Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- WEG-Entziehungsbeschluss: Rechte der Eigentümer und Abmahnfristen im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Amtsgericht verwarf Eigentümerabmahnung – Landgericht Frankfurt stärkt Rechte einer Wohnungseigentümerin
- Zahlungsrückstände führten zu Abmahnungen und außerordentlicher Versammlung
- Landgericht erklärt Beschluss zur Beitragsdurchsetzung für nichtig
- Mängel bei der Abmahnung führten zur Unwirksamkeit des Entziehungsbeschlusses
- Gericht sah keine ausreichenden Gründe für Verzicht auf Abmahnung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche formalen Anforderungen muss eine wirksame Abmahnung in der WEG erfüllen?
- Wer ist in der WEG berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen?
- Wann kann die WEG einen Entziehungsbeschluss ohne vorherige Abmahnung fassen?
- Welche Rechtsfolgen hat ein fehlerhafter Entziehungsbeschluss?
- Was sind die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Entziehungsbeschluss nach § 17 WEG?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
- Datum: 10.10.2024
- Aktenzeichen: 2-13 S 612/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren zur Anfechtung von Beschlüssen einer Wohnungseigentümerversammlung
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Wohnungseigentümerin, die die Ungültigkeit bestimmter Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung anfocht.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft, die die umstrittenen Beschlüsse gefasst hatte.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin war im Jahr 2022 mit Zahlungen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rückstand. Trotz der Begleichung ihrer Schulden vor der Eigentümerversammlung am 18.10.2022, beschloss die Versammlung unter TOP 3, einen Eigentümer zur Durchsetzung von Beitragsansprüchen zu ermächtigen, und unter TOP 4, die Klägerin zur Veräußern ihres Eigentums zu verpflichten.
- Kern des Rechtsstreits: Ist der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung ungültig, wenn die Klägerin ihre Zahlungsrückstände vor dem Beschluss ausgeglichen hat?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschlüsse zu TOP 3 und TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung wurden für ungültig erklärt.
- Begründung: Der Beschluss zu TOP 3 war nichtig, da die Klägerin ihre Zahlungsrückstände vor dem Beschluss beglichen hatte, und der TOP 4 war unwirksam, da er auf einem ungerechtfertigten Anspruch basierte.
- Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Prüfung des Falls zog keine Revision nach sich, und die Rechtssicherheit in Bezug auf die Gültigkeit von Beschlüssen in Wohnungseigentümerversammlungen wurde gestärkt.
WEG-Entziehungsbeschluss: Rechte der Eigentümer und Abmahnfristen im Fokus
Der WEG-Entziehungsbeschluss gemäß § 17 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist ein wichtiges Instrument, das Eigentümern und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hilft, ihre Rechte und Pflichten durchzusetzen. Wenn ein Wohnungseigentümer gegen die Teilungserklärung oder die Beschlüsse der Eigentümerversammlung verstößt, kann die Gemeinschaft gezwungen sein, Maßnahmen zu ergreifen. Dabei spielt die ordnungsgemäße Abmahnung eine entscheidende Rolle, denn ohne eine geeignete Grundlage riskiert die WEG Rechtsfolgen, die im schlimmsten Fall die Situation weiter verschärfen.
Die rechtlichen Grundlagen und die korrekten Fristen bei einer Abmahnung gehören zu den zentralen Aspekten, die es zu beachten gilt. Ein Missverständnis oder Fehler kann dazu führen, dass Rückforderungsansprüche oder Kündigungsversuche scheitern. Im Folgenden wird ein aktueller Fall beleuchtet, der aufzeigt, wie entscheidend die sorgfältige Handhabung dieser Aspekte durch die WEG und den Verwaltungsbeirat ist.
Der Fall vor Gericht
Amtsgericht verwarf Eigentümerabmahnung – Landgericht Frankfurt stärkt Rechte einer Wohnungseigentümerin
Der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt gab der Berufung einer Wohnungseigentümerin statt und erklärte zwei Beschlüsse einer Eigentümerversammlung vom Oktober 2022 für unwirksam. Die Beschlüsse hatten einen Miteigentümer zur gerichtlichen Durchsetzung von Zahlungsansprüchen ermächtigt und die Klägerin zur Veräußerung ihres Eigentums verpflichtet.
Zahlungsrückstände führten zu Abmahnungen und außerordentlicher Versammlung
Im Jahr 2022 bestanden Zahlungsrückstände der Klägerin gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Verwaltungsbeirat mahnte diese mit Schreiben vom 23. September 2022 ab und beraumte eine außerordentliche Eigentümerversammlung für den 18. Oktober 2022 an. Die Klägerin glich die Rückstände am 10. bzw. 11. Oktober 2022 aus. Kurz darauf mahnten zwei weitere Miteigentümer wegen ausstehender Wasser- und Abwassergebühren sowie der fehlenden Offenlegung eines Zählerstandes.
Landgericht erklärt Beschluss zur Beitragsdurchsetzung für nichtig
Das reformierte Wohnungseigentumsrecht sieht vor, dass verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaften nur durch sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam vertreten werden können. Die frühere Möglichkeit, einzelne Eigentümer per Beschluss zur Vertretung zu ermächtigen, wurde bewusst abgeschafft. Der Beschluss zur Ermächtigung eines einzelnen Eigentümers für die Beitragsdurchsetzung war daher nichtig.
Mängel bei der Abmahnung führten zur Unwirksamkeit des Entziehungsbeschlusses
Die vorliegenden Abmahnungen enthielten nicht den rechtlich erforderlichen Hinweis, dass der Klägerin bei fortgesetztem Verhalten der Verlust ihres Wohnungseigentums drohe. Die Abmahnungen wiesen lediglich auf nicht länger geduldetes Verhalten hin, ohne die möglichen Konsequenzen aufzuzeigen. Zudem konnten die Abmahnungen einzelner Wohnungseigentümer die erforderliche Abmahnung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ersetzen.
Gericht sah keine ausreichenden Gründe für Verzicht auf Abmahnung
Das beleidigende Verhalten der Klägerin gegenüber Handwerkern und ihre Drohungen mit Anwälten oder Polizei reichten nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um auf eine Abmahnung zu verzichten. Es fehlte an substantiierten Vorträgen zu schweren Beleidigungen. Auch das Drohen mit rechtlichem Beistand stelle kein empfindliches Übel dar, wenn die Klägerin ihre Sicht der Sachlage schildere und Anwälte mandatiere.
Die Kostenentscheidung erfolgte zu Lasten der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Revision wurde nicht zugelassen, da die umstrittene Frage zur Berechtigung einzelner Eigentümer für Abmahnungen nicht entscheidungserheblich war. Der Streitwert wurde auf 135.767,25 Euro festgesetzt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landgericht Frankfurt stellt klar, dass in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur die Gemeinschaft als Ganzes – nicht einzelne Eigentümer – rechtswirksame Abmahnungen aussprechen und Ansprüche durchsetzen kann. Eine Abmahnung, die zum Verlust des Wohnungseigentums führen soll, muss diese mögliche Konsequenz ausdrücklich und unmissverständlich ankündigen. Die Entscheidung schützt Eigentümer vor übereilten Maßnahmen einzelner Miteigentümer und setzt hohe Hürden für den Entzug von Wohnungseigentum.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie Wohnungseigentümer sind, können einzelne Miteigentümer Sie nicht mehr wirksam abmahnen oder zur Zahlung auffordern – solche Maßnahmen müssen von der gesamten Eigentümergemeinschaft ausgehen. Falls Sie Zahlungsrückstände haben oder sich Miteigentümer über Ihr Verhalten beschweren, muss eine mögliche Zwangsveräußerung Ihrer Wohnung vorher klar und deutlich angedroht werden. Die Androhung rechtlicher Schritte oder die Einschaltung von Anwälten durch Sie ist legitim und kann nicht als Grund für eine Zwangsveräußerung herangezogen werden.
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In komplexen Fragen des Wohnungseigentumsrechts begleiten wir Sie mit juristischer Expertise und praktischer Erfahrung. Ob Sie sich mit unrechtmäßigen Abmahnungen konfrontiert sehen oder Ihre Rechte als Eigentümer durchsetzen möchten – unsere Anwälte analysieren Ihre individuelle Situation und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie. Gemeinsam finden wir den rechtlich sicheren Weg für Ihr Anliegen. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche formalen Anforderungen muss eine wirksame Abmahnung in der WEG erfüllen?
Eine wirksame Abmahnung in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) muss als rechtsgeschäftsähnliche Erklärung bestimmte formale Kriterien erfüllen.
Inhaltliche Anforderungen
Die Abmahnung muss hinreichend bestimmt sein und das konkrete Fehlverhalten des Eigentümers genau bezeichnen. Pauschale Formulierungen wie „Beschädigung des Gemeinschaftseigentums“ sind nicht ausreichend, da sie keine spezifische Verhaltensweise erkennen lassen.
Zuständigkeit und Vertretung
In einer verwalteten WEG kann die Abmahnung durch den Verwalter ausgesprochen werden. Bei einer verwalterlosen Gemeinschaft muss die Abmahnung entweder durch Beschluss aller Eigentümer oder von allen Eigentümern gemeinsam (außer dem Störer) erfolgen.
Formelle Gestaltung
Die Abmahnung ist formfrei möglich, sollte aber aus Beweisgründen schriftlich erfolgen. Sie muss folgende Elemente enthalten:
- Eine konkrete Beschreibung des beanstandeten Fehlverhaltens
- Die Aufforderung zur Verhaltensänderung
- Den Hinweis auf mögliche Konsequenzen bei Fortsetzung des Fehlverhaltens
Zeitliche Vorgaben
Bei einer verwalteten WEG sollte die Abmahnung innerhalb von zwei Monaten nach Kenntniserlangung des Fehlverhaltens erfolgen. Diese Frist orientiert sich an der Zeit, die für die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung erforderlich ist.
Die Abmahnung ist die Grundlage für weitere Maßnahmen wie einen späteren Entziehungsbeschluss nach § 17 WEG. Ein solcher Beschluss kann nur gefasst werden, wenn der Eigentümer trotz Abmahnung sein Fehlverhalten fortsetzt.
Wer ist in der WEG berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen?
Nach der WEG-Reform ist grundsätzlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) als Inhaberin des Entziehungsanspruchs für die Erteilung einer Abmahnung zuständig.
Vertretungsbefugnisse in der verwalteten WEG
In einer WEG mit Verwalter kann die Abmahnung durch den Verwalter als Organ der Gemeinschaft ausgesprochen werden. Eine vorherige Beschlussfassung der Eigentümerversammlung ist dafür nicht zwingend erforderlich.
Besonderheiten bei verwalterlosen Gemeinschaften
In einer verwalterlosen WEG muss die Abmahnung entweder:
- durch Beschluss der Eigentümerversammlung erfolgen oder
- von allen Eigentümern gemeinsam (ausgenommen der Störer) ausgesprochen werden.
Ein einzelner Eigentümer ist nicht berechtigt, im Namen der Gemeinschaft eine Abmahnung auszusprechen. Auch eine Ermächtigung einzelner Eigentümer durch Beschluss zur Vertretung der Gemeinschaft ist nicht möglich.
Formelle Anforderungen
Die Abmahnung ist eine formfreie rechtsgeschäftsähnliche Erklärung. Sie muss:
- ein konkretes Fehlverhalten aufzeigen
- hinreichend bestimmt sein
- deutlich machen, dass dieses Verhalten einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen kann
Bei Verstößen gegen das gemeinschaftliche Eigentum sollte die Eigentümerversammlung einen Beschluss über die Abmahnung fassen und festlegen, wer diese unterzeichnen soll – beispielsweise der Verwaltungsbeirat oder dessen Vorsitzender.
Wann kann die WEG einen Entziehungsbeschluss ohne vorherige Abmahnung fassen?
Eine Abmahnung vor dem Entziehungsbeschluss ist nur in zwei Ausnahmefällen entbehrlich:
Unzumutbarkeit der Abmahnung
Eine Abmahnung ist nicht erforderlich, wenn sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft unzumutbar ist. Dies kann der Fall sein bei:
- Schweren Gewalttätigkeiten gegen andere Eigentümer
- Massiven Bedrohungen von Mitbewohnern
- Erheblichen Sachbeschädigungen am Gemeinschaftseigentum
Offensichtliche Erfolglosigkeit
Die Abmahnung kann entfallen, wenn sie offenkundig keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist anzunehmen, wenn:
- Der störende Eigentümer bereits mehrfach erfolglos abgemahnt wurde
- Eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung vorliegt, die eine sofortige Reaktion erfordert
- Der Eigentümer ausdrücklich erklärt hat, sein Verhalten nicht ändern zu wollen
Besondere Fallkonstellationen
Bei unzumutbar schweren Pflichtverletzungen nach § 17 Abs. 1 WEG kann direkt ein Entziehungsbeschluss gefasst werden. Hierzu zählen:
- Dauerhaft schwere Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber anderen Eigentümern
- Der Betrieb eines Bordells in der Wohnanlage
- Gravierende und andauernde Störungen des Hausfriedens
Ein ohne vorherige Abmahnung gefasster Entziehungsbeschluss kann allerdings rechtlich als Abmahnung umgedeutet werden. In diesem Fall muss dann ein neuer Entziehungsbeschluss gefasst werden, wenn der Eigentümer sein Fehlverhalten fortsetzt.
Welche Rechtsfolgen hat ein fehlerhafter Entziehungsbeschluss?
Ein fehlerhafter Entziehungsbeschluss ist anfechtbar und kann innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist nach § 45 WEG durch Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angefochten werden.
Formelle Prüfung im Anfechtungsverfahren
Bei der gerichtlichen Überprüfung des Entziehungsbeschlusses wird zunächst nur geprüft, ob die formellen Voraussetzungen eingehalten wurden. Dazu gehört insbesondere, ob:
- eine ordnungsgemäße Einladung zur Eigentümerversammlung erfolgte
- der Tagesordnungspunkt klar erkennbar war
- die erforderlichen Mehrheiten erreicht wurden
- der betroffene Eigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen war
Materielle Prüfung erst im Entziehungsverfahren
Die inhaltliche Überprüfung der Entziehungsgründe erfolgt erst im nachfolgenden gerichtlichen Entziehungsverfahren. Stellt sich dort heraus, dass die Voraussetzungen für eine Eigentumsentziehung nicht vorlagen, wird die Entziehungsklage abgewiesen.
Kostenfolgen bei Unwirksamkeit
Wird ein Entziehungsbeschluss erfolgreich angefochten oder die spätere Entziehungsklage abgewiesen, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verfahrenskosten tragen. Diese Kosten sind als Verwaltungskosten von allen Eigentümern zu tragen – einschließlich des betroffenen Eigentümers.
Ein fehlerhafter Entziehungsbeschluss kann unter bestimmten Umständen in eine Abmahnung umgedeutet werden, wenn er die inhaltlichen Anforderungen an eine Abmahnung erfüllt. Dies setzt voraus, dass das beanstandete Verhalten im Beschluss konkret bezeichnet wird.
Was sind die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Entziehungsbeschluss nach § 17 WEG?
Ein rechtmäßiger Entziehungsbeschluss erfordert zunächst eine schwere Pflichtverletzung des betroffenen Wohnungseigentümers, die die Fortsetzung der Gemeinschaft unzumutbar macht.
Materielle Voraussetzungen
Der Entziehungsbeschluss setzt eine vorherige Abmahnung voraus. Diese muss das beanstandete Verhalten konkret bezeichnen und dem Eigentümer die Möglichkeit zur Verhaltensänderung geben. Die Abmahnung kann durch den Verwalter als Vertretungsorgan der Eigentümergemeinschaft ausgesprochen werden und sollte aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.
Eine Abmahnung ist nur in Ausnahmefällen entbehrlich, etwa wenn sie unzumutbar ist oder offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Formelle Voraussetzungen
Die Einladung zur Eigentümerversammlung muss bereits deutlich erkennen lassen, dass über ein Entziehungsverlangen beschlossen werden soll. Der entsprechende Tagesordnungspunkt ist zwingend erforderlich.
Der betroffene Wohnungseigentümer ist bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt, darf aber an der Versammlung teilnehmen.
Beschlussinhalt
Der Entziehungsbeschluss muss das konkrete Verlangen enthalten, dass der störende Eigentümer sein Wohnungseigentum veräußern soll. Als Entziehungsgründe kommen beispielsweise in Betracht:
- Dauernde Misstrauensbekundungen oder Beleidigungen gegenüber anderen Eigentümern
- Erhebliche Nachbarschaftsstreitigkeiten
- Dauernde und grundlose Widersprüche gegen Maßnahmen des Verwalters
Rechtliche Wirkung
Der Entziehungsbeschluss ist Prozessvoraussetzung für eine spätere Entziehungsklage. Bei einer Anfechtung des Beschlusses werden zunächst nur die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung geprüft. Die materiellen Gründe werden erst im Rahmen der Entziehungsklage überprüft.
Hausgeldrückstände sind seit der WEG-Reform kein eigenständiger Entziehungsgrund mehr, da die Gemeinschaft in diesem Fall direkt die Zwangsversteigerung betreiben kann.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
WEG-Entziehungsbeschluss
Ein rechtliches Instrument nach § 17 WEG, mit dem die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Eigentümer zum Verkauf seiner Wohnung zwingen kann. Dies ist nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen möglich, etwa bei anhaltenden Zahlungsrückständen oder gravierenden Verstößen gegen die Hausordnung. Vor einem solchen Beschluss muss eine ordnungsgemäße Abmahnung erfolgen. Beispiel: Ein Eigentümer zahlt über Monate keine Hausgeldbeträge trotz mehrfacher Aufforderung.
Teilungserklärung
Die notariell beurkundete Grundlagenvereinbarung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 8 WEG. Sie regelt die rechtliche Aufteilung des Gebäudes in einzelne Eigentumseinheiten und legt die Rechte und Pflichten der Eigentümer fest. Darin werden etwa Sondernutzungsrechte, Kostentragung oder Gebrauchsregelungen definiert. Beispiel: Die Teilungserklärung bestimmt, dass der Garten ausschließlich von der Erdgeschosswohnung genutzt werden darf.
Verwaltungsbeirat
Ein von der Eigentümerversammlung gewähltes Gremium nach § 29 WEG, das als Bindeglied zwischen Eigentümern und Verwaltung fungiert. Er unterstützt und überwacht die Verwaltung, prüft Wirtschaftspläne und bereitet Eigentümerversammlungen vor. Der Beirat besteht meist aus drei Personen: Vorsitzender und zwei Stellvertreter. Beispiel: Der Beirat prüft die Jahresabrechnung vor der Eigentümerversammlung auf Richtigkeit.
Abmahnung (im WEG-Kontext)
Eine formelle Warnung der Eigentümergemeinschaft an einen Eigentümer nach § 17 WEG. Sie muss konkret das Fehlverhalten benennen, zur Besserung auffordern und auf mögliche Konsequenzen bis hin zum Wohnungsverlust hinweisen. Die Abmahnung ist zwingende Voraussetzung für einen späteren Entziehungsbeschluss. Beispiel: Ein Eigentümer wird wegen wiederholter nächtlicher Ruhestörung abgemahnt.
Streitwert
Der vom Gericht festgesetzte Wert des Streitgegenstands nach §§ 2, 3 ZPO. Er bestimmt die Höhe der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren und ist maßgeblich für die Zuständigkeit des Gerichts. Bei WEG-Verfahren orientiert sich der Streitwert oft am Verkehrswert der betroffenen Wohnung. Beispiel: Bei einem Entziehungsverfahren entspricht der Streitwert meist dem Verkehrswert der Eigentumswohnung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 24 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Einberufung und Durchführung von Eigentümerversammlungen. Insbesondere wird festgelegt, dass der Verwaltungsbeirat die Versammlung wirksam einberufen kann und dass bei nur einem Beiratsmitglied es gleichzeitig auch den Vorsitz führt. Im konkreten Fall war die Einberufung der Versammlung rechtlich korrekt, was zur Gültigkeit der gefassten Beschlüsse beiträgt.
- § 25 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Hier wird die Stimmrechtsausübung der Eigentümer in der Versammlung behandelt, insbesondere die Fragen der Beteiligung an Beschlüssen und der Einfluss von Interessenkonflikten. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Beteiligung der Klägerin an der Beschlussfassung zwar gegen § 25 Abs. 4 WEG verstieß, jedoch keine Auswirkung auf das Ergebnis hatte, was die Nichtigkeit der Beschlüsse ausschließt.
- § 24 Abs. 3 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser spezifische Absatz regelt, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats die Versammlung leitet, wenn nur ein Beiratsmitglied vorhanden ist. In diesem Fall wurde das Verfahren korrekt eingehalten, was eine formelle Grundlage für die Beschlüsse der Versammlung darstellt und zur Begründung der Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse beiträgt.
- § 10 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser Paragraph befasst sich mit den Rechten und Pflichten der Wohnungseigentümer, einschließlich der finanziellen Verpflichtungen zur Übernahme von Kosten für gemeinschaftliche Einrichtungen. Die Klägerin hatte Zahlungsrückstände, was die Grundlage für die gefassten rechtswidrigen Beschlüsse bildet, da die Miteigentümer Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Ansprüche anstrebten.
- § 14 WEG (Wohnungseigentumsgesetz): Dieser Paragraph regelt das Nutzungsverhalten der Wohnungseigentümer und die Gemeinschaftsordnung, die in einer Eigentümergemeinschaft gilt. Im vorliegenden Fall ist die Diskussion um die Verpflichtung der Klägerin zur Veräußern ihres Eigentums laut dem Beschluss zu TOP 4 stark umstritten, da die Rechtmäßigkeit solcher gewalttätigen Maßnahmen gegen einen Eigentümer, der seine Verpflichtungen beglichen hat, in Zweifel gezogen wird.
Das vorliegende Urteil
LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 S 612/23 – Urteil vom 10.10.2024
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