Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Wohnungsrecht: Vergütungsvereinbarung für Anwalt in WEG rechtlich geklärt
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Unter welchen Voraussetzungen darf eine WEG eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen?
- Was bedeutet der Ermessensspielraum der Eigentümer bei der Entscheidung über Vergütungsvereinbarungen?
- Welche Folgen hat es für Eigentümer, wenn sie die Mehrkosten einer Vergütungsvereinbarung tragen müssen?
- Wie können Eigentümer Beschlüsse der Eigentümerversammlung rechtlich anfechten?
- Welche Rolle spielt die Teilungserklärung bei der Nutzung von Teileigentumseinheiten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klage eines Eigentümers gegen einen Beschluss der Eigentümerversammlung wurde abgewiesen.
- Der Eigentümer wollte die Ungültigerklärung eines Beschlusses erreichen, der ihn verpflichtete, seinen Gastronomiebetrieb einzustellen.
- Die Eigentümerversammlung hatte beschlossen, gegen den Gastronomiebetrieb vorzugehen und eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abzuschließen.
- Der Kläger argumentierte, dass die Nutzung als Gastronomie zulässig sei und der Beschluss unzulässig und intransparent sei.
- Das Gericht entschied, dass die Eigentümer einen weiten Ermessensspielraum haben, um solche Beschlüsse zu fassen.
- Es wurde festgestellt, dass der Beschluss nicht offensichtlich unbegründet war und daher nicht als ungültig erklärt werden konnte.
- Die Eigentümer dürfen Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten treffen, solange diese innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen liegen.
- Das Gericht sah keinen Ermessensmissbrauch seitens der Eigentümer bei der Beschlussfassung.
- Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
- Das Urteil ermöglicht den Eigentümern, Kosten für anwaltliche Vertretung nach dem Verursacherprinzip zu verteilen.
Wohnungsrecht: Vergütungsvereinbarung für Anwalt in WEG rechtlich geklärt
Die Rechtsbeziehungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind vielfältig und komplex. Oftmals entstehen Konflikte zwischen den Eigentümern, die eine juristische Klärung erfordern. Ein häufiges Thema sind dabei insbesondere die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung der WEG anfallen. Die Eigentümerversammlung ist dazu befugt, einen Verwalter zu bestellen und diesen mit entsprechenden Aufgaben zu betrauen. Hierbei kann es vorkommen, dass die Eigentümerversammlung beschließt, einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Gemeinschaft zu beauftragen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob die WEG-Gemeinschaft mit dem Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung abschließen darf, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist.
Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist nicht immer eindeutig. In einigen Fällen wurde die Auffassung vertreten, dass die WEG-Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt nur eine Honorarvereinbarung dann abschließen darf, wenn dies durch die Eigentümerversammlung in einem entsprechenden Beschluss festgelegt wird. Ob eine solche Vereinbarung rechtmäßig ist und welche rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelnen zu beachten sind, wird in vielen Fällen strittig. Dieser spezielle Themenbereich wurde kürzlich auch Gegenstand eines Gerichtsurteils.
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Der Fall vor Gericht
Streit um Vergütungsvereinbarung für WEG-Anwalt vor Gericht
Ein Urteil des Amtsgerichts München (Az. 1292 C 816/23 WEG) befasst sich mit einem Konflikt innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bezüglich der Beauftragung und Vergütung eines Rechtsanwalts. Der Fall dreht sich um einen Beschluss der Eigentümerversammlung, der die Einleitung rechtlicher Schritte gegen einen Wohnungseigentümer wegen zweckwidriger Nutzung seiner Teileigentumseinheit vorsieht.
Der Kläger, Eigentümer einer als „Laden“ bezeichneten Teileigentumseinheit, betreibt in seinen Räumlichkeiten einen Gastronomiebetrieb. Die Mehrheit der Eigentümer sieht darin eine zweckwidrige Nutzung und fasste in einer Versammlung am 20.12.2022 einen Beschluss, um dagegen vorzugehen. Dieser Beschluss umfasst mehrere Punkte:
- Die Aufforderung an den Kläger, den Gastronomiebetrieb einzustellen.
- Die Ermächtigung zur gerichtlichen Durchsetzung dieses Anliegens.
- Die Erlaubnis für den Verwalter, eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abzuschließen.
- Die Festlegung, dass der Kläger im Falle seines Unterliegens die Mehrkosten dieser Vereinbarung zu tragen hat.
Rechtliche Auseinandersetzung um die Gültigkeit des WEG-Beschlusses
Der Kläger focht diesen Beschluss an und argumentierte, dass die Entscheidung zur Rechtsverfolgung gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoße, da der Anspruch offensichtlich unbegründet sei. Er behauptet, die Bezeichnung als „Laden“ in der Teilungserklärung stelle keine Zweckbestimmung dar und schließe einen Gastronomiebetrieb nicht aus.
Besonders kritisch sah der Kläger die Ermächtigung zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt. Er argumentierte, dass dafür kein sachlicher Grund bestehe und die Regelung intransparent sei. Zudem sei die Übertragung der Mehrkosten auf ihn unzulässig, da die WEG keine Kompetenz habe, einen solchen Zahlungsanspruch zu begründen.
Die beklagte WEG verteidigte den Beschluss und betonte, dass es sich um einen reinen Vorbereitungs- und Ermächtigungsbeschluss handle, der das Rechtsverhältnis mit dem Kläger nicht direkt regle. Sie argumentierte, dass die Eigentümer einen weiten Ermessensspielraum hätten, um strittige Rechtsfragen klären zu lassen.
Gerichtliche Entscheidung zur Zulässigkeit der Vergütungsvereinbarung
Das Amtsgericht München wies die Klage ab und bestätigte die Gültigkeit des Beschlusses in allen Punkten. In seiner Begründung führte das Gericht aus:
- Die Aufforderung zur Einstellung des Gastronomiebetriebs liegt im Ermessensspielraum der Eigentümer, da Anhaltspunkte für eine mögliche Unvereinbarkeit mit der Teilungserklärung vorliegen.
- Der Beschluss zur rechtlichen Verfolgung ist ein zulässiger Vorbereitungsbeschluss. Die Eigentümer haben das Recht, strittige Fragen gerichtlich klären zu lassen, solange der Anspruch nicht offensichtlich unbegründet ist.
- Die Ermächtigung zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt ist ebenfalls vom Ermessensspielraum der Eigentümer gedeckt. Das Gericht betonte, dass das seit 01.12.2020 geltende WEG-Recht solche Vereinbarungen nicht untersagt.
- Die Übertragung der Mehrkosten auf den Kläger im Falle seines Unterliegens wurde vom Gericht als zulässige Festlegung eines abweichenden Kostenverteilerschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG interpretiert.
Bedeutung für Wohnungseigentümer und Verwaltungspraxis
Das Urteil des Amtsgerichts München hat wichtige Implikationen für Wohnungseigentümer und die Verwaltungspraxis von Eigentümergemeinschaften:
- Es bestätigt den weiten Ermessensspielraum der Eigentümergemeinschaft bei der Entscheidung über rechtliche Schritte gegen einzelne Eigentümer.
- Die Möglichkeit, Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten abzuschließen, bleibt auch nach der WEG-Reform 2020 bestehen. Dies kann für Eigentümergemeinschaften von Vorteil sein, um qualifizierte rechtliche Vertretung sicherzustellen.
- Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Formulierung von Beschlüssen, insbesondere wenn es um die Verteilung von Kosten geht. Die Auslegung des Gerichts zugunsten eines abweichenden Kostenverteilerschlüssels zeigt, wie wichtig eine klare und rechtlich fundierte Beschlussfassung ist.
- Für Wohnungseigentümer bedeutet dieses Urteil, dass sie mit potenziell höheren Kosten rechnen müssen, wenn sie in rechtliche Auseinandersetzungen mit der Gemeinschaft geraten. Die Möglichkeit, Vergütungsvereinbarungen zu treffen und die Mehrkosten auf den unterliegenden Eigentümer umzulegen, kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bekräftigt den weiten Ermessensspielraum von Wohnungseigentümergemeinschaften bei rechtlichen Auseinandersetzungen. Es bestätigt die Zulässigkeit von Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten auch nach der WEG-Reform 2020 und erlaubt die Umlage der Mehrkosten auf unterlegene Eigentümer. Dies stärkt die Position der WEG, erhöht aber potenzielle finanzielle Risiken für einzelne Eigentümer in Rechtsstreitigkeiten mit der Gemeinschaft.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Eigentümer einer Eigentumswohnung sollten Sie sich bewusst sein, dass dieses Urteil den Handlungsspielraum von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) bei rechtlichen Auseinandersetzungen erweitert. WEGs können nun Vergütungsvereinbarungen mit Rechtsanwälten abschließen, die über die üblichen Gebührensätze hinausgehen. Dabei müssen sie sich an bestimmte Grenzen halten, die sich am Streitwert orientieren. Wichtig für Sie zu wissen: Sollten Sie in einem Rechtsstreit mit der WEG unterliegen, können diese Mehrkosten auf Sie umgelegt werden. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, Beschlüsse Ihrer WEG genau zu prüfen und bei Unklarheiten nachzufragen. Bedenken Sie, dass die Gemeinschaft einen weiten Ermessensspielraum hat, solange ihre Entscheidungen nicht offensichtlich unbegründet sind.
FAQ – Häufige Fragen
Sie haben einen Streit um die Vergütungsvereinbarung für den WEG-Anwalt vor Gericht und sind sich nicht sicher, welche Rechte und Pflichten Sie haben? Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen hilfreiche Informationen und Antworten auf wichtige Fragen rund um dieses Thema.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Unter welchen Voraussetzungen darf eine WEG eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen?
- Was bedeutet der Ermessensspielraum der Eigentümer bei der Entscheidung über Vergütungsvereinbarungen?
- Welche Folgen hat es für Eigentümer, wenn sie die Mehrkosten einer Vergütungsvereinbarung tragen müssen?
- Wie können Eigentümer Beschlüsse der Eigentümerversammlung rechtlich anfechten?
- Welche Rolle spielt die Teilungserklärung bei der Nutzung von Teileigentumseinheiten?
Unter welchen Voraussetzungen darf eine WEG eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen?
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) darf unter bestimmten Voraussetzungen eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen. Grundsätzlich bedarf es dafür eines Beschlusses der Eigentümerversammlung. Dies ist erforderlich, da eine solche Vereinbarung von den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) abweicht und potenziell zu höheren Kosten für die Gemeinschaft führen kann.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung muss konkrete Vorgaben enthalten. Die Person des zu beauftragenden Rechtsanwalts muss aus dem Beschlusstext erkennbar sein. Eine pauschale Ermächtigung des Verwalters zum Abschluss von Vergütungsvereinbarungen mit beliebigen Anwälten entspricht nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung und ist daher unzulässig.
Für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung müssen besondere Gründe vorliegen. Diese können beispielsweise in einer außergewöhnlichen fachlichen Qualifikation des Rechtsanwalts, einem besonderen Vertrauensverhältnis oder einer bereits erfolgten Vorbeauftragung in einer zusammenhängenden Angelegenheit bestehen. Die Gründe sollten im Beschlusstext genannt werden, um die Entscheidung nachvollziehbar zu machen.
Die Vergütungsvereinbarung selbst muss schriftlich erfolgen und vom Rechtsanwalt und dem Vertreter der WEG unterzeichnet werden. Sie muss als solche bezeichnet sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Inhaltlich muss sie den Anforderungen des § 3a RVG entsprechen.
Es ist zu beachten, dass eine Vergütungsvereinbarung in WEG-Sachen oft nicht notwendig ist. Viele Fachanwälte sind bereit, auch in diesen Angelegenheiten nach den gesetzlichen Gebühren des RVG abzurechnen. Ein praktischer Bedarf besteht daher in der Regel nicht.
Bei der Entscheidung für eine Vergütungsvereinbarung sollten die Wohnungseigentümer auch die möglichen Konsequenzen bedenken. Eine Abrechnung außerhalb des RVG kann dazu führen, dass im Falle eines Prozessgewinns nicht alle Kosten vom Gegner erstattet werden. Dies kann zu einer finanziellen Mehrbelastung der WEG führen.
In Ausnahmefällen kann eine Vergütungsvereinbarung für geringfügige Beträge auch ohne expliziten Beschluss der Eigentümerversammlung zulässig sein. Dies gilt insbesondere für sehr große Wohnungseigentümergemeinschaften, bei denen der Verwaltungsaufwand für einen Beschluss unverhältnismäßig wäre.
Die Wohnungseigentümer sollten bei der Entscheidung über eine Vergütungsvereinbarung stets das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick behalten. Eine sorgfältige Abwägung zwischen der möglicherweise höheren Qualität der Rechtsberatung und den zusätzlichen Kosten ist unerlässlich.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine WEG eine Vergütungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt abschließen darf, wenn ein entsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegt, besondere Gründe die Vereinbarung rechtfertigen und die formalen Anforderungen des RVG eingehalten werden. Die Entscheidung sollte wohlüberlegt sein und die möglichen finanziellen Auswirkungen berücksichtigen.
Was bedeutet der Ermessensspielraum der Eigentümer bei der Entscheidung über Vergütungsvereinbarungen?
Der Ermessensspielraum der Eigentümer bei der Entscheidung über Vergütungsvereinbarungen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) ist rechtlich begrenzt und an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Grundsätzlich haben die Eigentümer einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Beauftragung von Rechtsanwälten und dem Abschluss von Vergütungsvereinbarungen. Dieser Spielraum ist jedoch nicht unbegrenzt und muss im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung ausgeübt werden.
Ein zentraler Aspekt des Ermessensspielraums betrifft die Frage, ob überhaupt eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen werden soll. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass für eine Vergütungsvereinbarung besondere Gründe vorliegen müssen. Dies liegt daran, dass in der Regel eine Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ausreichend und kostengünstiger ist. Zudem gewährleistet nur eine Abrechnung nach RVG, dass im Falle eines Prozessgewinns alle Kosten vom Gegner erstattet werden können.
Als besondere Gründe, die eine Vergütungsvereinbarung rechtfertigen können, kommen beispielsweise in Betracht:
– Eine besondere fachliche Qualifikation des Rechtsanwalts
– Ein bestehendes Vertrauensverhältnis zu einem bestimmten Anwalt
– Eine Vorbeauftragung in einer zusammenhängenden Angelegenheit
Der Ermessensspielraum der Eigentümer umfasst auch die Auswahl des konkreten Rechtsanwalts. Allerdings hat die Rechtsprechung hier eine wichtige Einschränkung vorgenommen: Bei einer Vergütungsvereinbarung muss zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Eine vollständige Delegation dieser Entscheidung an den Verwalter ist nicht zulässig.
Die Eigentümer müssen bei der Ausübung ihres Ermessens auch berücksichtigen, ob die Vergütungsvereinbarung zu einer erheblichen Kostenvermehrung führen könnte. Sie haben abzuwägen, ob der potenzielle Nutzen einer speziellen Vereinbarung die möglichen Mehrkosten rechtfertigt.
Ein weiterer Aspekt des Ermessensspielraums betrifft die Frage, ob Vergleichsangebote eingeholt werden müssen. Bei einer Abrechnung außerhalb des gesetzlichen Preisrechts kann dies unter Umständen erforderlich sein, um eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung zu treffen.
Die Grenzen des Ermessensspielraums werden auch durch § 27 Abs. 1 WEG gezogen. Eine Vergütungsvereinbarung ist im Regelfall nicht von dieser Vorschrift gedeckt und kann daher nicht ohne Weiteres auf den Verwalter übertragen werden. Nur bei tatsächlich geringfügigen Beträgen, etwa in sehr großen Gemeinschaften, könnte eine Ausnahme in Betracht kommen.
Bei der Ausübung ihres Ermessens müssen die Eigentümer ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen. Es empfiehlt sich, die Gründe für eine Vergütungsvereinbarung und die Auswahl eines bestimmten Anwalts im Beschlusstext zu dokumentieren. Dies erhöht die Transparenz und kann im Falle einer späteren Anfechtung des Beschlusses von Bedeutung sein.
Der Ermessensspielraum der Eigentümer ist somit ein wichtiges Instrument, um flexibel auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft reagieren zu können. Er unterliegt jedoch rechtlichen Schranken und muss stets im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung ausgeübt werden. Die sorgfältige Abwägung aller relevanten Faktoren und die transparente Dokumentation der Entscheidungsgründe sind dabei von zentraler Bedeutung.
Welche Folgen hat es für Eigentümer, wenn sie die Mehrkosten einer Vergütungsvereinbarung tragen müssen?
Die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung mit einem Rechtsanwalt kann für Wohnungseigentümer erhebliche finanzielle Folgen haben. Grundsätzlich müssen die Eigentümer gemäß § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums nach ihren Miteigentumsanteilen tragen. Dies gilt auch für Rechtsanwaltskosten, die im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums entstehen.
Bei einer Vergütungsvereinbarung, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, können die Mehrkosten auf die einzelnen Eigentümer umgelegt werden. Dies führt zu einer höheren finanziellen Belastung für jeden Miteigentümer. Die konkrete Höhe hängt vom vereinbarten Honorar und der Größe der Eigentümergemeinschaft ab.
Es ist wichtig zu beachten, dass eine solche Vereinbarung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die Eigentümerversammlung muss einen entsprechenden Beschluss fassen, der die Vergütungsvereinbarung genehmigt. Dabei müssen besondere Gründe vorliegen, die eine Abweichung von der gesetzlichen Vergütung rechtfertigen. Dies können beispielsweise die besondere fachliche Qualifikation des Anwalts oder ein bestehendes Vertrauensverhältnis sein.
Für den einzelnen Eigentümer bedeutet dies, dass er möglicherweise mit höheren Kosten rechnen muss, als dies bei einer Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) der Fall wäre. Die Mehrkosten können je nach Vereinbarung erheblich sein und müssen zusätzlich zu den regulären Wohngeldzahlungen aufgebracht werden.
Ein weiterer Aspekt ist, dass bei einer Vergütungsvereinbarung die Erstattungsfähigkeit der Kosten im Falle eines Rechtsstreits eingeschränkt sein kann. Unterliegt die Eigentümergemeinschaft in einem Prozess, können die Kosten, die über die gesetzliche Vergütung hinausgehen, möglicherweise nicht vom Prozessgegner erstattet werden. Dies führt dazu, dass die Eigentümer diese Mehrkosten auch im Falle eines Prozessverlusts selbst tragen müssen.
Es besteht zudem die Möglichkeit, dass einzelne Eigentümer die Rechtmäßigkeit eines solchen Beschlusses anfechten. Wird der Beschluss für ungültig erklärt, können die bereits gezahlten Mehrkosten zurückgefordert werden. Dies kann zu komplexen rechtlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft führen.
Für Eigentümer ist es daher ratsam, bei der Abstimmung über eine Vergütungsvereinbarung kritisch zu hinterfragen, ob die Mehrkosten gerechtfertigt sind. Sie sollten prüfen, ob die Vorteile einer solchen Vereinbarung die zusätzliche finanzielle Belastung aufwiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine qualifizierte rechtliche Vertretung in komplexen Fällen durchaus im Interesse der Gemeinschaft sein kann und langfristig sogar Kosten sparen könnte.
Die Folgen einer Vergütungsvereinbarung können sich auch auf die Liquidität der einzelnen Eigentümer auswirken. Insbesondere bei größeren Rechtsstreitigkeiten oder langwierigen Verfahren können die Kosten beträchtlich sein. Eigentümer müssen daher ihre finanzielle Planung anpassen und gegebenenfalls Rücklagen bilden, um die zusätzlichen Ausgaben stemmen zu können.
Es ist zu beachten, dass die Kostenverteilung innerhalb der Gemeinschaft gerecht erfolgen muss. Eine willkürliche oder einzelne Eigentümer benachteiligende Verteilung der Mehrkosten ist nicht zulässig. Die Verteilung muss dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen und darf keine Eigentümer unangemessen belasten.
Letztlich können die Folgen einer Vergütungsvereinbarung auch das Gemeinschaftsverhältnis beeinflussen. Kontroversen über die Notwendigkeit und Angemessenheit solcher Vereinbarungen können zu Spannungen zwischen den Eigentümern führen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer transparenten Kommunikation und sorgfältigen Abwägung bei der Entscheidungsfindung in der Eigentümerversammlung.
Wie können Eigentümer Beschlüsse der Eigentümerversammlung rechtlich anfechten?
Die Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümerversammlung ist ein wichtiges Recht für Wohnungseigentümer, um sich gegen möglicherweise rechtswidrige oder unangemessene Entscheidungen zu wehren. Der rechtliche Prozess dafür ist klar geregelt und unterliegt strengen Fristen.
Grundsätzlich muss eine Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag der Eigentümerversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde – nicht erst mit dem Erhalt des Protokolls. Es ist daher ratsam, nicht auf das offizielle Protokoll zu warten, sondern unmittelbar nach der Versammlung zu handeln, wenn man einen Beschluss anfechten möchte.
Die Klage muss sich seit der WEG-Reform 2020 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten, nicht mehr gegen die einzelnen anderen Eigentümer. Dies vereinfacht das Verfahren erheblich. Innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung muss die Anfechtungsklage zudem schriftlich begründet werden.
Für eine erfolgreiche Anfechtung müssen triftige Gründe vorliegen. Diese können formeller oder inhaltlicher Natur sein. Formelle Mängel betreffen beispielsweise Fehler bei der Einberufung der Versammlung oder der Durchführung der Abstimmung. Inhaltliche Mängel liegen vor, wenn ein Beschluss gegen Gesetze, die Gemeinschaftsordnung oder den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder fehlerhafte Beschluss automatisch nichtig ist. Die meisten Mängel führen lediglich zur Anfechtbarkeit. Nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen, etwa wenn der Beschluss gegen zwingendes Recht verstößt, ist er von Anfang an nichtig und muss nicht angefochten werden.
Die Kosten einer Anfechtungsklage tragen grundsätzlich alle Eigentümer gemeinsam, auch der Kläger selbst. Dies soll übermäßige Klagen eindämmen. Die Eigentümergemeinschaft kann jedoch per Beschluss eine andere Kostenverteilung festlegen.
Während des Anfechtungsverfahrens bleibt der angefochtene Beschluss zunächst gültig. Erst wenn das Gericht ihn für ungültig erklärt, wird er rückwirkend aufgehoben. Dies kann zur Folge haben, dass bereits getroffene Maßnahmen rückgängig gemacht werden müssen.
Der Prozess der Beschlussanfechtung erfordert juristisches Fachwissen und sollte wohlüberlegt sein. Eigentümer sollten sorgfältig abwägen, ob die Erfolgsaussichten einer Klage die möglichen Kosten und den Aufwand rechtfertigen. In komplexen Fällen kann eine fachkundige Beratung hilfreich sein, um die Chancen und Risiken einer Anfechtung realistisch einzuschätzen.
Welche Rolle spielt die Teilungserklärung bei der Nutzung von Teileigentumseinheiten?
Die Teilungserklärung spielt eine zentrale Rolle bei der Nutzung von Teileigentumseinheiten und legt den rechtlichen Rahmen für deren Verwendung fest. Sie definiert die zulässige Nutzung der einzelnen Einheiten und ist für alle Eigentümer bindend.
In der Teilungserklärung wird die Zweckbestimmung der Teileigentumseinheiten festgelegt. Dies bedeutet, dass dort genau beschrieben wird, wie die einzelnen Räume oder Flächen genutzt werden dürfen. Beispielsweise kann festgelegt sein, dass bestimmte Einheiten als Büros, Ladenlokale oder für sonstige gewerbliche Tätigkeiten vorgesehen sind. Diese Festlegungen sind für alle Eigentümer verbindlich und müssen bei der Nutzung der Einheiten beachtet werden.
Die Teilungserklärung dient als rechtliche Grundlage für die Wohnungseigentümergemeinschaft und hat einen quasi-verfassungsmäßigen Charakter. Sie regelt nicht nur die Nutzung der Teileigentumseinheiten, sondern auch die Rechte und Pflichten der Eigentümer sowie die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums.
Eine zweckwidrige Nutzung von Teileigentumseinheiten, die von den Vorgaben der Teilungserklärung abweicht, ist grundsätzlich nicht zulässig. Wenn beispielsweise eine als Büro ausgewiesene Einheit als Wohnung genutzt wird, verstößt dies gegen die Teilungserklärung. In solchen Fällen haben die anderen Wohnungseigentümer das Recht, die Unterlassung der zweckwidrigen Nutzung zu verlangen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Teilungserklärung nicht leichtfertig geändert werden kann. Eine Änderung erfordert in der Regel die Zustimmung aller Wohnungseigentümer und muss notariell beurkundet sowie im Grundbuch eingetragen werden. Dies unterstreicht die Bedeutung und Beständigkeit der in der Teilungserklärung getroffenen Festlegungen.
Die Durchsetzung der in der Teilungserklärung festgelegten Nutzungsbestimmungen obliegt der Wohnungseigentümergemeinschaft. Bei Verstößen können die Eigentümer gemeinschaftlich oder einzeln gegen den zuwiderhandelnden Eigentümer vorgehen. Dies kann durch Abmahnungen, Unterlassungsklagen oder in schwerwiegenden Fällen sogar durch Entziehung des Wohnungseigentums geschehen.
In manchen Fällen kann eine zweckwidrige Nutzung ausnahmsweise zulässig sein, wenn sie nicht mehr stört als die in der Teilungserklärung vorgesehene Nutzung. Dies muss jedoch im Einzelfall geprüft und gegebenenfalls gerichtlich geklärt werden.
Die Teilungserklärung beeinflusst auch die Kostenverteilung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie legt fest, wie die Kosten für Instandhaltung und Verwaltung auf die einzelnen Eigentümer verteilt werden. Dies kann insbesondere bei gemischt genutzten Anlagen, die sowohl Wohnungs- als auch Teileigentum umfassen, von Bedeutung sein.
Für potenzielle Käufer oder Mieter von Teileigentumseinheiten ist es ratsam, die Teilungserklärung vor dem Erwerb oder der Anmietung sorgfältig zu prüfen. So können sie sicherstellen, dass die beabsichtigte Nutzung mit den rechtlichen Vorgaben übereinstimmt und spätere Konflikte vermieden werden.
Die Teilungserklärung bildet somit das Fundament für die rechtmäßige Nutzung von Teileigentumseinheiten und gewährleistet eine geordnete Verwaltung und Nutzung des Gemeinschaftseigentums. Ihre Bestimmungen sind für alle Beteiligten bindend und tragen wesentlich zur Stabilität und Funktionsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Vergütungsvereinbarung: Eine Vergütungsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen einem Auftraggeber, hier der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), und einem Rechtsanwalt, der die Höhe der Anwaltskosten festlegt. Solche Vereinbarungen können über die üblichen gesetzlichen Gebühren hinausgehen und müssen von der Eigentümerversammlung beschlossen werden, um rechtswirksam zu sein.
- Ermessensspielraum: Der Ermessensspielraum bezeichnet den Handlungsspielraum, den das Gesetz einer Person oder Institution bei Entscheidungen einräumt. In diesem Kontext haben die Eigentümer der WEG einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, ob sie einen Anwalt beauftragen und wie sie dessen Vergütung regeln. Dieser Spielraum darf nicht willkürlich genutzt werden, sondern muss sachlich begründet sein.
- Teilungserklärung: Die Teilungserklärung ist ein notariell beurkundetes Dokument, das die Aufteilung eines Grundstücks in verschiedene Eigentumseinheiten und deren Nutzung regelt. Sie legt fest, welche Einheiten als Wohn- oder Gewerbeeinheiten genutzt werden dürfen. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Nutzung einer als „Laden“ bezeichneten Einheit als Gastronomiebetrieb zulässig ist.
- Kostenverteilungsschlüssel: Der Kostenverteilungsschlüssel bestimmt, wie die Kosten innerhalb einer WEG auf die einzelnen Eigentümer verteilt werden. Üblicherweise erfolgt dies nach Miteigentumsanteilen, jedoch kann durch Beschluss der Eigentümerversammlung eine abweichende Regelung getroffen werden. Hier wurde beschlossen, die Mehrkosten der Anwaltsvergütung dem unterliegenden Eigentümer aufzuerlegen.
- Ordnungsgemäße Verwaltung: Dieser Begriff bezieht sich auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß den gesetzlichen Vorschriften und den Regeln der Gemeinschaft. Die Eigentümer müssen sicherstellen, dass die Verwaltung transparent und im Interesse aller Eigentümer erfolgt. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Entscheidung, den Kläger zu verklagen, diesen Grundsätzen entspricht.
- Beschlussfähigkeit: Eine Eigentümerversammlung ist nur dann beschlussfähig, wenn eine bestimmte Mindestanzahl von Eigentümern anwesend oder vertreten ist. Die Beschlussfähigkeit ist eine Voraussetzung dafür, dass gefasste Beschlüsse rechtsgültig sind. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Versammlung, die die Vergütungsvereinbarung beschlossen hat, beschlussfähig war.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 4 WEG (Beschlussfassung): Dieser Paragraph regelt die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Er legt fest, dass Beschlüsse grundsätzlich mit Stimmenmehrheit gefasst werden. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Beschluss zur Beauftragung des Anwalts und zur Kostenverteilung ordnungsgemäß gefasst wurde.
- § 14 Nr. 1 WEG (Ordnungsmäßige Verwaltung): Dieser Paragraph verpflichtet die Eigentümer zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Entscheidung der WEG, den Kläger wegen der Nutzung seiner Einheit als Gastronomiebetrieb zu verklagen, den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.
- § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG (Kostenverteilung): Dieser Paragraph erlaubt es der WEG, durch Beschluss von der gesetzlichen Kostenverteilung abzuweichen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Beschluss, die Mehrkosten einer Anwaltsvergütungsvereinbarung dem Kläger aufzuerlegen, eine zulässige Abweichung darstellt.
- § 49a Abs. 1 WEG (Vertretung der Gemeinschaft): Dieser Paragraph ermächtigt den Verwalter, die Gemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Verwalter im Rahmen dieser Vertretungsmacht eine Vergütungsvereinbarung mit einem Anwalt abschließen darf.
- § 675 Abs. 1 BGB (Auftrag): Dieser Paragraph regelt den Auftrag als Rechtsgeschäft. Er besagt, dass der Beauftragte (hier der Anwalt) verpflichtet ist, das ihm vom Auftraggeber (hier der WEG) übertragene Geschäft auszuführen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Beauftragung des Anwalts durch die WEG einen wirksamen Auftrag darstellt.
Das vorliegende Urteil
AG München – Az.: 1292 C 816/23 WEG – Urteil vom 30.08.2023
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ungültigerklärung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 20.12.2022 geltend.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger ist Sondereigentümer der Teileigentumseinheit Nummer 14. Die Gemeinschaft wird von #### Immobilien verwaltet.
Streitgegenständlich sind hier die unter TOP 2 beschlossenen Regelungen. Hinsichtlich des Wortlauts des streitgegenständlichen Beschlusses wird auf das als Anlage zur Klageschrift vom 18.01.2023 vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.12.2022 Bezug genommen.
Dieser Beschluss wurde vom Kläger mit der Klageschrift vom 18.01.2023, eingegangen bei Gericht am 19.01.2023 angefochten. Die Anfechtungsbegründung erfolgte mit Schriftsatz vom 17.02.2023, eingegangen bei Gericht am selben Tag.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dass die Eigentümer in Teil 1 des Beschlusses die Entscheidung getroffen hätten, den Kläger auf Einstellung des Restaurations-/Gastronomiebetriebes in seiner Teileigentumseinheit außergerichtlich und gerichtlich unter Mandatierung eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.
Dies widerspreche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da den Eigentümern insoweit kein Ermessen eingeräumt sei, weil es sich um einen offensichtlich unbegründeten Anspruch handle. Es bestehe kein Anspruch aus § 14 Abs. 1 WEG, dem Kläger den Betrieb eines Restaurations-/Gastronomiebetriebs zu untersagen. Als Laden werde die Einheit des Klägers in der Teilungserklärung nämlich nur im Zusammenhang mit der Aufteilung und der räumlichen Lage ohne weitere Erläuterungen bezeichnet. Es handle sich somit nicht um eine Zweckbestimmung. Schon aus diesem Grunde sei der Anspruch offensichtlich unbegründet.
Weiter hätten die Eigentümer entschieden, den Kläger auf Unterlassung dieses Betriebs auch in der Zukunft in Anspruch zu nehmen. Anhaltspunkte hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr, die eine vorbeugende Unterlassungsklage stützen könnten, seien jedoch offensichtlich nicht vorhanden.
Auch die Entscheidung, den Verwalter zu ermächtigen, mit einem Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung (Streitwertvereinbarung) abzuschließen, sei unzulässig. Angesichts der hierfür gängigen Streitwerte bestehe kein sachlicher Grund, mit einem Rechtsanwalt noch höhere Gebühren zu vereinbaren. Dieser Beschlussteil sei zudem auch intransparent, da sich die Befugnis des Verwalters darauf beziehe, einen Streitwert „innerhalb der Grenzen des § 49 GKG“ zu vereinbaren. Diese Vorschrift beziehe sich aber auf Beschlussklagen, während es hier um eine Leistungsklage gehe. Es bleibe daher unklar, welche Handlungsanweisung dem Verwalter konkret gegeben werden sollte.
Auch die Entscheidung, dass der Kläger die Mehrkosten einer Vergütungsvereinbarung zu tragen habe, sei nicht zulässig.
Aus dem Beschlusstext ergebe sich nicht, ob hier ein Erstattungsanspruch gegen den Kläger begründet werden solle oder ob es sich um die Festlegung eines Schlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG handle. Zudem habe die Gemeinschaft auch keine Beschlusskompetenz, einen Zahlungsanspruch zu begründen. Es gelte das Belastungsverbot.
Sollte der Beschlussteil als Festlegung eines Kostenverteilungsschlüssels zu verstehen sein, würde eine verschuldensunabhängige Haftung des Klägers für Pflichtverletzungen ermöglicht, was mit dem allgemeinen Verschuldensprinzip nicht zu vereinbaren sei. Der Beschluss sei daher zumindest in Teilbereichen sogar nichtig, was gemäß § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit führe, da die Beklagte durch die Verklammerung in TOP 2 zum Ausdruck gebracht habe, dass es sich bei den einzelnen Beschlussteilen um ein Gesamtprodukt handele.
Der Kläger beantragt daher:
Der auf der Eigentümerversammlung vom 20.12.2022 der Wohnungseigentümergemeinschaft … gefasste Beschluss zu dem Tagesordnungspunkt 2 wird für ungültig erklärt.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Sie führt im Wesentlichen aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Beschluss um einen reinen Aufforderungs- und Ermächtigungsbeschluss bzw. Vorbereitungsbeschluss dahingehend handele, gegen den Kläger einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Ob ein Anspruch materiell-rechtlich tatsächlich bestehe, werde in diesem Verfahren nicht geprüft, sondern erst in einem sich gegebenenfalls anschließenden Hauptsacheverfahren. Die Anfechtung könnte hier allenfalls auf formelle Beschlussfehler gestützt werden, die nicht vorliegen und auch nicht gerügt werden. Der Beschluss regle dagegen das Rechtsverhältnis mit dem Kläger nicht und schaffe auch keine Grundlage für neue Ansprüche gegen diesen.
Anhaltspunkte dafür, dass der verfolgte Anspruch offensichtlich nicht bestehe oder der beabsichtigte Rechtsstreit aus anderen Gründen offensichtlich aussichtslos sei, mithin die von der Mehrheit der Wohnungseigentümer vertretene Rechtsposition offenkundig unhaltbar, sei nicht gegeben.
Die Eigentümer hätten hier einen weiten Ermessensspielraum wegen der meist schwierigen Erfolgsaussichten. So hätten die Eigentümer auch ein Ermessen dahingehend, das Bestehen von Ansprüchen gerichtlich klären zu lassen, wenn hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Klage durchaus Zweifel bestehen sollten.
Während die Beklagte davon ausgehe, gegenüber dem Kläger einen Unterlassungsanspruch zu haben, weil die Nutzung des Ladens als Gastronomiebetrieb eine zweckbestimmungswidrige Nutzung darstelle, sei der Kläger der Meinung, dass es sich dabei um eine zulässige Nutzung handle. Der Anspruch sei damit weder offensichtlich gegeben noch offensichtlich ausgeschlossen.
Weiter regle der sogenannte „Beschlussteil 2“ nicht die künftige Unterlassung jeglichen Gastronomiebetriebs, da im ersten Absatz des Beschlusses der Kläger insgesamt aufgefordert werden solle, die zweckbestimmungswidrige Nutzung einzustellen und zu unterlassen. Aufgrund der bestehenden Wiederholungsgefahr bestehe jedoch auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch, da dem Kläger klar gewesen sei, dass die Eigentümer mit einer gastronomischen Nutzung nicht einverstanden sein werden und er dennoch kurze Zeit danach den streitgegenständlichen Gastronomiebetrieb eröffnet habe.
Auch die beschlossene Honorarvereinbarung mit einem zu beauftragenden Anwalt sei zulässig, da sich dies ebenfalls im weiten Ermessensspielraum der Eigentümer bewege. Der Beschluss sei zudem bestimmt genug, da im Fall einer Honorarvereinbarung § 49 GKG entsprechend anzuwenden wäre, da sich dieser auf Beschlussanfechtungsklagen beziehe, jedoch nicht direkt auch auf Unterlassungsklagen. § 49 GKG lege zwei Streitwertgrenzen fest, nämlich entweder das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung oder der 7,5-fache Wert des Interesses des Wohnungseigentümers. Dies sei auch der Rahmen, innerhalb dessen mit der zu beauftragenden Rechtsanwaltskanzlei ein Betrag als Streitwert vereinbart werden könne, nach welchem sich sodann die gesetzlichen Gebühren der zu beauftragenden Rechtsanwaltskanzlei richten.
Weiter ergebe sich aus dem Beschlusstext klar, dass hier nicht konstitutiv ein Erstattungsanspruch begründet wurde, sondern vielmehr auf der Grundlage des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG in Bezug auf die Mehrkosten der Kostenverteilerschlüssel dahingehend abweichend beschlossen wurde, diese Mehrkosten dem Kläger aufzuerlegen, falls er in dem etwaigen Hauptsacheverfahren unterliegen sollte. Es sei zwar nicht einmal ein sachlicher Grund erforderlich, dieser bestehe jedoch darin, dass der Kläger aufgrund der zweckbestimmungswidrigen Nutzung diese Kosten verursacht hätte. Es sei somit zulässig, diese möglichen Mehrkosten nach dem Verursacherprinzip, dem Kläger aufzuerlegen. Selbst wenn einzelne Teile des Beschlusses – wie nicht – für ungültig erklärt werden würden, hätte dies keine Auswirkungen auf den Rest des Beschlusses, da § 139 BGB restriktiv anzuwenden sei.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.
Mit Einverständnis der Parteien hat das Gericht das schriftliche Verfahren gewählt, wobei als Zeitpunkt gemäß § 128 Abs. 2 ZPO der 26.07.2023 bestimmt wurde.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig nach § 23 Nr. 2 c GVG und § 43 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 44 WEG.
Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.
Zwar wurden die Klageerhebungs- und Klagebegründungsfrist des § 45 WEG eingehalten, die unter TOP 2 gefassten Beschlussteile entsprechen jedoch sämtlich den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der erste Absatz des streitgegenständlichen Beschlusses erschöpft sich mit seinem Regelungsgehalt in der Aufforderung durch den Verwalter, den Restaurations-Gastronomiebetrieb im Laden Nr. 2 einzustellen und die Führung eines Restaurations-Gastronomiebetriebes in diesem Laden zu unterlassen. Eine derartige Aufforderung zu beschließen, liegt im weiten Ermessensspielraum der Eigentümer, soweit Anhaltspunkte – wie hier – dafür ersichtlich sind, dass der im Streit stehende Betrieb mit den Vorgaben in der Teilungserklärung möglicherweise nicht vereinbar ist und dieser widerspricht.
Bei Absatz 2 des Beschlusses handelt es sich um einen reinen Vorbereitungs- bzw. Ermächtigungsbeschluss.
Auch hier haben die Eigentümer einen weiten Ermessensspielraum, gerade streitige Fragen notfalls auch gerichtlich klären zu lassen. In vorliegendem Fall handelt es sich gerade nicht um einen offensichtlich nicht bestehenden Anspruch, da sich schon aus den rechtlichen Ausführungen des Klägervertreters und des Beklagtenvertreters ergibt, dass hier entgegengesetzte Auffassungen bezüglich der Zulässigkeit des Betriebs einer Gastronomie in der Ladeneinheit des Klägers gegeben sind.
Ob der Anspruch tatsächlich besteht, wird in vorliegendem Anfechtungsverfahren nicht geprüft. Dies ist Prüfungsmaßstab eines gegebenenfalls sich anschließenden Hauptsacheverfahrens (st. Rsprch, vergleiche auch die Rechtsprechungsnachweise in der Klageschrift vom 24.04.2023, auf die Bezug genommen wird).
Ebenfalls liegt die beschlossene Honorarvereinbarung mit einem zu beauftragenden Rechtsanwalt im weiten Ermessensspielraum der Eigentümer. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Streitwert eines Hauptsacheverfahrens für einen Fachanwalt/Fachanwältin auskömmlich sein werde oder nicht. Die Möglichkeit einer Honorarvereinabrung war nach bis zum 30.11.2020 geltendem Recht ausdrücklich gesetzlich geregelt.
Das neue seit 01.12.2020 geltende WEG-Recht untersagt derartige Streitwertvereinbarungen nicht, sodass die Eigentümer weiter im Rahmen ihres Ermessens derartige Regelungen beschließen können. Ein Ermessensfehlgebrauch ist hier nicht ersichtlich, auch nicht, dass der Beschluss zu unbestimmt sei, um die Obergrenze der Streitwertvereinbarung zu bestimmen. § 49 GKG gibt zwei Streitwertgrenzen vor, innerhalb dieser Grenzen kann sodann ein Betrag als Streitwert vereinbart werden.
Die Überbürdung von Mehrkosten auf den Kläger beruht nach der Auslegung dieses Beschlusses auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, da im Rahmen der Auslegung auch davon auszugehen ist, dass die Eigentümer keinen nichtigen Beschluss dergestalt fassen wollten, indem sie einen zusätzlichen Erstattungsanspruch begründen.
Für einzelne Kosten oder Kostenarten kann gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ein abweichender Kostenverteilerschlüssel beschlossen werden, der die Überbürdung der Mehrkosten auf den Kläger zulässigerweise daran anknüpft, dass dieser in einem Hauptsacheverfahren unterliegt.
Als Unterlegener trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf § 709 ZPO.
Der Streitwert war gemäß § 49 GKG mangels anderer bezifferbarer Anhaltspunkte auf einen Wert in Höhe von 10.000,00 Euro festzusetzen. Dabei wurde die Argumentation des Klägers berücksichtigt, der von vier Beschlussteilen ausging. Das Gericht hält einen Betrag in Höhe von 2.500,00 Euro pro angefochtenem Beschlussteil für erforderlich, aber auch ausreichend im Sinne des § 49 GKG.