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WEG – Elektrogrillgeräte ohne Geruchs- und Rauchbelastung in der Wohnanlage

AG München, Az.: 482 C 15854/11

Urteil vom 21.03.2012

I. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25.05.2011 zu TOP 6 a „Grillen in der Wohnanlage“ mit nachfolgendem Inhalt wird für ungültig erklärt:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die Hausordnung unter Punkt „Allgemeines“ der Unterpunkt h dahingehend geändert wird, dass das Grillen ausschließlich mit Elektrogrillgeräten gestattet wird, sofern keine Rauch- bzw. Geruchbelästigung eintreten“.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert wird auf € 4.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

WEG - Elektrogrillgeräte ohne Geruchs- und Rauchbelastung in der Wohnanlage
Foto: Padabed/Bigstock

Die Klägerin und die Beklagten bilden zusammen die oben näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der … verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 25.05.2011 fasste die Gemeinschaft eine Reihe von Beschlüssen, von denen die Klägerin den zu TOP 6 a „Grillen in der Wohnanlage“ fristgerecht angefochten hat.

Die Klägerin führt hierzu im Wesentlichen aus, dass in der Hausordnung der Wohnanlage das Grillen mit Holzkohlengrill nicht verboten gewesen sei. Die Klägerin ist Eigentümerin der Dachterrassenwohnung in der … in …. Im Jahr 1979 habe ein Rechtsvorgänger dieser Wohnung auf der Dachterrasse einen von unten nicht sichtbaren gemauerten Grill mit einem 12 Kilo schweren Metallgitter und darüber eine schwere Kupferhaube errichtet. Der Betrieb dieses Grills sei über 22 Jahre nicht bemängelt worden. Den jeweiligen Mietern der Wohnung habe die Klägerin im Mietvertrag das Grillen auf der Terrasse nur mit dem dort installierten Grill ohne Einschränkung gestattet. Bei Abänderung einer bestehenden Hausordnung durch Mehrheitsbeschluss seien diese schutzwürdigen Belange der Klägerin zu berücksichtigen gewesen. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Beschluss jedoch nicht erfolgt.

Rechtswidrig sei am 03.05.2011 im Zuge von Sanierungsarbeiten der vorbenannte Grill mit Kamin abgerissen worden, die Kupferhaube und das Metallgitter seinen in der Folgezeit entwendet worden. Auch vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung mit den übrigen Eigentümern der WEG entspreche der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da er vorsätzlich die schutzwürdige Belange der Klägerin verletze.

Die Beschlussfassung sei auch nicht ordnungsgemäß in der Einladung zur Eigentümerversammlung angekündigt worden. Dort sei nur ein Beschluss über die Änderung bzw. Erweiterung der Hausordnung um folgende Punkte angekündigt worden:

a) Grillen in der Wohnanlage.

Hierunter habe sich die Klägerin nichts vorstellen können.

Die Klägerin beantragt daher: Wie zuerkannt.

Die Beklagten beantragen: Klageabweisung.

Sie führen im Wesentlichen aus, dass ein formeller Beschlussmangel nicht vorliege, da die schlagwortartige Bezeichnung in der Einladung ausreiche. Auch könne das Grillen in einer Wohnanlage in einer Hausordnung geregelt werden. Dabei sei sogar der vollständige Ausschluss des Grillens auf Balkonen und Terrassen zulässig. Im Interesse aller Wohnungseigentümer solle durch den angefochtenen Beschluss zum einen die mit konventionellen Grills verbundene Brandgefahr vollständig ausgeschlossen und zum anderen Rauch- und/oder Geruchsemissionen vermieden werden. Eine Übergangsregelung sei nicht erforderlich. Auch werde die Klägerin nicht in schutzwürdigen Belangen beeinträchtigt. Eine Einzelfallregelung zu Lasten der Klägerin sei in dem angefochtenen Beschluss nicht zu sehen. Dieser sei vielmehr vor dem Hintergrund gefasst worden, dass das Grillen in der Wohnanlage überhand genommen habe und deshalb auf Anregung von Wohnungseigentümern klarstellend die Hausordnung ergänzt werden sollte.

Die Beklagten tragen weiter vor, dass gemäß § 12 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung die Verwalterin ermächtigt sei, durch einseitigen Gestaltungsakt eine Hausordnung aufzustellen, die indes die Eigentümerversammlung mehrheitlich im Beschlusswege ändern könne. Ein Beschluss sei zwar nicht gefasst worden, das Thema Grillen sei in der Eigentümerversammlung im Jahr 1977 unter TOP 16 jedoch kurz angesprochen worden. Die damalige Verwalterin habe mit Schreiben vom 19.05.1978 verbindliche Regelungen und damit eine Hausordnung vorgegeben. Dort heiße es (Anlage B2) „Das Grillen im Freien kann ebensowenig gestattet werden, wie auf den Terrassen und Loggien, wir haben auf diesen Sachverhalt vor kurzem bereits mittels Aushang hingewiesen.“ In der von der Nachfolgeverwalterin, der Firma … erlassenen Hausordnung sei unter Ziffer Allgemeines h) ausgeführt: „Das Grillen im Freien, auf den Terrassen und auf den Loggien/Balkonen ist nicht gestattet (Protokoll vom 22.11.1977)“.

Die Klägerin habe somit schon kein Rechtsschutzbedürfnis, da sie ihr Ziel, das Grillverbot für ihre Dachterrasse für einen konventionellen Grill fallen zu lassen, durch diese Klage nicht erreichen könne. Würde der streitgegenständliche Beschluss aufgehoben werden, so lebe das absolute Grillverbot wieder auf.

Die Wohnanlage sei „eng aufeinander“ gebaut und verlaufe in West-Ost-Richtung. Die Brandgefahr sei angesichts der baulichen Situation bei einem nicht völlig auszuschließendem Funkenflug erheblich. Dies könne bei elektrischem Grillen nahezu ausgeschlossen werden.

Die Klägerin trägt hierzu vor, dass die ursprüngliche Hausordnung kein Verbot des Grillens enthalten habe. Die Regelung des § 12 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung, wonach eine Änderung oder Ergänzung der Hausordnung durch den Verwalter jederzeit möglich ist, und diese dann verbindlich ist, wenn nicht mindestens 1/3 aller Wohnungseigentümer innerhalb einer Frist von sieben Tagen Einspruch erhoben haben, sei unwirksam. Das individuelle Schutzbedürfnis des einzelnen Eigentümers vor unbillig benachteiligenden Hausordnungsregelungen werde hierdurch zu wenig berücksichtigt. Die Regelungen in der nunmehr vorgelegten Hausordnung (Anlage B3) seien abwegig, bzw. nicht mehr zeitgemäß. Weder die amtierende Verwalterin noch die Klägerin hätten Kenntnis von dieser Hausordnung gehabt.

Auch sei unklar, was mit Grillen im Freien, auf den Terrassen und auf den Loggien/Balkonen gemeint sein solle. Die diesbezüglichen Regelungen sowohl im Schreiben der neue Heimat Bayern vom 29.05.1978 wie in der als Anlage B3 vorgelegten Hausordnung seien viel zu allgemein, als dass sie konkret die Nutzung des Grills mit Dunstabzug und Kamin auf der Dachterrasse der streitgegenständlichen Einheit meinen könnten.

Im Übrigen sei das Grillen Bestandteil eines sozialtypischen Verhaltens und könne genausowenig wie das Musizieren in der Wohnung völlig verboten werden. Die Aufstellung eines absoluten und unterschiedslosen Grillverbots ohne bezüglich der Geräte zu differenzieren und ohne die Einzelfälle zu betrachten, sei daher unwirksam. Auch sei die Wirkung für Rechtsnachfolger der als Anlage B3 vorgelegten Hausordnung im Hinblick auf die Frage einer entsprechenden Bindungswirkung fraglich. Diese gelte für einseitige Gestaltungsakt des Verwalters nicht.

Die Beklagte ergänzt hierzu ihren Sachvortrag dahingehend, dass nach § 12 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung die Vor-Vor-Verwalterin befugt gewesen sei, jedenfalls bis zu einem entsprechenden Mehrheitbeschluss einseitig verbindlich eine Hausordnung aufzustellen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 14.12.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 43 Nr. 4 zulässige Klage ist auch vollumfänglich begründet.

Der Klage fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da auf der Grundlage von § 12 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung (Anlage B1) die Vor-Vor-Verwalterin zwar befugt war, jedenfalls bis zu einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss einseitig verbindlich eine Hausordnung aufzustellen; ein entsprechender Mehrheitsbeschluss liegt nunmehr jedoch in Form des streitgegenständlichen Beschlusses vor. Mit der Ungültigerklärung dieses Beschlusses lebt daher die ursprüngliche Regelung in der Hausordnung, sofern sie überhaupt für wirksam erachtet werden kann, nicht wieder auf. Sie ist ersatzlos durch den Mehrheitsbeschluss entfallen.

Der streitgegenständliche Beschluss entspricht auch nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Grundsätzlich können die Eigentümer im Rahmen ihres Ermessensspielraums im Rahmen einer Gebrauchsregelung durch Mehrheitsbeschluss Regelungen zum Thema „Grillen in der Wohnanlage“ fassen.

Der Beschlussgegenstand war in der Einladung auch ausreichend bezeichnet. Die schlagwortartige Bezeichnung „Beschlussfassung zum Thema Grillen in der Wohnanlage“ genügt.

Es hängt jedoch von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab, ob Grillen wegen Verstoßes gegen § 13 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG uneingeschränkt zu verbieten, zeitlich und/oder örtlich begrenzt zu erlauben oder ohne Einschränkung zu gestatten ist. Maßgeblich für die Entscheidung sind insbesondere Lage und Größe der Örtlichkeiten, die Häufigkeit des Grillens und das verwendete Grillgerät (vergleiche hierzu Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 18.03.1999, 2 ZBR 6/99, OLG Frankfurt, 10.04.2008, Aktenzeichen: 20 W 119/06, OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.03.2006, Aktenzeichen 20 W 430/04).

Bei der Beurteilung ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass zum Beispiel das Betreiben eines Gartengrillgerätes auf der einem Sondernutzungsrecht unterlegenen Terrasse jedenfalls dann keine Nachteile im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG darstellt, wenn dieses nur dreimal im Jahr ausgeübt wird (so Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 14.08.1996, Aktenzeichen 10 T 359/96).

Es ist jedoch aus dem Protokoll nicht ersichtlich, ob sich die Eigentümer im Rahmen ihres Ermessenspielraums beim streitgegenständlichen Beschluss mit der vorbezeichneten vorzunehmenden Abwägung auseinandergesetzt haben. Auch auf möglicherweise schutzwürdige Belange der Klägerin im Hinblick auf den vorbezeichneten gemauerten Grill mit Kamin geht der angefochtene Beschluss nicht ein.

Der Beschluss stellt weiter ein generelles Grillverbot dar, da hier zwar das Grillen ausschließlich mit Elektrogrillgeräten gestattet wird, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass keine Rauch- bzw. Geruchbelästigungen eintreten. Gerichtsbekannt können jedoch auch bei Elektrogrillgeräten Rauch- bzw. Geruchsentwicklungen nicht vollständig vermieden werden. Lediglich die Gefahr eines Funkenfluges kann hierdurch weitgehend eingeschränkt werden.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Landgerichts München I, 12.01.2004, Aktenzeichen 15 S 22735/03, wonach Grillen in den Sommermonaten üblich ist und, wenn nicht die Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird, generell geduldet werden muss, ist der angefochtene Beschluss von seinem Regelungsgehalt her zu einschränkend, ohne erkennen zu lassen, dass die Eigentümer sich mit den unterschiedlichen Gegebenheiten des Einzelfalles hinreichend auseinandergesetzt haben. Maßstab für die Wesentlichkeitsgrenze ist dabei das Empfinden eines Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks und nicht das subjektive Empfinden (so Landgericht München I aaO).

Da der Beschluss somit nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, war er für ungültig zu erklären.

Als Unterlegene tragen die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits, § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde wie von Klageseite vorgeschlagen, festgesetzt. Die Beklagten haben dem nicht widersprochen.

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