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WEG – Einsichtsgewährung in Verwaltungsunterlagen per einstweiliger Verfügung?

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980a C 25/21 WEG – Beschluss vom 05.08.2021

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.000,00 €.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist, gemessen an den §§ 935 ff. ZPO, unzulässig. Ihr Begehren ist darauf gerichtet, die Antragsgegnerin zu verpflichten, zwei – von ihr bevollmächtigte – Personen (ihrem Bruder und ihrem Vater) gleichzeitig „die vereinbarte Akteneinsicht“ zu gewähren. Zur Begründung führt sie an, dass sie vor Kurzem Mutter geworden sei, weswegen sie die Einsicht nicht persönlich vornehmen könne. Und aufgrund eines gestörten Vertrauensverhältnisses zur Antragsgegnerin – die Verwalterin der WEG, der sie angehöre – solle die Einsicht durch zwei Personen erfolgen. Die Antragsgegnerin habe eine gleichzeitige Anwesenheit von zwei Personen in ihren Geschäftsräumen trotz vorheriger anwaltlicher Aufforderung aber abgelehnt. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich vorliegend aus der drohenden erneuten Anspannung der Pandemiesituation: derzeit sei die Einsichtnahme unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln für zwei Personen durchführbar; ob dies in den Herbst- und Wintermonaten auch noch so sei, sei vor dem Hintergrund der Dauer eines Hauptsacheverfahrens fraglich. In der Sache gehe es ihr um Informationen über ein mögliches Problem mit Feuchtigkeit in ihrer Wohnung. Die Antragsgegnerin habe ihre Wohnung bereits durch einen Experten begutachten lassen, ihr aber das Ergebnis der Begehung vorenthalten.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist deswegen unzulässig, weil die begehrte Leistungsverfügung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Eine Ausnahme von diesem Verbot liegt hier nicht vor. Eine Leistungsverfügung ist neben Fällen der Existenzgefährdung und Notlage des Antragstellers als Eilmaßnahme nur dann zulässig, wenn die geschuldete Handlung oder Leistung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht (mehr) möglich ist, das heißt, wenn ohne Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstünden, ferner die Erwirkung eines Titels im Hauptsacheverfahren irreversible Fakten schaffen würde und der Verweis auf das ordentliche Verfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme (vgl. nur OLG Celle, NJW 2015, 711, 712, Rn. 11; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 940, Rn. 14). Die Erfüllung des von der Antragstellerin geltend gemachten Rechts auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, das seine materielle Grundlage in § 18 Abs. 4 WEG n.F. findet, führte nicht zur Abwendung einer existentiellen Gefährdung oder einer Notlage. Sofern die Antragstellerin etwaige in den Unterlagen vorhandenen Informationen über die sachverständige Begutachtung ihrer Wohnung zu erlangen sucht, kann sie in zumutbarer Weise ein Hauptsacheverfahren betreiben und muss sich ggfs. damit begnügen, Sekundäransprüche gegenüber dem zur Einsicht Verpflichteten geltend zu machen. Eine besondere Eilbedürftigkeit bzw. das Schaffen irreversibler Fakten hat die Antragstellerin für ihr Begehren nicht dargetan bzw. glaubhaft gemacht. Daran vermag auch der Verweis auf die derzeitige Corona-Pandemie-Lage und deren mögliche (negative) Entwicklung im weiteren Jahresverlauf nichts zu ändern. Immerhin sperrt sich die Antragsgegnerin auch nicht generell gegen die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, sondern nur in der von der Antragstellerin begehrten Variante der gleichzeitigen Anwesenheit ihrer beiden Bevollmächtigten; eine „gestreckte“ Einsichtnahme erst durch eine und dann durch die andere Person bleibt möglich, so dass die Antragstellerin auch auf diesem Wege an die etwaigen Informationen käme.

Im Übrigen wäre ihr Antrag aber auch unbegründet. Die Antragsgegnerin ist für das geltend gemachte Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nicht passivlegitimiert. Der nunmehr in § 18 Abs. 4 WEG n.F. geregelte Individualanspruch eines jeden Wohnungseigentümers richtet sich nicht (mehr) gegen die WEG-Verwaltung selbst, sondern mit dem Inkrafttreten des WEMoG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die die Pflicht durch ihre Verwaltung erfüllt (vgl. BT-Drs. 19/18791, 60; Skauradszun, in: BeckOGK-WEG, Stand: 1.6.2021, § 18, Rn. 67).

Der Antrag wäre aber auch deswegen unbegründet, weil die Antragstellerin ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme (vgl. dazu LG Hamburg, ZMR 2012, 292) durch zwei von ihr bevollmächtigte Personen nicht dargetan hat. Allein eine – nicht näher konkretisierte – Störung des (Vertrauens-)Verhältnisses der Antragstellerin zur Antragsgegnerin genügt nicht, um mit Erfolg die gleichzeitige Teilnahme von zwei Personen zu rechtfertigen. Abseits des Umstandes, dass die Antragsgegnerin mit der Anwesenheit von jeweils einem Bevollmächtigten einverstanden wäre, legt die Antragstellerin nicht dar, weswegen es für den Erfolg der Einsichtnahme darauf ankommt, dass gerade zwei ihrer Verwandten selbige gleichzeitig durchführen müssen. Hinzu kommt, dass es der Antragsgegnerin – abseits öffentlich-rechtlicher Beschränkungen – im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen zustehen dürfte, unter Berufung auf Gründe des Infektionsschutzes derzeitig die parallele Anwesenheit von zwei Personen in ihren Geschäftsräumen abzulehnen, sofern keine besondere Expertise der Personen in Rede steht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO. Das vermögenswerte Interesse der Antragstellerin an der Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen schätzt das Gericht im Hinblick auf die behauptete Feuchtigkeitsproblematik auf 1.000,00 € (s. Elzer, in: Toussaint, ZPO, 51. Aufl. 2021, § 3, Rn. 23: „Verwaltungsunterlagen“).

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