LG Dortmund – Az.: 1 S 473/16 – Urteil vom 11.04.2017
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Lemgo vom 28.11.2016 – Az.: 16 C 10/16 – abgeändert:
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.02.2016 der Wohnungseigentümergemeinschaft K-Straße, C zu TOP 8 wird für ungültig erklärt.
Die Beklagten sind verpflichtet, der Erneuerung der Wohnungseingangstür der im Sondereigentum der Kläger stehenden Wohnung Nr. 5, K-Straße in C zuzustimmen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten mit Ausnahme der Kosten des Berufungsverfahrens, § 97 Abs. 2 ZPO.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 1, 2; 313 a ZPO i.V.m. 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die Klage ist zulässig und begründet.
1.
Die Klage ist nunmehr, nachdem eine vollständige Eigentümerliste zur Akte gereicht worden ist, zulässig. Die Nachholung der Einreichung der Eigentümerliste ist bis zum Abschluss der Berufungsinstanz möglich (vgl. BGH, V ZR 99/10). Da die Eigentümerliste jedoch erst in der II. Instanz nachgereicht worden ist, rechtfertigt sich hieraus die Kostenquote nach § 97 Abs. 2 ZPO.
2.
Die gegen den Beschluss zu TOP 8 aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.02.2016 innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 46 Abs. 1 WEG erhobene Beschlussanfechtungsklage ist begründet.
a)
Der Beschluss vom 19.02.2016 zu Top 8 „Die Wohnungseingangstür soll im jetzigen Zustand beibehalten werden“, der zugleich auch eine Negativkomponente dahingehend enthält, dass die Wohnungseingangstür der Wohnung Nr. 5 nicht erneuert wird, entspricht – unabhängig von einer Erklärung zur Kostenübernahme – nicht ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 4 WEG.
Die Kläger haben einen Anspruch darauf, dass sie genauso behandelt werden, wie andere Eigentümer. Insoweit haben die Kläger einen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgebot, dass die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Wohnungseingangstür, bei der es sich – im Übrigen unstreitig – zwingend um Gemeinschaftseigentum handelt, ersetzt wird.
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass nach der irreparablen Beschädigung der ursprünglich vorhandenen Tür nunmehr ein Provisorium eingebaut ist. Damit müssen die Kläger sich nicht abfinden, weder wenn sie selbst dort wohnen würden noch bei Vermietung der Wohnung, weil die Vermietbarkeit und der zu erzielende Mietzins selbstverständlich u.a. auch vom äußeren Eindruck der Wohnung – unabhängig von der Funktionalität des Provisoriums – abhängig ist.
Soweit die Beklagten sich allein darauf berufen, dass ihre Entscheidung deshalb ermessensfehlerfrei sei, weil das eingebaute Provisorium in der Funktionalität nicht zu beanstanden sei, folgt die Kammer diesem Ansatz nicht. Denn die Kläger haben entsprechend dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Wohnungseingangstür ihrem funktionalen Zweck genügt, sondern auch darauf, dass die Wohnungseingangstür dem übrigen Standard im Haus entspricht, und zwar in Form, Abmessungen, Farbe, Material sowie auch darauf, dass die Tür den gleichen Sicherheitsstandards genügt.
Hierbei kommt es im Übrigen auf eine Kostentragungspflicht überhaupt nicht an, da der gefasste Grundsatzbeschluss, die Tür (dauerhaft) als Provisorium zu belassen, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
b)
Die Beklagten waren auch entsprechend dem Verpflichtungsantrag zu verurteilen. Der auf Verpflichtung gerichtete Beschlussantrag geht nur dahin, einen Grundsatzbeschluss zur Erneuerung der Tür zu fassen.
aa)
Insoweit gelten in diesem Zusammenhang die bereits vorstehend dargelegten Erwägungen und sind in diesem Entscheidungsstadium unabhängig von einer etwaigen Kostentragungspflicht der Kläger.
Die zerstörte Tür bzw. das jetzt vorhandene Provisorium ist durch eine Tür auszutauschen, die – falls sie nicht mehr identisch zu den vorhandenen Türen produziert wird – in Funktionalität, Farbe, Form, Abmessungen, Material und Sicherheit den anderen Türen weitestgehend entspricht.
Darüber aber haben die Eigentümer und nicht die Kläger alleine zu entscheiden, da es sich unstreitig um Gemeinschaftseigentum handelt.
Die Berufung hebt zu Recht darauf ab, dass die Frage der Kostenerstattung von der grundsätzlichen Frage des Einbaus einer ordnungsgemäßen Wohnungseingangstür zu trennen ist. Denn die Entscheidung, welche Tür einzubauen ist, obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, weil es sich bei der Wohnungseingangstür zwingend um Gemeinschaftseigentum handelt und ein Provisorium – wie dargelegt – nicht hinzunehmen ist. Ob für die Kosten des Einbaus ausschließlich die Kläger aufzukommen haben, weil deren Mieter die Tür beschädigt haben, ist eine im Zweifel im Anschluss zu klärende Frage der Kostentragungspflicht bzw. einer Schadensersatzverpflichtung, ändert aber nichts an dem Umstand, dass das Gemeinschaftseigentum ordnungsmäßig zu verwalten und instand zu halten ist.
Unabhängig davon, dass der Beschluss unter Anwendung des § 16 Abs. 4 WEG – worauf die Berufung ebenfalls zutreffend hinweist – hätte getroffen werden können, ist durch die mehrfach während des Prozesses erklärte pauschale und unbeschränkte Bereitschaft der Kläger, die Kosten für den Austausch der Tür zu übernehmen, die sich nach der Mitteilung der Verwaltung im Termin der I. Instanz auf ca. 568 € belaufen, kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Verpflichtungsantrag zu 2) mit Kostenerwägungen ermessensfehlerfrei hätte abgelehnt werden dürfen.
bb)
Letztlich kann die vorstehende Problematik sogar dahingestellt bleiben. Soweit es Streit um die Klärung der Kostenfrage gibt sind die Ausführungen der Kläger in der Berufungsbegründung indes – worauf die Berufungserwiderung zutreffend hinweist – jedenfalls nicht in dieser Pauschalität zutreffend, weil Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen bei ungeklärter Finanzierung, insbesondere, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit der WEG bzw. der Eigentümer betroffen ist, im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse selbstverständlich eine ermessensfehlerfreie Entscheidung dahin erlaubt, Instandsetzungsmaßnahmen, die nicht dringlich sind, zumindest aufzuschieben. Im konkreten Fall ist allerdings zu beachten, dass die entsprechenden Ermessenserwägungen, wie sie von der Berufungserwiderung erstmalig vorgetragen werden, sich nicht dem Beschluss entnehmen lassen. Unabhängig von der Frage einer etwaigen Verspätung gemäß § 529 ff ZPO, ist erforderlich, dass Beschlüsse aus sich heraus verständlich objektiv und normativ ausgelegt werden können. Insoweit ist zu beachten, dass Entscheidungen u.a. zur Sanierung und Instandsetzung wegen der Souveränität der Eigentümer nur auf Ermessensfehler hin kontrollierbar sind. Bei Beschlüssen der vorliegenden Art, die sich nur mit der Pauschalerwägung begnügen, dass eine Diskussion erfolgt sei, würde indes den Gerichten selbst die nur beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler nicht mehr ermöglicht. Im Hinblick darauf, dass Beschlüsse aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen sind, bedarf es in all diesen Fällen auch keiner Beweisaufnahme durch Zeugen dahin, welche Erwägungen für die Eigentümer bei der Beschlussfassung eine Rolle gespielt haben.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO.