LG Dresden – Az.: 2 S 101/19 – Urteil vom 05.07.2019
1. Die Berufung des Klägers vom 22.02.2019 gegen das Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 29.01.2019 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 949,40 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Wegen des Sachverhaltes wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil verwiesen. Ergänzend wird folgendes festgestellt:
Das Amtsgericht Dresden wies mit Urteil vom 29.01.2019 die Klage ab. Gegen das am 14.02.2019 zugestellte Urteil legte der Kläger mit Schriftsatz vom 22.02.2019, Eingang beim Landgericht Dresden am 25.02.2019, Berufung ein, die er rechtzeitig begründete.
Der Kläger verfolgt seine erstinstanzlich erhobenen Anträge weiter.
Der Kläger trägt vor, er habe seine Schadensersatzansprüche für die vergangenen Jahre schlüssig vorgetragen und begründet. Die Beklagte habe sich über 7 Jahre hinweg geweigert, die Abrechnung zum 15.05. Bzw.30.06 zu erstellen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte sich zu einer rechtzeitigen Erstellung der Abrechnung nicht in der Lage sehe. Er müsse seine Einkommenssteuererklärung bis zum 31.05. des Folgejahres abgeben. Da die Abrechnung der Verwaltung bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen habe, habe er seine Steuererklärung nur unvollständig abgeben können und die Angaben zu seinen Einkünften und aus Vermietung und Verpachtung nachreichen müssen.
Der Kläger beantragt:
Unter Abänderung des am 29.01.2019 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Dresden, Az.: 151 C 2278/18, die Beklagte zu verurteilen,
1. die Jahresabrechnung für das Vorjahr bis spätestens am 15. Mai des Folgejahres zu erstellen und an den Kläger zu versenden, hilfsweise die Jahresabrechnung für das Vorjahr jeweils bis spätestens zum Ablauf des 30.06. des Folgejahres zu erstellen und an den Kläger zu versenden,
2. dem Kläger die durch künftige verspätete Abrechnungen entstehenden Anwaltskosten und Mehrkosten für die Einreichung der Anlage V, Vermietung und Verpachtung zur Einkommenssteuererklärung zu erstatten,
3. An den Kläger Anwaltskosten i.H.v. 80,06 EUR Mehraufwand für die nachzureichende Anlage V, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zur Einkommenssteuererklärung für die Jahre 2014 i.H.v. 53,45 EUR, für 2015 i.H.v. 30,00 EUR, für 2016 i.H.v. 60,00 EUR, für 2017 i.H.v. 60,00 EUR, insgesamt 203,55 EUR zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. aus 203,55 EUR ab dem 19.09.2018.
Die Beklagte beantragt: Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Ausführungen unter B. verwiesen.
B.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
I. Die Klage auf Stellung und Versendung der Jahresabrechnung bis zum 15.05. des jeweiligen Folgejahres, hilfsweise bis zum 30.06. des Folgejahres, ist gem. §§ 259 ZPO, 43, Nr. 1, 28 Abs. 2, 21 Abs. 4 WEG zulässig.
1. Die Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO gilt für alle Arten von Ansprüchen, fordert jedoch die Darlegung eines besonderen Interesses und insoweit eine Besorgnis der Leistungsverweigerung als Voraussetzung der Zulässigkeit (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, § 259 Rn. 5). Nach den Umständen muss die Besorgnis gerechtfertigt sein, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
Diese Voraussetzungen hat der Kläger dargelegt, denn die Beklagte hat die Jahresabrechnungen in den vergangenen Jahren jeweils erst nach dem 15.05. bzw. dem 30.06. des Folgejahres erstellt und somit ist zu vermuten, dass sie auch künftig die Jahresabrechnungen nicht eher erstellen wird.
2. Eine erforderliche Prozessführungsbefugnis des Klägers ist gem. §§ 43 Nr. 1, 21 Abs. 4, 28 Abs. 3 WEG ist gegeben, wie das Amtsgericht in zutreffender Weise ausgeführt hat.
3. Jedoch ist die Klage des Klägers auf zukünftige Erstellung der Jahresabrechnung vor dem 15.05. bzw. dem 30.06. des Folgejahres hiernach nicht begründet.
Der Kläger hat nämlich gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf die künftige Erstellung der Jahresabrechnung bis zum 15.05. bzw. 30.06. des Folgejahres nach §§ 28 Abs. 3, 21 Abs. 4 WEG.
a) Gemäß § 28 Abs. 3 WEG hat der Verwalter die Pflicht, die Jahresabrechnung zu erstellen (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2018, Az.: V ZR 89/17, NJW 2018).
b) Im vorliegenden Fall ist der Anspruch des Klägers gegenüber dem Verwalter nicht bereits am 15.05. bzw. 30.06. des Folgejahres fällig.
1) Eine Frist für die Jahresabrechnung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Nach § 271 Abs. 1 BGB ist die Fälligkeit nur „sofort“, wenn die Leistungszeit nicht „bestimmt“ ist oder „aus den Umständen zu entnehmen“ ist.
2) Im vorliegenden Fall ergibt sich keine Frist für die Jahresabrechnung aus der Teilungserklärung oder dem Verwaltervertrag. Somit ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalles, bis zu welchem Zeitpunkt der Verwalter die Jahresabrechnung zu erstellen hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hat der Verwalter 3 bis 6 Monate hierfür Zeit. Allerdings dürfte es auch zulässig sein, bis zum 30.09. des Folgejahres die Jahresabrechnung zu erstellen (vgl. etwa Jennißen, ZWE 2018, 18). Soweit keine Frist vereinbart ist, kommt der Verwalter erst mit der Mahnung in Verzug. Erstellt der Verwalter die Jahresabrechnung nicht rechtzeitig, macht er sich schadensersatzpflichtig.
c) Welche Frist dem Verwalter im Einzelfall zugestanden werden muss, hängt jeweils vom Umfang und der Schwierigkeit der konkreten Jahresabrechnung ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verwalter auf die erforderliche Zuarbeit von Dritten für die Verteilung von verbrauchsabhängigen Kosten wie z.B. Heiz- und Warmwasserkosten angewiesen ist. Solange dies Zuarbeit noch aussteht, kann daher keine Fälligkeit der Jahresabrechnung eintreten.
Damit würde die Festlegung eines festen Termines zur Erstellung und der Versendung der Jahresabrechnung bis zum 15.05. bzw. 30.06. des Folgejahres unberücksichtigt lassen, dass der Verwalter für die Erstellung der Abrechnung gerade auf die Zuarbeit von Dritten angewiesen ist, die ihrerseits nicht an eine Frist bis zum 15.05. bzw. 30.06. gebunden sind.
Die Festlegung eines festen Stichtages, hier der 15.05. bzw. 30.06., berücksichtigt daher nicht die tatsächlichen Umstände, die der Erstellung der Abrechnung zugrunde liegen. Zwar sollte die Jahresabrechnung im Regelfalle spätestens innerhalb von 6 Monaten vom Verwalter erstellt werden, jedoch können in der Zukunft durchaus besondere Umstände vorliegen, auf Grund dessen der Verwalter mehr Zeit hierfür benötigt.
II. Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf Erstattung der durch künftige verspätete Abrechnungen entstehenden Anwaltskosten und Mehrkosten für die Nachreichung der Anlage V – Vermietung und Verpachtung zur Einkommenssteuererklärung gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB.
1. Soweit der Kläger seinen Zahlungsanspruch (Antrag Ziff. 2) nicht beziffert hat, ist eine unbezifferte Leistungsklage wie hier nach § 253 ZPO unzulässig (vgl. Zöller/Greger, aaO., § 253 Rn. 13 a).
2. Auch eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO ist unzulässig, da hierfür das besondere Interesse fehlt. Ein Schadensersatzanspruch ist dem Grunde nach im vorliegenden Fall noch gar nicht entstanden.
III. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch wegen nicht rechtzeitiger Erstellung der bisherigen Jahresabrechnungen aus §§ 280, 286 BGB zu.
1. Der Kläger verlangt insoweit für die vergangenen Jahre die Leistung von Schadensersatz auf Grund seines Mehraufwandes, der ihm durch zweimalige Erstellung der Einkommenssteuererklärung und der Prüfung der ergangenen Bescheide entstanden sei, weshalb die Beklagte ihm seinen Verzugsschaden zu ersetzen habe. Der Kläger macht mithin hier den Ersatz eigenen Zeitaufwandes geltend.
2. Zwar könnte der Kläger nach § 288 Abs. 5 BGB eine Pauschale i.H.v. 40,00 EUR geltend machen, jedoch müsste er dann Gläubiger einer Entgeltforderung sein, was im vorliegenden Fall nicht der Fall ist (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Auflage 2019, § 288 Rn. 8).
3. Für den Zeitaufwand des Geschädigten besteht mit Ausnahme von § 288 Abs. 5 BGB der aber nicht verallgemeinerungsfähig ist, keine Ersatzpflicht (vgl. ebenda § 249 Rn. 59).
C.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.
3. Der Streitwert war nach § 49 a GKG festzusetzen.
4. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht erfordert. Im Übrigen hat keine Partei die Zulassung angeregt.