AG Hamburg-Barmbek – Az.: 883 C 16/17 – Urteil vom 23.02.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 17.500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Ungültigerklärung eines Beschlusses der Versammlung der Eigentümer vom 27.7.2017.
Auf dem Grundstück der von der Beigeladenen verwalteten Wohnanlage WEG D…straße … in H… befand sich ursprünglich (nur) ein Parkhaus; dieses wurde umgebaut und saniert (Anlage B1, Bl. 66 d.A.), wobei Eigentumswohnungen und Tiefgaragenstellplätze entstanden.
§ 2 Absatz 1 der der Gemeinschaft zugrundeliegenden Teilungserklärung (im Folgenden: TE) vom 15.10.2013 (Anlage K1, Bl. … d.A.) lautet: „Auf dem Grundstück befindet sich ein Parkhaus, das durch Aufstockung und Anbau zu einem Wohnhaus mit 48 Wohneinheiten, einem Teileigentum (Abstellraum im Erdgeschoss) und 46 Teileigentumseinheiten an Kfz-Stellplätzen im Kellergeschoss umgebaut wird. Der Eigentümer teilt nunmehr das Eigentum an dem vorgenannten Grundstück gemäß § 8 WEG in 48 Wohnungseigentumsrechte und 47 Teileigentumsrechte in der Weise, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an einer bestimmten, in sich abgeschlossenen Wohnung bzw. an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen und/oder Stellplätzen verbunden ist.“
Die Klägerin ist Eigentümerin des Teileigentums 49, nämlich des Abstellraums Nr. TE 49 im Erdgeschoss mit Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen im Parkhaus Nrn. 101-177 im Erdgeschoss, Nrn. 201-277 im 1. Obergeschoss, Nrn. 301-379 im 2. Obergeschoss u.A.
In § 2 Absatz 3 der TE heißt es:
„In dieser Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ist, soweit nicht ausdrücklich anders geregelt, unter Wohnungseigentum auch Teileigentum, …, Wohnungseigentümer auch Teileigentümer zu verstehen.“
§ 8 Absatz 3, 7 und 8 der TE/Gemeinschaftsordnung regeln Folgendes:
„(3) In wirtschaftlicher Hinsicht sollen die Gebäudeteile mit den Wohnungen nebst Abstell- und Nebenräumen einerseits und der Gebäudeteil Parkhaus andererseits so behandelt werden, als seien es zwei voneinander unabhängige Gebäude.
(7) Die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes sowie des Grundstücks obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; sie ist vom Verwalter auszuführen…“
(8) Die Wohnungseigentümer sind zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet. Zu diesem Zweck ist ein angemessener jährlicher Betrag, der sich nach Abstimmung in der Eigentümerversammlung ergibt, an den Verwalter zu zahlen.“
Bislang hat die Gemeinschaft eine einheitliche Instandhaltungsrücklage gebildet. In der Eigentümerversammlung am 27.06.2017 fassten die Eigentümer u.A. folgenden Mehrheitsbeschluss:
„TOP 9: …
Beschluss 11: „Die Gemeinschaft soll den vorliegenden Entwurf des Wirtschaftsplans und der Einzelwirtschaftspläne für das Jahr 2017 beschließen, wobei die Position Reparaturen um Euro 5.000,00 für die beschlossenen Maßnahmen zu TOP 6 und 6a erhöht werden soll. Weiter beschließt die Gemeinschaft, dass die Instandhaltungsrücklage für die Wohnungen Euro 35.000,00 und die Rücklage für die Tiefgarage Euro 2.000,00 betragen sollen. Das neue Wohngeld soll rückwirkend ab Januar 2017 gültig sein und der Wirtschaftsplan ist solange gültig, bis ein neuer beschlossen wird.“
Abstimmungsergebnis:
Ja
5.867 MEA / 10.000 MEA
Nein
145 MEA / 10.000 MEA
Enthaltung
213 MEA / 10.000 MEA
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
Der Beschluss wurde angenommen.
Zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 27.6.2017 (Anlage K 3.2, Bl. 42-52 d.A.). Den beschlossenen Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan 2017 erhielt die Klägerin mit Schreiben der Beigeladenen vom 28.6.2017 übersandt (Anlage K 3.1., Bl. 40 f. d.A.).
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen und für ungültig zu erklären seien. Nach der Gemeinschaftsordnung seien allein die Wohnungseigentümer zur Schaffung einer Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet, nicht aber auch die Teileigentümer für das Parkhaus zur Bildung einer Instandhaltungsrückstellung verpflichtet. Sollten jedoch auch die Teileigentümer entgegen des klaren Wortlauts von § 8 Abs. 8 der Teilungserklärung zur Bildung und Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung verpflichtet sein, dann seien allerdings Wohnungen und Parkhaus wirtschaftlich und tatsächlich zu trennen und auch in getrennte Instandhaltungsrückstellungen einerseits für Wohnungen und andererseits für das Parkhaus einzuzahlen. Eine solche Bildung getrennter Töpfe habe die Verwaltung allerdings abgelehnt.
Die Klägerin beantragt, den Beschluss 11 der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.06.2017 gemäß TOP 9 für ungültig zu erklären.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie meinen, der angefochtene Beschluss entspräche ordnungsgemäßer Verwaltung. Nach der Teilungserklärung sei zwar die Bildung getrennter Instandhaltungsrücklagen für den Gebäudeteil Wohnungen einerseits und für den Gebäudeteil Parkhaus andererseits grundsätzlich möglich, allerdings hätten die Eigentümer bislang von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, sondern eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für das Gebäude gebildet und angesammelt; auch gäbe es keinen Mehrheitsbeschluss der Eigentümer, der eine getrennte Abrechnung bestimme. Eine Trennung wäre auch nicht sachgerecht, weil es sich nicht um separate Gebäude handele, es sich beim Parkhaus zudem weitgehend um Gemeinschaftseigentum und nicht um Sondereigentum handele.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 43 Nr. 4, 46 Abs. 1 WEG zulässige, insbesondere fristgerechte Anfechtungsklage ist unbegründet und deshalb abzuweisen.
I.
Der Beschluss 11 zu TOP 9 entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG.
1. Die Klägerin als Teileigentümerin ist nach der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung ebenfalls an der Bildung bzw. Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung zu beteiligen. Grundlage dafür ist insbesondere § 8 Abs. 7, Abs. 8 TE i.V.m. § 2 Abs. 3 TE.
a) Zunächst ist die Systematik von § 8 Teilungserklärung (im Folgenden: TE) zu berücksichtigen. Während insbesondere § 8 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 TE weitgehend die „innere“ Instandhaltung regeln, trifft § 8 Abs. 7 TE – erstmals – explizit eine Regelung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums, die durch § 8 Abs. 8 TE dahin ergänzt wird, dass für das gemeinschaftliche Eigentum eine Instandhaltungsrückstellung anzusammeln ist.
aa) § 8 Abs. 1 TE regelt die Instandhaltungspflicht bzgl. des Sondereigentums und des Sondernutzungsnutzungsbereichs; insoweit macht wegen der Verpflichtung eines jeden Sondereigentümers/Sondernutzungsberechtigten zur Instandhaltung die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung auch keinen Sinn.
§ 8 Abs. 2 TE regelt u.A. die Kostentragungspflicht „innerhalb“ des Parkhauses sowie die Kostentragung (nur) hinsichtlich der „äußeren Gestaltung des Parkhauses … (Lamellenfassade und Wände/Konstruktion dahinter)“; eine Kostentragungsregelung etwa hinsichtlich der tragenden Gebäudekonstruktionsteile fehlt auch hier.
§ 8 Abs. 3 TE regelt ergänzend insbesondere innere Gebäudeteile.
§ 8 Abs. 4 TE ergänzt bisherige Regelungen und betrifft insbesondere Gebäudeteile, die zum ausschließlichen Gebrauch eines Sondernutzungsberechtigten dienen.
§ 8 Abs. 6 TE betrifft nur Fenster und Türen innerhalb des räumlichen Bereichs des Sondereigentums.
bb) Erst in § 8 Abs. 7 TE ist ganz allgemein „die Instandhaltung der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Teile des Gebäudes“ durch die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ geregelt; ergänzt durch § 8 Abs. 8 TE, dass die „Wohnungseigentümer zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet sind“.
b) Während § 8 TE mithin eine Vielzahl spezieller Regelungen enthält, wonach bestimmten Eigentümern/Sondernutzungsberechtigten Instandhaltungspflichten betreffend besonderer Einrichtungen bzw. Anlagen und auch die damit verbundenen Kostentragungspflichten auferlegt werden, regelt Abs. 7 die Instandhaltung hinsichtlich des „Restes“ bzw. ganz allgemein die des „gemeinschaftlichen Eigentums“; und insoweit konsequent ist nach Abs. 8 dann auch für eine Instandhaltungsrückstellung insoweit zu sorgen.
c) Verpflichtet zur Ansammlung sind nach § 8 Abs. 8 TE die „Wohnungseigentümer“, weil auch der „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ nach § 8 Abs. 7 TE die Instandhaltung (des gemeinschaftlichen Eigentums) obliegt.
„Wohnungseigentümer“ insoweit ist auch die Klägerin als Teileigentümerin. So regelt es § 2 Abs. 3 TE mit der Gleichstellung, dass „unter Wohnungseigentum auch Teileigentum, …, Wohnungseigentümer auch Teileigentümer zu verstehen sind“, soweit nicht ausdrücklich anderes geregelt ist. Während § 8 Abs. 1 bis 4 TE differenziert zwischen Wohnungseigentümern, Teileigentümern, Parkhaus und Sondernutzungsberechtigten, fehlt eine dahingehende Differenzierung in § 8 Abs. 7 und Abs. 8 TE; dort wird eine allgemeine Regelung getroffen bzgl. des gesamten „gemeinschaftlichen Eigentums“ (im Sinne von § 3 Abs. 3 TE).
Nach allem ist daher auch die Klägerin zur Beteiligung an der Zuführung zur Instandhaltungsrückstellung nach § 8 Abs. 8 TE verpflichtet.
2. Das Gericht folgt der Klägerin auch nicht dahin, dass Wohnungen und Parkhaus wirtschaftlich und tatsächlich zu trennen und deshalb die jeweiligen Eigentümer auch in getrennte Instandhaltungsrückstellungen einerseits für Wohnungen und andererseits für das Parkhaus einzuzahlen hätten.
Dass nach § 8 Abs. 3 TE „in wirtschaftlicher Hinsicht die Gebäudeteile mit den Wohnungen nebst Abstell- und Nebenräumen einerseits und der Gebäudeteil Parkhaus andererseits so behandelt werden (sollen), als seien es zwei voneinander unabhängige Gebäude“, hindert nicht, dass alle Eigentümer der Gemeinschaft in eine Instandhaltungsrücklage einzuzahlen haben.
Vielmehr regelt § 8 Abs. 8 TE, dass die „Wohnungseigentümer … zur Ansammlung einer Instandhaltungsrückstellung für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet“ sind.
Dies macht auch Sinn. Auch wenn die Bildung gesonderter Rücklagen nach der TE/GO möglich wäre, haben die Eigentümer bislang solche nicht gebildet, auch eine dahingehende Entscheidung haben die Eigentümer bislang nicht getroffen. Jedenfalls aber ist in der Regel und auch vorliegend im Hinblick auf die Vereinbarungen in § 8 Abs. 7 und Abs. 8 TE notwendig bzw. erforderlich, dass – jedenfalls auch – eine gemeinschaftliche Rücklage gebildet wird, wenn – wie vorliegend – eine Instandhaltungsverpflichtung aller Wohnungseigentümer im Hinblick auf einzelne Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, etwa Außenmauern und Dach, besteht.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.