AG Aachen – Az.: 118 C 16/19 – Urteil vom 23.12.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 125.000,00 EUR
Tatbestand
Die Parteien sind die Sondereigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft (und 21/23, 00000 D).
Der Begründung des Sondereigentums liegt die Teilungserklärung des Notars A vom 00.00.0000 zugrunde.
Das Gebäude besteht aus 42 Wohneinheiten und aus nicht zu Wohnzwecken dienenden Raumeinheiten, die in einem Teileigentum Nr. 43 zusammengefasst sind.
Die Beklagte zu 1) ist Inhaberin der Einheit 43. Sie hält 800.000/1.000.000 der Miteigentumsanteile inne.
Zu der Teileigentumseinheit 43 gehören die Tiefgarage im zweiten und ersten Untergeschoss, das Erdgeschoss und die Passage im Erdgeschoss sowie die im Aufteilungsplan mit Nr. 43 bezeichneten Räume und Bereiche im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss mit einer Größe von 19.490 qm. Im zweiten Untergeschoss befinden sich auch Abstellräume der Wohneinheiten.
Im zweiten und ersten Untergeschoss sind tragende Stützen mit Bewehrungen sanierungsbedürftig. Diese befinden sich in der Tiefgarage. Daneben bedürfen auch Boden- und Deckenplatten im ersten und zweiten Untergeschoss auch über den Wohnungskellern der Sanierung.
Die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung enthält folgende Regelungen:
§ 2 Abs. 4 lautet: In Ergänzung dieser Bestimmung wird festgelegt, dass zum Sondereigentum gehören:
a) die Balkone, Terrassen und Loggien, mit Ausnahme der Tragplatten, des Mauerwerks, der Brüstungen, der Feuchtigkeitsisolierschichten, der Trennwände und des Außenanstrichs.
c) die nichttragenden Zwischenwände, soweit sie nicht Trennwände mehrerer Raumeigentumsrechte sind.
In § 2 Abs. 5 heißt es: Gemeinschaftliches Eigentum aller Raumeigentümer sind:
a) der Grund und Boden ohne Rücksicht auf die Nutzung, insbesondere die Verkehrsbereiche für Fußgänger und Kraftfahrzeuge einschließlich der Beleuchtungsanlagen, Treppen und Rampen, mit Ausnahme der Passage im Erdgeschoß, die zum Raumeigentum Nr. 43 gehört.
b) Die tragenden und gestaltenden Elemente der Baukörper wie Fundamente, Stützen, Decken, tragende Wände und Außen-sowie sonstige Umfassungswände und die Dächer.
§ 2 Abs. 6 b) lautet:
Aufgrund der vorstehend getroffenen Regelungen gehören somit u.a.:
zum Sondereigentum:
die Räume und sonstigen Bereiche, die in den mit der vorgenannten Abgeschlossenheitsbescheinigung verbundenen Plänen blau umrandet sind, ausgenommen die blau umrandeten Dachflächen im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss, die gemeinschaftliches Eigentum sind.
§ 8 regelt die Nutzung des Raumeigentums, wobei letzteres in § 2 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung legal definiert ist als Wohn- oder Teileigentum.
§ 9 Abs. 3 lautet:
Bauliche Veränderungen oder Erneuerungen des Gemeinschaftseigentums, die über Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung hinausgehen, können nur mit einer Mehrheit von 90 vom Hundert aller vorhandenen – nicht nur der vertretenen – Stimmen der großen Eigentümergemeinschaft beschlossen werden.
In § 10 Abs. 1 heißt es:
Der Raumeigentümer ist verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Räume mit allen Bestandteilen und jeglichem Zubehör auf eigene Kosten in ordnungsgemäßem Zustand zu halten.
§ 11 Abs. 1 lautet:
Jeder Raumeigentümer hat das Recht auf Mitbenutzung der Räume, Anlagen und Einrichtungen des Gemeinschaftseigentums, an denen er nach den Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung und nach Maßgabe der Teilungserklärung wie auch des Aufteilungsplans beteiligt ist.
§ 11 Abs. 2 regelt:
Soweit es sich bei den gemeinschaftlichen (…) Gebäudeteilen um solche handelt, die ihrer Nutzung oder Zweckbestimmung nach ausschließlich einer beschränkten Anzahl von Miteigentümern, insbesondere den Miteigentümern desselben Gebäudes zu dienen bestimmt sind, beschränkt sich das Recht zur Mitbenutzung auf die Raumeigentümer dieses Gebäudes oder die betreffende Gruppe von Raumeigentümern.
In § 11 Abs. 3 heißt es:
Die Nutzung des Gemeinschaftseigentums wird dahingehend geregelt, dass
a) die Nutzung der in § 2 Abs.6 genannten, in den erwähnten Aufteilungsplänen gelb umrandeten Räume… allen Raumeigentümern gemeinschaftlich zusteht.
§ 12 Abs. 1 lautet:
Das gemeinschaftliche Eigentum ist jeweils von den Raumeigentümern instandzuhalten und instandzusetzen, die gem. § 11 der Gemeinschaftsordnung das Recht zu seiner Nutzung haben. Betrifft die Instandsetzung und Instandhaltung Gemeinschaftseigentum, das nur dem Gebrauch und der Benutzung einer kleinen Eigentümergemeinschaft, einer Gruppe von Eigentümern oder einem einzelnen Raumeigentümer zu dienen bestimmt ist, oder diesem zugewiesen ist, so trifft die Instandhaltungs- und Instandsetzungsleistung nur diese beschränkte Eigentümergemeinschaft, die Eigentümergruppe oder den einzelnen Raumeigentümer.
Durch diese Regelung wird das Recht aller Raumeigentümer, das Gemeinschaftseigentum mitbenutzen zu dürfen, nicht ausgeschlossen, soweit eine solche Nutzung aus öffentlich rechtlichen Gesichtspunkten (Feuer, Polizei, Fluchtwege) geboten ist.
§ 12 Abs. 3 lautet:
Über die Vornahme außergewöhnlicher Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie über die Verwendung der dazu vom Verwalter gebildeten Rückstellungen entscheidet die Eigentümerversammlung der jeweils betroffenen Eigentümergemeinschaft nach Anhörung des Verwalters, und zwar mit 90 vom Hundert der vorhandenen – nicht der vertretenen Stimmen.
§ 15 Abs. 2 regelt:
Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung wie auch der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums, das nur einer kleinen Eigentümergemeinschaft oder einer beschränkten Gruppe von Raumeigentümern oder der beschränkten Gruppe zu dienen bestimmt ist, sind von der kleinen Eigentümergemeinschaft oder der beschränkten Eigentümergruppe anteilmäßig zu tragen.
In der Eigentümerversammlung vom 00.00.0000 beschloss die Eigentümerversammlung unter den Tagesordnungspunkten 2.1.1 und 2.1.2 Folgendes:
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, den Verwalter zu beauftragen und zu ermächtigen, das Ingenieurbüro FV gem. Angebot vom 00.00.0000, die Q Ingenieursgesellschaft gem. Angebot vom 00.00.0000, das Architekturbüro K gem. Angebot vom 00.00.0000, das Ingenieurbüro T gem. Angebot vom 00.00.0000 im Hinblick auf die Erstellung eines Sanierungskonzeptes für die Tiefgarage zu beauftragen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, den Verwalter zu beauftragen und zu ermächtigen, die Firma N GmbH gem. Angebot vom 00.00.0000 im Hinblick auf die Erstellung eines Sanierungskonzeptes für die Tiefgarage zu beauftragen.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass die Kosten bezüglich der unter Ziffer 2.1.1 erfolgten Beauftragungen auf die Miteigentümer (ATP-Nrn 1-43) entsprechend den Miteigentumsanteilen verteilt werden.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass die Kosten bezüglich der unter Ziffer 2.1.2 erfolgten Beauftragung auf die Miteigentümer (ATP-Nrn 1-43) entsprechend den Miteigentumsanteilen verteilt werden.“
Die Kläger behaupten, die Schäden seien durch Salzwasser verursacht, das durch Fahrzeuge in die Tiefgarage gebracht worden sei.
Sie meinen, die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung sei so zu verstehen, dass die Beklagte zu 1) die Instandsetzungslast und alleinige Kostenlast für die Sanierung der Tiefgarage zu tragen habe.
§ 10 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung verpflichte den Raumeigentümer, die in seinem Sondereigentum liegenden Räume mit allen Bestandteilen und jeglichem Zubehör auf eigene Kosten im ordnungsgemäßen Zustand zu halten und in diesen Grenzen allein über Umgang, Art und Häufigkeit von Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden.
Der Begriff „aller Bestandteile“ umfasse auch das Gemeinschaftseigentum und insbesondere die tragenden Stützen und Deckenplatten.
Die gesonderte Regelung der Außenfenster zeige, dass Stützen und Deckenplatten von „allen Bestandteilen“ umfasst seien.
Die Regelung des § 10 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung mache nur Sinn, wenn neben dem Sondereigentum auch das Gemeinschaftseigentum gemeint sei. Ansonsten würde sich nämlich kein Unterschied zum gesetzlichen Regelfall des § 14 Nr. 1 WEG ergeben, in dem es um die Behandlung nur des Sondereigentums gehe. Der Autor der Gemeinschaftsordnung hätte aber einen anderen Wortlaut („alle Bestandteile“) gewählt und damit etwas anderes als die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile regeln wollen.
Beim Teileigentum der Tiefgarage bestehe die Besonderheit, dass nichts Sondereigentum sein könne. Der Betonboden, die Decken, die Pfeiler, die Zufahrtsrampe und das Garagentor seien sämtlich Gemeinschaftseigentum, es gebe keine nicht tragenden Wände, keine Innentüren, keinen Wand- und Deckenputz, keinen Fußbodenbelag.
In den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen zu den Aktenzeichen V ZR 9/12 und V ZR 163/17 hätten die Teilungserklärungen auch nicht deutlich gemacht, dass sie sich auch auf das Gemeinschaftseigentum beziehen und dann konstruktive Dinge mit enthalten. Nach dem Bundesgerichtshof seien im Zweifel Sonder- und Gemeinschaftseigentum gemeint. Differenziere die Gemeinschaftsordnung nicht, sei beides gleich gemeint.
Da die Tiefgarage im Teileigentum der Beklagten zu 1) stehe, stelle § 12 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung fest, dass die Instandsetzungsverpflichtung auch für das Gemeinschaftseigentum bei diesem Einzeleigentümer bezogen auf die Tiefgarage liege.
Der Bundesgerichtshof habe klargestellt, dass derjenige, der einen Balkon zum Gebrauch zugewiesen erhält, auch dessen konstruktive Bestandteile instand zu setzen habe.
Dies müsse auch vorliegend gelten.
Die Kläger stellen den Antrag, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 00.00.0000 der Eigentümergemeinschaft (9 und 21/23, 00000 D) zu den Tagesordnungspunkten 2.2.1 sowie 2.2.2 (Verteilung der Kosten für die zu beauftragenden Architekten und Ingenieure zur Erstellung eines Sanierungskonzeptes für die Tiefgarage auf alle Wohnungs-/Teileigentümer nach Miteigentumsanteilen) für ungültig zu erklären.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, die Schadensursache sei unklar, minderwertige Betonqualität und Bewegungen und Setzungen der Bodenplatten mit Gefälle zu den Säulen seien die Hauptursache der Schäden. Die in Rede stehenden Stützen und Decken gewährleisten die Stabilität des gesamten Gebäudes.
Die Beklagten meinen, die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung enthalte keine eindeutige und klare Regelung, die eine Abweichung vom gesetzlichen Regelfall des § 16 Abs. 2 WEG enthalte.
Die Teilungserklärung differenziere nämlich anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum.
Die Beklagte zu 3) erhebt die Vollmachtsrüge des § 80 ZPO.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Prozessvertreter der Kläger ist der nach § 80 Abs. 1 ZPO geforderte Nachweis der Prozessvollmacht vollständig gelungen.
Er hat hinsichtlich der Kläger zu 1-30 und 34 -45 sämtliche Originalvollmachten der Kläger vorgelegt. Die Kläger zu 31 bis 33 haben Ihre Beauftragung mittels Vorlage einer notariellen Vollmacht und Prozessvollmacht selber nachgewiesen.
Die Klage ist aber unbegründet.
Die angefochtenen Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2.1.1 und 2.1.2 über die Kostenverteilung entsprechen ordnungsgemäßer Verwaltung. Sie korrespondieren mit dem gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel und widersprechen auch nicht den Regelungen der vorliegenden Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung.
Die Gemeinschaftsordnung ist Bestandteil der Grundbucheintragung, sie ist daher auszulegen. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Fällen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Kosten nach dem das Grundbuchrecht beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen.
Aus der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung des Notars A geht nicht deutlich genug hervor, dass die Beklagte zu 1) die Kosten der Sanierung der Stützen, Decken und Böden der Tiefgarage als Teileigentümerin der Einheit Nummer 43 alleine zu tragen hat. Eine klare und eindeutige Bestimmung, dass abweichend von der gesetzlichen Kostenverteilung des § 16 Abs. 2 WEG die Kostentragung der Instandhaltung und Instandsetzung der tragenden Wände und Stützen im ersten und zweiten Untergeschoss und Erdgeschoss angrenzend an die Tiefgarage dem Teileigentümer der Tiefgarage obliegt, ist der Auslegung der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung nicht zu entnehmen. Vielmehr hält diese daran fest.
Die hier streitgegenständliche Sanierung betrifft vor allem Stützen und Decken, die als tragende und gestaltende Elemente der Baukörper nach § 2 Abs. 5 b) der Gemeinschaftsordnung im Einklang mit der gesetzlichen Regelung in § 5 WEG Gemeinschaftseigentum sind.
§ 10 der Gemeinschaftsordnung regelt unter der Überschrift „Instandhaltung und Instandsetzung des Raumeigentums“ in seinem Absatz 1, dass der Raumeigentümer verpflichtet ist, die in seinem Sondereigentum unterliegenden Räume mit allen Bestandteilen und jeglichem Zubehör auf eigene Kosten in ordnungsgemäßem Zustand zu halten.
Raumeigentum wird in § 2 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung als Oberbegriff für Wohnungs- und Teileigentum legal definiert.
Das Gericht geht entgegen der klägerseitigen Argumentation nicht davon aus, dass die in § 10 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung verwendete Begrifflichkeit „mit allen Bestandteilen und jeglichem Zubehör“ das Gemeinschaftseigentum meint.
Hiergegen spricht, dass die Gemeinschaftsordnung in casu eine ausdrückliche Differenzierung zwischen Sondereigentum in den Paragrafen 8 und 10 und zwischen Gemeinschaftseigentum in den Paragrafen 11 und 12 vorsieht, soweit dort Regelungen über die Nutzung und Instandhaltung und Instandsetzung getroffen worden sind.
Auch die Bezugnahme in § 10 Abs. 1 Satz 3 der Gemeinschaftsordnung auf die Außenfenster als Ausnahme zeigt, dass Gemeinschaftseigentum nicht von der Formulierung „alle Bestandteile“ erfasst sein soll.
Außerdem ist der Einwand der Beklagten betreffend § 10 Abs. 1 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung erheblich, wonach es einem nicht zu vertretenden Zustand gleichkäme, wenn ein Sondereigentümer über Umfang, Art und Häufigkeit der Instandsetzung der tragenden Decken und Stützen des gesamten Gebäudes allein entscheiden und damit die Gewalt über die Standsicherheit des gesamten Gebäudes bestimmen könnte.
Ferner ist es nicht ungewöhnlich, dass Teilungserklärungen Regelungen treffen, die nicht dem Gesetzeswortlaut entsprechen und trotzdem keine andere Bedeutung haben.
Soweit die Klägerseite hervorhebt, dass für das hier fragliche Sondereigentum „Tiefgarage“ die Besonderheit besteht, dass nahezu nichts Sondereigentum sein kann, weshalb die Vorschrift nur in dem Sinne verstanden werden kann, dass „alle Bestandteile“ das Gemeinschaftseigentum meinen, ist darauf zu verweisen, dass die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung gleichermaßen für Wohnungs- und Teileigentum gilt. Die Tiefgaragen stellen nur einen Teil der Einheit 43 dar, die sich über die beiden Untergeschosse, das Erdgeschoss und die ersten drei Obergeschosse erstreckt. Daneben existieren 42 Wohneinheiten.
Die Formulierung des § 10 ist allgemeingültig und nicht spezifisch auf die nur einen kleinen Teil der Einheit 43 ausmachende Tiefgarage gemünzt.
Über § 15 in Verbindung mit § 12 und § 11 der Gemeinschaftsordnung lässt sich ebenfalls keine eindeutige, alleinige Kostentragungslast der Beklagten zu 1) und damit keine von der beschlossenen Regelung abweichende Verteilung entnehmen.
Die vorliegende Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung enthält separate Vorschriften zur Instandhaltungslast des gemeinschaftlichen Eigentums in § 12 und zur Kostentragungspflicht in § 15.
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2016, Az. V ZR 91/16 – zitiert nach Juris), in dem lediglich die Instandhaltungslast für Sondernutzungsrechte, gar nicht aber die Kostentragungslast explizit geregelt wurde. Der Bundesgerichtshof entschied im dortigen Fall, dass bei der Übertragung einer Instandsetzungspflicht auf einen Sondereigentümer damit im Zweifel auch die ihm dadurch entstehende Kostenlast einhergeht.
Auch ist der vorliegende Fall anders zu beurteilen, als der am 22.3.2019 vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall zu Mehrfachparkern (Aktenzeichen: V ZR 145/18). Dort lagen vordergründig sich vermeintlich widersprechende Vorschriften hinsichtlich der Instandhaltungslast und Kostentragungslast vor, wobei die Kostentragungslast speziell hinsichtlich der Mehrfachparker geregelt war, während die Vorschrift zu Instandhaltungslast allgemein auf Sondernutzungsrechte Bezug nahm. Insoweit stellte der Bundesgerichtshof klar, dass Instandhaltungslast und Kostentragung auseinanderfallen können und die Kostenregelung lex specialis sei.
Unklar und nicht eindeutig geregelt ist, inwieweit sich vorliegend § 12 und § 11 der Gemeinschaftsordnung in § 15 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung hineinlesen lassen.
Nach § 15 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung sind die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung wie auch der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, an dem alle Raumeigentümer nach Maßgabe des § 12 der Gemeinschaftsordnung teilhaben, von der Gesamtheit der Raumeigentümer zu tragen. Insofern findet eine eindeutige Verweisung und Bezugnahme auf § 12 der Gemeinschaftsordnung als Regelung der Instandhaltungslast des gemeinschaftlichen Eigentums statt.
§ 15 Abs. 2 regelt die Kostentragung der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten des gemeinschaftlichen Eigentums, das nur einer kleinen Eigentümergemeinschaft oder einer beschränkten Gruppe von Raumeigentümern zu dienen bestimmt ist, während § 15 Abs. 6 in Verbindung mit § 11 Abs. 3 und 2 Abs. 6 der Gemeinschaftsordnung Besonderheiten hinsichtlich in den Aufteilungsplänen farbig umrandeten Gemeinschaftseigentums enthält.
§ 15 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung ist hinsichtlich der Kostentragung der vorzunehmenden Sanierung nicht einschlägig.
Die sanierungsbedürftigen tragenden Stützen, Böden und Decken zwischen den beiden Tiefgaragenuntergeschossen und dem Erdgeschoss sind nach der gebotenen Auslegung orientiert an Sinn und Zweck der Regelung nicht allein dem Sondereigentümer der Einheit 43 „zu dienen bestimmt“.
Die Stützen und tragenden Decken erfüllen unstreitig wesentliche Aufgaben für die Statik des gesamten Gebäudes.
Die Formulierung in § 15 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung zur Kostentragung sieht anders als § 15 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Regelung der Instandsetzungslast in § 12 der Gemeinschaftsordnung vor und spricht nur allgemein von „zu dienen bestimmt ist“.
Es ist daher bereits nicht eindeutig, ob die Formulierung „zu dienen bestimmt ist“ des § 15 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung im Lichte des § 12 der Gemeinschaftsordnung orientiert an ausschließlicher Nutzungsmöglichkeit und Gebrauch zu verstehen ist.
Unterstellt man dies trotz dieser vorhandenen Unsicherheit wegen der in § 12 Abs. 1 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung ebenfalls vorhandenen Formulierung „zu dienen bestimmt“ im Zusammenhang mit der Nutzung und dem Gebrauch zugunsten der Kläger, würde auch dies dennoch nicht zu einer Kostentragung allein der Beklagten zu 1) führen.
Der Gebrauch und die Nutzung der Stützen, tragenden Decken und Böden sind der Beklagten zu 1) nicht im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung zugewiesen.
Eine explizite Zuweisung ist nicht erfolgt. Eine Formulierung dergestalt, dass dem jeweiligen Sondereigentümer das im Sondereigentum befindliche Gemeinschaftseigentum zugewiesen wurde, ist nicht ersichtlich. Auch wenn Teile des Gebäudes dem Sondereigentum des einzelnen Raumeigentümers zugewiesen sind, betrifft dies nur den Flächeninhalt und nicht die konstruktiven Gebäudeteile (Jennißen in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 6.Auflage 2019, § 16 WEG Rdn. 60).
Für anderes, in den Aufteilungsplänen farbig markiertes Gemeinschaftseigentum befindet sich in der Verweisungskette der §§ 15 Abs. 6, 11 Abs. 3 und 2 Abs. 6 der Gemeinschaftsordnung hingegen ausdrücklich eine direkte Zuweisung. Es wäre damit zu erwarten gewesen, dass die Gemeinschaftsordnung diese auch hinsichtlich der Tiefgarage vorgenommen hätte, wenn dies gewollt gewesen wäre.
Auch unter Berücksichtigung der am Sinn und Zweck der Teilungserklärung orientierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Balkonen (BGH, Urteil vom 16.11.2012, Az.: V ZR 9/12 und Urteil vom 4.5.2018, Az.: V ZR 163/17- zitiert nach Juris) und der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12.5.2004, Aktenzeichen 2 Z BR 001/04 ergibt die Auslegung vorliegend nicht, dass nach § 12 Abs. 1 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung der Gebrauch und die Nutzung der Stützen, tragenden Decken und Böden allein dem Sondereigentümer der Einheit 43 beziehungsweise dem Eigentümer der Tiefgarage „zugewiesen“ sind.
Eine derartige Annahme scheitert bereits daran, dass sich im zweiten Untergeschoss nämlich auch die im Sondereigentum stehenden Abstellräume der Wohnungseinheiten befinden, deren Decken an den Boden der Tiefgarage des ersten Untergeschosses grenzen. Selbst wenn nach dem Sinn und Zweck einer Gemeinschaftsordnung ein Tiefgarageneigentümer die Kosten der Sanierung einer Tiefgarage alleine tragen müsste, stellt sich die Situation vorliegend dadurch anders dar, dass im zweiten Untergeschoss auch die Abstellräume der Wohneinheiten sind. Eine eindeutige tatsächliche Abgrenzung des Gemeinschaftseigentums der Decke eines Abstellraumes und des Bodens der Tiefgarage ist unmöglich vorzunehmen.
Es ist auch gerade nicht so, dass der Sanierungsbedarf und -umfang durch den gefassten Beschluss in einem genau abgrenzbaren Bereich der Tiefgarage aufgetreten ist, der sich nicht im Bereich der Abstellräume befindet. Es ist in der Beschlussfassung nicht differenziert worden, dass sich die sanierungsbedürftigen Stützpfeiler und tragenden Böden/Decken nicht im Umfeld der Decken der Abstellräume befinden, auch wenn dem Wortlaut nach nur von dem Sanierungskonzept für die „Tiefgarage“ die Rede ist. So wurde in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 erörtert, dass sich tatsächlich herausgestellt hat, dass auch die Wohnungskeller im zweiten Untergeschoss Feuchtigkeitsschäden aufweisen.
Das Gericht verkennt dem Grunde nach nicht, dass eine Gemeinschaftsordnung wie diejenige in der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12.05.2004 zu den Aktenzeichen 2 Z BR 001/4 und 2 Z BR 1/04 eine objektbezogene Kostentrennung vorsehen kann.
Das Gericht folgt dem Bayerischen Obersten Landesgericht auch dahingehend, dass die tragende Funktion der Stützpfeiler, des Bodens und der Decken die Wohnungseigentümer der Einheiten 1-42 auch nicht zu „Nutzern“ im Sinne der Gemeinschaftsordnung macht (Bayerisches Oberstes Landesgericht, a.a.O.)
Der in der Gemeinschaftsordnung in § 12 abs. 1 Satz 2 genannte ausschließliche Gebrauch und die ausschließliche Nutzung spricht in erster Linie den Nutzen und den Vorteil aus dem Besitz der Sache, hier also der Tiefgarage an. Dass die Tiefgarage keine gesonderte Einheit darstellt sondern Teil der Teileigentumseinheit Nr. 43 ist, die neben der Tiefgarage noch Ladenlokale enthält, ist unbeachtlich. Nicht entscheidungserheblich ist letztlich hier, ob die Tatsache, dass die Wohnungseigentümer die Tiefgarage zwecks Erreichens der Mülltonnen im ersten Untergeschoss zu Fuß durchqueren, sie zu Nutzern der Tiefgarage macht.
Auch kann der Sinn einer solchen Regelung in der Gemeinschaftsordnung bei dem in § 2 Abs. 6 b) der Gemeinschaftsordnung genannten Sondereigentum grundsätzlich darin liegen, dass die übrigen Sondereigentümer von der Verpflichtung zur Instandhaltung der Tiefgaragengeschosse und den übrigen Ladenlokalen ausgeschlossen sein sollen, weil es sich um eine Sonderausstattung des Gebäudes handelt. Eine Tiefgarage dient dem Befahren durch Fahrzeuge. Mit der Errichtung einer Tiefgarage geht der objektive Gefährdungsfaktor einher, dass durch Fahrzeuge im Winter Salzwasser auf den Boden der Tiefgarage eingebracht wird, dadurch Beton und innenliegende Bewehrungen leichter Schädigungen erhalten, als dies bei einer normalen Wohnnutzung der Fall wäre.
Ohne Tiefgarage käme es in normalen Kellern nicht zu derartigen Problemen.
Vorliegend ergeben sich zwar keine Abgrenzungsprobleme dadurch, dass sich die Sanierung über mehrere Etagen erstreckt. Anders als in den Wohnetagen, wo die Decke einer Wohnung den Fußboden einer anderen Wohnung darstellt, besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Tiefgarage fast vollständig zwei Ebenen einnimmt und dass sogar die darüber liegende Erdgeschossebene einschließlich der Fußgängerpassage ebenfalls dem Eigentümer der Teileigentumseinheit 43 entsprechend der blauen, umrandenden Markierung in den Plänen zu Sondereigentum zugeteilt wurde (§ 2 Abs. 6 b der Gemeinschaftsordnung).
Abgrenzungsprobleme entstehen aber – wie bereits dargestellt – durch die im zweiten Untergeschoss befindlichen Kellerräume, deren Decken die Fußböden der Tiefgarage darstellen.
Eine Orientierung an den Vorteilen des Gebrauchs und des Nutzens ergibt deshalb hier keine eindeutige Regelung. Angesichts der oben geschilderten nahe liegenden Gefährdungsfaktoren durch Salzwasser hätte sich durch den Ersteller der Gemeinschaftsordnung eine ausdrückliche Formulierung unter Erwähnung der Tiefgarage angeboten. Diese ist unterblieben.
„Zu dienen bestimmt“ sind die renovierungsbedürftigen Stützen und tragenden Decken auch der Statik des ganzen Gebäudes. Insofern bleibt es mangels klarer Regelung in der Gemeinschaftsordnung bei der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 WEG.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
Der Streitwert orientiert sich an § 49 a Abs. 1 Satz 1 GKG an der Hälfte des Interesses der Parteien an der Entscheidung.