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WEG – gerichtliche Verwalterbestellung in Zwei-Personen-Gemeinschaft

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 T 7/23 – Beschluss vom 06.02.2023

In der Beschwerdesache hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 6.2.2023 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird die Kostenentscheidung im Beschluss des AG Bad Schwalbach vom 17.11.2022 abgeändert. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Zusammenfassung

WEG - gerichtliche Verwalterbestellung in Zwei-Personen-Gemeinschaft
(Symbolfoto: Watchara Ritjan/Shutterstock.com)

Die Klägerin und der Beklagte sind Eigentümer einer Wohnung und gehören zusammen mit anderen Eigentümern einer Wohnungseigentümergemeinschaft an. Die Klägerin forderte vor Gericht die Bestellung eines Verwalters für die Gemeinschaft und änderte später ihre Klage auf die Gemeinschaft um. Der Beklagte stimmte einer Verwalterbestellung zu und der Rechtsstreit wurde als erledigt erklärt. Das Amtsgericht entschied, dass die Gemeinschaft die Kosten des Rechtsstreits tragen müsse, da die Klägerin das Recht auf Bestellung eines Verwalters habe, was durch die Unterzeichnung des Vertrags durch beide Eigentümer erfüllt werde.

Die Beklagten legten jedoch erfolgreich eine Beschwerde ein. Das Gericht entschied, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, da ihre Klage keinen Erfolg hatte. Obwohl in einer Zwei-Personen-Gemeinschaft ein Anspruch auf Verwalter besteht, muss zuerst eine Beschlussfassung der Eigentümer erfolgen, bevor das Gericht eingreifen kann. In diesem Fall fehlte es an einer Vorbefassung, da die Klägerin nicht versuchte, eine Versammlung einzuberufen, um einen Verwalter zu bestellen. Die Klägerin hätte auch durch eine Beschlussersetzungsklage eine Versammlung einberufen lassen können. Das Gericht entschied, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits tragen muss, da sie das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage nicht nachgewiesen hatte. Die Beschwerde der Beklagten hatte Erfolg, und das Gericht änderte die Kostenentscheidung ab.

GRÜNDE

I.

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft, die neben ihr nur aus einem weiteren Eigentümer besteht, dem Beklagten zu 1. Diesen hatte sie zunächst in Anspruch genommen, um einen Verwalter für die Gemeinschaft bestellen zu lassen, hilfsweise diesen zu verurteilen „eine Bestellungserklärung abzugeben“. Nach Hinweis des Amtsgerichts, hat die Klägerin die Klage auf die Gemeinschaft umgestellt. Die Klägerin hat die Mehrheit der Miteigentümeranteile, die Mehrheitsverhältnisse bei der Beschlussfassung richten sich nach den Miteigentumsanteilen.

Vorgerichtlich hatte die Klägerin durch ihren Rechtsanwalt den Beklagten zu 1 aufgefordert, sich mit ihr über einen Verwalter zu einigen und ihm sodann einen Verwaltervertrag vorgelegt, den er unterzeichnen sollte. Zu einer Vertragsunterzeichnung kam es nicht, allerdings erklärte auch der Beklagte zu 1 vorgerichtlich, dass es unumgänglich sei, einen Verwalter „zu beauftragen“.

Im Laufe des Rechtsstreites haben sich die Parteien auf eine Verwalterbestellung geeinigt und den Rechtsstreit über einstimmig für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten zu 2 (der GdWE) auferlegt, da der Klägerin ein Anspruch auf Bestellung eines Verwalters zugestanden habe und dieser erst durch Unterzeichnung des Verwaltervertrages durch beide Miteigentümer erfüllt worden sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91a, 569 ZPO statthaft und zulässig. Sie hat Erfolg.

In Folge der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Voranzustellen ist, dass es nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist nur eine Kostenauferlegung auf die Klägerin sachgerecht.

Die Kosten des Beklagten zu 1, des weiteren Eigentümers, hat die Klägerin bereits aufgrund der Parteiänderung zu tragen, denn insoweit handelt es sich bezüglich des ursprünglichen Beklagten um eine Klagerücknahme, welche zur Kostenfolge des § 269 ZPO führt.

Allerdings hat die Klägerin auch die übrigen Kosten des Rechtsstreits zu tragen, denn die Klage hätte keinen Erfolg gehabt.

Zutreffend ist jedoch, dass auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-Gemeinschaft ein Anspruch jedes Eigentümers auf einen Verwalter besteht (vgl. nur Kammer ZMR 2022, 654).

Allerdings setzt eine gerichtliche Verwalterbestellung im Wege der Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG) zunächst eine Vorbefassung der Eigentümer voraus, anderenfalls fehlt das Rechtschutzbedürfnis (vgl. nur BGH Beschl. v. 6.4.2017 – V ZR 96/16 Rn. 5, BeckRS 2017, 112009). Denn das Gericht darf nur dann in die Selbstverwaltung der Wohnungseigentümer eingreifen, wenn diese auf dem dafür vorgesehenen Weg nicht zu einer erforderlichen Beschlussfassung gelangen. Zudem darf das Gericht auch bei der Beschlussfassung selbst den Entscheidungsspielraum der Eigentümer nur soweit als erforderlich einschränken, also etwa nur einen Grundbeschluss fassen und die Einzelheiten sodann den Eigentümern überlassen (näher LG München I, Urteil vom 24. November 2022 – 36 S 3944/22 WEG). An einer Vorbefassung fehlte es hier, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschlussersetzungsklage nicht bestand.

Allerdings ist eine Vorbefassung dann entbehrlich, wenn das Bemühen um eine derartige Beschlussfassung lediglich eine reine Förmelei wäre, da eine positive Beschlussfassung auf einer Versammlung ausgeschlossen ist (näher BeckOK BGB/Zschieschack/Orthmann, 64. Ed. 1.11.2022, WEG § 44 Rn. 42). Dies kann in Zwei-Personen-Gemeinschaften dann der Fall sein, wenn aufgrund der Mehrheitsverhältnisse eine Beschlussfassung ausgeschlossen ist (BGH NJW 2020,42 Rn. 16; NZM 2021,146 Rn. 15).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Wie das Verfahren zeigt, war es keineswegs ausgeschlossen, dass auf eine Eigentümerversammlung mit hinreichender Vorbereitung ein Beschluss über eine Verwalterbestellung gefasst worden wäre. Der zunächst beklagte Wohnungseigentümer hatte sich vorgerichtlich nicht grundsätzlich gegen eine Verwalterbestellung gewandt, sondern seinerseits ebenfalls darauf hingewiesen, dass ein Verwalter zu bestellen ist. Umstände, die hier erkennen lassen, dass es auf einer Eigentümerversammlung mit hinreichender Sicherheit nicht zu einem Beschluss über eine Verwalterbestellung kommt, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil hätte die Klägerin auf einer Versammlung den von ihr gewünschten Verwalter bestellen können.

Alleine aus der Nichtunterzeichnung eines vorgelegten Verwaltervertrages kann, entgegen der Auffassung des Amtsgerichts, seine Weigerung einen Verwalter zu bestellen nicht hergeleitet werden. Zwar ist zutreffend, dass der Wohnungseigentümer in seinen Schreiben einer Reihe von anderen Problemen der Wohnungseigentümergemeinschaft angesprochen hat und auf den Wunsch zur Unterzeichnung des Verwaltervertrages nicht eingegangen ist. Eine rechtliche Verpflichtung hierzu bestand allerdings nicht. Über eine Verwalterbestellung ist auf einer Wohnungseigentümerversammlung nach Vorlage von im Regelfall drei vergleichbaren Angeboten zu entscheiden, sodann ist auch darüber zu beschließen, in welcher Form ein Verwaltervertrag abgeschlossen wird, wobei neben der von der Klägerin offenbar beabsichtigten Unterzeichnung durch alle Eigentümer (§ 9b Abs. 1 S. 2 WEG), auch die Möglichkeit besteht, einen Eigentümer zu Vertretung gegenüber dem Verwalter zu ermächtigen (§ 9b Abs. 2 WEG). Dass es sich insoweit lediglich um eine Eigentümergemeinschaft von zwei Eigentümern handelt, ändert an dem einzuhaltenden Verfahren nichts (BGH NZM 2021, 146 Rn. 15). Insbesondere ist auch in Kleinstgemeinschaften eine Beschlussfassung über die Verwalterbestellung nötig, die jedoch auch als Umlaufbeschluss erfolgen kann (zur Vorbefassung insoweit Kammer ZWE 2021, 460 Rn. 8). Vorliegend erscheint schon zweifelhaft, ob überhaupt ein derartiger Bestellungsbeschluss von der Klägerin angestrebt war, jedenfalls bestand eine Verpflichtung sich auf das einzig vorliegende Angebot einzulassen nicht. Zwar kann nach der Rechtsprechung der Kammer auf Vergleichsangebote dann verzichtet werden, wenn diese mit vertretbarem Aufwand nicht beizubringen sind und die Eigentümer aufgrund anderer Erkenntnisse das vorliegende Angebot bewerten können (vgl. Kammer ZMR 2022, 654; NZM 2020, 671), dies hat die Klägerin vorgerichtlich allerdings nicht geltend gemacht. Zudem ist es ihr in dem Verfahren gelungen, drei Angebote vorzulegen.

Das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage fehlt im Übrigen bereits deshalb, weil die Klägerin auf einer Eigentümerversammlung die Mehrheit gehabt hätte und daher mit ihren Stimmen auch gegen den Widerstand des übrigen Wohnungseigentümers einen Verwalter hätte bestellen können. In einer derartigen Konstellation bedarf es keines Eingreifens durch das Gericht im Wege einer Beschlussersetzungsklage. Dass eine entsprechende Beschlussfassung von dem anderen Wohnungseigentümer gegebenenfalls angefochten worden wäre und sodann gleichwohl die Gerichte über die Verwalterbestellung hätten entscheiden müssen, macht eine Vorbefassung nicht entbehrlich, da es Sache der Wohnungseigentümer – und nicht des Gerichts – ist, dass gemeinschaftliche Eigentum durch die erforderlichen Beschlüsse zu verwalten (§ 19 Abs. 1 WEG).

Schwierigkeiten, die über den üblichen Weg der Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung einer verwalterlosen Gemeinschaft verbunden sind, sind mit diesen Anforderungen nicht verbunden. Insoweit der weitere Eigentümer nicht bereit gewesen wäre, gemeinsam mit der Klägerin zu einer Versammlung einzuladen oder sich mit dieser im Rahmen einer Vollversammlung zu treffen, hätte der Klägerin die Möglichkeit offen gestanden, durch eine Beschlussersetzungsklage sich zur Einberufung ermächtigen zu lassen (§ 24 Abs. 3 WEG). Der in einer entsprechenden Entscheidung liegende Eingriff des Gerichts in die Entscheidungsbefugnisse der Eigentümer wäre deutlich geringer gewesen, als der begehrte durch eine Beschlussersetzung über die Verwalterbestellung. Im Falle der – fehlerhaften – Einberufung zur Versammlung lediglich durch die Klägerin, hätte sich zudem bei einer Beschlussfassung angesichts der Mehrheitsverhältnisse die Frage gestellt, inwieweit sich der Ladungsfehler auf das Beschlussergebnis kausal ausgewirkt hätte (dazu BGH NZM 2021, 236).

Daher entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.

Nach alledem war auf die Beschwerde die angegriffene Kostenentscheidung abzuändern. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Gründe die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestehen nicht, zumal in Verfahren nach § 91a ZPO die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von materiellen Fragen zugelassen werden darf.

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