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WEG – Genehmigung einer Dachterrasse für Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss

Entscheidung über Dachterrassenstreit

In einem aktuellen Fall hat das AG Saarbrücken (Az.: 36 C 292/21 (12)) über die Genehmigung einer Dachterrasse und die damit verbundenen rechtlichen Aspekte entschieden. Die Klage wurde abgewiesen.

Direkt zum Urteil: Az.: 36 C 292/21 (12) springen.

Genehmigung der Dachterrasse

Die Wohnungseigentümer hatten mehrheitlich die Genehmigung einer bereits errichteten Dachterrasse und den Abschluss eines Mietvertrags mit dem Sondereigentümer beschlossen. Die Klägerin hatte dies angefochten.

Ordnungsmäßige Verwaltung

Das Gericht entschied, dass die angefochtenen Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprachen. Die Klägerin hatte keine erheblichen rechtlichen Beeinträchtigungen vorgetragen oder behauptet. Die bauliche Veränderung widersprach auch nicht § 20 Abs. 4 WEG, da keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage vorlag.

Ergebnis des Verfahrens

Die zulässige Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Beschlüsse vom 9.8.2021 entsprachen ordnungsmäßiger Verwaltung und waren deshalb nicht für ungültig zu erklären.

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Das vorliegende Urteil

AG Saarbrücken – Az.: 36 C 292/21 (12) – Urteil vom 09.03.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Miteigentümerin der Eigentümergemeinschaft … S..

Dachterrasse - WEG
(Symbolfoto: Procreators/Shutterstock.com)

In der Eigentümerversammlung vom 9.8.2021 wurde ein von der Klägerin angefochtener Beschluss gefasst. Die Wohnungseigentümer haben mehrheitlich die Genehmigung einer bereits errichteten Dachterrasse an der Wohnungseigentumseinheit 25 und den Abschluss eines Mietvertrags mit dem Sondereigentümer hinsichtlich der bereits errichteten Dachterrasse beschlossen.

In der Eigentümerversammlung von 24.11.2017 wurde der unangefochtene Beschluss gefasst, der Eigentümerin der Wohnung 25 die Genehmigung zur Terrassennutzung zu erteilen und die Verwaltung zu beauftragen, alle erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung zu veranlassen. Die Sondereigentümerin erklärte, alle etwa entstehenden Kosten zu tragen.

Die Eigentümerin der Wohnung Nr. 25 hat von ihrer Wohnung aus einen Zugang durch die Rückfront des Hauses geschaffen und eine Dachterrasse errichtet.

Auf Klage der Klägerin hat das Landgericht Saarbrücken am 9.7.2021 (5 S 32/20) die Sondereigentümerin … verurteilt, einen Rückbau vorzunehmen, das Urteil ist rechtskräftig geworden. Das Landgericht hat den Beschluss vom November 2017 für nichtig gehalten.

Die Klägerin ist der Auffassung, der angegriffene Beschluss entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und widerspreche wegen der grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage, jedenfalls die Terrasse betreffend, den Anforderungen des § 20 Abs. 4 WEG. Insbesondere sei keine Regelung über die Pflicht zur Kostentragung der Instandhaltung und Instandsetzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Terrasse getroffen worden.

Der Beschluss sei aber nichtig, weil über den Fortbestand eines für die Klägerin bereits titulierten Anspruchs auf Beseitigung einer baulichen Veränderung entschieden worden sei. Zudem sei der Sondereigentümerin ein Sondernutzungsrecht durch die mehrheitliche Genehmigung der baulichen Veränderung eingeräumt worden. Auch die Vermietung widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung.

Die Klägerin beantragt,

1. folgende Beschlüsse vom 9.8.2021 für ungültig zu erklären:

a) Die Wohnungseigentümer beschließen, der Firma … bezüglich der Sondereigentumseinheit 25 eine bauliche Veränderung zu gestatten, wonach die Wand zur Dachfläche durchbrochen und dort ein Glaselement mit Schiebetüren eingebaut wird, über die die von der Firma … bereits errichtete Dachterrasse zu erreichen ist. Der bereits erfolgte Durchbruch mit Einbau eines entsprechenden Glaselements sowie die Errichtung der bereits vorhandenen Dachterrasse wird durch die Wohnungseigentümer ausdrücklich genehmigt

b) Die Wohnungseigentümer beschließen, mit der Firma … über die Dachfläche, auf der die Firma … bereits eine Dachterrasse errichtet hat, einen Mietvertrag mit folgendem wesentlichen Inhalt abzuschließen:

1. Mietgegenstand ist die Fläche, die sich aus der Baugenehmigung vom 21.5.2021 ergibt. Die Baugenehmigung ist als Anlage dem Mietvertrag beizufügen.

2. Mietzins wird ein Betrag in Höhe von 50 € pro Monat vereinbart.

3. Dauer des Mietvertrages: zehn Jahre fest mit zwei Optionen zugunsten des Mieters, um für die Dauer von fünf Jahren zu verlängern.

4. Kostentragung: alle Kosten zulasten der Firma … dies gilt sowohl für alle mit der Errichtung der Dachterrasse zusammenhängenden Kosten als auch für sämtliche laufenden Unterhaltungskosten.

5. Rückbauverpflichtung der Firma … im Sinne einer Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands wird ebenfalls geregelt werden. Die Eigentümer ermächtigen die beauftragte Hausverwaltung, die Firma …, den Mietvertrag in ihrem Namen zu unterzeichnen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Beschlüsse vom 9.8.2021 entsprechen ordnungsmäßiger Verwaltung und waren deshalb nicht für ungültig zu erklären, §§ 23, 18, 19, 20 WEG.

1.

Die Anfechtungsklage ging form- und fristgerecht bei Gericht ein und wurde rechtzeitig begründet, §§ 44, 45 WEG.

2.

Der Beschluss der Eigentümerversammlung hinsichtlich der Gestattung der baulichen Veränderung erfolgte unter Beachtung der Anforderungen des § 20 WEG und war nicht für ungültig zu erklären.

Gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 3 WEG können einem Wohnungseigentümer Maßnahmen einer baulichen Veränderung gestattet werden, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

Diese Regelung weist den Wohnungseigentümern eine Beschlusskompetenz zu, eine bauliche Veränderung zu gestatten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Der veränderungswillige Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf die Gestattung der baulichen Veränderung, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte nicht in unvermeidliche Umfang beeinträchtigt sind, einverstanden sind. Auf die Zustimmung der Klägerin kommt es vorliegende nicht an, weil sie in diesem Sinne nicht beeinträchtigt ist.

Nach § 20 Abs. 3 WEG sind danach nicht unerhebliche rechtliche Beeinträchtigungen einzelner Miteigentümer zu berücksichtigen und können der Gestattung einer baulichen Veränderung entgegenstehen. Als zu berücksichtigende Beeinträchtigungen kommen die Gefahr einer geringeren konstruktiven Stabilität und Sicherheit des Gemeinschaftseigentums, Veränderungen der optischen Gestaltung, Entzug der Gebrauchsmöglichkeit oder der intensiveren nachteiligen Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums in Betracht (allgem.: Hogenschurz/Jennißen, 2021, § 20 WEG, RN 64 ff.).

Die Klägerin selbst hat keine solche Beeinträchtigungen vorgetragen oder behauptet. Der Ausbau der Dachterrasse ist von außen nicht erkennbar, so dass eine nachteilige Veränderung der Optik ausscheidet. Hinsichtlich des Entzugs der Gebrauchsmöglichkeiten ist darauf hinzuweisen, dass eine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit dieses Bereiches des Gemeinschaftseigentums nicht für andere Miteigentümer möglich ist, weil der Zugang nur über das Sondereigentum des Miteigentümers 25 erfolgt. Zum anderen begibt sich die Gemeinschaft nicht der eigenen Nutzungsmöglichkeit, indem eine Gewährung eines Sondernutzungsrechts gerade unterblieben ist.

Der Einwand, es sei nur dem Sondereigentümer der Einheit 25 ein Nutzungsrecht möglich und hiermit werde die Einräumung eines Sondernutzungsrechts im Ergebnis verfolgt, verfängt nicht. Gemäß § 21 Abs. 1 WEG ist dem Miteigentümer, dem die bauliche Veränderung gestattet wurde und der die Kosten trägt auch das Nutzungsrecht zugewiesen. Dies ist die Konsequenz der Gestattung einer baulichen Veränderung auf Kosten des veränderungswilligen Miteigentümers und nicht die Einräumung eines Sondernutzungsrechts (Vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 2021, § 20 RN 61).

Die bauliche Veränderung widerspricht auch nicht § 20 Abs. 4 WEG. Es liegt keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage vor. Eine Legaldefinition der grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage trifft § 20 Abs. 4 WEG nicht. Als Bezugspunkte sind heranzuziehen die grundlegende Umgestaltung des Aussehens oder eines vollständigen Nutzungswechsels der Wohnanlage (allgem.: Hügel/Elzer, a.a.O. § 20 WEG, RN 148 ff.). Beide Elemente sind durch den eingeschränkten Ausbau eines bisherigen Dachbereiches zur Dachterrasse unmittelbar vor einer Sondereigentumseinheit nicht betroffen. Es handelt sich vielmehr um einen kleinen Teilbereich, der weder einsehbar ist noch in irgendeiner Weise das Gesamtgebäude in seiner Ausgestaltung oder seiner Nutzung erfasst. Auf die unmittelbare Dachfläche ist bei dieser Einschränkung nach § 20 Abs. 4 WEG nicht abzustellen.

Der angegriffene Beschluss sieht unter Ziffer 4. auch eine Regelung zur Kostentragung vor. Danach werden alle Kosten der Sondereigentumseinheit 25 auferlegt. Der Nachsatz verdeutlicht die umfassende Kostentragung sowohl hinsichtlich der Errichtung der Dachterrasse als auch hinsichtlich sämtlicher laufender Unterhaltungskosten. Damit ist den Anforderungen des § 21 Abs. 1 WEG Rechnung getragen.

Der angegriffene Beschluss ist auch nicht deshalb für unwirksam zu erklären, weil die Klägerin in einem anderen Prozess eine Rückbauverpflichtung zulasten des Sondereigentümers der Einheit 25 erstritten hat.

Die Gestattung der baulichen Veränderung im Kontext mit der mietvertraglichen Regelung ist nicht auf Einwirkung auf den titulierten Anspruch der Klägerin gerichtet. Vielmehr hat die Genehmigung der baulichen Veränderungen und der Abschluss des Mietvertrages den der Entscheidung des Landgerichts zugrunde liegenden Lebenssachverhalt verändert. Die zwischen der Klägerin und der Sondereigentümerin Nr. 25 ergangene gerichtliche Entscheidung führt nicht dazu, dass den Wohnungseigentümern und der WEG die ihnen zugeordnete Beschlusskompetenz über die Gestaltung ihres Eigentums und auch Gestattung baulicher Veränderungen dauerhaft entzogen wird. Der Beschlussfassung verfügt nicht über die erstrittene Befugnis der Klägerin, anders als dies in der Entscheidung des OLG Hamm der Fall war (NZM 2001, 543).

3.

Der Beschluss über die Vermietung der ausgebauten Dachfläche zur Wohnung 25 stellt eine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung dar und durfte in vorliegender Form vorgenommen werden, § 18 WEG.

Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, durch einen Mehrheitsbeschluss über die Vermietbarkeit von im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen zu entscheiden (allgem.: BGH, NJW 2000, 3211). Die Beschlusskompetenz lag vor.

Der gefasste Beschluss entsprach auch im Übrigen ordnungsmäßiger Verwaltung und hielt sich im Rahmen des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens.

Der den Wohnungseigentümern hier zustehende Ermessensspielraum wurde nicht überschritten. Ordnungsgemäß ist der Gebrauch, den § 14 WEG gestattet und der nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstößt (vgl.: BGH, NJW 2000, 3211). Die Einzelheiten sind nach den konkreten Umständen des Einzelfalles in Abwägung der allseitigen Interessen zu beurteilen. § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG gewährt dem einzelnen Miteigentümer kein Recht zum Eigengebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Deshalb entzieht die Vermietung den Wohnungseigentümern nicht das Recht zum Mitgebrauch (allgem.: BGH NJW 2017, 64; Sommer/Heinemann § 18 WEG RN 102 + § 19 RN 67; Abramenko/Jennißen; 2021, § 91 WEG, RN 71).

Die konkrete Ausgestaltung hinsichtlich der Zeitdauer, maximal 20 Jahre, die Höhe der Miete zugunsten der WEG sowie die umfassende Kostentragungsregelung und Rückbauverpflichtung vervollständigen die Regelungen. Sie beachten die unterschiedlichen Interessen und begegnen deshalb keinen Bedenken.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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