich begrenzt zu erlauben sind, haben die Wohnungseigentümer selbst zu entscheiden. Dabei kann erneut dahinstehen, ob der Klageantrag zu Ziff. 22 auch als Antrag nach § 21 Abs. 8 WEG ausgelegt werden kann, da hier jedenfalls nicht vorgetragen und ersichtlich ist, dass die Eigentümer nicht mehr in der Lage sind, die erforderlichen Beschlüsse zu fassen (s.o.). Zudem fehlt zu einem ausgewogenen Beschlussantrag eine Vorbefassung der Eigentümer.

(6) Schließlich ist die Klage unbegründet, soweit der Kläger sich gegen die Beschlussfassung zu seinen Anträgen zu TOP 25 und 26 wendet und die Errichtung einer Schranke und die Installation einer Beleuchtung begehrt. Bei der Errichtung einer Schranke und der Errichtung einer Außenbeleuchtung handelt es sich um bauliche Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG. Hinsichtlich beider Maßnahmen ist eine Ermessensreduzierung auf Null (bzgl. der Schranke sowohl des Entschließungs- als auch des Auswahlermessens und bezgl. der Beleuchtung bzgl. des Entschließungsermessens) nicht vorgetragen worden oder ersichtlich. Nach den Angaben des beklagten Eigentümers Hildebrandt in der mündlichen Verhandlung scheint es ausreichende Parkplätze und eine ausreichende Beleuchtung zu geben. Dies kann aber erneut dahinstehen. Denn nach den Angaben der Beklagten, steht die Anlage unter Denkmalschutz, so dass schon angesichts dessen der Kläger auch zu der Genehmigungsfähigkeit der Maßnahmen hätte vortragen müssen. Er kann den Denkmalschutz auch nicht einfach bestreiten. Denn bei dem einfachen Bestreiten handelt es sich im Kern um ein Bestreiten mit Nichtwissen, § 138 Abs. 4 ZPO. Die Voraussetzungen hierfür liegen aber nicht vor. Der Kläger ist Eigentümer und muss sich hierzu konkret erklären können. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, war der Frage nicht weiter nachzugehen. Denn es ist allgemein bekannt (§ 291 ZPO), dass die Anlage (hier: das Eternithaus) unter Denkmalschutz steht (vgl.: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_karte_datenbank/de/denkmaldatenbank/d aobj.php?obj_dok_nr=09050387).

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 2 ZPO.

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